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Klimarepublik Deutschland

Published On: 10. August 2021 16:00

Beim Thema Klima ist in Deutschland nur noch Ehrfurcht vor der Katastrophe und Bekenntnis zu immer höher zu steckenden Zielen erlaubt. Das zeigt sich auch in den Parteiprogrammen zur Bundestagswahl.

Laut einer Allensbach-Umfrage von Ende Mai herrscht in Deutschland Wechselstimmung. Nur jeder achte Befragte würde einen Wechsel der Bundesregierung nicht gut finden. Nach konkreten Politikfeldern befragt, gaben mit 55,4 Prozent die meisten Befragten an, sich in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik eine andere Politik zu wünschen. Da kurz davor die Bundesregierung noch schnell eine weitere Verschärfung des Klimaschutzgesetzes mit Klimaneutralität bis 2045 – koste es, was es wolle – beschlossen hat, wir also bei den Klimazielen schon Weltmeister sind, kann mit Politikwechsel wohl kaum gemeint sein, noch eine Schippe draufzulegen.

Man sollte annehmen, dass die Befragten nach 16 Jahren Klimakanzlerin die höchsten Strompreise der Welt nicht noch weiter steigern und dazu noch massive Verteuerung von Mobilität, Ernährung, Reisen, Wohnen und allen anderen Gütern wollen. Sondern vielleicht eine rationale Reevaluation der kaum mehr debattierten Klimapolitik wünschen. Sollte man denken. Aber man kann sich auch täuschen. Ein Blick auf die Parteien, die um die Gunst der Wähler buhlen, zeigt nämlich das genaue Gegenteil. Die Klimakatastrophe ist beschlossene Sache und Klimapolitik hat hohe Priorität.

Vorbild sind natürlich die Grünen. Ihr Wahlprogramm kennt nur ein Thema:

„Die globalen Krisen dieser Zeit – zuallererst die Klimakrise als wahre Menschheitskrise – wirken in unser aller Leben hinein und gefährden Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. […] Wir wissen, wie man eine Industriegesellschaft sicher ins Zeitalter der Klimaneutralität führt […] In weniger als 30 Jahren eine klimagerechte Gesellschaft zu werden, ist eine epochale Aufgabe mit inspirierender Kraft. […] Wir haben ein klares Ziel für dieses Jahrzehnt vor Augen: klimagerechten Wohlstand. […] Die Klimakrise ist die Existenzfrage unserer Zeit. Daher ist Klimaschutz keine Zukunftsaufgabe, sondern Klimaschutz ist jetzt. […] Wir stellen in einer künftigen Regierung das Pariser Klimaabkommen in den Mittelpunkt und richten das Handeln aller Ministerien danach aus. […] Wir machen die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer Politik und verändern entsprechend die Wirtschaftsweise. […] Klimaschutz ist so viel mehr als reine Technik, er ist der Weg in eine bessere Zukunft. […] Mit einer CO2-Bremse machen wir Klimaschutz zur Querschnittsaufgabe, indem wir Gesetze an ihrer Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen messen und ihre Klimawirkung entsprechend prüfen. […] Der Kulturbetrieb und die Künste können eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise spielen.“

Und so weiter und so fort. Ziel ist die komplette Unterordnung aller Politikbereiche unter die Gebote der Klimaschutzreligion.

Das Wahlprogramm der Grünen kennt nur ein Thema

Auf Maßnahmenebene übersetzt heißt das: „Dazu braucht es zuallererst eine massive Ausbauoffensive für die Erneuerbaren.“ Und: „ehrgeizige Vorgaben in Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards“. Mit anderen Worten: Weiter wie bisher!

Zum Thema Arbeitsmarktpolitik erfahren wir: „Eine ambitionierte Klimaschutzpolitik und der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft sind die beste Chance, um bestehende Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und neue zu schaffen.“

Das sozialpolitische Programm ist in folgendem Satz prägnant ausgedrückt: „Leisere Straßen und saubere Luft dienen besonders jenen, die sich nicht die Villa am ruhigen Stadtrand leisten können.“ Mit anderen Worten: Wer sich keine Villa leisten kann, der soll sich auch kein Auto leisten können. Zum Ausgleich bekommt er „Platz, um sicher Rad zu fahren und zu Fuß zu gehen, zu spielen und zu leben.“

Wie sieht es bei den anderen Parteien aus?

