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Das Ladesäulendesaster

Published On: 13. August 2021 17:15

Tesla hatte gesehen, dass Elektromobilität als System begriffen werden muss, sich von vornherein erfolgreich Gedanken um die Versorgung mit Strom für seine Kunden gemacht und ein eigenes Ladestellennetz aufgebaut. Diess und VW und Co nicht – warum? Weil nicht subventioniert?

IMAGO / Rolf Poss

Da will der Firmenchef frohgemut mit seinem Elektroauto in den Urlaub fahren. Er ist ein ausgewiesener absoluter Fan dieser Antriebsmöglichkeit, lässt dafür sogar bei Deutschlands größtem Autohersteller keinen Stein mehr auf dem anderen, baut den traditionsreichen Produzenten von Benzin- und Dieselmotoren zu einem Verfertiger von Batterieautos um. Er kassiert dafür nebst reichlichen Staatshilfen auch das Lob von Regierung und NGOs.

Herbert Diess heißt der glühende Elektroanhänger, ist VW-Chef, war zuvor Vorstandsmitglied bei BMW und will lieber heute als morgen, dass alle E-Autos fahren, wenn möglich, die von VW.

Jetzt beschreibt er seine Fahrt in den Süden, mit der er das Weltklima retten will. Er wollte mit dem Elektroauto ID.3 pro S aus seinem Hause zum Gardasee fahren und musste zwischendurch natürlich laden. Er war vom Auto begeistert: »Man könnte Bodensee-Gardasee bei zurückhaltender, defensiver Fahrweise ohne Zwischenladen bewältigen.« Gut, mit einem Diesel wäre das keines Nachdenkens wert. Doch bereits nach dem Anstieg zum Brenner hinauf suchte er nach einer Ladesäule. An den vier vorhandenen Säulen luden gerade andere E-Autos, und das dauert bekanntlich. Diess‘ erstes Fazit: »Zu wenig Ladepunkte am Brenner.«

Nächste Station: Trient. Brenner bergab leichtes Spiel für das Elektroauto mit ein wenig Rekuperationsmöglichkeit, also etwas Strom aufladen. Doch dort war die Ladestation wieder eine Enttäuschung. Diess schimpfte auf LinkedIn: »Kein WC, kein Kaffee, eine Säule außer Betrieb/defekt, traurige Angelegenheit. Das ist alles andere als ein Premium-Ladeerlebnis, IONITY!«

Der Betreiber von Ladestationen für E-Autos, an dessen Gründung VW neben Daimler, BMW und Ford mitgewirkt hatte, reagierte rasch: »Der defekte Lader ist gestern repariert worden«, so der Chief Operating Officer von Ionity-COO ebenfalls auf LinkedIn. »Für den Standort in Trento arbeiten wir mit unserem Standort-Partner ENI an einer Verbesserung des Kundenservice.« Auch der Standort am Brenner »steht auf unserer Liste der Upgrade-Sites«.

Diess stellte fest: »In der „alten Welt“ des Fahrzeugbaus haben wir überwiegend einen guten Stand erreicht: Bauqualität, Anmutung und Funktionalität unserer Fahrzeuge sind so gut wie nie. In der »neuen Welt« haben wir Nachholbedarf.«

Mit einem sehr modernen, effizienten Dieselmotor wäre er besser vorangekommen und hätte die Umwelt geschont. Denn mit einem CO2-Ausstoß von 400 g/kWh zumindest im deutschen Strommix kann man das E-Auto nicht als CO2 frei bezeichnen. Wind und Sonne liefern einfach zu wenig Energie, da muss mit Kohlekraftwerken nachgeholfen werden.

Doch bleibt die Frage: Warum veröffentlicht er diese Geschichte von Elektropleiten, Pech und Pannen? Wollte Diess Dampf ablassen?

Tesla hatte gesehen, dass Elektromobilität als System begriffen werden muss, sich von vornherein erfolgreich Gedanken um die Versorgung mit Strom für seine Kunden gemacht und ein eigenes Ladestellennetz aufgebaut. Denn ohne Strom ist bei einem Batterieauto nicht viel los.

Erstaunlich, dass ein Mann mit so viel Einfluss wie Diess nicht eher darauf gedrungen hat, dass E-Autos ausreichend Steckdosen benötigen – mit neuen starken elektrischen Leitungen, für die Städte und Straßen aufgebuddelt werden müssen, Umspannwerke aufgebaut und Kraftwerke gebaut werden müssen, soll aus Steckdosen und Wallboxen auch hinreichend Strom kommen können. Wallboxen an der Garagenwand allein sind ohne ausreichende Versorgung mit Elektrizität nicht sonderlich sinnvoll. Die sollte zudem zuverlässig und preiswert sein, Eigenschaften, die der Stromversorgung in Deutschland zunehmend fehlen.

Immerhin spricht Diess zum Beispiel mit dem spanischen Regierungschef über den Aufbau einer Batteriefabrik – wenn die EU zahlt, also im wesentlichen der deutsche Steuerzahler. Dafür kann man schon einmal von »aufregenden Elektroautoprojekten« phantasieren und die Vision eines Zentrums der Elektromobilität für Europa an die Wand malen. Wenn der Staat zahlt …

Will Diess einen Rückzugsweg offen halten? So ‚voll der Renner‘ sind E-Autos offensichtlich nicht, nur mit Mühe und viel Staatsgelder lassen sie sich loswerden, wie übrigens auch in Norwegen, wo üppige Staatsgelder den Absatz von Teslas beflügelten. Fällt die Förderung weg, bricht vermutlich auch der Absatz von E-Autos ein.

Nicht umsonst hatte der neue VW-Markenchef Ralf Brandstätter vor einem Jahr den reinen E-Autokurs vorsichtig etwas relativiert: »Wir haben immer gesagt, dass wir noch auf lange Sicht verschiedene Antriebsarten gleichberechtigt im Programm haben werden. Jeder Kunde kann sich bei uns für die Technologie entscheiden, die am besten zu seinen Mobilitätsansprüchen passt.«

Nur, dass die Verbrennerautos nicht mehr in Deutschland gebaut werden, sondern wesentlich kostengünstiger in Ungarn und in Asien.

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