die-angst-der-agrarministerDie Angst der Agrarminister
indubio-folge-224-–-ueber-das-gehasstwerdenIndubio Folge 224 – Über das Gehasstwerden
von-buzzwords-und-brummkreiseln

Von Buzzwords und Brummkreiseln

Published On: 14. Mai 2022 16:00

Mit einem Buzzword, also einer Phrase wie eine zeitgeistige Beschwörungsformel, hypnotisiert man Menschen, die sich irgendetwas vorstellen müssen, was für sie Bedeutung haben soll. Deshalb sind Buzzwords so beliebt bei Politikern.

Wissen Sie, was ein „Buzzword“ ist? Mit diesem englischen Begriff, nur annähernd mit „Schlagwort“ zu übersetzen, wird ein Sachverhalt bezeichnet, der – auf eine Kurzformel gebracht – wie ein Brummen (buzz), ein Geraune, Gemurmel, oder Gerücht in der Luft liegt. Mit einem Buzzword, also einer Phrase wie eine zeitgeistige Beschwörungsformel, hypnotisiert man Menschen, die sich irgendetwas vorstellen müssen, was für sie Bedeutung haben soll. Deshalb sind Buzzwords so beliebt bei Politikern. Sie erzeugen kurze Aufmerksamkeit, aber führen die Zuhörer mit simulierter Bedeutung und gespielter Kompetenz hinters Licht. Buzzwords sind die Beruhigungspillen der Rhetorik. Jenseits ihrer sprachlichen Knappheit, die durch aller Munde gehen kann, besitzen sie jedoch die Halbwertszeit von Modeschmuck.

In den letzten Jahren sind wir mit diesen Wörtern bombardiert worden. Sie weisen im Nachhinein kaum Substanz des Wirklichen auf, weil sie mit subjektiver, manipulativer Bedeutung reichlich aufgebläht werden. Diese Worte und Begriffe werden dem Volksmund in den selbigen gelegt, damit er den Sprachgebrauch nutze, mit dem die Obrigkeit die Welt erklärt oder verklärt. Weil das Sprechen auch das Denken beeinflusst, sind Buzzwords Gaumenfreuden für das willige Mitläufer-Bürgertum. Wer sie in den Mund nimmt, gehört auf jeden Fall dazu.

Begleiterscheinungen eines haltungsbedingten Reflexes

Als Karl Lauterbach in den vergangenen zwei Jahren ständig von „Studien“ redete, wollte er sich hinter diesen wissenschaftlichen Papierbündeln verschanzen. Wer will schon Wissenschaft anzweifeln, die sich in „Studien“ ergossen hat? Das wenigstens wusste der Gesundheitsexperte, wenn er behauptete, diese gewichtigen Papiere gelesen zu haben – im Gegensatz zu all den inkompetenten Schafen im Corona-Land, die endlich zum „Impfen, Impfen, Impfen“ gehen sollten. Zweifel war verboten, um dem Tode von der Schippe zu springen, weil es „die Wissenschaft“ verlangte. „Die Wissenschaft“ ist unter den Buzzwords der Corona-Jahre zum allerheiligsten Brummkreisel erhoben worden.

Wenn Markus Söder von „Solidarität“ sprach, meinte er alles, was dieser Begriff je hervorzubringen imstande war – auch und gerade seine sozialistisch-autoritären Konnotationen. Vor allem aber meinte er den zweifelsfreien und unerlässlichen Schulterschluss mit seiner rigiden Amtsführung. Die von ihm eingeforderte „Solidarität“ kam als Imperativ seiner Machtversessenheit und Anmaßung daher. Heute ist davon kaum etwas geblieben, außer dem faden Ministerpräsidentenamt, in dem er sich noch vor Kurzem über dem Souverän wähnte und im Land der „German Angst“ austoben durfte. Auch so ein Buzzword, aber eins von den ernstzunehmenden, die bleibenden Wert haben.

Die „Willkommenskultur“ hatte zwischenzeitlich schwer gelitten unter den Begleiterscheinungen eines haltungsbedingten Reflexes – nämlich immer dann wegzuschauen, wenn das Willkommen nicht auf Gegenseitigkeit beruhen wollte. Heute wird die „Willkommenskultur“ weniger pathetisch wiederbelebt in einer Zeit, wo fast alles zum Buzzword werden kann: „Völkerrecht“, „schwere Waffen“, „Atomkrieg“. Wer hätte das gedacht? Atomsprengköpfe auf Hyperschallraketen. Das macht keine gute Laune so knapp nach dem „besten Deutschland, das es jemals gegeben hat“.

Konservativste Ideologen der spießigen Weltrettungsszene

Die Grünen sind die gekrönten Sachverwalter instrumentalisierter Wieselwörter wie „Nachhaltigkeit“, „Energie-, Klima-, Verkehrswende“ und „Klimaschutz“. Als konservativste Ideologen der spießigen Weltrettungsszene gehören sie immer zu den Guten. Heute muss jeder pseudo-intellektuelle „Move“ „antirassistisch“, „antisexistisch“ und „gendergerecht“ verpackt sein. Alles soll der zwanghaften, grünen Aufmerksamkeitsökonomie und ihrer genormten Sprachstilistik unterworfen werden – „für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, natürlich gegen die „Schwurbler“ und die „alten, weißen Männer“ von „Rechts“.