SPD: „Zukunftsmission I. Klimaneutrales Deutschland:

Den Klimawandel zu stoppen, ist eine Menschheitsaufgabe. Unsere Politik richtet sich nach dem Klimaabkommen von Paris. […] Darum haben wir uns zum Ziel gesetzt, in Deutschland bis spätestens 2045 komplett klimaneutral zu sein. […] So wird unsere Zukunftsmission ‚klimaneutrales Deutschland‘ zum Jobmotor. […] Klimaschutz ist die soziale Aufgabe der nächsten Jahrzehnte.“

CDU: Die CDU bemüht sich, ihre grüne Agenda als die natürlichste Sache der Welt darzustellen. Sie versteckt den Klimaschutz im „nachhaltigen Wachstum“, das recht nonchalant mit „sozialer Marktwirtschaft“ gleichgesetzt wird. Diese „verbindet Freiheit mit Sicherheit, Eigenverantwortung mit Gemeinwohl, wirtschaftliche Dynamik mit sozialem Ausgleich. Sie setzt auf Machen statt Meckern, auf Offenheit statt Abschottung, auf Erwirtschaften statt Verteilen, auf Ideen statt Verbote“. Bleibt in Sachen Klimaschutz nur hinzuzufügen: „Auf diese Prinzipien setzen wir auch im Kampf gegen den Klimawandel.“

Bis 2045 klimaneutral zu werden, ist dann auch kein großes Ding, sondern ergibt sich quasi von allein aus dem christlichen Menschenbild, das zur „Bewahrung der Schöpfung“ verpflichtet. Die Klimaziele stehen. Aber von Entbehrungen und Kosten ist nicht die Rede. Man setzt auf „neue Technologien und Innovationen“, auf „internationale Klimakooperationen“, auf „Forschung, Entwicklung und Pilotprojekte“ und vergisst dabei nicht, den Verbraucher zu entlasten. Alles läuft natürlich europäisch: „Mit dem Green Deal machen wir Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt.“ Ja, man verdient sogar noch Geld dabei und will es gerne verteilen: Die „Einnahmen aus dem Emissionshandel“ werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben.“ Die EEG-Umlage wird abgeschafft. Dank „Digitalisierung“ wird alles ganz effizient. Es gibt ein „Sonnenpaket“, „beschleunigte Investitionen“ in die Stromnetze, die „Lebensadern der Energiewende“. Wir werden „Wasserstoff-Land Nr. 1“ und so weiter und so fort. Kurz: „Klimaneutralität wird ein Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft werden.“ Also: Klimaschutz im Rundum-Wohlfühlpaket und zum Null-Tarif. Nur kein kritischer Gedanke!

„Mehr Zeit und weniger Stress in klimaneutralen Jobs“

FDP: „Mehr German Mut für mehr Klimaschutz.“ Im Programm findet sich kein kritisches Wort zur Klimakrisenrhetorik. Kein Wort zur Realitätsferne der Klimaziele, die man „durch ein striktes CO2-Limit“ erreichen möchte. Aber immerhin: Man will technologieoffen sein und bemüht sich deutlich, nicht nur alles mit Windrädern und Solarpanelen zuzubauen: „Wir werden die Klimaschutzziele nicht erreichen, indem wir nur auf direkte Elektrifizierung auf Basis erneuerbaren Stroms in Deutschland setzen. […] Wir wollen eine naturwissenschaftlich fundierte Energiepolitik, die auf Innovation, Wettbewerb und hohe gesellschaftliche Akzeptanz setzt.“

Die Linke: Das Wahlprogramm der Linken trägt den Titel „Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!“ Hier ist die Strategie offensichtlich, den Markenkern der sozialen Gerechtigkeit zeitgeistkonform mit viel Klima aufzupeppen: „Ohne soziale Gerechtigkeit kann keine große Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft gelingen. Und ohne Klimagerechtigkeit gibt es jetzt und in Zukunft keine soziale Gerechtigkeit.“ Ein Konflikt wird offenbar nicht erkannt. Die gigantischen Kosten für den Klimaschutz (man fordert „klimaneutralen Gebäudebestand bis 2040“) übernehmen wahlweise der Staat oder die Reichen. Problem gelöst. Die Wohlstandsansprüche sind allerdings auch bescheiden; es sollen „alle genug zum Leben“ und „mehr Zeit und weniger Stress“ in „klimaneutralen Jobs“ haben.

