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Bei Hart aber Fair: Nachdenken später, jetzt wird wieder gelockdownt

Published On: 30. November 2021 8:14

Die sehr große Koalition ist sich einig. Warum überhaupt noch diskutieren? Der Lockdown kommt doch sowieso. Die Frage ist nur, ob morgen oder in einer Stunde und mit welchem Namen.

Screenshot ARD: Hart aber Fair

Worum geht es bei „Hart aber Fair?“ Corona. Oder Impfen. Beides. Der Titel lautet „Neue Regierung, altes Problem“ – doch um wen es hauptsächlich geht, stellt Plasberg schon in der Einleitung klar. „Wer regiert Deutschland aktuell? Das Virus.“ Damit greift er vielleicht schon weiter auf den Verlauf seiner Talkrunde vor, als er zu Beginn ahnen kann. Auf dem Papier ist mal wieder eine hochspannende Runde zusammengekommen: Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kommt mit bald-Ministerin Bettina Stark-Watzinger von der FDP, CDU-Vorsitzkandidat Norbert Röttgen, Zeit-Journalist Bernd Ulrich und dem Virologen Martin Stürmer zusammen. Neue Regierung, neue Opposition, Presse und Wissenschaft: Die vermeintlich diverse Auswahl an Sichtweisen führt jedoch am Ende wieder zum selben Tunnelblick. Denn eigentlich sind sich alle so gut wie einig.

Dafür sorgt auch ein Einspieler, mit dem Plasberg den Einstieg in die Runde wählt. Eine alte Frau aus dem Corona-Hotspot Ostsachsen wird gezeigt – sie selbst lag mit Corona auf der Intensivstation, verlor ihren Mann durch die Krankheit, und isoliert sich jetzt wieder. Unter Tränen drückt sie ihr Unverständnis über die Politik aus. Wer kann gegen eine solche Anklage ernsthaft Widerspruch leisten?

Norbert Röttgen zumindest nicht. Der räumt direkt auf Nachfrage von Plasberg ein, dass man bisher nicht schnell genug gehandelt hätte – „wir waren zu spät in der alten Regierung“, erklärt der Bundestagsabgeordnete. Jetzt müsse die neue Regierung aber schneller sein – „vor die Welle kommen“ müsse man jetzt. Dass „dringend und „gemeinsam“, also auch unverzüglich und hart gehandelt werden muss, ist schnell Konsens. Zeit-Journalist Bernd Ulrich konstatiert wenig später trocken, dass mangelnde Einigkeit ja noch nie wirklich das Problem in der deutschen Corona-Politik war. Die Politikvertreter im Studio wollen es sich aber doch nicht nehmen lassen, sich gegenseitig die Schuld dafür zuzuweisen, nicht dringend, gemeinsam, unverzüglich und hart genug gehandelt zu haben.

Die vierte Welle ist da – jetzt will man politisch auf ihr surfen. Röttgen will „unseren Staat und uns“ anders organisieren, um effektiver Corona bekämpfen zu können – als hätte seine Partei nicht während der gesamten Pandemie dazu Zeit gehabt. Und um die Ampel zu attackieren, fordert er, dass diese auf die Opposition zugeht. Katrin Göring-Eckardt stellt klar: „Wir haben es ja versucht!“ Sie würde die CDU jetzt gerne mitnehmen. Es sollen jetzt „alle an einem Strang, in die gleiche Richtung ziehen“ – „Jetzt muss es eine Machtkonzentration geben.“ Opposition will sie ja eigentlich auch nicht – sie will handeln, wie sie es für richtig hält, am besten „bundesweit nach gemeinsamen Kriterien“. Dass in Infektionshotspots wie Teilen Bayerns und Sachsens die gleichen Regeln gelten sollen wie in Bremen oder Schleswig-Holstein, wird nicht begründet. Wir haben eben Krise, und das muss eben so. Gefragt wird später, jetzt wird gelockdownt! Oder wie die FDP sagen würde: Lockdown First, Bedenken Second. In ihrem Alarmismus will die Grünen-Fraktionschefin vor allem auch sofort und massenhaft impfen: „Hoffentlich werden die Kinder auf dem Schulhof geimpft, damit es schnell geht.“

Ein Diskussionsbeitrag von Paul Cullen

Bernd Ulrich meint: „In einer Pandemie kann man nie genau das richtige machen.“ Womit er wahrscheinlich Recht hat. Doch die Politik traue sich nicht, „zu viel und zu früh“ zu machen. Die Politik müsse aber „vor die Krise kommen“ und „nachhaltige Maßnahmen treffen“. Auch er will vor die Welle kommen. Doch Röttgens unehrliche Handlungsaufforderungen an die Ampel will er trotzdem nicht so stehen lassen: „In der ersten Hälfte dieses Jahres hat die CDU die Coronapolitik als Austragungsort ihres Machtkampfes zwischen Armin Laschet und Markus Söder benutzt“, konstatiert er. Er meint, die CDU habe Corona verharmlost und müsse die Verantwortung dafür „aufarbeiten“. Röttgen entgegnet, man habe doch wirkungsvoll gehandelt – beispielsweise mit der Bundesnotbremse. Das nimmt Ulrich nicht ernst – und jeder, der die Notbremse miterlebt hat, wahrscheinlich auch nicht.

