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„der Freitag“ – auf dem rechten Auge blind?

Published On: 25. März 2022 12:05

In der „Freitag Community“ können Kiew-Kritiker gejagt werden. Die Chefredaktion greift erst ein, wenn man „Ukraine-Verteidigern“ freundliche Beziehungen zu ukrainischen Nazis nachweist. Von Ulrich Heyden

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.



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Seit 1992 berichte ich für die Wochenzeitung “der Freitag” aus Moskau und anderen Orten Russlands und der Nachbarrepubliken (hier meine Artikel und Posts). Als ich am Mittwoch eine Mail vom Chefredakteur des “Freitag”, Philip Grassmann, bekam, traf mich das wie ein Schlag. „der „Freitag“ werde, so lange der Ukraine-Krieg andauert, keine Artikel mehr von mir veröffentlichen, schrieb Grassmann. Auch eine Akkreditierung von mir in Moskau könne man nicht unterstützen.

Ich bin seit 2015 für den „Freitag“ in Moskau akkreditiert. Diese Akkreditierung muss Jahr für Jahr vom Chefredakteur neu beantragt werden. Die Akkreditierung ist die Grundvoraussetzung für die Arbeit eines ausländischen Journalisten in Moskau und zugleich die Voraussetzung für die Beantragung eines Jahres-Visums.

Ich hatte seit 2014 schon mehrere Zeitungen als feste Abnehmer verloren, so die „Sächsische Zeitung“ und die Zürcher „Wochenzeitung“, doch „der Freitag“, so schien mir, werde mein fester Begleiter durch alle Stürme bleiben, war er doch – bei aller konstruktiver Kritik – immer russland-freundlich.

Kein Geld, keine Akkreditierung

Das Schreiben vom Chefredakteur des „Freitag“ kam mir äußerst ungelegen. An mein Konto in Deutschland komme ich aufgrund der Russland-Sanktionen nicht mehr ran und jetzt noch das …

Die Träume meiner gehässigen Gegner im Internet, die frohlockten, bald müsse ich „mit einem Platz auf einer Parkbank im Gorki-Park“ vorliebnehmen, schienen sich zu realisieren, wenn nicht – zu meinem großen Glück – Albrecht Müller von den NachDenkSeiten sofort Unterstützung bei der Akkreditierung anbot. An dieser Stelle ein großes Dankeschön!

Hetzjagd im Forum Freitag.de

Der schäbige Brief des „Freitag“-Chefredakteurs rief mir ein Ereignis in Erinnerung, welches sich vor zwei Jahren ereignete und welches mir in der aktuellen Situation wie ein Schlüsselereignis vorkommt. Deshalb möchte ich darüber berichten.

Zunächst die Vorgeschichte: Seit acht Jahren werde ich in «der Freitag Community» — einem für alle Internet-User zugänglichen öffentlichen Forum, wo jeder Interessierte seinen eigenen Blog führen kann — von drei deutschen „Ukraine-Verteidigern“ regelrecht gejagt.

Ich habe seit 2014 auf meinem Blog bei der Freitag-Community immer wieder Ereignisse in der Ukraine problematisiert, insbesondere wenn es um die Einschränkung der Menschenrechte und der Medienfreiheit ging.

Wie Scharfschützen lagen sie auf der Lauer

Nachdem ich in der „Freitag Community“ aktiv wurde, fand sich sehr schnell eine Gruppe von drei Forenten („Kolobok“, „mber“ (Martin Dietze) und Wilfried Jonas), welche mich koordiniert aggressiv angriffen und alles, was ich schrieb, in ellenlangen Posts als „Putin- und RT-Zeug“ runtermachten.

Die Zeit von der Veröffentlichung eines Posts von mir in der „Freitag Community“ und dem Auftreten der drei „Ukraine-Verteidiger“ dauerte nicht länger als eine Stunde. Wie Scharfschützen lagen sie auf der Lauer. Und das acht Jahre lang. Eine echte Leistung!

Die Drei wiesen jegliche Kritik an der Politik der Staatsstreich-Regierung in Kiew zurück. Sie behaupteten von sich, sie seien engstens mit der Ukraine verbunden, hätten das Land vielmals bereist, sie hätten dort viele Freunde und würden auch Opfer „der russischen Aggression“ kennen. Ich dagegen säße in Moskau und habe keine Ahnung von der Ukraine. Dass ich 2016 ein fünfjähriges Einreiseverbot in die Ukraine bekam, war für die Drei der Beweis, dass ich kein Journalist, sondern ein Kreml-Propagandist sei.

Die Forderung der Drei: „der Freitag“ soll sich von seinem Autor distanzieren

Immer wieder fragten die Drei auch, wie es denn sein könne, dass die Redaktion eines so angesehenen Blattes wie dem „Freitag“ Artikel von einem „Putin-Schreiberling“ in der gedruckten Ausgabe veröffentliche.

