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Streaming: Das verdrängte Tabu bei Strom und Ressourcen

Published On: 4. Dezember 2022 10:30

Pascal Derungs /  Das stromfressende Daten-Streaming boomt. Doch trotz drohender Strom-Engpässe fassen die Behörden diese heisse Kartoffel nicht an.

Internet und Social Media funktionieren zunehmend über Datenstreaming. Filme, TV, Videos, Audios, Videochats und immer neue Anwendungen fluten auf uns ein: am Heimcomputer über Breitband-Internet und am Smartphone über 4G und zunehmend 5G. Der Datenfluss schwillt ungebremst an. Parallel dazu steigt der Strom- und Ressourcenverbrauch für immer leistungsfähigere Netzwerke, Cloud-Server und Endgeräte. Doch trotz drohender Strommangellage will die Politik diesen Verbrauch nicht drosseln. Der Bundesrat möchte uns mit seinem Notfallplan bei Beleuchtung, Duschen und Heizen einschränken, doch nicht bei Internetnutzung und Streaming.

Der Streamingboom heizt die globale Erwärmung an

Wie das gigantische Streaminguniversum entstanden ist und welche bedrohlichen Dimensionen sein Energie- und Ressourcenhunger bereits erreicht hat, demonstriert eindrücklich die neue ARTE-Dok-Serie «Frankenstream, das digitale Monster». Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Informationen und Aussagen zusammen. 

Die angeführten Vergleichsgrössen sind enorm: Streaming spuckt 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus, so viel wie die ganze Tschechische Republik. Allein die weltweit gestreamten Videos setzen 2022 80 Millionen Tonnen CO2 frei, so viel wie im gleichen Jahr das ganze Land Belgien. 2025 wird Streaming fast 6 Prozent der weltweiten Emissionen verursachen, mehr als die Luftfahrt und fast so viel wie der Autoverkehr. Die Streaming-Technologie mit ihrem hohen Stromverbrauch und den verursachten Treibhausgas-Emissionen verspottet die globalen Klimaziele geradezu.

Die sogenannte Cloud ist in Wahrheit eine Dreckschleuder

Alle Streaminginhalte stammen aus sogenannten «Clouds». Das Bild der Wolke schafft die Illusion von Leichtigkeit und Sauberkeit. Doch das Gegenteil ist wahr. Das belegen mehrere Expertinnen und Branchenkenner in der ARTE-Dokumentation. Das Herz der Streamingindustrie sind weltweit verteilte Serverzentren, riesige Computerfarmen im 24-Stunden-Betrieb, welche die Daten fürs Streaming aufbereiten, verschicken und weiterleiten. Nicht nur ihr Bau und Betrieb verbrauchen Strom, sondern auch ihre Kühlung. Bau, Betrieb und Kühlung sind allein für 25 Prozent der Treibhausgasemissionen des digitalen Sektors verantwortlich. Weitere 28 Prozent gehen auf das Konto der Netzwerk-Infrastruktur, der Kabel und Sendemasten. Die restlichen 47 Prozent der Treibhausgas-Emissionen schliesslich verursachen Produktion und Betrieb der Endgeräte .

«Als gäbe es den Klimawandel gar nicht»

Kein anderer Bereich unseres Lebens weist eine solche CO2-Bilanz auf, so die Bilanz der ARTE-Dokumentation. Wohnraum, Kleidung, Ernährung, Transport: Überall streben wir nach Umwelt-Effizienz, doch das Streaming, die digitale Welt entzieht sich immer noch dieser Norm. Wir verschwenden diese Technologie und ihre Produkte noch schlimmer als unsere Lebensmittel. In einer Zeit, in der jedes Grad zählt und die Menschen ihre CO2-Bilanz verbessern müssen, geht die Digitalbranche so vor, als gäbe es den Klimawandel gar nicht. 

Die Streamingdienste geben – von ihrem Wachstum geblendet – weiter Gas, ohne sich darum zu kümmern, welche Folgen all das hat. Die Videostreaming-Plattform «Youtube», 2005 gegründet, stösst mittlerweile 11 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr aus. Das entspricht der Menge einer ganzen Stadt wie Frankfurt in der gleichen Zeit. Fast 6 Milliarden Videos werden inzwischen täglich konsumiert, 4 Millionen pro Minute. Die Musikstreaming-Plattform «Spotify», 2008 gegründet, hat aktuell über 400 Millionen User. Im Jahr 2020 hat Spotify 169 Tausend Tonnen CO2 ausgestossen, mehr als die US-Musikindustrie im Jahr 2000, dem Goldenen Zeitalter der CD, obwohl bei dieser sehr viel Plastik im Spiel war. 

Das Immaterielle verschmutzt mehr als das Materielle, das Digitale mehr als das Physische. Das Streaming enthüllt sein wahres Gesicht, so das Fazit der ARTE-Macher. Der letzte Schrei ist das «Metaverse», eine immersive virtuelle Parallelwelt, in der sich alle hinter Avataren oder Hologrammen bewegen, um zu spielen, zu arbeiten, zu diskutieren und zu lernen. Es wird das Streamingvolumen geradezu explodieren lassen.

Digitalisierung ist ein endliches Wirtschaftsfeld

Die ARTE-Dokumentation macht klar: Wir nutzen die Digitalisierung völlig masslos, wie im Rausch. Was dabei vergessen geht: Wir verbauen zukünftigen Generationen die Möglichkeit, die Digitalisierung ebenfalls zu nutzen. Denn die dazu nötigen Ressourcen sind nur in endlichen Mengen vorhanden und können nicht erneuert werden. Konsequentes Recycling ist gefordert, doch die Recyclingrate bei den Endgeräten liegt aktuell bei etwa 20 Prozent, diejenigen der besonders umweltbelasteten seltenen Erden, die darin verbaut sind, bei gerade einmal 1 Prozent. Für neue Geräte werden die vorhandenen Lagerstätten bis zur Erschöpfung geplündert. Studien besagen, dass es in 30 bis 50 Jahren nicht mehr genug Mineralien für die Herstellung von Computergeräten geben wird.

Wir, die User, belügen uns selbst

Streaming ist die moderne, digitale Form des Schlaraffenlandes: Alles ist jederzeit und sofort verfügbar, «on demand» und ohne Aufwand. Es ist billig und hinterlässt keinen Abfall, keinen Dreck – könnte man meinen. Doch wir bezahlen nur einen kleinen Bruchteil der wahren Kosten, die sich dabei anhäufen: Ressourcenverschleiss, Raubbau, Umweltverschmutzung, globale Erwärmung.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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