Bei den Kleinparteien sieht es nicht besser aus. Die Freien Wähler fordern „höchste Priorität für Umwelt- und Artenschutz, Nachhaltigkeit und vor allem für den Klimaschutz durch den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien.“ Die Tierschutzpartei schafft die Planetenrettung noch zehn Jahre vor den Grünen: „Klimawandel: Jetzt alles dafür tun, was nötig ist, um die Klimakatastrophe zu verhindern. […] 100% erneuerbare Energien und Treibhausgase-Nettonull bis 2035.“ Realitätsferner geht es nicht, würde man denken. Aber dann liest man die „Argumentationshilfe für die Energie-, Klima- und Wirtschaftspolitik zum Wahlprogramm von CDU und CSU“ der KlimaUnion. Die schafft 100 Prozent Erneuerbare schon im Jahr 2030 und verkündet allen Ernstes und von keinem Selbstzweifel geplagt: „Strom wird billiger […] Autofahren wird billiger […] Heizen wird billiger […] Die ‚frohe Botschaft‘ ist: Schaffen wir die Energiewende zum Nulltarif, retten wir das Klima schon fast nebenbei!“

Einzig die AfD schlägt andere Töne an. Im Wahlprogramm heißt es: „Das Ziel der Bundesregierung, die CO2-Emissionen faktisch auf null zu senken, führt zu einem radikalen Umbau von Industrie und Gesellschaft (‚Die Große Transformation‘ / ‚The Great Reset‘) und bedroht unsere Freiheit in einem immer beängstigenderen Ausmaß. Die AfD lehnt dieses Ziel und den damit verbundenen Gesellschaftsumbau ab.“ Statt einen aussichtslosen Kampf gegen den Wandel des Klimas zu führen, sollten wir uns an die veränderten Bedingungen anpassen. Der „Green Deal“ der EU wird abgelehnt. Ebenso die „einseitige Förderung der Elektromobilität“ und die „komplette Umstellung unserer Energieversorgung auf volatile ‚erneuerbare‘ Energielieferanten“. Diese sei „unökologisch unrealistisch“. Gefordert wird die Fortsetzung der Kohleverstromung, Ausbau von Gaskraftwerken und Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sowie die Wiedereinrichtung von Kernforschungszentren und Entwicklung und Bau neuer, sicherer Kernkraftwerke der nächsten Generation.

Die Kraft des guten Gewissens

Warum herrscht in der Politik so weitgehende Einigkeit? Was macht den Klimaschutz so attraktiv? Wie konnte er zum überparteilichen Staatsziel avancieren? Auf den ersten Blick ist das kontraintuitiv. Eine Politik, die hier und heute jeden Einzelnen Wohlstand kostet und nicht wenige Jobs gefährdet und im Gegenzug ungewisse Vorteile in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten und zumeist in ganz anderen Weltregionen verspricht, kann nicht wirklich attraktiv sein.

Auf den zweiten Blick ist es hingegen sonnenklar: Wenn Notstand herrscht und Weltuntergang droht, dann kann niemand anders, als entschlossen zur Rettung aufrufen. Wer hier Schwächen zeigt, darf sich moralischer Empörung sicher sein. Das kann sich nur die AfD erlauben, die ohnehin schon in der Schmuddelecke steht. Wer als Politiker rationale Abwägung von Kosten und Nutzen anmahnt, wird Klimaleugner, Klimakrisenleugner, Klimafolgenverharmloser, Wissenschaftsfeind und dergleichen mehr genannt. Er wird nicht nur von einigen wenigen angegriffen, sondern von einer Heerschar von hauptberuflichen Klimarettern in Politik, den Medien, NGOs, Verbänden und Unternehmen. Und die haben ihre Jobs nicht von ungefähr. Sie werden getragen von ein paar Millionen vielfliegenden CO2-Ausgleich-Bezahler:innen, stolzen E-Mail-Nichtausdrucker:innen, Solardachbesitzer:innen, Plastiktrinkhalmverzichter:innen, Greenpeace-Energy-Kund:innen und Rad fahrenden Bewohner:innen teurer Innenstadtwohnungen. Neben der zu vertuschenden allgemeinen Wachstumsschwäche ist das durch permanentes Virtue Signalling zelebrierte gute Gewissen der LOHAS der 500-PS-Motor der Klimaschutzpolitik.

