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CDU in die Produktion!

Published On: 28. September 2021 18:56

Nur für Zyniker werden die nächsten Tage und Wochen im politischen Berlin spaßig sein. Wirklich interessant wird es erst, wenn die Unionsabgeordneten gemeinsam mit der AfD Opposition machen müssen.

IMAGO / photothek

Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, und Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Immerhin: Aus Rotrotgrün ist nichts geworden und das Rautegrauen ist (hoffentlich) vorbei. Das tröstet. Und lustig ist ja irgendwie auch, dass nicht die ehemaligen Volksparteien CDU oder SPD, sondern FDP und Grüne bestimmen, wie es weiter geht. Aber sonst?

Schon aus Rachsucht sähe ich die CDU gern in der Opposition. Allerdings am liebsten auch die SPD, die bei der Merkelei stets untertänigst mitgemacht hat. Weshalb ich beim besten Willen nicht verstehe, warum diese noch zu Jahresbeginn weit abgeschlagene Partei plötzlich wieder sexy sein soll. Weil sie das kleinere Übel ist? Das könnte sich als Irrtum erweisen. 

Doch egal, ob RGG oder SGG: Unser Land wird keines dieser Bündnisse in gutem Zustand überstehen. 

Nur für Zyniker werden die nächsten Tage und Wochen spaßig sein. Die Kleinen haben das Sagen. Wer treibt die anderen am Geschicktesten vor sich her? Kann die FDP bei RGG den Weltrettungswahn der Grünen ausbremsen? Wie weit würden die Zugeständnisse eines angeschlagenen Laschet an die beiden kleineren Königsmacher gehen? Oder wird er noch schnell aus dem Spiel genommen – weil ihm die Wahlschlappe angelastet wird, als ob Angela Merkel ihr nicht tüchtig vorgearbeitet hätte? Und was ist davon zu halten, dass sich die Erstwähler in gleichem Ausmaß für die F4F-Partei die Grünen wie für die FDP entschieden haben? Hieß es nicht immer, die Jugend fürchte sich mehr vor dem Klimawandel als vor dem wirtschaftlichen Niedergang?

Nicht nur im Wahlkampf, auch demnächst werden, mit Dank an die Grünen in einer künftigen Regierung, die wichtigsten Probleme ausgeklammert bleiben: Was ist mit der weiterhin unkontrollierten Einwanderung? Wie steht es mit der Sicherheit im öffentlichen Raum? Und vor allem: Was geschieht, wenn die Strom- und Gaskosten ins Unermessliche steigen? Wann kommt der Blackout, gleich oder erst wenn die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet sind? Kurz: In welcher Regierungskonstellation könnte dieses Schicksal noch abgewendet werden? Höchstens mit einer SPD, die noch ihr altes Wählerklientel kennt und nicht nur buntdiverse Identitäre. Oder mit einer CDU, die noch etwas davon versteht, was ein Industriestandort wie Deutschland braucht. Aufbruch? Vergessen wir es.

Nun, vor der Kanzlerwahl steht das Parlament, neuerdings in noch nie gesehener Stärke. Leider wird es ohne die scharfsinnigen Querschläger Michael Klonovsky (parteilos) und Hans-Georg Maaßen (CDU) auskommen müssen, die ihr Direktmandat verpasst haben. Sie hätten für viel Kurzweil gesorgt. 

Viel Kurzweil dürfte es allerdings auch für die Schmuddelkinder von der AfD geben. Gemeinsam mit der CDU in der Opposition? Das wäre die größte Gaudi. Denn auf dem Weg zurück zu ihrem alten konservativen Kern stünde ihr, als Fleisch von ihrem Fleische, die AfD im Weg. Die AfD müsste nur immer wieder alte CDU-Positionen beziehen – etwa, dass Multikulti gescheitert ist (Angela Merkel 2010) oder dass die Laufzeit der Atomkraftwerke verlängert werden muss – und schon steckt die Union im Dilemma. Übereinstimmung mit der AfD? Gar noch gemeinsam abstimmen? Das wäre ein absoluter Tabubruch, bei dem ich gern zusehen würde. Doch was bliebe der Union sonst? Den Merkelkurs Richtung linksgrün fortführen? Das wäre keine Opposition, denn linksgrün wäre dann ja bereits an der Regierung. 

Möglich wäre schließlich auch, dass noch mehr frustrierte CDUler zur Schwefelpartei abwandern – sofern die ihrer Selbstradikalisierung Einhalt gebieten kann. 

Die SPD in der Opposition? Auch das könnte Radikalisierung befördern: Dann bestimmte nicht der halbwegs nüchterne Scholzomat das Binnenklima, sondern die Antifa à la Esken und Kühnert. Mit ihnen könnte die einst stolze Arbeiterpartei auch gleich mit der SED-PDS-Die Linke ins Bett steigen. Wem noch die Geschichte der SPD halbwegs gewärtig ist, dem müsste das Grausen kommen. In der Weimarer Republik bekämpfte die KPD die Sozialdemokratie als „sozialfaschistisch“, das verhinderte eine gemeinsame Front gegen die Nationalsozialisten. (Beide Parteien zusammen erhielten im November 1932 mehr Stimmen als die NSDAP.)

Aber wer weiß – vielleicht kann man eine solche Mesalliance ja als „Kampf gegen Rechts“ verkaufen? Dieser „Kampf“ ist nun schon seit Jahrzehnten das Heftpflaster, mit dem alles zugeklebt wird, vor allem die Augen der Wahlbürger. Gegen das, was auf das Land zukommt, wird es womöglich nicht helfen. 


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