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Offener Brief an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer

Published On: 14. Dezember 2021 4:59

Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer fällt seit einigen Monaten mit aggressiven und rabiaten Meldungen auf. Dabei geht es immer um den Verkauf von Impfstoffen an die österreichischen Bevölkerung. Sein jüngstes Elaborat gipfelt darin, den Ärztinnen und Ärzten mit Disziplinarrechtlichen zu drohen, falls sie nicht auf ‚Teufel-komm-raus‘ impfen, sondern ihren Patienten eine individuelle Beratung angedeihen lassen.

Von Peter F. Mayer

In der Ärzteschaft bleiben diese Ausritte des obersten Kammerpolitikers aber nicht mehr unwidersprochen. Auch gegen den jüngsten Rundbrief gibt es einen offenen Brief einer Reihe von Wissenschaftlern und Ärzten. Ein Text, der für mich abschreckend wirkt und tiefes Misstrauen zu erzeugen geeignet ist. Auch die Unterzeichner stellen fest, dass Szekeres der Ärzteschaft nachhaltigen Schaden zugefügt hat und fordern entweder die Rücknahme des Schreibens oder seinen Rücktritt.

Hier ist der Text des Offenen Briefes:

Sehr geehrter Herr Präsident,

mit Ihrem Rundschreiben 325/2021 vom 2.12.2021, das zwar nicht an die Öffentlichkeit gerichtet, aber inzwischen öffentlich verfügbar ist, haben Sie gegen die Grundprinzipien der evidenzbasierten Medizin und der ärztlichen Behandlungsfreiheit verstoßen und gewissenhaft arbeitenden Kolleginnen und Kollegen pauschal Disziplinarstrafen angedroht. Sie haben diktatorisch festgelegt, wie Ihrer Meinung nach ärztliche Berufspflicht zu definieren ist. Wenn ein Ärztekammerpräsident so agiert, verlieren wir bei unseren Patienten unsere Glaub- und Vertrauenswürdigkeit.

Sie schreiben ohne Angabe von Quellen für Ihre Behauptung: „Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Pandemie darf klargestellt werden, dass es derzeit aufgrund der vorliegenden Datenlage aus wissenschaftlicher Sicht und unter Hinweis auf diesbezügliche Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums grundsätzlich keinen Grund gibt, Patientinnen/Patienten von einer Impfung gegen COVID-19 abzuraten“.

Zu dieser Aussage nehmen wir wie folgt Stellung: Die Datenlage hinsichtlich der Effektivität und Sicherheit der in Österreich verfügbaren COVID-19 Impfstoffe ist keineswegs einheitlich und eindeutig und ist zudem einem permanenten Wandel unterworfen. Während man bis vor wenigen Wochen davon ausging, dass die COVID-19 Grundimmunisierung Schutz gegen die Erkrankung gewährt, ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass dieser Schutz erstens allenfalls hinsichtlich schwerer Verläufe relevant ist und zweitens nach spätestens sechs bis sieben Monaten statistische Signifikanz verliert (siehe z.B. https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3949410). Weiters ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Geimpfte und Nichtgeimpfte die Infektion

gleichermaßen weitergeben können (siehe z.B. https://doi.org/10.1016/S1473-3099(21)00648). Das Argument, dass mit der Impfung eine „Herdenimmunität“ erzielt werden kann, ist also obsolet. Ob durch die Boosterimpfung ein weitergehender Schutz erzielt werden kann, ist ungewiss. Die bisher hierzu vorliegenden Studien überblicken nur wenige Wochen machen deutlich, dass die absoluten Effekte allenfalls marginal sind und sicher am Verlauf der Pandemie insgesamt nichts ändern werden

(siehe z.B. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2114255). Dies ist insbesondere daran zu erkennen, dass kein Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz nachweisbar ist (siehe z.B. https://doi.org/10.1007/s10654-021-00808-7).

Hinzu kommt die große Mutationsfreudigkeit von SARS-CoV-2. Bereits gegenüber der derzeit noch vorherrschenden Delta-Variante wurde ein verminderter und rasch schwindender Effekt der Impfungen gezeigt (siehe z.B. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2114228). Ob gegenüber der sich derzeit ausbreitenden Omikron-Variante überhaupt noch ein Schutz vorliegt, ist unbekannt.

Die Schutzwirkung der COVID-19-Impfungen ist – wenn überhaupt – lediglich für Personen mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf für COVID-19 relevant. Etwa 98% der schwer von COVID-19 betroffenen Personen weisen mindestens eine relevante Vor- oder Begleiterkrankung auf. Das

Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei über 80 Jahren. Gesunde Menschen unter 65 Jahren ohne Risikofaktoren sind sind in der Regel nicht durch einen schweren COVID-19-Verlauf (mit Hospitalisierung, Intensivbehandlung oder Tod) betroffen. Bei diesen Personen überwiegen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit die Risiken durch die Impfung den potentiellen Nutzen. Zumindest muss man diesen Menschen eine freie Impfentscheidung nach ehrlicher und umfassender ärztlicher

Aufklärung zubilligen.