Ablasszahlungen per Klimazuschlag

Sie erinnern sich nicht mehr an das Akronym LOHAS? Es steht für „Lifestyle of Health and Sustainability“ und bezeichnet Menschen, die durch „moralischen Konsum“ die Welt verbessern wollen. Es ist wahrscheinlich deshalb in Vergessenheit geraten, weil es ein Phänomen bezeichnet, das heute nicht mehr einzelne „Pioniere“ beschreibt, sondern die breite Masse der Akademiker, Politiker, Journalisten und Manager. Die LOHAS sind – das versteht sich von selbst – überzeugte Klimaschützer, und sie sind Vertreter der „diskursstarken Schichten“ mit einem „guten Zugang zu Medien“, die die öffentliche Debatte beherrschen, wie es der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier formuliert.

Sie verkörpern den Zeitgeist und sie wählen besonders häufig grün und links. „Vorbei die Zeiten, als linke Parteien ärmeren Bürgern gleichberechtigten Konsum ermöglichen wollten. Die Elite der Klimainteressierten profitiert. Sie kann sich teurere Reisen leisten. […] Die Wortführer des Klimamilieus machen Karriere, mit ihm verbundene Unternehmen machen Geschäfte, klimainteressierte Politiker bekommen Sendezeit“, schreibt Axel Bojanowski in der Welt.

Für LOHAS verspricht Klimaschutz doppelten Gewinn. Sie können sich von der Masse der Bevölkerung sowohl moralisch als auch materiell absetzen. Die Ablasszahlungen per Klimazuschlag erlauben ihnen moralisch reinen Konsum, und sie sorgen zudem dafür, dass Straßen und Strände leerer werden, wenn der Plebs auf U-Bahnfahren und Urlaub auf Balkonien zurückgeworfen wird.

Öko-Lobbyisten haben in Deutschland alles fest im Griff

Die zweite Säule, auf die die Klimapolitik baut, ist die Ideologie der Alternativlosigkeit, die sich in der Ausrufung des Notstands materialisiert. Der Notstand verlangt Unterordnung und erreicht diese, indem er die Angst vor der verkündeten Katastrophe mit der Angst vor dem Ausgestoßenwerden und der Bestrafung der Nichtbekennenden und Unwilligen kombiniert. Das wirkt. Es erzeugt Opferbereitschaft und Konformität.

Natürlich reicht es nicht, eine Katastrophe einmal anzukündigen. Man muss jeden Zweifel daran stetig und auf breiter Front bekämpfen. Das klappt deshalb ganz gut, weil sich inzwischen ein Apparat von vielen tausenden hauptberuflichen Klimaschutzarbeitern in NGOs, Stiftungen, Agenturen, Forschungseinrichtungen, Behörden, Kirchen und Unternehmen, ja sogar in Redaktionen aufgebaut hat. Diese Menschen sind mehr oder weniger von der Wichtigkeit ihrer Aufgabe überzeugt und verdienen damit ihren Lebensunterhalt.

Von der Regierung und großen Konzernstiftungen üppigst finanzierte Öko-Lobbyisten haben in Deutschland alles fest im Griff. Weit über 100 Millionen Euro jährlich fließen an das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, den Bund für Umwelt und Naturschutz, die Klima-Allianz Deutschland, Fridays for Future, Deutsche Umwelthilfe, Correctiv, Germanwatch, WWF, Nabu, Klimafakten.de und so weiter. Hinzu kommt die kostenlose Dauerberichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien und den großen Zeitungen und Magazinen. Sogenannte Klimaskeptiker haben im Vergleich dazu so gut wie keine finanzielle Unterstützung und sind entsprechend unsichtbar. Von der vielbeschworenen Kohle- oder Erdöllobby fehlt weit und breit jede Spur. Die Wirtschaft kuscht. Der grüne Zeitgeist ist sakrosankt.

