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Der ferngesteuerte Mensch

Published On: 30. November 2021 17:00

Als Reaktion auf die Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre ausgebrochene Krise trat der Kapitalismus eine Flucht nach vorn an, die ihn letztlich zu einem wirklich weltumfassenden, integralen System machte. Dies hat dazu geführt, dass das Leben bis in die entlegensten Winkel des Planeten der Marktdisziplin unterworfen wurde. Gleichzeitig hat sich die Weltbevölkerung nicht nur spektakulär vermehrt, sondern ist auch unruhig geworden, insbesondere nach dem Finanzkollaps von 2008. Deshalb werden Strategien zur Wiederherstellung der Disziplin entwickelt, deren gemeinsames Element die Nutzung technologischer Durchbrüche im Bereich der Nanotechnologie, der IT-Revolution, 5G und Mikrobiologie liegt, um nur die wichtigsten zu nennen.

Im Prinzip gibt es keinen Grund, warum das Leben selbst — als Bewegungsprozess von Protein-Nukleinsäure-Kombinationen — nicht durch künstliche Intelligenz fernsteuerbar werden sollte.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind Injektionen mit Nukleinsäure und magnetischen Nanopartikeln ein wichtiger erster Schritt. Damit sollte es letztlich möglich sein, dem globalen Kapitalismus eine neue sozial-natürliche Basis zu geben, eine „neue Normalität“. Und zweifellos hat es die Oligarchie eilig, genau das zu erreichen.

Meine These ist, dass die Verknüpfung menschlicher Organismen mit künstlicher Intelligenz zum Nutzen der Oligarchie, die heute den Planeten kontrolliert, prinzipiell möglich ist, in ihrer Gesamtheit aber noch in den Kinderschuhen steckt. Es bedarf einer Reihe von Erfindungen, die noch gemacht und integriert werden müssen, und außerdem wird der Faktor Mensch paradoxerweise unterschätzt. Letztlich werden sich die Menschen bewusst werden müssen, dass das, was auf den Weg gebracht wird, eine demokratische Anwendung der neuen Technologien, die die Selbstbestimmung aller ermöglichen würde, verhindern soll.

Die technologischen Durchbrüche in den genannten Bereichen haben potenzielle Folgen, die sich nur auf der Skala geophysikalischer Epochen (Holozän, Pleistozän und so weiter) messen lassen. Zu diesem Thema wurden im 20. Jahrhundert tiefgreifende Einsichten entwickelt, bei denen die Rolle der Information im Mittelpunkt steht. So schlug der französische Theologe Pierre Teilhard de Chardin bereits in den 1920er-Jahren vor, der räumlichen Ausdehnung des Universums eine zweite, chemisch-physikalische Involution hinzuzufügen, von der einfachen zur immer komplexeren, einschließlich einer Dimension des Bewusstseins. Deshalb, so Teilhard, ist in jedem Körper, beginnend mit dem kleinsten Molekül, im Prinzip bereits eine „Psyche“ vorhanden. Diese kann nicht als solche wahrgenommen werden, ebenso wenig wie ein Physiker eine Veränderung der Masse auf dieser Ebene wahrnehmen kann, und doch kann er sie vermuten und dann berechnen (1).

Wir können daher davon ausgehen, dass „Psyche“, Intelligenz und Information als Aspekt des Lebens allgegenwärtig werden. Der russische Biologe Wladimir Wernadski, der 1924 das Konzept der Biosphäre — der Sphäre um die Erde, in der das Leben entsteht und sich weiterentwickelt — entwickelte, erweiterte diesen Begriff unter dem Einfluss von Teilhard um das Konzept der Noosphäre, der „Schicht“ des Bewusstseins, von griechisch nous, Geist, erweitert. Während die Biosphäre als solche nur eine evolutionäre Entwicklung impliziert, fügt die Noosphäre die Dimension des bewussten Lebens hinzu und impliziert, dass der Mensch als seine höchste Form in diese Entwicklung eingreifen kann (2).

