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Das Impf-Nudging

Published On: 14. Oktober 2021 13:00

Auch wenn die deutsche Impfquote auf diese Weise nicht ganz so schnell steigt wie die anderer Länder, hat dieser Ansatz gute Chancen, zu einer nahezu vollständigen Durchimpfung der Bevölkerung zu führen. Er lässt sich als siebenstufiges Modell zur Förderung der Impfbereitschaft beschreiben. Unlängst sind wir auf der fünften Stufe angelangt. Der Politik stehen somit noch mindestens zwei weitere Druckmittel zur Verfügung, ehe ernsthaft ein Kurswechsel hin zu einer Impfpflicht auch in Deutschland erwogen werden müsste, sollte alles Drängen und Gutzureden nicht den gewünschten Erfolg erzielen.

Die erste Stufe besteht darin, in der Bevölkerung Angst zu schüren und die Bedrohung für jeden Einzelnen konkret erfahrbar zu machen. Sie begann im Februar 2020 und dauert im Grunde bis heute an. Selbst wenn sich derzeit Wortmeldungen häufen, das Ende der Pandemie sei in Sichtweite, bleibt in der Berichterstattung der dramatisierende Grundton erhalten, Corona stelle eine existenzielle Gefahr für uns alle dar.

Angefangen hatte alles mit den Berichten über Karnevalssitzungen, die zu Superspreader-Events wurden. Heinsberg gilt bis heute als Menetekel. Es folgten die Bilder aus Norditalien, wo sich die Särge stapelten und die Krankenhäuser überquollen. Berichte von Triage auch in Deutschland machten die Runde. Ende November fühlten sich dann Politiker wie Markus Söder bemüßigt, die Öffentlichkeit wissen zu lassen, dass die Zahl der täglichen Coronatoten, die zum Zeitpunkt der betreffenden Aussage bei etwa 380 lag, einem Flugzeugabsturz gleichkomme — ohne freilich hinzuzusagen, dass in Deutschland an jedem einzelnen Tag auch ohne Corona durchschnittlich sechs- bis siebenmal so viele Leute sterben. Auch die Unterscheidung zwischen den „an“ und „mit“ Corona Verstorbenen ging dabei unter, obwohl schon länger bekannt ist, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Coronatoten ursächlich an ganz anderen Leiden verstarb.

Erfahrbar gemacht wurde die Bedrohung durch Maßnahmen wie Maskenpflicht, Distanzunterricht, Homeoffice und Ausgangssperren. Auf diese Weise wurde die Gefahr für jeden zur Sicht- und Fühlbarkeit erhoben. Ansonsten wäre sie, hätte niemand darüber gesprochen, vermutlich kaum wahrgenommen worden. Denn Alte und Kranke sterben jeden Tag — in der Regel allerdings gut verborgen vor den Augen der Öffentlichkeit in Krankenhäusern und Pflegeheimen —, und krank, auch mal schwerer, werden während der Grippesaison regelmäßig auch ein paar Jüngere. Klammert man den politischen und medialen Lärm einmal aus, waren 2020 und die ersten drei Viertel von 2021 in gesundheitlicher Hinsicht damit business as usual.

Eine solche Wahrnehmung der Lage wurde durch die Maßnahmen der Stufe 1 jedoch erfolgreich verhindert. Stattdessen wurde der Bevölkerung unablässig das Bild einer existentiellen Gefahr und „epochalen Bedrohung“ (Markus Söder) vermittelt. Gesprochen wurde aber stets auch über einen Ausweg aus dieser misslichen Lage. Von Anfang an bestand dieser Ausweg in der Herstellung von Herdenimmunität, was den meisten Nichtmedizinern bis dahin vermutlich weder als Wort noch als Begriff etwas sagte.