Kein Raum für Zweifel

Außer der AfD ist keine der Parteien gewillt, die demokratiefeindlichen Ideen der Alternativlosigkeit und der Notstände zurückzuweisen. Keine ist bereit, sich für eine offene Diskussion über die Unsicherheiten der Klimaforschung und Klimafolgenforschung, die vielfältigen Möglichkeiten des Umgangs mit dem Klimawandel und die Kosten-Nutzen-Abwägung von Maßnahmen einzusetzen. Keiner ist bereit, laut zu sagen, dass das Ziel, im Jahr 2045 „klimaneutral“ zu sein, eine willkürliche Setzung ist. Genauso, wie das 1,5-Grad-Ziel oder das 2-Grad-Ziel willkürliche Setzungen sind.

Selbst in der F.A.Z. lesen wir heute hanebüchene Sätze wie diesen: „Wichtig sind die Budgets der Staaten deshalb, weil ihre Überschreitung auch eine Überschreitung (‚Kipppunkt‘) der Erdtemperatur bedeutet, die irreversible Schäden hervorruft, also das Klima auf ewig verändert.“ Das Budget, von dem hier die Rede ist, gibt an, wie viel CO2 Deutschland laut Berechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen insgesamt noch emittieren dürfe, bevor es bei (netto) Null Emissionen angelangt sein muss, um die Erderwärmung auf 1,75 Grad zu begrenzen. Für Deutschland sind das etwa 6,7 Gigatonnen und damit rund die Hälfte der Menge, die China pro Jahr ausstößt, und ungefähr so viel, wie wir bei aktuellem Ausstoß bis 2029 emittiert haben werden.

Doch weder das Budget noch die Zielstellung von möglichst 1,5 Grad sind wissenschaftliche Wahrheiten. „Das 2-Grad-Celsius-Ziel ist einer der zentralen Bezugspunkte in der internationalen Klimadebatte. Ein entsprechender Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur gilt als Grenze, bei deren Überschreiten die Folgen des Klimawandels wahrscheinlich ein bedrohliches Ausmaß annehmen würden. Bemerkenswert ist dabei, dass Klimapolitiker stets darauf verweisen, es handele sich um ein von ‚der Wissenschaft‘ vorgegebenes Ziel – während Klimaforschern durchaus bewusst ist, dass das 2-Grad-Ziel genuin politischer Natur ist“, schrieb schon vor elf Jahren Oliver Geden, Experte für EU-Energie- und Klimapolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und Leitautor für Arbeitsgruppe III sowie Mitglied des Kernautorenteams des Syntheseberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

„Wissenschaftliche Expertise muss Basis für politisches Handeln sein“

In dem sehr lesenswerten Aufsatz „How science has been corrupted“ schreibt der Physiker und Politologe Matthew Crawford vom Institute for Advanced Studies in Culture der University of Virginia:

„Eines der auffälligsten Merkmale der Gegenwart ist für jeden, der die Politik aufmerksam verfolgt, dass wir zunehmend mit Hilfe von Panikmache regiert werden, die den Anschein erweckt, als sei sie erfunden worden, um die Zustimmung einer Öffentlichkeit zu gewinnen, die skeptisch gegenüber Institutionen geworden ist, die auf der Behauptung von Fachwissen aufbauen. Und dies geschieht in vielen Bereichen. Politische Herausforderungen von Außenseitern, die mit Fakten und Argumenten vorgetragen werden und ein Bild von der Welt bieten, das mit dem vorherrschenden konkurriert, werden nicht in freundlicher Weise beantwortet, sondern eher mit Denunziation. Auf diese Weise werden epistemische Bedrohungen der institutionellen Autorität in moralische Konflikte zwischen guten und schlechten Menschen aufgelöst.“

