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Über jeden Zweifel erhaben: Schweden hat richtig gehandelt

Published On: 12. Januar 2022 16:14

Eyal Shahar ist ein Mann, mit einem interessanten Lebenslauf. Er ist unter anderem emeritierter Professor an der Universität von Arizona, wo er bis 2018 forschte und lehrte. Dort schreibt er über sich selbst:

Nachdem ich einige Jahre als Arzt praktiziert hatte, wurde ich vom Forschungsvirus infiziert und beschloss schließlich, dass ich mehr Wissenschaftler als Arzt sein wollte. Eine kurze Erfahrung in der Grundlagenforschung hat mich davon überzeugt, dass weder Ratten noch Labore zu mir passen, und so wechselte ich zur Epidemiologie.

Es dauerte nicht lange, bis ich merkte, dass die epidemiologische Forschung voller Rätsel und Kontroversen steckte. Einige waren als „Statistik“ getarnt, andere als „Erkenntnistheorie“ (nicht zu verwechseln mit „Epidemiologie“…). Seitdem versuche ich, den Weg, auf dem wir eine Ursache-Wirkungs-Beziehung untersuchen, zu studieren, zu verstehen und zu lehren: ein Weg, der mit der Wissenschaftsphilosophie beginnt (was ist wissenschaftliches Wissen?), sich über Kausaldiagramme, zwei Kausalmodelle, Studiendesign und Quellen von Verzerrungen fortsetzt und mit Berechnungen (statistische Modelle) endet. Ich habe uneingeschränkten Respekt vor neugierigen Köpfen, klarem Denken und guten, nicht überheblichen Texten.

Quelle: Universität von Arizona

Im Mai letzten Jahres schrieb Professor Shahar einen interessanten Artikel „Not a shred of doubt: Sweden was right“, den wir hier übersetzt vorstellen wollen.

Prof. Shahar

Hinweis: Da dies nur eine Übersetzung ist und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (27. Mai 2021) keine vollständigen Daten vom Grippejahr 2020/2021 vorlagen fehlen diese in dieser Betrachtung. Dies beeinträchtigt jedoch in keiner Weise die Qualität des Artikels. Am Ende haben wir aktuelle Zahlen selbst ergänzt.

Wir danken herzlich Christian Kerscher dafür, dass er uns auf diesen Artikel aufmerksam gemacht hat und uns seine Übersetzung zur Verfügung gestellt hat.

Daran gibt es nicht den geringsten Zweifel: Schweden hatte Recht

Das Zählen der Toten war bisher die Aufgabe von Epidemiologen, Statistikern und Demografen. So auch die Analyse der Zahlen und deren Schlussfolgerungen. Im letzten Jahr haben viele Todeszahlen gezählt, aber die Zahlen haben ohne den Kontext eines relevanten Zeitraumes, der Bevölkerung und Geschichte keine Aussagekraft. Das ist Epidemiologie.

Das wohl am meisten beobachtete Land ist Schweden, mit einem eigensinnigen Andersdenkenden, welcher Lockdowns, Maskenpflicht und Kontaktverfolgung abgelehnt hat. Zum Zeitpunkt dieses Artikels (27. Mai 2021) sind 14.349 Schweden im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Hat der schwedische Weg also versagt? Waren die Lockdowns gerechtfertigt? Waren die wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen in den meisten Teilen der Welt eine unvermeidliche Notwendigkeit?

Die Antwort auf all diese Fragen lautet: Nein. Das erste (und nicht einzige) Zeugnis ist Schweden. Um diese Aussage zu verstehen, müssen wir die zwei Konzepte „Grippejahr“ und „Übersterblichkeit“ verstehen.

„Grippejahr“ vs. Kalenderjahr

Viele rechnen bei den Statistiken zur Sterblichkeit mit dem Gregorianischen Kalender, doch ist der 31. Dezember kein sinnvolles Enddatum für die Wintersterblichkeit auf der Nordhalbkugel. Die Grippewellen und die damit verbundene Sterblichkeitswelle erreichen ihren Höchstpunkt zu verschiedenen Zeitpunkten und manchmal treten noch Sekundärwellen auf. Weiterhin, werden durch die Nutzung des gregorianischen Kalenders die Sterblichkeit des ersten Abschnitts des Winters (manchmal mild) mit der Sterblichkeit des zweiten Abschnitts des vorhergehenden Winters (manchmal schwer) kombiniert. Es gibt keine wissenschaftliche Begründung für diese Gruppierung, wenn man historische Entwicklungen analysieren möchte.

Die statistische Alternative, welche sich „Grippejahr“ nennt, umfasst eine gesamte Wintersaison. Die jährliche Sterblichkeit wird von Beginn der Grippesaison, welche üblicherweise ab der 40. Kalenderwoche (Anfang Oktober) beginnt und bis zur 39. Kalenderwoche des darauffolgenden Jahres (Ende September) geht, erfasst. Daher zählen die Coronawellen des Frühjahrs und Sommer 2020 zum Grippejahr 2019/2020, während die letzte Winterwelle zum aktuellen Grippejahr (Ergänzung des Übersetzers: 2020/2021) gehört, welches im September endet.

