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Pascal Couchepin prangert den Machtmissbrauch des Bundesrats an

Published On: 14. August 2021 0:15

Veröffentlicht am 14. August 2021 von FE.

Der ehemalige Walliser Bundesrat hat noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Aber es ist selten, dass ein ehemaliges Mitglied der Regierung die aktuelle Regierung auf diese Weise kritisiert. Das hat einen guten Grund: Er spricht das aktuelle Problem mit der Demokratie in der Schweiz an, das sonst erstaunlich selten angesprochen wird. Der Walliser versteht nicht, wie die Verhandlungen zum Rahmenabkommen mit der EU ohne Parlamentsdebatte oder Volksabstimmung abgebrochen werden konnten. Dies sei möglicherweise eine Auswirkung von … Covid!

Der Journalist Henry Habegger war für die Schweiz am Wochenende in Martigny. Im «Pfarrgarten» zwischen Früchten und Blumen, konnte er sich offen mit Pascal Couchepin unterhalten.

Der Alt Bundesrat hatte gerade Molières «Tartuffe» aufs Neue gelesen. Dieses Stück sei ihm in den Sinn gekommen, als er erfuhr, dass die grüne Bürgermeisterin des 12. Arrondissements von Paris eine Statue zu Ehren von Johnny Hallyday verbieten will. Dies, weil Hallydays Gitarre ihrer Meinung nach die Form eines aggressiven Phallus hat! In Molières Komödie «wollte der fromme Heuchler die Brüste einer Frau verstecken, um sie nicht zu sehen. Ähnliches machen die Grünen in Frankreich!»

Was hält eigentlich die Schweiz zusammen? Couchepin: «Für mich ist es die politische Diskussion und die Fähigkeit, widersprüchliche Meinungen zu äussern, ohne andere als Verräter oder mindere Patrioten zu bezeichnen. Diese Stärke fehlt uns immer mehr.



Warum? Die Probleme werden immer komplexer,
und angesichts der Schwierigkeit, sich in ihnen zurechtzufinden, neigt jeder dazu, bei seiner eigenen Meinung zu bleiben. Und es gibt den SVP-Effekt: systematisch gegen die Behörden, gegen andere. Wenn Sie die Position ‹allein gegen alle anderen› kultivieren, sehen Sie andere als Feinde an.»



Das Scheitern der Verhandlungen mit der EU sei beispielhaft dafür:
Das Problem sei, dass «400 Millionen Menschen gegenüber acht Millionen zwar einen Unterschied machen, dass die EU unsere Würde jedoch in keiner Weise bedroht. Anders als die USA: Es hat amerikanische Entscheidungen gegeben, denen die Schweiz Folge leisten musste, wie im Steuerstreit ….»

Was Pascal Couchepin beschäftigt, ist die Art und Weise, wie wir debattieren. «Unsere derzeitige Diskussionskultur ist eine Nicht-Kultur, zu Deutsch: eine Unkultur. Der Verhandlungsabbruch mit der EU ist der Beweis dafür. Ich frage mich, ob der Bundesrat auch auf die Idee gekommen wäre, diese Gespräche ohne Rücksprache mit dem Parlament und dem Volk zu beenden, wenn wir uns nicht im Ausnahmezustand befänden.» Eine Situation ähnlich wie im Krieg.

Und er erinnert daran, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg Jahre dauerte und mehrere Volksinitiativen brauchte, bis der Bundesrat seine Sonderrechte wieder aufgab. «Es ist interessant: Wenn die Menschen sich daran gewöhnen, so regiert zu werden, werden sie weniger empfindlich gegenüber der direkten Demokratie …»

Couchepin nennt weitere Beispiele: «Es heisst, das Volk habe den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Aber es hat nie darüber abgestimmt. Die Regierung hat dies als Grundsatz festgelegt. Das Gleiche gilt für das Moratorium für die Anwendung der Gentechnik. Es wurde erweitert, aber ohne Rücksprache mit der Bevölkerung.»



Couchepin fragt: «Warum ist der Bundesrat zunehmend versucht, sich vom Souverän abzuwenden?»
Und er appelliert an den Mut, über heikle Themen zu debattieren, ohne sich gegenseitig zu beleidigen und die Menschen selbst entscheiden zu lassen. Noch einmal zum Rahmenabkommen: «Es wäre eine fantastische Gelegenheit gewesen! Ich stelle aber fest, dass unsere SVP-Freunde, die vorgeben, ständig die Rechte des Volkes zu verteidigen, jubelten, als der Bundesrat in autoritärer Manier im Alleingang beschloss, die Gespräche abzubrechen.»

Es ist vorstellbar, dass Couchepin den Ton verschärft hat, als man behauptete, dass mit dieser Entscheidung die Souveränität gewahrt würde. «Als ob wir souverän wären, wenn wir uns vom wahren Souverän abwenden! Diese Leute vergessen, dass die Souveränität der Schweiz in den Händen des Volkes liegt und nicht in denen gewisser Eliten.»

«Der Druck von unten, von der Basis, wird immer grösser.»

Also ist Couchepin pessimistisch? Nein, ist er nicht: «Ich freue mich, dass es in der heutigen schweizerischen Gesellschaft einen positiven Trend gibt. Die Anzahl der Volksinitiativen zu wichtigen Themen zeigt, dass die Menschen etwas vermissen. Der Druck von unten, von der Basis, wird immer stärker. Ich denke an das zweite Referendum zum Covid-Gesetz und an das Referendum gegen das Medienförderungsgesetz. Zumindest wird es Debatten geben.

Oder die Initiative zur 13. AHV-Rente. Oder diejenige der Jungfreisinnigen, die in kurzer Zeit und ohne grossen Apparat 140’000 Unterschriften gesammelt haben. Dies ist sehr ermutigend. Diese Initiativen berühren Bereiche, in denen Reformen blockiert sind und in denen die Politik zu keiner Entscheidung kommt. Ich hoffe, ich bete sogar, dass sie zu konstruktiven Diskussionen führen und dass am Ende gute Kompromisse nach Schweizer Art erreicht werden.»

Und zu Europa: «Die Bevölkerung hat sich immer für den Ausbau der Beziehungen zur EU ausgesprochen. Sie werden sehen: nach einiger Zeit wird wieder dafür gesorgt werden, dass die Verhandlungen weiter gehen. Wir haben uns in den Augen der EU als unzuverlässig erwiesen. Wir können nicht so schnell nach Brüssel zurückkehren und verlangen, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird.»

Kommentar Corona-Transition:

Zu den einzelnen von Pascal Couchepin erwähnten Themen kann man unterschiedlicher Meinung sein. Sein zentraler Kritikpunkt betrifft jedoch das Verhalten des Bundesrats, welches zunehmend autoritärer und undemokratischer wird.

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Dieser Text wurde uns von unseren Freunden bei Bon pour la tête zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.

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