Genau auf diesen Mechanismus setzt die gegenwärtige Politik, die das szientistische Narrativ von der dringend abzuwendenden Klimakatastrophe endgültig zu dem Felsen machen will, der ihr in der Brandung des selbst verschuldeten Autoritätsverlusts auf Dauer Halt geben soll. Markus Söder verkündet am 12. Mai 2021 auf Twitter: „Klima wird zur Top-Priorität. Wir haben aus Corona gelernt, mehr auf die Wissenschaft zu hören. Wissenschaftliche Expertise muss Basis für politisches Handeln sein. In den nächsten Jahrzehnten droht eine Klimakatastrophe. Klimaschutz beginnt jetzt.“

Was mit denen geschehen soll, die abweichende Meinungen vertreten, davon hat Frau Baerbock eine klare Vorstellung, die sie schon wiederholt äußerte. Sie möchte dem Vorbild des BBC folgen, Kritiker in den Medien gar nicht mehr zu Wort kommen zu lassen:

„Zum Beispiel Klimaleugner werden da in TV-Sendungen überhaupt nicht eingeladen, weil sie sagen, wir argumentieren hier auf der Grundlage von Fakten und wir geben denjenigen, die diese Fakten leugnen, kein Forum. Ich glaube, das sollte auch der Standard sein in öffentlichen Medien hier bei uns“, forderte sie unter anderem bei einem Wahlkampfauftritt 2019 – und trat damit offene Türen ein, weil dies ja im ÖRR ohnehin schon lange so gehandhabt wird. Gepostet wurde das Video mit der Aussage von Joas Scholz von der Klima-Bündnis-Agentur in Köln. Er schrieb dazu:

„Wissenschaftlerin und Politikerin Annalena #Baerbock zum Vorbild BBC für den Umgang mit notorischen KlimaKriseLeugnern.“ (Es handelt sich bekanntlich um jene „Wissenschaftlerin“, die es als Faktum betrachtet, dass man Strom im Netz speichern kann.) Man beachte auch die Formulierung „KlimaKriseLeugner“. Als Häretiker gelten alle, die die politische Interpretation des Klimawandels als Krise oder Katastrophe in Frage stellen. Frau Baerbock verteidigt nicht die Wissenschaft, sie verteidigt eine Weltuntergangsreligion – der übrigens nur eine kleine Minderheit der Wissenschaftler anhängt.

Energietechnik statt Klimareligion

Wie stellt sich das Problem dar, wenn wir einmal versuchen, das Schreckgespenst der imminenten Katastrophe ebenso abzulehnen wie die wirklichkeitsfremde Vorstellung, man könnte sie durch den deutschen Kohle- und Atomausstieg und das Subventionieren von Ökostrom und Elektroautos abwenden. Ziel kann es nicht sein, in Deutschland mit Luxusklimaschutz zu glänzen. Wir müssen klimaneutrale Technologien entwickeln, mit denen weltweit Energie kostengünstiger als mit Kohle bereitgestellt werden kann. Und wenn diese Technologien marktreif sind, läuft alles im Verlauf der nächsten Jahrzehnte von alleine. Wir wissen, dass dies mit der Nukleartechnologie möglich ist. Hier wäre auch staatliches Handeln gefragt. Wir investieren aber nur minimal. In Deutschland geben wir sogar viel Geld aus, um voll funktionstüchtige und sichere Reaktoren abzuschalten.

Dennoch können wir recht zuversichtlich sein, dass global betrachtet dieser Substitutionsprozess irgendwann vor der Mitte des Jahrhunderts einsetzen wird und vor Ende des Jahrhunderts weitgehend abgeschlossen sein wird. Natürlich können auch verbesserte Technologien zur Nutzung von Sonne, Wind und Erdwärme eine Rolle spielen. Zusätzlich wird es eine ganze Reihe weiterer Innovationen im Bereich der Effizienz, der Rezyklierung und so weiter geben, die vor allem dann entstehen, wenn man sie einfach zulässt und nicht durch Forschungslenkung und Planwirtschaft behindert. So werden wir einen Weg gehen, bei dem weder die Kosten des Klimawandels noch die des Klimaschutzes zu hoch werden. Die Klimaerwärmung wird sich im Bereich der mittleren Szenarien abspielen. Die Welt wird am Ende des Jahrhunderts möglicherweise zwei bis drei Grad wärmer sein als heute. Das wird Anpassungsmaßnahmen erfordern, die aber mit vertretbarem Aufwand leistbar sein werden.

