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Nur noch kurz die Welt retten | Von Roberto J. De Lapuente

Published On: 7. Oktober 2021 13:14

Spürt Ihr das auch: Ganz Europa wartet und bibbert, wie die Koalitionsverhandlungen in Deutschland ausgehen. Besonders ob die Grünen gut mitmischen, hoffen der Kontinent und die Welt. Denn die Grünen, so wissen wir aus deren selbstreferentiellen Betrachtungen, retten den ganzen Globus. Darunter machen es die Enkel und Enkelinnen »unserer« Einstigen nicht.

Ein Kommentar von Roberto J. De Lapuente.

Wer jetzt behauptet, dass die ersten Vorsondierungen nur dazu dienten, erste Gemeinsamkeiten für eine Koalition abzuklopfen, der frevelt aber ganz schön. Jedenfalls den Grünen geht es nicht um so schnöde, so profane Dinge wie Koalition oder Regierung. Die sind im Namen des Herrn unterwegs. Das, was sie für ihren Herrn halten. Sie haben einen Auftrag. Keinen regionalen, keinen bundespolitischen alleine.

So kleinlich sind die Herrschaften und Frauschaften nicht. Bei ihnen geht es mindestens um den Kontinent, aber eher noch um die gesamte Welt: Sie prüfen nicht, ob es mit einer Koalition klappt – sie arbeiten an der Klimarettung. Bei allem was sie tun, bei allem was sie unterlassen. Es geht immer nur um diesen einen Auftrag.

Nach der Wahl überschlugen sich die Stimmen aus ihrem Basislager, die Ortsverbände posteten Begeisterung. Das Ergebnis sei zwar leicht enttäuschend gewesen, aber diese Perspektiven – einfach herrlich! Königsmacher und Königsmörder zu sein: Besser geht es ja gar nicht. Und nun, so gab die Basis mit auf den Weg: Legen wir los, lasst uns das Klima retten! Ja, die ganze Welt! Es wird Zeit. Zeitenwandel jetzt! Nüchternheit ob womöglich schwieriger Sondierungen? Nein, damit hält man sich nicht auf. Wer nur noch kurz die Welt retten will, der klotzt und kleckert nicht mit der politischen Realität oder Realisierbarkeit herum.

Demokratie ist sowas von undemokratisch

Das ist doch auch nur störendes Beiwerk. Demokratie und dieser ganze Tand. Was Luisa Neubauer unlängst in einer Talkshow (1) dazu absonderte, war in ihrer ganzen Demokratieverdrossenheit gar nicht so sonderlich überraschend. Fridays For Future, die neue grüne Klientel schlechthin, kokettierte ja schon von Anfang an damit, dass demokratische Prozesse jetzt endlich effektiv zu nutzen oder irgendwie zu kanalisieren seien. Warum? Na, weil es ohne Klimaschutz irgendwann gar keine Rente (wie Neubauer neulich sagte) oder eben gar keine Demokratie mehr gibt. Der Klimaschutz ist gewissermaßen das Thema, das erlauben soll, auch mal ohne demokratische Erdung zu agieren.

Während des Lockdowns gab es immer wieder mal Stimmen, die klarmachten: So ein Klima-Lockdown wäre doch eine Option. Grundrechte seien lässlich – denn wieder gilt die Parole: Ohne Klimaschutz gibt es nichts mehr, auch keine Grundrechte. Dass das Existenzen kostet, ganze Lebensentwürfe zerstören könnte, wie schon der zweiwöchige Wellenbrecher-Lockdown, der dann 17 mal zwei Wochen dauerte: Ist zwar doof, aber wenn man jetzt nicht das einzig Richtige tut, nämlich das Klima retten, mit allen möglichen, allen erlaubten und wenn es sein muss auch unerlaubten Mitteln, dann gibt es keine Existenzen und Lebensentwürfe mehr.

Diese Logik ist bestechend und passt immer. Sie rechtfertigt jeden Eingriff, jede Bevormundung, jede Zwangsbeglückung und einen Staat, der sich zum Kontrollorgan sozialen Verhaltens und Miteinanders mausert. Der Klimaschutz ist, so wie er von der grünen Klientel herangezogen und ausgeschlachtet wird, ein Mittel zu jeder denkbaren Sauerei. Dass er in einem demokratischen Staat eben auch gegen Widerstände bestehen muss: Das halten diese Leute für geradezu undemokratisch, ja faschistisch.

Die Stimmung nach der Wahl zeugte von einer seltsamen Weltläufigkeit. Die Grünen, so konnte man fast meinen, ringen jetzt nicht bloß um die Mitgliedschaft in einer deutschen Bundesregierung, sondern übernehmen jetzt den globalen Rat der Weltrettung. Die Augen der Welt seien auf diese kleine Partei gerichtet, die von Wohlstandsbürgern gewählt wird, nicht um einfach nur ökologische Politik durchzusetzen, sondern gleich das ganze Klima zu retten. Das Weltklima eben. Auch das in China oder Nigeria. Das ist ja löblich, auch nachvollziehbar – so aus einer rein theoretischen Warte heraus. Natürlich wäre das der Plan.