Es war eine regelrechte Hetzjagd. Nur noch selten wagten Forenten, die eine neutrale Haltung zur Ukraine hatten, sich an den „Debatten“ zu beteiligen. Die Redaktion des „Freitag“ griff nicht ein. Sie forderte die Drei auch nicht zu einem sachlichen Ton auf.

Erst dachte ich, ich könnte den drei „Ukraine-Verteidigern“ mit Argumenten das Wasser abgraben, doch das stellte sich als Illusion heraus, da sie sich nicht auf meine Argumente einließen und stattdessen von mir forderten, ich müsse mich zu ihren Argumenten äußern. Sie stellten also Bedingungen, wie auf meinem Blog in der „Freitag Community“ über die Ukraine zu diskutieren sei.

Einmal machte ich mich über sie lustig. Doch auch das half nicht. Die Jagd auf mich ging weiter.

Ein Foto, welches sofort gelöscht wurde

Anfang Mai 2020 postete ich dann ein Foto, auf dem Martin Dietze, einer der drei „Ukraine-Verteidiger“ und Gründer des Deutsch-Ukrainischen Kulturvereins in Hamburg, freundlich lächelnd neben Wasil Maruschinez, dem ukrainischen Konsul in Hamburg, zu sehen ist. Das Foto entstand am Rande einer Veranstaltung im Hamburger Konsulat der Ukraine. Die Veranstaltung hatte Dietze mitorganisiert. Doch kurz nachdem ich das Foto in meinem Blog auf der „Freitag Community“ publiziert hatte, wurde es von Freitag.de gelöscht.

Ich hatte damals unter dem Foto kommentiert, dass es merkwürdig ist, dass Martin Dietze im ukrainischen Konsulat in Hamburg eine Veranstaltung mit dem ukrainischen Konsul durchführte, obwohl dieser Konsul ein eingefleischter Nazi ist. Maruschinez wurde selbst für Kiew untragbar und im Mai 2018 vom ukrainischen Außenministerium von seinem Posten abberufen.

Hatte denn Dietze bei der Vorbereitung der Veranstaltung in Hamburg rein gar nichts mitbekommen von der nazistischen Einstellung dieses Konsuls?, fragte ich in meinem Post zum Foto.

Wie wurde Maruschinez 2018 enttarnt? Der ukrainische Blogger Anatoli Schari hatte sich Zugang zum Facebook-Account des Konsuls verschafft und dort eine große Zahl pro-nazistischer und antisemitischer Fotos und Posts vorgefunden. All das hatte Schari am 12. Mai 2018 auf seinem Video-Kanal publiziert (Video mit deutschen Untertiteln). Der Kanal hat 2,9 Millionen Abonnenten.

Angebliche Verletzung journalistischer Standards

Am 5. Mai 2020 erhielt ich vom Freitag-Chefredakteur Philip Grassmann einen Brief, in dem er erklärte, er habe das Foto löschen lassen, weil es eine Verleumdung sei. Er schrieb: „Sehr geehrter Herr Heyden, uns erreichen Beschwerden über ihre Berichterstattung auf Freitag.de. Ich habe keine Sympathien für Rechtsextreme, aber es geht über eine sicherlich zulässige Verdachtsberichterstattung weit hinaus, wenn Sie jemandem unterstellen, dass er mit Rechtsextremen oder Faschisten sympathisiert, nur weil er auf einem Foto mit einer entsprechenden Person abgelichtet worden ist. Sie sind Journalist und ich möchte Sie bitten, dann Ihren Verdacht auch inhaltlich zu recherchieren – und zwar mit direkten Zitaten und nicht mit Unterstellungen oder Meinungen von anderen Personen.“

Ich wunderte mich damals, dass der Freitag-Chefredakteur jahrelang schweigend zuguckt, wie ich, ein Autor, dessen Artikel im Freitag regelmäßig gedruckt werden, in der „Freitag Community“ mit übelsten Unterstellungen angegriffen und in einem hetzerischen Tonfall gejagt wurde. Und dass dieser Chefredakteur erst eingriff, als ich das freundliche Verhältnis zwischen Martin Dietze, einem der gegen mich in üblem Ton hetzenden „Ukraine-Freunde“, und dem ukrainischen Nazi-Konsul in Hamburg öffentlich machte.

Daher meine Frage: Genießen Verteidiger der Staatsstreich-Regierung in der Ukraine bei „der Freitag“ besonderen Schutz?

Ulrich Heyden, Moskau, 24.03 22

P.S. Ergänzungen der NachDenkSeiten-Redaktion:

1. Hier ist übrigens der Briefwechsel zwischen dem Chefredakteur des Freitag und Ulrich Heyden.

2. Beim Freitag gibt es einige sehr gute und standhafte Redakteure. Dass der Verleger Augstein die von Ulrich Heyden geschilderten Aktionen des Chefredakteurs deckt, lässt allerdings tief blicken und befürchten, dass der Freitag seinen Vorgängern taz und Blätter folgen könnte.

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