Durch Corona änderte sich dies. Dadurch wurde aber auch von einigen Beobachtern bemerkt, dass die WHO ihre Definition von Herdenimmunität inmitten der Pandemie einfach änderte: Seit November 2020 gilt der WHO nur noch die Impfung als Mittel zur Herstellung von Herdenimmunität. Die zuvor ebenfalls anerkannte Option der natürlichen Immunisierung nach durchlebter Erkrankung wurde aus der WHO-Definition gestrichen.

Damit gab die WHO all jenen Politikern Rückendeckung, die gebetsmühlenartig die Losung verbreiteten, nur die Impfung führe aus dem Ausnahmezustand zurück in die Normalität und bringe den gewohnten Alltag zurück.

So vorbereitet, konnte Ende 2020 die Impfkampagne beginnen. Anfangs zielte sie nur auf die Wehrlosen, die Verängstigten und die vom Dauerbohei Genervten. Der Einfachheit halber nennen wir sie hier „die Freiwilligen“.

Um sie während der schleppenden Anlaufphase der Impfkampagne möglichst vollzählig bei der Stange zu halten, wurde dem täglich servierten Gericht aus Hysterie und Horrornachrichten eine weitere Zutat beigemischt: die Impfneiddebatte.

Diese fand allerdings nach allem, was sich im Sichtfeld des Autors ausmachen ließ, recht exklusiv in den Köpfen mancher Journalisten statt. Selbst ehrlich um ihre Gesundheit besorgte Mitbürger fanden wenig dabei, mit der Impfung zu warten, bis sie an der Reihe waren. Aber die Freiwilligen waren ja auch nur die low-hanging fruits, die man erst einmal aberntete, ehe man sich um die widerspenstigeren Bevölkerungsteile kümmerte. Für sie sind die Stufen 4 bis 7 gedacht.

Die Stufen 4 bis 7 dienen dazu, all jene von der Impfung zu „überzeugen“, die sich den bisherigen Argumenten verschlossen haben — sei es, weil sie bei der Betrachtung der Lage zu anderen Schlüssen kommen, sei es, weil sie dem neuartigen mRNA-Impfverfahren misstrauen, sei es aus beiden oder auch ganz anderen Gründen. Da man bei ihnen argumentativ nicht mehr weiterkommt, setzt man auf soziale Ausgrenzung und finanzielle Belastung.

In Deutschland firmiert dieses Unterfangen unter den Kürzeln 3G und 2G. Was wie Bezeichnungen für Mobilfunkstandards klingt, ist knallharte Diskriminierung. Sollte 2G irgendwann tatsächlich zum „Lockdown für Ungeimpfte“ ausgebaut werden, also zur drastischen Beschränkung der sozialen Kontakte und des Bewegungsradius allein der Ungeimpften, käme das der Sache nach schon recht nahe an die Beugehaft heran.

Letztlich läuft 2G ebenso wie 3G darauf hinaus, dass nicht auf eine sachliche Debatte hoffen darf, wer sich dem staatlichen „Aufruf“ zur Impfung verweigert.

Stattdessen muss er sich dessen gewahr sein, dass ihn die Politik als Abweichler, Sozialschädling und Asozialen markiert und den geimpften Teil der Bevölkerung gnadenlos gegen ihn aufhetzt, um einen möglichst großen sozialen Druck zur Überwindung der „Impfmüdigkeit“ zu erzeugen. Wer sich nicht impfen lässt, hat seinen sozialen Kredit verspielt.

Damit werden verschiedene Bevölkerungsgruppen für die Impfung „gewonnen“. Mit 3G in Verbindung mit dem Wegfall der Kostenübernahme für Corona-Tests und einer starken Reduzierung der Testlokalitäten werden zunächst die Indifferenten abgeschöpft, also diejenigen, die bisher entweder zu faul zur Impfung waren oder sie zwar als unnötig ansehen, ihr aber nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen. Zudem werden sich diejenigen impfen lassen, die absehen können, dass sie die finanzielle (und zeitliche) Belastung regelmäßiger Tests nicht werden stemmen können. Hierunter fallen die sozial Schwachen ebenso wie kinderreiche Familien aus der Mittelschicht.

