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Des Bundeskanzlers (angeblich nicht) gespaltene Gesellschaft und sein wahres Wahlergebnis

Published On: 21. Dezember 2021 18:06

„Wirklichkeitsverleugnung und mutwillige Desinformation“ warf der Kanzler einer „winzigen Minderheit“ vor. Man könne darum gar nicht von Spaltung sprechen. Weiß er nicht, wie klein der Anteil jener ist, die seine Partei gewählt haben?

IMAGO / Future Image

Olaf Scholz in der 8. Sitzung des Deutschen Bundestages, 15.12.2021

Nein, unsere Gesellschaft ist nicht gespalten. Der neue Kanzler weiß das und teilt es uns im Bundestag mit. Vertraut auf Olaf! Er weiß, dass es nur „eine kleine extremistische Minderheit“, eine „winzige Minderheit der Hasserfüllten“, also „enthemmte Extremisten“ sind, die sich von „unserer Gesellschaft“, dem Staat, der Gemeinschaft abgewandt haben und „Wirklichkeitsverleugnung und mutwillige Desinformation“ betreiben.

Er meint sicher nicht jene Politiker, die symptomatisch erkrankte Geimpfte kurzerhand zu den Ungeimpften zählen, damit diejenigen nicht von der Stange gehen, die auf die Impfung als „Gamechanger“ gesetzt haben und nun enttäuscht sind, weil sie getäuscht wurden. Soetwas nennt man gemeinhin „Desinformation“.  

Wen also meint er? 

Jan Fleischhauer hat mal nachgerechnet: Es soll 23 Millionen Ungeimpfte in Deutschland geben (verlässliche Zahlen kriegen wir in diesem Land bekanntlich nicht, aber wir nehmen das mal so an). „Rechnet man alle unter 18 Jahren heraus, bleiben 12 Millionen Erwachsene, die sich bislang gegen eine Impfung entschieden haben.“  Alles hasserfüllte, enthemmte Extremisten? Wenn man sich die immer zahlreicheren Spaziergänger in Klein- und Großstädten anschaut: Eher nicht. Betreibt Olaf Scholz „Wirklichkeitsverleugnung“?

Offenbar. Denn die 12 Millionen „Extremisten“ entsprechen etwa der Anzahl von Menschen, die bei der letzten Bundestagswahl Olaf Scholz an die Macht gewählt haben – die SPD bekam 11.955.434 Zweitstimmen. 

Tatsächlich eine ziemliche Minderheit, angesichts von 83,2 Millionen Einwohnern und 60,4 Millionen Wahlberechtigten – und 14,1 Millionen Nichtwählern. Berücksichtigt man letztere, als hätten sie alle eine eigene Nichtwähler-Partei gewählt, so wäre diese die stärkste Partei und die SPD gerade mal mit 19,71 Prozent und die Grünen mit 11,43 Prozent gewählt worden. Auf die Gesamtbevölkerung bezogen steht die SPD für 14,3 und die Grünen für 8,29 Prozent.

Die Maus, die brüllte: Jemand, der mit einer derart schwachen Legitimität ausgestattet ist, spuckt derart große Töne? Wäre nicht eher ein wenig Demut angesagt, auch bei den Grünen, die sich bereits im Kanzleramt wähnten? Wundert sich da jemand noch über den allseits beklagten Verlust von Vertrauen in Politik und Medien? Und muss ich mir Sorgen um beschimpfte Politiker machen, die ihrerseits keine Gelegenheit auslassen, oppositionelle Regungen mit Hassrede zu überziehen und in die rechte Ecke zu stellen?

Zu den ungeimpften Extremisten gesellen sich im übrigen auch die knapp 5 Millionen, die letztens die AfD gewählt haben – beachtlich, immerhin, selbst wenn es da Überschneidungen geben mag. Oder die knapp 1,2 Millionen, die den Freien Wählern ihre Stimme gegeben haben, aber wegen der Fünf-Prozent-Hürde nicht im Bundestag vertreten sind. Man darf annehmen, dass die neue Innenministerin Nancy Faeser all diese Unpassenden zu den „Rechtsextremisten“ zählt, die sie nunmehr mit aller Kraft bekämpfen will – weil andere Gefahren dem Gemeinwesen bekanntlich nicht drohen. Als ob das nicht alle möglichen mit Staatsknete gut ausgestatteten Kämpfer seit Jahren täten – denen im übrigen daran gelegen sein dürfte, dass sich die Zahl der als rechtsextrem Verdächtigten mühelos erhöhen lässt, zählt man nur alle dazu, die nicht einverstanden sind.

Gibt es also eine Spaltung der Gesellschaft? Ja. Und der Bundeskanzler und seine neue Regierung machen eifrig mit. Eine Regierung, die ihren Auftrag vom Volk erhalten soll, die auf denkbar schmalen Füßen steht. In der Berliner Blase wird sich der Wirklichkeitsverlust weiter erhöhen. Mit Desinformation aber wird sie nicht länger operieren können.

Denn siehe da: die sonst so braven Deutschen lassen sich nicht mehr alles gefallen. Sie gehen auf die Straße. Noch hat sie keiner gezählt, die Spaziergänger in Freiberg, Münster, Ludwigshafen, Osnabrück, Gera oder Worms, die sich an der erratischen Weise und den unplausiblen Begründungen stören, mit denen „Maßnahmen“ durchgesetzt und Grundrechte außer Kraft gesetzt werden. Doch es gibt sie. Und sie sind vielleicht nur der Anfang.


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