Mit den Worthülsenstrategien aus der Echokammer des Parteiapparats reicht ein „Master ohne Bachelor“ für politische Spitzenpositionen, die man notfalls auch improvisieren kann. Solange man es nur gut meint und alle lieb hat. Das nennt man dann „einwandfrei gearbeitet“, auch wenn die Bilanz grausig ist. Die Grünen haben die Realitätsfremdheit in der Politik allerdings nicht erfunden.

Mein „Lieblings-Buzzword“ ist jedoch „Resilienz“. Es erscheint wie eine bildungssprachliche Verheißung, ein Optimismus versprühender Begriff aus der Psychologie. Wer eine gute Kindheit hatte, sozial kompetent erzogen wurde und auf wertvolle Strategien zur Problembewältigung zurückgreifen kann, soll gemeinhin eine höhere Krisenfestigkeit und Widerstandsfähigkeit besitzen. Heute wird dieser Begriff nicht nur auf Menschen, sondern auf ganze Gesellschaften bezogen. Kann man das jetzt einfach auf Deutschland übertragen? Die Bundesrepublik Deutschland galt einmal als krisenfest: Mit dem Wirtschaftswunder im Rücken, der D-Mark, dem Erfindergeist und dem Gespür für Qualität galt „Made in Germany“ als Musterbeispiel für „Resilienz“.

Romantischer Irrtum von Großstadtideologen

Wer heute davon spricht, muss aber ein anderes Land meinen als Deutschland, denn von all dem Genannten wird bald nicht viel übrigbleiben. Die Generation am Ende des Alphabets lebt vom Eingemachten und hat den alten Einwecktopf auf den Sperrmüll gestellt. Es kommt also nichts nach, was die Zukunft sichern könnte, weil man sich blind auf Utopien verlässt. Man hat keine Vorstellung davon, dass Verfügbarkeit von Energie, Lebensmitteln, Infrastruktur und Geld zivilisatorische Leistungen sind, die man nicht einfach ohne Konsequenzen abwählen kann, wenn die Alternativen (noch) nicht funktionieren.

Es ist paradox: Man hat sich allenfalls theoretisch damit auseinandergesetzt, dass der Verlust von Bequemlichkeit unbequem ist und der Wegfall von Wohlstand Armut und Leid bedeuten kann. Es ist ein romantischer Irrtum von Großstadtideologen. Die praktischen Folgen aber für eine 83-Millionen-Nation oder 748 Millionen Europäer kann und will sich XYZ nicht ausmalen, weil solche Skepsis an schulisch erworbenen Paradigmen rütteln würde.

Weder die Folgen des Virus-Lockdowns noch langanhaltende Lieferkettenprobleme oder Verwerfungen im Welthandel, weder ein Krieg in Europa noch eine Turboinflation, aber auch die drohende Energiekrise und die sich ankündigende Lebensmittelknappheit für Entwicklungsländer sind in den Planungen der Politstrategen so kurzfristig für möglich gehalten worden. Nun kommt alles in kurzen Intervallen hintereinander auf uns zu.

Die Inkompetenz und planerische Schmalbrüstigkeit der Politik zeigt sich deutlich in der Unfähigkeit, die strukturelle Fragilität zu erkennen, in die Deutschland durch die Entscheidungen der letzten Jahre geführt wurde. Alles wurde durch die gefärbte Brille der Klima-Ideologie, des Eurozentrismus und eines ökologischen Machbarkeitswahns betrachtet, mit der sämtliche anderen Aspekte vernünftiger Politik schlicht ausblendet wurden. Merkel, von der Leyen, Macron, Lagarde, ihre grünen Ideengeber und viele andere im Schlepptau der Macht haben sich verzockt. Nun sieht das Ergebnis aus, als entspränge es der Ignoranz von Hasardeuren.

Die deutschen Abhängigkeiten von russischen Energieträgern, die blindwütige Abschaltung von Kohle- und Kernkraftwerken, die sture Nullzinspolitik (zur Verhinderung von Staatsbankrotten) haben – neben den schicksalhaften Zufällen der Geschichte – die Resilienz zunichte gemacht. Deutschland steht bald nackt da. Ich bin gespannt, welches Brummen und Raunen dann durchs Volk geht.

Dieser Text erschien zuerst im wöchentlichen Newsletter von Achgut.com (jeweils am Freitag), den Sie hier kostenlos bestellen können.

Categories: AchgutTags: , , , Daily Views: 1Total Views: 31
die-angst-der-agrarministerDie Angst der Agrarminister
indubio-folge-224-–-ueber-das-gehasstwerdenIndubio Folge 224 – Über das Gehasstwerden