Die Anzahl der berichteten Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe kann man nur als erschreckend bezeichnen (siehe z.B. https://dap.ema.europa.eu/analytics/saw.dll?PortalPages – allein 607.283 Meldungen nur für Comirnaty, Stand 9.12.2021), wenn auch die Kausalität für den individuellen Fall nicht nachweisbar bleibt. Bisher wurden bereits neun Rote-Hand-Briefe verschickt,

die vor schweren Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen warnen. Die pauschale Deklarierung der Impfstoffe als „sicher“ durch Ärztekammer, Politik und Medien offenbart sich somit als unwissenschaftliche, menschenverachtende Propaganda.

Ärztinnen und Ärzten muss nicht nur erlaubt sein, auf ein mögliches Missverhältnis zwischen Nutzen und Schaden bei den COVID-19-Impfungen hinzuweisen, sondern sie sind aufgrund ärztlicher Ethik und nach dem Genfer Gelöbnis geradezu verpflichtet, ihre Patientinnen und Patienten über die

zahlreichen möglichen Nebenwirkungen und Risiken der Impfung aufzuklären.

Die Ärzteschaft und damit natürlich auch die Ärztekammer ist der Evidenzbasierten Medizin verpflichtet. Zur Evidenzbasierten Medizin gehören neben der Säule der vorliegenden Studienevidenz die gleichwertigen Säulen „ärztliche, klinische Expertise“ und „Wertvorstellungen der Patientin bzw.

des Patienten“ (siehe https://www.bmj.com/content/312/7023/71). Die Säule der „ärztlichen, klinischen Expertise“ ist für evidenzbasiertes medizinisches Handeln zwingend erforderlich, weil Studienevidenz und Leitlinien (die erste Säule der Evidenzbasierten Medizin) immer an Patienten- oder Probandenpopulationen gewonnen werden und ausgerichtet sind, und nicht an individuellen Patientinnen und Patienten. Eine Übertragbarkeit auf den einzelnen Patienten ist niemals zu 100% gegeben und bedarf der abwägenden Beurteilung durch eine erfahrene Ärztin bzw. einen erfahrenen Arzt. Aus diesem Grunde haben auch medizinische Leitlinien keine Rechtsverbindlichkeit für die Behandlung des Individuums. Die dritte Säule, die Wertvorstellungen des Patienten, ist ebenso unabdingbar wie die ersten beiden Säulen, weil jedem Menschen das letzte Wort zusteht, welche medizinischen Maßnahmen an seinem Körper, seiner Seele und seinem Geiste ausgeführt werden.

Hierzu gibt es unter anderem die persönliche Patientenverfügung, die jenseits jeglicher Wissenschaft individuelle Patientenentscheidungen über alles stellt.

Wir fordern Sie, Herr Präsident, auf, als oberster Repräsentant der österreichischen Ärzteschaft die Grundprinzipien einer evidenzbasierten ärztlichen Behandlung zu respektieren und die jeder ärztlichen Tätigkeit zugrunde liegende individuelle Behandlungsfreiheit zu schützen. Dies gilt in

besonderem Maße für eine Impfung mit bedingt zugelassenen Impfstoffen, über deren Wirksamkeit und Nebenwirkungen noch kein abschließendes Urteil möglich ist, sonst wäre die Zulassung nicht nur bedingt erteilt worden.

Wir haben als Ärztinnen und Ärzte gelobt, unsere Patientinnen und Patienten – seien es Kranke, die um Hilfe suchen oder Gesunde, die zur Beratung kommen – nach bestem Wissen und Gewissen umfassend und ausgewogen zu beraten. In diese Beratung fließen sowohl die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, die im Bereich der Medizin nie so eindeutig sind, dass sie auf alle

Patientinnen und Patienten pauschal Anwendung finden können, als auch unsere eigene, in Studium und langjähriger Berufserfahrung erworbene klinische Erfahrung und die Wünsche unserer Patientinnen und Patienten ein. Das Beratungsergebnis ist immer ein individuelles und es wird seit

Jahrtausenden durch die ärztliche Behandlungsfreiheit gedeckt.

So ist umgekehrt auch der ärztliche Kunstfehler immer auf einer individuellen Basis zu analysieren. Ein Kunstfehler liegt dann vor, wenn eine ärztliche Maßnahme ohne entsprechende Aufklärung durchgeführt oder unterlassen wird und die Patientin bzw. der Patient hierdurch zu Schaden kommt.

