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Der Halbleiter-Mangel schwächt den Automarkt

Published On: 24. August 2021 18:46

Der Mangel an Halbleiter-Chips frisst sich langsam durch die gesamte Wertschöpfungs- und Absatzkette der Auto-Industrie. Kunden erleben nun erstmals Wartefristen und Zuteilungsaufpreise statt der gewohnten Rabattschlachten. Die Erholung nach der Corona-Krise wird stark gebremst.

IMAGO / Hans Lucas

Begehrt und knapp: Halbleiter-Wafer aus Taiwan

Die deutschen Autohersteller erleben zurzeit ein Wechselbad der Gefühle: kaum haben sich, Hersteller wie Zulieferer, in der gesamten Breite vom Corona-Einbruch des Vorjahres erholt –  und feiern dieses Ereignis im ersten Halbjahr 2021 mit Rekordergebnissen und Nachfragespitzen teils über den Vor-Corona Bestmarken, schon droht neues Ungemach. Der Mangel an Halbleiter-Chips frisst sich langsam aber sicher durch die gesamte Wertschöpfungs-und Absatzkette, füllt Halden mit unfertigen Autos oder legt Fabriken still. 

Experten rechnen für 2021 in der deutschen Autoindustrie mit Produktionseinbußen von bis zu 20 Prozent. Bezogen auf das deutsche Bruttoinlandsprodukt könnte laut Banken-Berechnungen durch die Produktionsausfälle ein Verlust von 35 Milliarden Euro oder einem Prozentpunkt Wachstumsverlust entstehen. 

In der Weltautomobilindustrie wird 2021 aufgrund des Halbleitermangels mit einem Produktionsausfall in Höhe von über 5 Millionen PKWs gerechnet, könnten nur 75 Millionen statt 80 Millionen Autos verkauft werden.

Völlig ungewohnt müssen die Kunden in Deutschland teilweise über ein halbes Jahr auf ihr Wunschauto warten. Wobei die margenreichsten Fahrzeuge in den höheren Segmenten natürlich vorrangig produziert werden und die Zulassungsstatistiken schmücken. Und das Schlimme ist, dass auch noch bis Anfang 2023 Produktionsausfälle auftreten, Lieferfristen also noch länger werden können. Das ist eine völlig neue Erfahrung für die jetzige Generation, die bislang in ihrem Autoleben nur Rabattschlachten, keine Zuteilungsaufpreise kennen gelernt hat.  

Automobilmarkt Juli 2021: Vorkrisenniveau weiter unerreicht

Trotz der Aufhebung der meisten Beschränkungen zur Pandemiebekämpfung brachen die Neuzulassungen im Juli mit rd 237.000 Pkw (-25 Prozent gegenüber Juli 2020)  unerwartet stark ein. Dies ist der erste monatliche Rückgang nach vier Wachstumsmonaten in Folge und war der niedrigste Zulassungswert in einem Juli seit der Wiedervereinigung In den ersten sieben Monaten wurden 1,6 Mio. Pkw neu zugelassen. Damit wurde der Vorjahreswert zwar noch immer um 7 Prozent überschritten, das Vorkrisenniveau auf dem deutschen Pkw-Markt ist aber weiterhin nicht in Sicht. Gegenüber einem mittleren Juli der fünf Jahre vor der Pandemie beträgt das Minus in Deutschland 18,5 Prozent. 

Dieser Rückgang um ein Viertel ist allerdings nicht konjunkturell bedingt, sondern resultiert zum einen als negativer Basiseffekt aus den hohen Zulassungszahlen des Vorjahres, als es nach dem harten Lockdown zu ersten Lockerungsmaßnahmen gekommen war. Der Hauptgrund liegt aber in der mangelnden Verfügbarkeit vieler Modelle aufgrund fehlender Halbleiter. Dies machte sich auch im Export bemerkbar: Die Lieferengpässe führten auch in vielen anderen europäischen Ländern zu unerwartet niedrigen Neuzulassungen.

Laut KBA verzeichnet unter den deutschen Marken einzig Opel (+16,0 Prozent) ein Absatzplus in der Zulassungsstatitik. Bei allen weiteren deutschen Marken zeigten sich Rückgänge, die bei Ford (-47,8 Prozent), Mercedes (- 37,6 Prozent) und Smart (-30,1 Prozent) am stärksten ausfielen. Trotz Einbußen von -16,6 Prozent wies VW mit 21,1 vH weiterhin den größten Anteil an den Neuzulassungen aus. 

Die Beliebtheit von SUV & Co bleibt hoch. Mit 24,6 vH waren die meisten Neuwagen den SUVs zuzuordnen (-15,5 %). Die Kompaktklasse erreichte trotz eines Rückgangs von -35,8 Prozent einen Anteil von 18,0 vH und war damit das zweitstärkste Segment vor den Kleinwagen (14,5 Prozent/-27,0 vH) und den Geländewagen (10,6 Prozent /-18,9 vH).