„Jetzt nochmal restriktiv sein“

Plasberg will an dieser Stelle die Diskussion etwas auffrischen – bisher wurde ja nur über die Politik geredet. Unter Bezug auf die vorher gezeigte trauernde Witwe fragt der Moderator gewohnt kontrovers, ob man nicht neben den zu lasch handelnden Politikern auch die Ungeimpften beschuldigen könnte. „Für mich ist es unverständlich, dass sich so viele Menschen nicht impfen lassen“, sagt FDP-Frau Stark-Watzinger dazu regelrecht automatisch – die bösen Ungeimpften will schließlich keiner in Schutz nehmen, schon gar kein zukünftig Regierender. Dafür, dass ihre Partei sich jedoch auch nur vermeintlich zu Prinzipien wie Freiheit bekannt hat, kriegt sie natürlich trotzdem Schelte. Dann schaltet sich der zugeschaltete Virologe Martin Stürmer ein. „Es ist mir egal, wer welche Lockerungen durchgebracht hat“ – jetzt ist Schluss mit locker! Auch er will impfen, impfen, impfen.

Jetzt gibt es den nächsten Einspieler. Die Leopoldina fordert den Quasi-Lockdown für alle: Kontaktbeschränkungen und flächendeckende Einschränkungen, auch für Geimpfte. Göring-Eckardt nennt das einen „wichtigen Hinweis“. Wahrscheinlich könne man Bars und Clubs „jetzt schon dichtmachen“. „Wahrscheinlich muss man das bundeseinheitlich beschließen. Möglicherweise muss man auch sagen: Gastronomie geht nicht.“ Ganz offensichtlich sei: Wer zweimal geimpft ist, ist nicht sicher. Plasberg fragt, warum man das nicht Lockdown nenne. Göring-Eckardt stottert herum, fordert dann „starke Kontaktbeschränkungen“. Man müsse „jetzt nochmal restriktiv sein“, dann sei sicher alles vorbei. „Jetzt brauchen wir wahrscheinlich nochmal einmal Ruhe“. Ein Lockdown sei das nicht: „Das ist was anderes. Wir machen nicht nochmal das gleiche“, erklärt Göring-Eckardt – nur, um sich dann im gleichen Atemzug in ihrer Argumentation auf Merkel-Beraterin Priesemann zu beziehen. Wie Plasberg schon am Beginn seiner Sendung zu wissen schien: Wer regiert, ist egal, gehandelt wird mit derselben Härte.

Corona-Update 29. November 2021

Und dazu gibt ja auch die neue Corona-Variante Anlass: „Was weiß man über Omikron?“, fragt Plasberg den Virologen Stürmer. Wahrscheinlich hatte der Moderator sich die Beschreibung einer neuen Killer-Panik-Mutante erhofft. Doch Stürmer beginnt ganz nüchtern: Noch wisse man wenig, und noch habe man Einzelfälle. Aber – das könne sich ganz schnell ändern, warnt er. Gerade deshalb brauche es jetzt Kontaktbeschränkungen. Sie erinnern sich – wir müssen vor die Welle kommen. „Um diesen Kreislauf aus Lockdown und Lockerung zu durchbrechen“, wirkten nur Impfung und Booster, mahnt Stürmer. Da bringe auch das Warten auf einen Totimpfstoff nicht. Und auch diejenigen, die vor dem Stich auf eine Anpassung der Impfstoffe auf neue Varianten warten wollen, lägen falsch.

Röttgen, Ulrich und der Forscher lachen beim Gedanken an diese Menschen. Plasberg meint spöttisch: „Es gibt ja auch Menschen, die immer wieder neue Bedenken erfinden.“ Das Studio Elfenbeinturm amüsiert sich prächtig – hier weiß man, was gut für die Leute ist. Deswegen erklärt Katrin Göring-Eckardt auch zu einer Impfpflicht: „Ich finde, wir sollten uns dahin bewegen.“ Eine „Impfdiktatur“ wolle aber keiner, versichert sie. FDP-Frau Stark-Watzinger leistet beim Thema Impfpflicht erwartungsgemäß keinen Widerstand – immerhin hatte sich Parteikollege Stamp an gleicher Stelle ja letzte Woche schon hinter die Idee gestellt. Ihre Antwort ist umkonkret: Das sei etwas, worüber man diskutieren und nachdenken müsse. Auf Plasbergs Nachfrage, wie sie persönlich bei einer möglichen Abstimmung im Bundestag votieren würde, bleibt sie bei: „Ich werde mir das anschauen.“

Wer bestimmt am Ende in Deutschland? Röttgen, Göring-Eckardt oder Stark-Watzinger? Wie Frank Plasberg schon sagte – das Virus und all seine echten und vermeintlichen Handlungsimperative tun es. Und dank dieser Imperative diskutieren fünf Menschen mal wieder, wie einig sie sich doch sind – die „unvernünftige Minderheit“ (Ulrich über Ungeimpfte) will keiner verstehen, sie wird für ihre Bedenken verlacht. Lockdown? Ist ein absoluter Sachzwang, meinen alle. Die Runde schließt mit der Frage, wer denn nun Gesundheitsminister werden solle. Auch dort – wir wollen es Ihnen zum Schluss nicht vorenthalten – ist sich das Studio einig: Karl Lauterbach sei ein respektabler Gesundheitspolitiker, der eigentlich gut geeignet wäre. Besser hätte die Runde eigentlich gar nicht schließen können. Katrin Göring-Eckardt kann zumindest zufrieden nach Hause gehen – wie sie es sich wünschte, ziehen alle an einem Strang.

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