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Bundespolizist sieht Gefahren durch unkontrollierte Grenze zu Polen

Published On: 23. Oktober 2021 16:50

In der Truppe brodelt es. Auch nach den Ankündigungen von Horst Seehofer über Maßnahmen an der deutsch-polnischen Grenze – unter anderem grenzübergreifende Patrouillen mit Polen – bleiben die Probleme aus Sicht der Bundespolizisten dieselben.

Nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Lage an der deutsch-polnischen Grenze in die Kabinettssitzung vom vergangenen Mittwoch einbrachte, meldete sich der Bundespolizist erneut, der TE schon zuvor über die Lage an der Grenze informiert hatte. Er sieht nach wie vor Gefahren für die Allgemeinheit durch die weitgehend unkontrollierten Grenzabschnitte an Oder, Neiße und grüner Grenze. Ihn treibt vor allem die Nutzlosigkeit der angekündigten Maßnahmen und die dahinter durchscheinende Tatenlosigkeit der Regierung um. Den Vorschlag gemeinsamer Patrouillen mit den polnischen Grenzern findet er ziemlich unsinnig. Er erinnert sich an solche Patrouillen in der Vergangenheit. Da sind dann tageweise einzelne Bundespolizisten mit den Kollegen auf der polnischen Grenzseite Streife gefahren, und umgekehrt.

Asylmigration lässt nicht nach

Doch welchen Vorteil sollte das bringen? Schon die fehlende Verständigung der uneingespielten Teams würde die Arbeit unmäßig erschweren. Und natürlich hat ein deutscher Beamter in Polen kein Recht, Maßnahmen anzuordnen. Das Gleiche gilt für den polnischen Grenzschützer in Deutschland. Am Ende scheint das Projekt »gemeinsame grenzübergreifende Patrouillen« eher auf eine weitere Schwächung des Grenzschutzes hinauszulaufen, indem erneut Beamte – auf deutscher wie polnischer Seite – aus ihren Revieren abgezogen werden und damit weniger und nicht mehr für den Grenzschutz sowie die Abwehr illegaler Einreisen tun können.

Diesen Seehofer-Vorschlag hält der Beamte daher für eine Nebelkerze im Sinne von »Wir tun was, wir schaffen das«. Man hat in der Tat den Eindruck, dass hier ein ›europäisches‹ Signal gesendet werden soll, das uns sagen will: In der EU können wir – bei gutem Willen – alle Probleme gemeinsam lösen.

Migranten in unbekannter Zahl überqueren die Grenze

Stationäre Grenzkontrollen, wie sie der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, fordert, wären da schon eher nach dem Sinn des Bundespolizisten. Aber auch sie wären nicht hinreichend, um die Situation an der deutsch-polnischen Grenze in seinem Sinne zu bewältigen. Zu den festen Kontrollen an den offiziellen Grenzübergängen (vor allem den Einfallsstraßen) müsste eine konsequente Fahndung an der grünen Grenze kommen.

Doch eine Schließung der Grenze lehnt der scheidende Innenminister ab und erhält dafür Unterstützung von den künftigen Koalitionären. 5.600 Personen sind seit dem Sommer bereits illegal über Polen nach Deutschland eingereist. Die meisten waren vorher nach Weißrussland geflogen und zum Teil auch über Litauen in die EU gelangt.

In den Messehallen im Frankfurter Stadtteil Markendorf wird derweil eine neue Bearbeitungsstraße für die Registrierung irregulärer Migranten errichtet. Der Grund liegt in der Voll- oder schon Überbelastung der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt. Zu diesem Zweck sind statt drei inzwischen vier Beamte pro Inspektion abgezogen worden, um die Aufnahmen zu organisieren. Dadurch würden die Inspektionen und Reviere natürlich noch weiter geschwächt. Zur Erinnerung: Seit der Bundesgrenzschutz 2005 zur Bundespolizei umgewandelt wurde, ist die Mannstärke der Reviere ohnehin schon auf etwa die Hälfte der damaligen Größe geschrumpft.

Kurzum, der Beamte zweifelt die Bereitschaft der Regierung an, die illegalen Einreisen an deutschen Grenzen wirklich zu unterbinden: »Wenn ich wirklich verhindern will, dass Migranten in unbekannter Zahl die Grenze überqueren, müssen stationäre Kontrollen an den Grenzübergängen und verstärkt mobile Kontrollen im 30-Kilometer-Bereich stattfinden.«

»Wer treibt sich bei uns herum?«

Im Containerdorf von Eisenhüttenstadt

Die Möglichkeit zahlreicher unentdeckter Grenzübertritte nimmt der Grenzbeamte sehr ernst: »Niemand weiß, wie viele Leute hier in Deutschland sind.« Tausende könnten schon längst hier sein, wenn sie unbeobachtet die Grenze überschritten haben. Er hält das für leicht machbar. Und natürlich stellt sich dann sofort die Frage, was für Menschen das sind: junge Männer aus dem Irak, Syrien und Afghanistan? Waren sie im Kriegsdienst? Werden sie Gefährder sein? Die Fragezeichen sind doppelt und dreifach. Es geht um eine »unbekannte Unbekannte«. Der Bundespolizist wüsste einfach gern: »Wer treibt sich eigentlich bei uns herum?«

Im Landkreis Uckermarck, dem größten Landkreis in Deutschland, gebe es gerade mal fünf Streifen für den gesamten Grenzbereich. Damit ist keine flächendeckende Überwachung möglich, schon gar nicht an der grünen Grenze nördlich von Gartz, wo die Oder nicht mehr die Grenze bildet. Aber auch das Übersetzen über die Oder wäre keine übermenschliche Tat, wie der Beamte berichtet, mit einem motorisierten Schlauchboot sei das in wenigen Minuten erledigt.