Die nächste Stufe nach 3G ist 2G. In manchen Bundesländern, allen voran in der Freien (!) und Hansestadt Hamburg, wird 2G im gastronomischen und Veranstaltungsbereich bereits angewendet. Zielpublikum dieser Stufe sind die Jungen: die Teenies, Twens und das sonstige Feiervolk. Anders als ältere Jahrgänge dürften sie die Regelung, Ungeimpfte rund die Hälfte des Jahres aus den Innenräumen von Restaurants, Clubs, Bars, Konzerthäusern und von Großveranstaltungen auszuschließen, für unzumutbarer halten als eine Impfung, die sie vermutlich mehrheitlich ohnehin für unbedenklich und schlimmstenfalls unnütz halten. In einem Alter, in dem das Ausgehen und Feiern mit Gleichaltrigen die höchste Priorität hat, werden die meisten ihre gesundheitlichen Bedenken, so sie überhaupt bestehen, hintanstellen.

Eine weitere Zielgruppe von 2G sind die Eltern unmündiger Kinder. Wer sich und seine größeren Kinder in der dunklen Jahreshälfte vor jedem Sportwettkampf, jeder Musikvorführung und jedem Elternabend erst einmal offiziell testen lassen muss, verliert irgendwann die Lust und die Nerven. Die Impfung wird da sehr schnell zum kleineren Übel, gerade bei kinderreichen Familien.

Schließlich ist 2G auch für die gesunden Alten unter den „Impfverweigerern“ gedacht. Nicht zuletzt in ihre Richtung zielen die Aufrufe, möglichst weite Teile des Freizeitangebots nur noch Geimpften und Genesenen zugänglich zu machen. Ungeimpfte Alte sollen nicht mehr mit ihren Enkeln in eine Theatervorstellung gehen oder ein Kreuzfahrtschiff besteigen dürfen, weil es, wie Karl Lauterbach gerade erklärte, „nicht sicher“ sei, Geimpfte und Ungeimpfte in Innenräumen „zu mischen“.

Die beiden letzten Stufen zielen auf den harten Kern der „Impfgegner“: auf diejenigen, die sich dem Druck bewusst widersetzen, sei es aus Überzeugung oder aus Trotz — oder beidem. Bei ihnen genügt es nicht mehr, ihnen einfach nur das soziale Leben zu vergällen, bei ihnen muss man die Existenzgrundlage antasten.

Wie der wichtigste Schritt hierfür aussieht, hat Mario Draghi gerade in Italien vorgemacht: Ab Mitte Oktober gilt dort 3G auch für den Zugang zum Arbeitsplatz. So wie seit Kurzem bei uns, müssen die Ungeimpften außerdem die Kosten für den erforderlichen Test selbst tragen. Zunächst werden diese Ausgaben zwar noch gedeckelt sein, aber wenn der Effekt auf die Impfquote nicht ausreichend ist, dürfte der Kostendeckel absehbar demnächst entfallen. Wenn dann erst einmal ein Gutteil des Arbeitsentgelts dafür aufgewendet werden muss, um überhaupt Zugang zur Arbeitsstelle zu erhalten, wird der eine oder andere Renitente noch einmal darüber nachdenken, wie wichtig ihm seine Impfgegnerschaft denn nun tatsächlich ist.

Über 3G am Arbeitsplatz hinaus sind weitere finanzielle Strafen für Ungeimpfte denkbar. Eine erste hat man in Deutschland bereits beschlossen: die Verweigerung der Lohnfortzahlung im Quarantänefall. Weitere könnten folgen. Vorschläge wie höhere Krankenkassenbeiträge für Ungeimpfte wurden bereits in die Debatte eingebracht.