Dieser Eingriff hat dazu geführt, dass wir vom Anthropozän (von anthropos, Mensch) sprechen, dem geophysikalischen Zeitalter, in dem das menschliche Leben den Planeten vollständig beherrscht. James Lovelock — bekannt für die Gaia-Theorie der sich selbst regulierenden Biosphäre, die das Leben auf der Erde schützt, unteren anderen indem sie den Planeten kühl hält — spricht sogar von einem Zeitalter jenseits des geophysikalischen Anthropozäns, dem Novazän.

In seinem gleichnamigen Buch spekuliert er über eine Zukunft, in der der Kosmos als solcher durch die von der Menschheit geschaffene künstliche Intelligenz, die an Orten operieren kann, an denen Menschen nicht überleben können, zu Bewusstsein kommt (3).

Diese künstliche Intelligenz wird in der Lage sein, das Leben noch Hunderte von Millionen Jahren zu erhalten, zumindest wenn es uns gelingt, einen Atomkrieg zu verhindern, und kein großer Meteorit einschlägt. Künstliche Intelligenz sollte also nicht in militärische Anwendungen integriert werden, die sich dem Zugriff des Menschen entziehen können.

Abgesehen davon leitet die spektakuläre Erweiterung der menschlichen Psyche durch die künstliche Intelligenz eine neue Ära der unbegrenzten Möglichkeiten ein. Die ursprüngliche menschliche Intelligenz bleibt jedoch unverzichtbar (und selbst der vollkommensten künstlichen Intelligenz überlegen), denn sie beruht auf der Intuition, der Fähigkeit, Probleme aus dem Gefühl heraus zu ergründen (4). Ob diese authentische Intelligenz, die ihre Überlegenheit moralischen Überlegungen und der Intuition verdankt, überleben wird, ist nicht sicher. Immerhin erleben wir bereits die Bemühungen der großen IT-Konzerne, in enger Zusammenarbeit mit US-amerikanischen und anderen Geheimdiensten alle unsere Bewegungen und Gedanken zu verfolgen, um mittels Algorithmen abweichende „Intelligenz“ buchstäblich undenkbar zu machen.

Unter diesen Umständen ist der Versuch, die Menschheit mittels Nanotechnologie mit künstlicher Intelligenz zu verbinden, um die Macht der herrschenden Ordnung zu erhalten, eine gefährliche Illusion.

Die autoritären, wenn nicht gar diktatorischen Implikationen dieses Vorhabens sind bereits offenkundig, auch wenn sich die Covidkrise, die „Pandemie der Angst“, dadurch auszeichnet, dass die Mehrheit der Menschen, angestachelt durch Medien und Regierungen, tatsächlich „Maßnahmen“ fordert und sogar darauf besteht, sich impfen zu lassen.

Im Gegensatz zu den in fast jeder Hinsicht verfrühten Vorstellungen von einer künstlich intelligenten Menschheit, den damit verbundenen medizinischen Technologien und der damit verbundenen totalen Kontrolle der heutigen Machthaber steht die Idee einer relativ autonomen, potenziell selbstbewussten Weltbevölkerung. Schließlich ist der Durchbruch zu einer neuen, radikal demokratischen Gesellschaft auch durch die Digitalisierung des Alltagslebens in greifbare Nähe gerückt. Darum geht es in unserem letzten Kapitel.




Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch „Die belagerte Welt – Corona: Die Mobilisierung der Angst – und wie wir uns daraus befreien können“ von Kees van der Pijl.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Pierre Teilhard de Chardin,. „The Phenomenon of Man“ (1959) in J.J. Clarke, ed.

Nature in Question. An Anthology of Ideas and Argumentsn. London: Earthscan 1993, Seite 183 f.

(2) William Rees, ‚Scale, complexity and the conundrum of sustainability‘. In M. Kenny und J. Meadowcroft, eds. Planning Sustainability. London: Routledge, 1999, Seite 110.

(3) James Lovelock, Novacene. The Coming Age of Hyperintelligence (mit B. Appleyard). n.p.: Allen Lane 2019, Seite 25 bis 27, 37. ee auch seine The Revenge of Gaia. (foreword C. Tickell). Harmondsworth: Penguin 2007.

(4) The Revenge of Gaia. [foreword C. Tickell]. Harmondsworth: Penguin 2007.

Lovelock, Novacene, Seite 19 bis 20.

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