Schon in den Neunzigerjahren war das wohl für eine Zeit ein Problem, als viele Rumänen auf diesem Wege nach Deutschland einreisten. Allerdings hatte der damalige Bundesgrenzschutz auch noch erheblich mehr Personal, und die Streifentätigkeit war eine ganz andere gewesen. Damals »bewachte« man die deutsche Grenze noch: »Das heißt, es wurden Streifen auf den Oderdamm geschickt, und die sind da die ganze Nacht hoch und runter gefahren und haben die Oder auch mit Wärmebildgeräten überwacht.«

Heute hat seine Inspektion für 50 Kilometer Grenze ein einziges Wärmebildgerät, das allerdings noch nie eingesetzt wurde. Dazu müsste man auch erst mal die Beamten in den Betrieb einweisen. Auch die Hubschrauber der Direktion müssten zwar monatlich ein bestimmtes Stundensoll erfüllen, aber ihre Einsätze haben sich in der letzten Zeit nicht vermehrt. Keine Spur von Hektik anscheinend bei der Bundespolizeidirektion Berlin, die für den gesamten brandenburgischen Grenzabschnitt zuständig ist.

Vom Bundesgrenzschutz zur »Bundesgrenzverwaltung«

Route Minsk – Polen – Frankfurt (Oder)

Dabei sähen gerade die europarechtlichen Regelungen vor, dass die aus Polen einreisenden Migranten auch nach Polen zurückgeschickt werden müssen. Doch diese Regelungen aus dem Schengen-Recht und Dublin-III, die im Grunde nationales Recht fortsetzen, werden derzeit nicht angewendet. Laut Schengen-Recht ist insbesondere die Einführung von Grenzkontrollen in Ausnahmesituationen möglich, um Gefahren abzuwenden. Temporäre Grenzkontrollen wurden zum Beispiel auch während der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland eingeführt, um zu verhindern, dass Fans aus allen möglichen Ländern, zum Teil zu Fuß zur WM anreisten.

Heute könnte man so Zurückweisungen möglich machen. Wenn den deutschen Bundespolizisten an der Grenze oder auch im 30-Kilometer-Radius illegale Einreisen auffielen, könnten sie sich auf das Dublin-Verfahren berufen, wonach derjenige Staat für die Bearbeitung von internationalen Hilfegesuchen zuständig ist, in dem ein Migrant zum ersten Mal EU-Boden betreten hat. Zwar seien die Polen nicht sonderlich interessiert, diese Fälle zu bearbeiten, vor allem weil die Migranten selbst meist nicht in Polen bleiben wollen. Aber dennoch müsste eine deutsche Bundesregierung in dieser Frage eine Lösung suchen, statt sie einfach (via Selbsteintritt) dem deutschen Steuerzahler aufzubürden.

Der verweigerte Grenzschutz

Der Bundespolizist erzählt am Ende von einer gewissen Frustration unter seinen Kollegen. Aus dem ehemaligen Bundesgrenzschutz sei eine »Bundesgrenzverwaltung« geworden: »Wir sind eingestellt worden, um die deutsche Grenze zu schützen und unerlaubte Einreisen zu verhindern. Aber heute verwalten wir die unerlaubten Einreisen nur noch. Wir stellen sie fest, aber das hat keine Auswirkungen mehr.« Er findet es zwar gut, Beamter zu sein, einen Job zu haben und gut zu verdienen. Aber seine Arbeitsgrundlage sei eigentlich gar nicht mehr gegeben: »Ich fahre herum und kontrolliere, und wenn ich unerlaubt Eingereiste feststelle, dann gebe ich denen eine Anlaufbescheinigung zur nächsten Ausländerbehörde. Das war’s.« Als ehemaliger Grenzschützer fühlt sich der Bundespolizist heute nutzlos und ohne Auftrag: »Uns Bundespolizisten ist unsere Aufgabe genommen worden. Denn der Grenzschutz findet nicht statt.«

Zugleich fragt er sich ernsthaft, was sein Dienstherr und die politischen Entscheider mit ihren Beschlüssen und Maßnahmen eigentlich bezwecken. Denn durch die Abziehung von Beamten zur Registrierung der Migranten wird die Fahndungsarbeit immer weiter geschwächt. Anscheinend geht es nur darum, die illegal Eingereisten möglichst schnell ins Asylverfahren zu bringen und per Königsteiner Schlüssel auf die 16 Bundesländer zu verteilen. Die brandenburgischen Erstaufnahmelager sind jedenfalls mehr als ausgelastet. Am Ende sieht der Beamte nur sinnfreien Aktionismus in dieser Politik, aber keine Entscheidungen von der Art, wie er sie sich als Bürger und Beamter wünschen würde.

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