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Aufrüstung der Bundeswehr: Kaufrausch, Flop – oder nur ein Stopfen von Löchern?

Published On: 1. April 2022 18:44

Die Ankündigung des Sondervermögens für die Bundeswehr durch Olaf Scholz ist nun gut vier Wochen alt, doch es gibt noch keine konkrete Liste des Verteidigungsministeriums. Fraglich ist, ob die Rüstungsindustrie die nötigen Anschaffungen überhaupt stemmen kann.

IMAGO / Metodi Popow

Generalinspekteur Eberhard Zorn, Bundeskanzler Olaf Scholz und Generalleutnant Bernd Schütt, Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Schwielowsee bei Potsdam, 04.03.2022

Am Sonntag, 27. Februar, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor dem Bundestag angekündigt, dass die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro fit gemacht werden soll und dass die jährlichen Ausgaben für die Bundeswehr zukünftig deutlich mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen sollen. Zuletzt waren es – je nach Berechnung – zwischen 1,4 und 1,5 Prozent. Apropos 100 Milliarden Euro: Sie sind abzüglich Mehrwertsteuer effektiv 84 Milliarden Euro und inklusive Inflation wohl nur 65 Milliarden Euro wert.

Lehren aus dem Ukraine-Krieg

 Nun ist diese Ankündigung gut vier Wochen alt, und schon gibt es ein mehrfaches Gerangel um das Ob und Wie dieses Sondervermögens. Die vor allem rot-grünen Friedensbewegten innerhalb und außerhalb des Parlaments möchten den Plan noch stoppen. Die CDU/CSU besteht auf einem Mitspracherecht, denn das Sondervermögen ist nur mit einer Ergänzung des Artikels 87 des Grundgesetzes möglich. Für eine solche Änderung braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also auch die Stimmen der stärksten Oppositionsfraktion. Zugleich melden Militärs und Rüstungsfachleute ihre Optionen an.

Kurz: Die Sache ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Es gibt auch noch keine konkrete Liste des Verteidigungsministeriums. Was Generalinspekteur Zorn dem Bundeskanzler in einem Gespräch am 23. März konkret unterbreitet hat, ist nicht bekannt. Aber allein die Tatsache, dass Zorn beim Regierungschef antrat, zeigt, dass es Scholz ernst zu sein scheint. Zorn wurde übrigens von Ministerin Lambrecht begleitet.

Die aktuellen Wunschlisten

Die folgenden Optionen konnten wir für TE bislang eruieren:

  • Für 50 Stück des US-Kampfjets F-35, der den Tornado ablösen soll, sind 15 Milliarden zu veranschlagen.
  • Die fünf gewünschten neuen Korvetten schlagen mit mindestens 2 Milliarden zu Buche.
  • Überfällig ist ein neuer schwerer Transporthubschrauber, beispielsweise der H-47 Chinook. Das wird rund 5 Milliarden kosten.
  • 4 neue Tanker für die Marine kosten 2 Milliarden.
  • Laut „Ampel“-Koalitionsvertrag sollen auch Drohnen angeschafft werden. Welche, wie viele zu welchen Kosten, ist offen.
  • Die längst überfällige Digitalisierung der Kommunikationssysteme (bislang noch überwiegend analog arbeitend) kostet mindestens 3 Milliarden. Selbst diese Zahl scheint schöngerechnet, denn bereits im Jahr 2014 wurde der Umsatz für Verteidigungs- und Sicherheitselektronik in einer Untersuchung für das Bundeswirtschaftsministerium auf etwa 2,8 Milliarden geschätzt.
  • Allein eine hinreichende Munitions- und Ersatzteilbevorratung geht in die Größenordnung von 20 Milliarden.
  • Für Schutzausrüstung (Helme, Westen, Nachtsichtgeräte) sind 10 Milliarden zu veranschlagen.
  • Bislang recht unterschiedlich kalkuliert ist die Errichtung eines „Iron Dome“ (einer Eisernen Kugel) über Deutschland. Hier geht es um einen Raketenschutzschild gegen feindliche Raketen und Lenkflugkörper. Während die einen hier das israelische System „Arrow 3“ favorisieren und mit 2 Milliarden kalkulieren, sprechen andere für das US-System THAAD (Terminal High Altitude Area Defence). Letzteres System hatten die USA 2018 an die Saudis für 15 Milliarden Dollar verkauft. Was nichts anderes heißt, als dass 2 Milliarden viel zu eng bemessen sind.
  • Noch nicht einkalkuliert ist der bis 2025 geplante Aufwuchs der Bundeswehr von einer Personalstärke von 183.000 auf 203.000. Hier geht es bestimmt auch um 3 Milliarden (jährlich!).
  • Auch noch nicht kalkuliert sind die Kosten, die für neue Kasernen und für die Renovierung alter Kasernen zu veranschlagen sind. Auch hier dürfte es um zweistellige Milliardenbeträge gehen.
  • Nicht kalkuliert sind bislang auch Kosten für den Zivilschutz, der ja seit Jahren sträflich vernachlässigt wird. Siehe etwa Bunkeranlagen, die sich in einem erbärmlichen Zustand befinden.

Einzelne wenige Details finden sich hier.

Kurz: All die genannten Optionen sind überfällige und notwendige Anschaffungen. Mit Kaufrausch hat das nichts zu tun. Denn im Grunde werden nur Löcher gestopft, die eigentlich längst hätten gestopft werden sollen. Jetzt kommt es darauf an, dass es nicht wieder wegen Missständen im Koblenzer Amt der Bundeswehr für Beschaffungswesen zu Flops kommt.

Kann die Rüstungsindustrie mithalten?

Eine wichtige, ja entscheidende Frage, stellt sich zugleich: Ist die Rüstungsindustrie in der Lage, all dies zu stemmen? Klar, auf die US-Rüstungsindustrie zu setzen, verbietet sich aus vielerlei Gründen. Einer der Gründe ist: Die US-Kapazitäten dürften auf Dauer voll ausgelastet sein, nachdem US-Präsident Joe Biden die Verteidigungsausgaben der USA im kommenden Jahr weiter erhöhen will.

Und die deutsche Rüstungsindustrie? Bei ihr gab es in den letzten Jahren ein ständiges Auf und Ab. Einen Einbruch erlebte sie nach 1990, als man meinte, nun sei das Ende aller Konflikte erreicht. Dann kamen immer wieder restriktive Auflagen für Rüstungsexporte in Länder außerhalb der Nato hinzu. Etwa was Lieferungen nach Saudi-Arabien betrifft. EU-Partner wie Frankreich hatten da weniger Hemmungen. Zudem ist die Bundesrepublik ein eher ungeliebter Partner bei Rüstungsprojekten, da Deutschland auch Lieferungen von Partnerstaaten in Kooperationsprojekten der deutschen Ausfuhrkontrolle unterwirft. Kurz: Die deutsche Rüstungsindustrie müsste erst ihre Kapazitäten erheblich ausweiten.

Stellt sich zum vorläufigen Schluss noch eine andere Frage: Die sinnvolle Verwendung der 100 Milliarden Euro und des in absehbarer Zukunft 2-Prozent-BIP-Anteils für Verteidigung braucht an der Spitze des Verteidigungsministeriums ein politisches und fachliches Schwergewicht. Die seit Anfang Dezember 2021 amtierende Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD) ist dies nicht und wird es nicht werden.

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