Klimaschutz gehört einfach zum guten Ton

Diese realistische und pragmatische Sichtweise ist im politischen Deutschland nach Jahrzehnten des ökoideologischen Mainstreaming eine Außenseitermeinung. Hierzulande sind allzu viele Politiker entschlossen, sich als Klimarettungschampions zu präsentieren und streng den Vorgaben der Grünen zu folgen. Und in der Bevölkerung sieht es nicht viel anders aus. Auch wenn man nur äußerst vage Vorstellungen davon hat, was er konkret bedeuten wird: Klimaschutz gehört einfach zum guten Ton.

Hinzu kommt der stabile Druck großer Teile der Medien, die diese Entwicklung auch mitgemacht haben und einen bei jeder Abweichung vom grünen Weg abstrafen. In den Behörden und an den Universitäten sieht es nicht viel anders aus. Der Zeitgeist steht wie eine Betonwand, gegen die anzurennen aussichtslos erscheint. Dabei wird die drohende „Katastrophe“ ebenso überschätzt, wie die Herausforderung der „Dekarbonisierung“ unterschätzt wird. Vereint im festen Glauben, dass sich alle Probleme mit Hilfe von Sonne, Wind, ein bisschen Digitalisierung, veganer Wurst und Flugscham auf wundersame Weise in Wohlgefallen auflösen werden, stapft man stur den vor einem Vierteljahrhundert eingeschlagenen Klimarettungspfad weiter und tut so, als könnte man die immer wieder neu gesteckten und gerne auch verschärften Ziele schon noch erreichen. Und wenn nicht, dann sind die Klimaleugner, die SUV-Fahrer (außer, sie wählen grün) und die Mallorca-Urlauber (die uns ja auch schon Corona eingebrockt haben) schuld.

Wunsch und Wirklichkeit

Mit der Realität haben die Klimaziele nichts zu tun. Insgesamt rund 6,5 Prozent der Primärenergie in Europa werden nach knapp 30 Jahren Klimaschutzpolitik von Wind und Sonne geliefert. Kein Mensch glaubt im Ernst, dass wir in 25 Jahren bei 100 Prozent Erneuerbaren sein werden. Es wird nicht passieren. Und es wird im Rest der Welt noch viel weniger passieren. Aber wir werden Unsummen dafür ausgeben, so zu tun, als ob. Weltweit stammen heute noch rund 84 Prozent der Energie aus fossilen Quellen. Vor 25 Jahren waren es 86 Prozent. Die Internationale Energieagentur prognostiziert, dass der Anteil bis 2040 auf etwa 73 Prozent fallen könnte. Von Null sind wir dann immer noch ziemlich weit entfernt.

Der Rückgang der deutschen Emissionen in den letzten zehn Jahren betrug 200 Millionen Tonnen. Im gleichen Zeitraum steigerte China seinen Ausstoß um rund drei Mrd. Tonnen. Was wir eingespart haben, wurde von China 15-fach wettgemacht. Das ist kein Vorwurf an China, wo nach wie vor hunderte von Millionen Menschen in großer Armut leben. Es sollte jedoch klarmachen, dass die Welt keineswegs mit Deutschland an der Spitze munter in Richtung Klimaneutralität marschiert.

Maximal fünf Prozent der Menschheit verfügt über einen Wohlstand, von dem aus gesehen ein bisschen Verzicht im Tausch gegen das gute Gefühl, zur Rettung des Planeten beizutragen, als gutes Geschäft erscheint. Die anderen 95 Prozent sind ärmer und größtenteils sehr, sehr viel ärmer als der durchschnittliche deutsche Grünenwähler. 82 Prozent der Weltbevölkerung lebt in Ländern, in denen das Durchschnittseinkommen bei unter 30 Dollar pro Tag liegt (gerechnet in sogenannten internationalen Dollars, die der Kaufkraft entsprechen, die ein Dollar in den USA hat). Mindestens 95 Prozent der Menschen auf diesem Planeten sind nicht der Meinung, dass Energie, Wohnen, Reisen, Essen und so weiter für ihr Gefühl zu billig sind und dringend teurer werden sollten. Sie sind aus guten Gründen vom Gegenteil überzeugt.