Der deutsche Hegemon: Man spricht wieder Deutsch

Aber ach, die Welt steckt voller Menschen, die voller Partikularinteressen stecken und nicht immer tun, was der grüne Theoretiker will. Wie verklickern wir denn dem Nigerianer, dass Wachstum out ist und wir Verzicht lernen müssen auf diesem Erdenrund? Auch der Nigerianer muss das lernen. Irgendwann zwischen Kolonialismus-Studium und antifaschistischer Selbsthilfegruppe, muss man mal kurz in Afrika anrufen und den Afrikanern mal darlegen, dass jetzt der große Verzicht notwendig wird. Für sie, für uns – für alle. Nur wenn wir alle verzichten, der grüne Wähler, der am Pool seiner Villa im Vordertaunus hockt ebenso, wie die kleine Nduku, die ihre Füßchen im zweckentfremdeten Suppentopf vor der Wellblechhütte ihrer Familie badet, ja nur dann haben wir als Menschheit noch eine letzte Chance.

Menschheit: Das ist ja eigentlich ein Stichwort. Der Klimaschutz ist, das sagen die Grünen ab und an ganz richtig, eine Menschheitsaufgabe. Als potenzielles Regierungsmitglied vertritt diese Partei aber nur einen kleinen Teil dieser Menschheit: Nämlich etwa ein Prozent derselbigen. Gemeinhin »die Deutschen« genannt. So schrecklich mächtig ist also der Koalitionspartner in spe gar nicht. Seine menschliche Verfügungsmasse ist gering, auf das Ausland kann man bestenfalls als Regierung des Exportweltmeisters Druck machen. Da geht das Dilemma schon los: Die Exportlastigkeit ist ein Klimakiller. Man müsste sie abstellen, gäbe damit aber auch globale Kontrolle ab.

Dabei ist es eigentlich ganz bequem, dass man wieder Deutsch spricht in Europa und der Welt. Die Exportausrichtung durch eine etwaige Stärkung der Binnennachfrage auszugleichen – in der Theorie, mit den Koalitionspartnern der SPD und der FDP steht so ein Punkt eh nicht zur Debatte -, bedeutet ja auch, den deutschen Hegemon zu schwächen. Jedenfalls kleinere Handelspartner wären so schlechter kontrollierbar. Riesen wie die USA oder China machen ohnehin was sie wollen. Die euphorischen Weltrettungspläne der Grünen enden spätestens dort.

Mehr als eine Milliarde Menschen leben noch immer ohne Strom. Selbst in China, wo sich der Autobestand in diesem Jahrzehnt verdoppeln soll, wird die Besitzquote am Ende des Jahrzehnts nur irgendwo bei 20 Prozent liegen. Es liegt auf der Hand, dass immer mehr Menschen dem westlichen Wohlstandsmodell zustreben – Klimawandel hin oder her. Mit Klimazertifikaten oder Klimaabgaben ändert man daran nichts.

Das kann nur in einer Enttäuschung enden

Diese Hochstimmung kann nicht gut ausgehen. Nach jeder Euphorie ist der Kater zwangsläufig. Auch in diesem Falle – gerade in diesem Falle. Die Grünen haben sich zum klimatischen Weltgewissen aufgeblasen, zur letzten Möglichkeit, die der Welt noch bleibt, will sie errettet werden. Darunter war in diesem Wahlkampf nichts zu machen. Nach dem Wahlabend gab man sich enttäuscht und ernüchtert: Die Menschen hätten es einfach immer noch nicht richtig kapiert, las man oft. Sie haben das letzte Rettungsangebot abgeschlagen. Der Klimaschutz hätte ein viel größeres Mandat im Bundestag nötig gehabt: Nun muss man sich in einer Koalition arrangieren.

So ein Sendungsbewusstsein kann am Ende nur enttäuschen. Die Grünen werden eine ganz normale Partei in einer Koalitionsregierung sein. Sie werden hier und da ein bisschen auf die Ökologie achten. Aber nicht immer, nicht in allen Bereichen. Sie werden Kompromisse eingehen müssen. Das ist ohnehin ein normaler Prozess in der Demokratie. Im Wahlkampf haben die Grünen jedoch das Bild vermittelt, dass mit ihnen eine harte Hand den Klimaschutz durchregieren wird: Das war im Ansatz schon mit den Gegebenheiten demokratischer Prozesse nicht vereinbar.

Dieses Bild des weltrettenden deutschen Grünen, der von seiner Parzelle aus die Chance hat, der Welt jetzt seine Weltrettungsabsichten per Urnengang vorzuzeigen, zeugt in geradezu lächerlicher Art und Weise davon, wie auch »die alternative Szene« gerne mal in globale Phantasien abdriftet, das deutsche Wesen als Genesungsempfehlung für die gesamte Erde vorstellt. Da ist etwas in der Haltung der Menschen, hier in diesem Teil Mitteleuropas, das immer gleich in Phantasmagorien abgleitet, sich phantastische Bilder ersinnt, um darin als globaler Heros fungieren, herrschen, durchverwalten zu können.

Es ist leidlich, immer mal wieder den Vergleich mit vergangenen deutschen Tagen zu bemühen. Die Altvorderen waren keine Grünen – und die Grünen sind ja auch nicht per se ihre Urgroßväter. Aber irgendwas trimmt dieses Land und seine Handelnden offenbar immer wieder dazu, die Welt nach ihren Eindrücken und Vorstellungen prägen zu wollen. Da zeichnen sich Kontinuitäten ab.

Quellen:

  1. https://www.neulandrebellen.de/2021/09/luisa-neubauer-fuer-das-klima-gegen-den-rest/
  2. https://www.merkur.de/politik/fahrverbote-klimagesetz-lockdown-wissenschaft-2045-emissionen-merkel-elekromobilitaet-co2-preis-90576480.html

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Dieser Beitrag erschein zuerst am 07. Oktober 2021 auf dem Blog der Neulandrebellen.

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Bildquelle:   LBeddoe / shutterstock

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