Übersterblichkeit

Das Konzept der „Übersterblichkeit“ ist etwas abstrakt. Dazu müssen wir die tatsächliche Sterblichkeit mit der „zu erwartenden Sterblichkeit“ vergleichen, aber letztere ist eine theoretische Idee, welche nicht bestätigt werden kann: Wie wäre die Sterblichkeit im Grippejahr 2019/2020 gewesen, hätte es keine Pandemie gegeben? Wie berechnen wir also die „zu erwartende Sterblichkeit“?

Eine Methode verwendet ein statistisches Modell, welches sich lineare Regression nennt. Dazu wird eine gerade Linie basierend auf der Sterblichkeit der vorherigen Jahre angefertigt um den Verlauf der Vergangenheit zu überprüfen und verlängern diese Linie, um die zu erwartende Sterblichkeit zu berechnen. Der Abstand zwischen einem Datenpunkt der tatsächlichen und der erwarteten Sterblichkeit auf der Linie ist die Übersterblichkeit (oder „Mortalitätsdefizit“/Untersterblichkeit).

Sterblichkeit in Schweden je Grippejahr

Der Graph zeigt die jährliche Sterblichkeit in Schweden pro 1 Million Einwohner in den letzten 22 Grippejahren, wobei immer das Jahr angegeben ist, in dem das Grippejahr endet (Bemerkung: Grippejahr 2010/2011 -> Jahr 2011). Als Beispiel, der letzte Datenpunkt auf dem Graph ist die Sterblichkeit zwischen Oktober 2019 und September 2020: 9.234 Todesfälle pro Million Einwohner (95.365 Todesfälle). Für eine bessere Übersicht beginnt die vertikale Achse beim Wert 7.000.

Es ist unschwer zu erkennen, dass die Punkte, bis zum Grippejahr welches 2018 endete, relativ nah an der Geraden anliegen. Der generelle Abwärtstrend resultiert aus der gesteigerten Lebenserwartung für Schweden über die Jahre. Erfahrende Datenanalysten werden bescheinigen, dass die Schwankungen abseits der Linie, bis 2018 im erwartbaren Bereich liegen und im Allgemeinen gering sind (erklärte Standardabweichung: 0,96). Zum Vergleich, beide, also das Grippejahr welches der Pandemie vorausgegangen ist (2018/2019) sowie das Pandemiejahr (2019/2020) weichen stark von der Linie ab: zunächst eine niedrigere als zu erwartende Sterblichkeit, gefolgt von einer höheren als zu erwartenden Sterblichkeit.

Übersterblichkeit in Schweden in den Grippejahren 2019/2020

Eine Fortsetzung der Linie, welche durch das statistische Modell angepasst wurde, ergibt folgende Schätzungen: 2018/2019 gab es in Schweden ein „Sterblichkeitsdefizit“ von 300 Toten pro 1 Million Einwohner (-3,3%) wohingegen 2019/2020, dem Pandemiejahr, eine Übersterblichkeit von 364 pro 1 Million Einwohner (+4,1%) erfasst wurde. Es ist allgemein bekannt und erwartbar, dass auf ein Jahr mit Übersterblichkeit, eines mit Untersterblichkeit folgt und genauso umgekehrt. Der Hauptgrund hierfür ist die ältere Bevölkerung mit einer begrenzten Lebenserwartung. (Die Reihenfolge „Überschuss nach einem Defizit“ ist natürlich besser als umgekehrt.)

Angenommen, dass die Übersterblichkeit in 2019/2020 das Mortalitätsdefizit des vorherigen Grippejahres „vollständig ausgleicht“, dann lag die wirkliche Übersterblichkeit in Schweden bei unter 1% (etwa 700 Todesfälle). Und nun nehmen wir mal absurderweise an, dass die Mortalität 2019/2020 überhaupt nicht vom Mortalitätsdefizit des vorangegangenen Grippejahres beeinflusst wurde, dann läge die Übersterblichkeit in Schweden nicht über 4,1 % (was etwa 3800 Todesfällen entspräche). In vielen Ländern, in denen das Leben schwer gestört wurde, wurde eine Übersterblichkeit von wenigen Prozentpunkten oder mehr berechnet. Ein Teil dieses Überschusses wurde auf den Lockdown und die Panik zurückgeführt.

Wir müssen uns aber in Erinnerung rufen, dass es bei dieser hysterischen Reaktion auf die Pandemie nicht die Angst wegen einer übermäßigen jährlichen Sterblichkeit von 4% oder sogar 10% waren. Die apokalyptischen Vorhersagen, welche mehr oder weniger die gesamte Welt lahmgelegt haben, sagten bis zum Sommer 2020 etwa 90.000 Todesfälle durch das Coronavirus in Schweden voraus mit 100% Übersterblichkeit! Kein Wunder, dass politische Entscheidungsträger auf der ganzen Welt diese Vorhersagen lieber vergessen.

