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Vecihi Hürkuş: Talent im falschen Staat

Published On: 21. November 2022 14:00

Mein Großonkel Vecihi Hürkuş baute 1925 das erste türkische Flugzeug, doch der Staat vereitelte seine unternehmerischen Bestrebungen. Auch heute kommen die hellen Köpfe der Türkei erst im Ausland zur Entfaltung. Die freie Meinungsäußerung, die Achtung der Menschenrechte und demokratische Verhältnisse sind ein Muss, wenn Innovationen eine Chance haben sollen.

Ich hatte das Bedürfnis, bei Facebook über meinen Großonkel Vecihi Hürkuş zu berichten. Bis 1969, bis zu seinem Tod, war er das lebende Beispiel dafür, dass Fleiß und Ehrgeiz nicht unbedingt Erfolg bedeuten müssen, wenn man den Staat gegen sich hat.

Er war derjenige, der das erste türkische Flugzeug „Vecihi XIV“ baute (28. Januar 1925), aber es in der Türkei nicht zertifiziert bekam. Das erste türkische Flugzeug baute er im Jahre 1930.

1937, als sich jeder Türke einen Nachnamen aussuchen durfte, wählte er sich den Namen Hürkuş, was „Frei wie ein Vogel“ bedeutet. Er flog nicht nur, er war auch ein Freigeist. Ein Macher von Format.

Als er zum Jungfernflug ansetzte, wollte man ihn daran hindern. Schließlich war sein Flugzeug nicht zugelassen. Er flog dennoch. „Was kann ich dafür, wenn die Türkei keine Zulassungsbehörde hat?“, sagte er. Bei der Landung wurde er verhaftet.

Der Erfolg eines Einzelnen, sollte man das durchgehen lassen?

Er baute später ein zweites Flugzeug. Anschließend demontierte er sein Flugzeug und brachte es mit dem Zug in Kisten in die damalige Tschechoslowakei. Er musste alle Unterlagen ins Tschechische übersetzen lassen. Dort bekam sein Flugzeug eine Fluglizenz. Danach flog er in die Türkei zurück. Anschließend stellte man ihm andere Hindernisse in den Weg.

Er flog als erster einen Linienflug („Hürkus Hava Yollari“), so wie er der erste türkische Pilot war, der im Krieg ein feindliches Flugzeug abschoss, und er flog auch als Erster Passagiere. Irgendwelchen Leuten passte das nicht. Der Erfolg eines Einzelnen, sollte man das durchgehen lassen? Schon gründete der Staat die Turkish Airlines und trieb ihn in die Pleite. Ab da fing er an, Cargo zu fliegen. Auch da war er der Erste. Schon gab es Konkurrenz durch den Staat, und es dauerte nur wenige Monate und er war bankrott.

Noch heute gehen 80 Prozent der Zertifizierungsgebühren im Luftverkehr ins Ausland. Also hat sich seit Onkel Vecihi in den 1930er Jahren nicht viel geändert in der Türkei. Rückständigkeit möchte ich das in diesem Fall nicht einmal nennen, es ist die Besessenheit, die Steuerung durch irgendwelche Kräfte aus den USA anzunehmen, abhängig vom Ausland zu sein. Alles wichtige, was nötig ist, ist ausländisch in der heutigen Türkei. Sogar die Exportprodukte enthalten 82 Prozent Importprodukte, die mit teuren Devisen erst gekauft und importiert werden müssen.

Immer Steine in den Weg gelegt

Erdogan versprach schon vor 20 Jahren, das erste Flugzeug aus rein türkischer Produktion bauen zu wollen. Mit dem Versprechen hat er einige Wahlen gewonnen. Nach einigen hundert Millionen USD, die vergeudet wurden, hat man es aufgegeben. Das erste türkische Auto wird zwar immer wieder verkündet, aber ich denke, wenn er abgewählt oder gegangen werden wird, wird man es ad acta legen, denn die Gesellschafter des Vorhabens sind allesamt zur Beteiligung an der Unternehmung TOGG genötigt worden. Einige Modelle, die man schon zusammengebaut hat, bestehen fast gänzlich aus Importteilen.

Kommen wir wieder zu Onkel Vecihi, der später eine Flugschule eröffnete. Auch diese Schule wurde vom Staat dichtgemacht. Schließlich bildete die Luftwaffe die Piloten aus, warum sollte da noch ein Privatmann mitmischen?

