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Flüchtlingskrise 2015: „Deutschland hat einen Fehler gemacht“

Published On: 9. Oktober 2021 17:49

Der slowenische Ministerpräsident Janez Janša geht mit der Europäischen Union hart ins Gericht: die Kommission „sollte sich aus politischen Kämpfen heraushalten“. Die EU dürfe nicht den Fehler wiederholen, wie ihn Deutschland im Jahr 2015 begangen habe.

IMAGO / ZUMA Wire

Slovenian Prime Minister Janez Jansa (R) welcomes German Chancellor Angela Merkel (L) as she arrives at the EU-Western Balkans Summit, 06.10.2021

Nur wenige Tage sind seit dem Westbalkan-Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vergangen, da attackiert ausgerechnet der Gastgeber den Schirmherrn: Janez Janša, der Ministerpräsident Sloweniens, hat in einem Interview mit dem Fernsehsender Euronews die Übergriffigkeit der EU-Kommission und das Verhalten Deutschlands in der Flüchtlingskrise deutlich kritisiert. Auf die Nachfrage, ob die EU konkrete Zusagen machen sollte, damit Afghanen angesichts gegenwärtiger Not legal nach Europa einwandern könnten, antwortete der Regierungschef mit einem deutlichen „Nein“.

Zur Begründung hob Janša die Fehler der Vergangenheit vor. Die Afghanen müssten „bestimmte Kriterien“ erfüllen. „Wenn nicht, dann sollte es keine sogenannten humanitären Korridore geben. Die Europäische Union wird nicht den Fehler wiederholen, den einige Mitgliedsländer 2015 nach dem Krieg in Syrien gemacht haben.“ Und weiter: „Ich glaube, Deutschland hat einen Fehler gemacht.“

Das kleine Balkanland Slowenien mit seinen zweieinhalb Millionen Einwohnern sei innerhalb weniger Wochen von einer halben Million Migranten durchquert worden. „Unsere Grenze ist zusammengebrochen und die Grenzen einiger anderer Länder sind auch zusammengebrochen.“ Es gehe zudem darum, nicht nur auf die „Endphase der Folgen“ zu sehen, sondern auch auf den Prozess und den Weg. „Und wenn Sie sich an die Brexit-Kampagne erinnern, dann wissen Sie, dass all diese Kolonnen, die Kroatien und Slowenien durchquert haben, den Brexit-Befürwortern in die Hände spielten. […] Es ist schwierig, wenn man sieht, wie Tausende Militärs, junge kampffähige Männer ohne Familien, ohne Frauen, ohne Kinder die Grenze überqueren und wir sie alle als Flüchtlinge aufnehmen. Das geht nicht, das kann man nicht verkaufen.“

Der Ministerpräsident machte dabei einen bedeutenden Unterschied zwischen dem EU-Parlament und der EU-Kommission. „Laut Vertrag sollte sich die Europäische Kommission aus politischen Auseinandersetzungen heraushalten, was bis zur Juncker-Kommission auch der Fall war. Dann hat sich das geändert, und das ist meiner Meinung nach nahe an einem Bruch der Rechtsstaatlichkeit.“ Er äußerte damit Zweifel daran, ob die EU-Kommission immer ein „ehrlicher Vermittler“ sei.

Janša gab das Interview am 8. Oktober; dem Tag, an dem das polnische Verfassungsgericht festgestellt hatte, dass einige EU-Gesetze gegen die Verfassung des Landes verstießen. Gefragt, ob EU-Mitgliedsländer wie Polen, Ungarn oder auch Slowenien von der EU politisch angegriffen würden, bemerkte er: „Wenn man die Mehrheit im Europäischen Parlament hat, und das ist eine politische Mehrheit, kann man jedes Land benennen und beschuldigen. Ich glaube nicht, dass das sehr gut ist.“ Slowenien steht wegen seines Umgangs mit Justiz und Medien in der Kritik. Die Regierung verteidigt sich damit, gegen Relikte aus der kommunistischen Vergangenheit vorzugehen – eine ähnliche Argumentation, wie sie auch in Polen vorherrscht.

Janša ist seit 1993 Vorsitzender der konservativen Slowenischen Demokratischen Partei (SDS), die sich auf EU-Ebene mit der Europäischen Volkspartei (EVP) eine Fraktion teilt, der auch die CDU angehört. Seit 2004 ist er Ministerpräsident des Landes, seit 2018 führt er eine Minderheitsregierung an. Im letzten Wahlkampf wurde er auch vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán unterstützt. Slowenien hat am 1. Juli die Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union für sechs Monate übernommen.

Die Europäische Kommission hat indes am Freitagabend neuerlich den Vorrang des EU-Rechts gegenüber Nationalrechts betont. Die Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichtshofs werfe „ernste Bedenken im Hinblick auf den Vorrang des EU-Rechts und die Autorität des Gerichtshofs der Europäischen Union“ auf. Sämtliche Urteile des Europäischen Gerichtshof seien für die Mitgliedsstaaten bindend. Man werde das Urteil „eingehend analysieren und über die nächsten Schritte“ entscheiden: „Die Kommission wird nicht zögern, von ihren Befugnissen gemäß den Verträgen Gebrauch zu machen, um die einheitliche Anwendung und Integrität des Unionsrechts zu gewährleisten.“

Die polnische Affäre geht demnach deutlich über den konkreten Fall hinaus. Sie wird zur Nagelprobe der Union – und wird von dieser auch als solche stilisiert. Der linke, progressive Zeitgeist Brüssels sieht im konservativen und patriotischen Trend Osteuropas nicht nur eine ideologische und politische Herausforderung, die auf dem geraden Weg zu immer enger gezurrten EU zum bedrohlichen Hindernis wird. Die konkrete Durchsetzung der EU-Suprematie stellten bereits die Verfassungsgerichte Tschechiens (2012), Italiens (2015), Dänemarks (2016) und Deutschlands (2020) in Frage – der Europäische Gerichtshof überschreite seine Kompetenzen, hieß es in den verschiedenen Fällen. Auf dem polnischen Schlachtfeld soll demnach die Zukunft des gesamten Kontinents entschieden werden. Dass es dabei nicht nur um juristische Entscheidungen geht, sondern um das Schicksal nationalstaatlicher Autonomie, hat Janša längst verstanden: Der Vorwurf mangelnder Rechtsstaatlichkeit kann beliebig erweitert werden, so es der Union dienlich ist.

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