Die letzte Stufe ist 3G für Schulen und Kitas. Sie kann allerdings erst gezündet werden, wenn ein Impfstoff für Kinder unter zwölf Jahren verfügbar ist. Für 5- bis 11-Jährige soll die Zulassung dem Vernehmen nach Anfang 2022 vorliegen, für Kleinkinder unter 5 Jahren werden die Ergebnisse der Zulassungsstudie bis Ende dieses Jahres erwartet.

Mit einer 3G-Regelung für Schulen und Kitas hätte man den stärksten Hebel, um noch einmal sehr viele Einwohner für die Impfung zu „gewinnen“. Denn wie sähe der Alltag für Familien aus, die sich auch unter diesen Bedingungen immer noch nicht impfen lassen? Sie müssten jeden Morgen (oder jeden zweiten) mit der ganzen Familie zur Apotheke tingeln, sich bei Wind und Wetter in die Schlange stellen, um alle durchtesten zu lassen, anschließend noch eine Viertelstunde auf das Ergebnis warten, ehe sie den Bescheid in Händen hielten, den man erst teuer bezahlen und dann in der Kita und in der Schule vorzeigen muss, damit man selbst und die Kinder das Gebäude betreten dürfen. Je nach Kinderzahl geht das nicht nur gehörig ins Geld — so viel Zeit und Nerven hat auch kein Mensch, um dieses Programm mehrmals pro Woche zu absolvieren. Einfach sein lassen kann man es aber auch nicht, denn die Eltern können die Kinderbetreuung ja in der Regel nicht ohne Weiteres selbst übernehmen, weil sie arbeiten müssen. Außerdem gibt es ja noch so etwas wie Schulpflicht.

Sobald Stufe 7 erreicht ist, fallen folglich nur noch sehr wenige Menschen durchs Raster. Bei Lichte besehen, werden sich den Luxus der Ungeimpftheit dann nur noch Kinderlose, Singles, Selbständige und Rentner (jeden Alters) leisten können, die entweder zurückgezogen leben und wenige soziale Kontakte haben oder über starke Nerven und ein ausreichendes Finanzpolster verfügen. Möglicherweise bildet sich auch in Kreisen von Migranten eine Parallelgesellschaft aus, in der alle oder die meisten ungeimpft sind, aber das Leben dennoch wie gewohnt weitergeht.

Das vorgestellte Sieben-Stufen-Modell ist keinem Plan misanthropischer oder sonstiger Verschwörer entnommen. Es ist eine Kombination aus beobachteter Wirklichkeit und ihrer Fortschreibung in die Zukunft. Man kann es daher wie im Projektmanagement als Risiko beschreiben: Weil sich das Pandemie-Management der vergangenen anderthalb Jahre als Anwendung der Modellstufen 1 bis 5 beschreiben lässt, besteht das Risiko, dass zukünftig so viele weitere Stufen folgen, bis die politische gewünschte Impfquote erreicht ist.

Dieses Risiko bedroht die — eigentlich grundgesetzlich geschützte — Freiheit des Einzelnen, frei, und das heißt: unbeeinflusst von äußerem Zwang über den eigenen Körper zu bestimmen und als mündiger Bürger eine eigene Risikoabschätzung hinsichtlich der Gefahr zu treffen, die von der Krankheit COVID-19 einerseits und der Impfung dagegen andererseits ausgeht.

Es ist somit Bestandteil jener Vielzahl an Risiken, die derzeit alle Versuche, in Deutschland zu einer grundgesetzkonformen freiheitlichen Ordnung zurückzukehren, bedrohen. Wer sich für die übrigen Risiken interessiert, findet sie an anderer Stelle in kompakter Form zusammengestellt und beschrieben. Hier genügt die Feststellung, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Freiheit des mündigen Bürgers durch den politischen Kurs zur Impfförderung bedroht sind.

Einen wichtigen Schritt zur Abwendung oder wenigstens Abmilderung dieses Risikos haben die Bürger übrigens soeben verpasst: Bei der Bundestagswahl 2021 wählten sie mehrheitlich Parteien, von denen keine Änderung des bisherigen Kurses in der Impffrage zu erwarten ist.

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