Bei den Importmarken übertrafen einzig Tesla (+140,9 Prozent) und Land Rover (+2,6 Prozent) ihr Zulassungsergebnis des Vorjahresmonats. Mit einem Neuzulassungsanteil von 5,5 vH blieb die VW-Tochter Skoda die anteilsstärkste Importmarke in der Monatsbilanz. 

Die Zulassungen von Diesel-Pkw kamen nur noch auf 46.660 Neuzulassungen (- 48 Prozent gegenüber Vorjahr). Ihr Marktanteil fiel auf 19,7 vH (Juli 2020 28,4 vH). Es ist nach dem Vormonat das zweite Mal seit März 1999, dass der Dieselanteil unter die 20 Prozent-Marke fällt.

Die Elektro-Neuzulassungen stiegen im Juli gegenüber dem Vorjahresmonat um 55 Prozent auf 55.650 Einheiten. Der Anteil von E-Pkw an den gesamten Neuzulassungen betrug somit 23,5 vH. Die Neuzulassungen von rein batterieelektrischen Pkw (BEV) legten um 52 Prozent zu, die von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 58 Prozent.

Quelle: KBA

Lage Automobilindustrie 

Schreckensmeldungen von der Klimafront und die schlimmen Folgen diverser Unwetter nebst Schäden zeigten Wirkung: Die Kundschaft hielt sich zurück. Die neuen Aufträge aus dem Inland blieben im Juli 21 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus knapp 7 Prozent. Das Auslandsgeschäft präsentiert sich aktuell nur etwas besser: Hier verbuchten die deutschen Hersteller im Juli einen Rückgang der Order von 14 Prozent. Seit Januar gingen jedoch 24 Prozent mehr Aufträge aus dem Ausland ein.

Die Pkw-Produktion in den deutschen Automobilwerken ging im Juli erneut zurück. Insgesamt wurden 246.600 Pkw gefertigt (-25 Prozent). In den ersten sieben Monaten belief sich die Inlandsproduktion auf knapp 2,0 Mio. Pkw (+9 Prozent). Nach wie vor bleiben die Lieferengpässe bei Halbleitern ein Hindernis für die Produktion. 

Als Folge der Produktionsausfälle fiel auch der Export im Juli deutlich. Lediglich n 172.200 Pkw (-27 Prozent) wurden exportiert. Im bisherigen Jahresverlauf wurden 1,5 Mio. Pkw (+11 Prozent) an Kunden aus aller Welt ausgeliefert.

Quelle: VDA

Prognose 2021

Die Prognose für die nächsten zwölf Monate ist durchwachsen. Die schlechte Verfügbarkeit von Halbleitern ebenso wie rapide steigende Preise für Frachten, Vormaterialien und importierte Rohstoffe trüben den Ausblick.

Der Lagebewertung der Automobilwoche ist voll zu zustimmen: 

  • Dabei sind die allgemeinen Rahmenbedingungen speziell in Deutschland sehr gut. 
  • Der Auftragsbestand ist hoch und das Vertrauen der Industrie und der Verbraucher ist weiter gestiegen. Das Verbrauchervertrauen hat das Vorkrisenniveau wieder erreicht und der Vertrauensindex der Industrie ist auf dem höchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 1985. Der Ifo-Geschäftsklimaindex hat sich ebenfalls wieder über das Niveau von Anfang 2020 hinaus erholt.
  • Damit ist bezüglich dieser Frühindikatoren diese Krise schneller überwunden worden als die Wirtschafts-und Finanzkrise Ende 2008 beziehungsweise Anfang 2009.

Alles dieses zusammengenommen hätte – eine weitere Beherrschung der Covid-19-Pandemie in Deutschland vorausgesetzt – für eine Fortsetzung der kräftigen Erholung der Autoindustrie in den kommenden Monaten gesprochen. Allerdings ist bereits abzusehen, dass die mangelnde Verfügbarkeit von Halbleitern diese Erholung stark dämpfen wird.

Die Prognose 2021 wird von der Frage der Lieferfähigkeit bestimmt. Die ursprünglich hier geäußerte Prognose von 3,1 Millionen Neuzulassungen wäre unter günstigen Voraussetzungen sogar überschritten worden. 

Aufgrund der aktuellen wie anhaltenden Halbleiterproblematik werden sich die bereits angekündigten Produktionsausfälle bei allen Herstellern bis Jahresende nicht mehr kompensieren lassen. Für das Gesamtjahr 2021 scheint daher eine Prognose von  2,9 Millionen Neuzulassungen realistisch (- 0,6 Prozent gegenüber 2020).  Das mittlere Ergebnis der Jahre 2015 bis 2019 würde damit laut Automobilwoche um fast 15 Prozent verfehlt. Es wäre das niedrigste Jahresergebnis seit der Wiedervereinigung.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Der in 2021 nicht gedeckte Bedarf verschiebt sich nach 2022 ff!

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