Jeder Kunstfehler muss im Einzelfall hinsichtlich dieser Kriterien überprüft und nachgewiesen werden. Es widerspricht jeglicher ärztlichen Ethik und den Grundprinzipien einer patientenzentrierten, evidenzbasierten Medizin, wenn ein Kammerpräsident für ein bestimmtes, individuelles Beratungsergebnis zwischen Ärzten/Ärztinnen und Patienten/Patientinnen pauschal

eine disziplinarrechtliche Prüfung und Sanktionierung androht.

Herr Präsident, Sie haben dem Ansehen und dem Selbstverständnis der Ärzteschaft durch Ihr Schreiben vom 2.12.2021 nachhaltigen Schaden zugefügt. Wir fordern Sie hiermit auf, Ihr Schreiben vom 2.12.2021 zu widerrufen oder als Kammerpräsident umgehend zurückzutreten.

Weiters geben wir bekannt, dass wir uns weder durch Sie noch durch andere Kammerfunktionäre mit ähnlicher Gesinnung einschüchtern lassen. Wir werden unter Berufung auf das Genfer Gelöbnis und die ärztliche Behandlungsfreiheit unsere Patientinnen und Patienten auch zukünftig nach bestem Wissen und Gewissen behandeln und für jede Patientin und jeden Patienten auch unter Berücksichtigung psychiatrischer Kontraindikationen individuell gemeinsam mit dieser/diesem entscheiden, ob eine Impfung gegen COVID-19 sinnvoll ist oder nicht.

Mit freundlichen Grüßen,

Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, Wien, Salzburg

Dr. Walter Wührer, Arzt für Allgemeinmedizin, Salzburg

Dr. Maria Hubmer-Mogg, Ärztin für Allgemeinmedizin, Graz

Dr. Christian Fiala, Facharzt für Gynäkologie, Wien

Dr. Regina Ehrenberger, Fachärztin für Psychiatrie, Dornbirn

Dr. Katharina Anderhuber, Ärztin für Allgemeinmedizin, Landesschulärztin, Salzburg

Dr. Walter Lintner, Arzt für Allgemeinmedizin, Dornbirn

Dr. Anna Vouk-Zdouc, Fachärztin für Gynäkologie, Klagenfurt

Dr. Marco Spicker, Arzt für Allgemeinmedizin, Arbeitsmediziner, Laakirchen

Dr. Werner Pohl, Facharzt für Innere Medizin, Vöcklabruck

Dr. Ingo Wachernig, Arzt für Allgemeinmedizin, Völkermarkt

Dr. Lukas Trimmel, Facharzt für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Wien

Dr. Terezia Novotna, Ärztin für Allgemeinmedizin, Notärztin, Wiener Neustadt

Dr. Christine Valentiny, Ärztin für Allgemeinmedizin, Egg

Dr. Fatma Gürel, Ärztin für Allgemeinmedizin, Salzburg

Dr. Gerlinde M. Akmanlar-Hirscher, Fachärztin für Gynäkologie, Salzburg

Dr. Sabine Wipfinger, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Hallein

Dr. Silvia Zeilinger, Ärztin für Allgemeinmedizin, Pasching

Dr. Wolfgang Grabner, Arzt für Allgemeinmedizin, St. Georgen im Attergau

Dr. Wilhelm Reisenzein, Arzt für Allgemeinmedizin, Hallein

Dr. Michael Hübl, Facharzt für Psychiatrie, KufsteinDr. Günther Lehenauer, Facharzt für Chirurgie und Vizeralchirurgie, Bad Dürrnberg

Dr. Nikolaus Hübl, Arzt für Allgemeinmedizin, Feldkrich

Dr. Helmut Glück, Arzt für Allgemeinmedizin, St. Peter am Hart

Dr. Sandra Höss, Ärztin für Allgemeinmedizin, Mattsee

Dr. Sharon Tagwerker, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, Bludenz

Dr. Ursula Mayer-Zuchi, Ärztin für Allgemeinmedizin, Straßwalchen

Dr. Erich Fritsch, Arzt für Allgemeinmedizin, Pischelsdorf

Dr. Günther Beck, MMA, Arzt für Allgemeinmedizin, Aspach

Dr. Bettina Allgaier-Zalto, Fachärztin für Gynäkologie, Kuchl

Dr. Klaus Zalto, Facharzt für Gynäkologie, Kuchl

Dr. Andrea Rotheneder, Ärztin für Allgemeinmedizin, Mondsee

Dr. Ludwig Koch, Facharzt für Anästhesie, Salzburg

Dr. Claudia Riedelberger, Ärztin für Allgemeinmedizin, Seeham

Dr. Petra Wasenegger, Ärztin für Allgemeinmedizin, Thalgau

Dr. Berit Decker, Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Anif


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