Sterblichkeit in Schweden im aktuellen Grippejahr (2020/2021)

Die endgültige Zusammenfassung des aktuellen Grippejahres (Okt. 2020 – Sep. 2021) wird im Herbst bekannt gegeben, aber die mehr als zur Hälfte gesammelten Daten erlauben Zwischenschlussfolgerungen. Wie viele wissen, hat das Coronavirus in diesem Jahr die Grippeviren abgelöst und auch in Schweden gab es keine Grippe. Es gab auch keine apokalyptischen Vorhersagen; nur Warnungen über die Zahl der kumulierten Todesfälle.

Ich habe mich entschieden, die Sterblichkeit in Schweden im aktuellen Grippejahr (KW 40, 2020 bis KW 15, 2021) mit der entsprechenden Sterblichkeit in 2017/2018 zu vergleichen. Hierfür gibt es zwei Gründe: Erstens erlebte Europa in diesem Winter eine schwere Grippesaison, was einen angemessenen Vergleich ermöglicht. Außerdem war die Grippesaison in Schweden im Vergleich zu den Vorjahren zwar streng, aber immer noch deutlich milder als in Europa insgesamt.

Die Grafik zeigt eine niedrigere Sterblichkeitswelle Ende 2017 und eine spürbare Welle im Februar bis März 2018 (ein weiteres Beispiel dafür, warum ein Cut-Off zum 31. Dezember historische Trends verzerren könnte). In diesem Winter fiel die Sterblichkeitswelle mit der Coronavirus-Welle und ihrem Höhepunkt Ende Dezember zusammen. (Da es im Jahr 2020 53 Wochen waren, stimmen die Daten nicht genau überein.) Eine sekundäre Coronavirus-Welle, welche Mitte Februar auftrat, auf halbem Weg des Rückgangs der ersteren, führte nicht zu einer sekundären Sterblichkeitswelle.

Die Gesamtzahl der Todesopfer in Schweden in den ersten 29 Wochen des aktuellen Grippejahres beträgt 56.452 (5.441 pro Million Einwohner) verglichen mit 55.967 (5.544 pro Million Einwohner) in derselben Zeit in 2017/2018. In diesem Winter war die durch die Grippe verursachte Übersterblichkeit in Europa mindestens doppelt so hoch wie in Schweden.

Schweden hat auch diesem erneuten Test standgehalten.

Ein kolossaler Fehler

Die Pandemie hat ihre Zahl an Todesopfer gefordert, die in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich ausgefallen sind und hauptsächlich gebrechliche ältere Menschen betrifft. Die Lockdowns und die Panik waren unbegründet, hatten keinen positiven Nutzen, sondern fügten der Gesellschaft unbeschreiblichen Schaden zu. Schwedens Statistiken zeigen uns eindeutig, dass in weiten Teilen der Welt unnötigerweise Leid verursacht sowie das Leben und die Lebensgrundlage von Menschen zerstört wurde.

Wird irgendjemand in irgendeinem Land dafür zur Rechenschaft gezogen werden?

Quelle

Dieser Beitrag stammt ursprünglich von Eyal Shahar* und ist unter folgendem Link in Englisch aufrufbar: Not a shred of doubt: Sweden was right | by Eyal Shahar | Medium.

*Emeritierter Professor für öffentliche Gesundheit (University of Arizona); MD (Universität Tel-Aviv, Israel); MPH, Epidemiologie (Universität Minnesota)

Übersetzung von Christian Kerscher


Was meinen wir vom Corona Blog Team dazu?

Wir haben uns eine brandaktuelle Pressemeldung der schwedischen Behörde für Statistik vom 12.01.2022 angesehen. In dieser werden die Todesfälle von 2015 – 2021 nach Kalenderwochen aufgeschlüsselt aufgelistet. Für das Grippejahr 2021 (von KW 40 2020 bis KW 38 2021) werden darin 92.435 Todesfälle in Schweden verzeichnet. Die EuroStat Datenbank sagt aus, dass 2021 in Schweden 10.379.295 Personen lebten. Damit kommt man auf eine Rate von 8,901 Tote pro Million Einwohner. Tragen wir das im Diagramm von Prof. Shahar nach, dann ergibt sich folgendes Bild:

Wie man sieht, liegt 2021 sogar leicht unter der Prognose, die Prof. Shahar mit den Werten der Vorjahre getroffen hat.

Wir stellen also auch zurückblickend fest: Prof. Shahar hat recht behalten!

Passend zur aktuellen Situation ist übrigens auf einies der Lieblingszitate von Prof. Shahar:

Übertriebene Vorsicht hat nichts besonders Wissenschaftliches an sich.

Die Wissenschaft lebt von gewagten Verallgemeinerungen

L. Hogben


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