Im Spiegel wird bemängelt, „die angespannte Situation der ärmeren Bevölkerung“ werde „als Argument gegen Klimaschutz instrumentalisiert“. Dabei seien „Puerto Rico, Myanmar und Haiti an der Spitze der Länder, die am stärksten mit Hitzewellen, Dürren und Stürmen zu kämpfen“ hätten. Dies sei „eine wahrlich unsoziale Schieflage“. Es fragt sich, ob die Menschen in diesen Ländern wirklich glauben, ihnen sei am besten geholfen, wenn Spiegel-Redakteure auf Elektroautos umsteigen. Wir sollten sie fragen, ob wir in Deutschland wirklich Billionen ausgeben sollten, um das Risiko für Stürme in 100 Jahren um, sagen wir einmal, zwei Prozent zu senken. Oder ob es ihnen lieber wäre, wenn wir ihnen ein Prozent dieser Summe geben würden, um sich auf andere Art und Weise besser vor Stürmen schützen zu können. Die Antwort, die wir erhalten würden, liegt auf der Hand. Die Profiteure der „Klimarettung“ sind nicht die Armen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Klimaschutzideologie hat vor allem eine Stoßrichtung: die Armen arm zu halten.

Die Unvorstellbarkeit der Nicht-Katastrophe

Wir haben es mit einer kulturellen Hegemonie der klimapolitischen Alternativlosigkeit zu tun. Menschen, die heute jünger als 40 sind, können sich gar nicht mehr an eine Welt erinnern, die nicht vom Klimakollaps bedroht wird und in der ein toller Sommer einfach ein toller Sommer war. Leute unter 30 können sich kaum mehr an eine Welt erinnern, in der Deutschland nicht von einer Klimakanzlerin regiert wurde (und schwer vorstellen, wie es in Zukunft anders sein könnte, zum Glück steht eine neue jetzt bereit). Junge Menschen, die heute ins Erwachsenenleben starten, haben ihre ganze Schulzeit mit der drohenden Katastrophe zugebracht.

Wenn ihnen heute ein Politiker sagen würde, dass Klimawandel schon eine Herausforderung sei, die Welt aber dringendere Probleme kenne, würden sie annehmen, er müsse von einem anderen Planeten kommen. Die Realität der Klimaforschung, die täglich neue Erkenntnisse produziert und so zu einem immer differenzierteren Bild beiträgt, wird weitgehend ausgeblendet. Der politische Spielraum, der eine Vielzahl an Möglichkeiten berücksichtigten müsste, wie mit einzelnen Problemen in Zusammenhang mit klimatischen Veränderungen umgegangen werden könnte, bleibt weitgehend ungenutzt. Es gibt nur noch eine Politik: die Politik der Angst.

Der Blog Politplatschquatsch fängt diesen Zeitgeist in einem kurzen Blick in ein Fernsehstudio an einem kalten Maitag im Jahr 2021 ein:

„Als das ARD-Morgenmagazin die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock heranzitiert, um der SPD-Umweltministerin Svenja Schulze als ‚Oppositionspolitikerin‘ in Sachen Klimaschutz zu widersprechen, zeigte sich erneut, dass Gott einen sehr feinen, sehr subtilen und doch ansteckenden Humor besitzt. Würde Baerbock Schulze wirklich überbieten können? Geht da noch mehr beim Verbieten, Verteuern und Vorgeben? Lässt sich das Weltklima nicht erst 2045 retten, wie derzeit geplant? Sondern schon 2040, 2030, 2025 oder morgen? Wenn man noch die eine oder andere Stellschraube dreht, unsinniges Heizen erschwert, Herumfahren verhindert und der Industrie nahelegt, besser anderswo zu produzieren?“

Genau das ist der Status quo. Aber in der Abstrusität, in der er sich präsentiert, keimt doch die Hoffnung, dass wir uns langsam Peak Grün nähern und die Pein durch neu aufkeimende Vernunft Linderung erfährt. Vor der Bundestagswahl können wir aber wohl nicht damit rechnen. Man braucht viel Geduld heutzutage.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Novo-Argumente.

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