Ein Grund, weshalb ihm immer Steine in den Weg gelegt wurden, war das Fehlen einer akademischen Ausbildung. Dem derzeitigen Präsidenten tut das Fehlen eines Diploms erstaunlicherweise keinen Abbruch. Onkel Vecihi studierte daraufhin an der Ingenieurschule Weimar Flugzeugbau. Es muss ein verkürztes Studium gewesen sein, zumal er schon so ziemlich über alles Bescheid wusste.

Glaubt mal nicht, dass danach alles glatt ging. Sein deutsches Diplom aus dem Jahr 1939 wurde in der Türkei erst ein Jahr danach durch einen Gerichtsbeschluss anerkannt. Als Onkel Vecihi uns seine Geschichten erzählte, war ich circa 11 Jahre alt. Ein Jahr später verstarb er.

Türkisches Kulturgut an Ausländer veräußern

Ähnliches erlebte auch mein Vater, Dr. Ing. Reyyan Dener, der die Ruinen des 1910 ausgebrannten Ciragan Palastes in ein Hotel umwandeln und diesen wieder als türkisches Kulturgut zurückgewinnen wollte. Er ließ seinen deutschen Architektenfreund sogar ein Modell bauen, wie es nach der Fertigstellung ausschauen könnte. 1979 wurde er beim türkischen Kultusministerium vorstellig und stellte sein Projekt vor. Wer sich jetzt denkt, dass ihm die Menschen um den Hals gefallen sind und ihm für diese großartige Idee gedankt hätten, täuscht sich. Er wurde verklagt. Sein Vergehen: der Versuch, türkisches Kulturgut an die Ausländer veräußern zu wollen.

Er hatte nämlich gesagt, dass er dafür auch deutsche Investoren hätte. Er verzichtete für seine Verteidigung auf einen Rechtsanwalt und verteidigte sich selbst. Er verwies auf die Lächerlichkeit der Anklage. Wie sollte er etwas, was nicht ihm gehörte, verkaufen können? Es war lediglich ein Gedankenspiel, die damals seit 69 Jahren als Schandfleck vom Bosporus, an einem der exponiertesten Stellen von Istanbul stehende Ruine wieder nutzbar zu machen. Keine acht Jahre später dann passierte es. 1987 fing ein japanisches Unternehmen an, die Ruine, von der nur die Außenmauern noch standen, in ein Hotel zu verwandeln. Zu dieser Zeit vertrat ich die Lufthansa-Hotel-Gesellschaft in der Türkei. Die Lufthansa hatte damals Anteile an Kempinski. So wurde der Traum meines Vaters, der dafür fast eingesessen hätte, zu seinen Lebzeiten doch noch wahr.

Auch heute kommen die hellen Köpfe der Türkei erst im Ausland zur Entfaltung und machen sich einen Namen. Die freie Meinungsäußerung, die Achtung der Menschenrechte und demokratische Verhältnisse sind ein Muss, wenn Innovationen, die da sind, eine Chance haben sollen.

„Studierenden-Ausweis“ bei den Nazis

Mag sein, dass ich zu oft die Türkei erwähnt habe. Bald kann man das Land durch Deutschland ersetzen, habe ich das Gefühl. Ich bin derzeit für einen Gebrauchtmaschinenhandel aktiv. Täglich demontiert die Firma Produktionsschienen von Automobilherstellern und Zuliefererbetrieben. Das E-Auto ist im Anrollen, wohlgemerkt in den Köpfen. Ich könnte noch so einiges verstehen, aber wisst Ihr, wer die gebrauchten Anlagen kauft? Mehrheitlich die Chinesen. Eine für Deutsche nicht mehr zukunftsfähige Produktionsanlage, ab nach China!

Jetzt, wo ich endlich einen Punkt setzen wollte, noch die Krönung überhaupt. Die außergewöhnliche Geschichte meines Großonkels Vecihi war den Facebook-Freunden, oder den Kommentierenden nicht interessant genug. Diese diskutierten darüber, ob die Nazis schon gegendert hätten. Es ging um den „Studierenden-Ausweis“ meines Großonkels. An dem Wort hat man sich aufgehängt. Ich finde den Begriff sehr gut, zumal er selbsterklärend ist. Der Ausweis eines Studierenden halt.

Die unüberwindbare Bürokratie, behördliche Inkompetenz und Willkür, Neid und Missgunst sind die Hindernisse, wohl in jedem Land.

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