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Eindrücke vom Maschinenraum der Neuen Herrschaft

Published On: 15. Oktober 2021 20:13

Es mag auf den ersten Blick paradox anmuten, dass die linksliberalen Propagandisten der Großen Transformation jeden Widerstand als rechts verketzern und mit allen Mitteln bekämpfen, auch wenn er dem Streben nach sozialer Gerechtigkeit entspringt. Was ist in diesem Zusammenhang also rechts und was links?

Im Prozess der Machtergreifung der Neuen Herrschaft, eines sich im Mitte-Links-Bereich drängelnden Bündnisses aus Linken, SPD, Grünen und CDU, verliert politisch das Rechts-Links-Schema an Bedeutung. Deutlich wird das an einer dramatischen Veränderung. Während bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und noch darüber hinaus ungeachtet der moralischen Aufladung in den politischen Kampagnen Rechts und Links funktionale Kategorien waren, die disparate Standpunkte, unterschiedliche soziale Interessenvertretungen und auch verschiedene politische Philosophien ausdrückten, vermögen die Linken und Linksliberalen bis tief in die CDU hinein Rechts und Links nicht mehr inhaltlich zu definieren.

Die Begriffe »Links« und »Rechts« wurden ihrer Funktionalität beraubt und, um das Vakuum zu füllen, vollkommen moralisiert zum Werturteil, das sich jeglicher Rationalität entzieht. Beschleunigt wurde die Begriffsentleerung objektiv dadurch, dass sich in der Gesellschaft längst durch die Prozesse der Globalisierung und der Finanzialisierung andere Konfliktlinien herausgebildet hatten, eine andere »Klassenfrage« sich ergab, nämlich die zwischen Kommunitaristen, die im Mittelpunkt ihres Denkens ihre Heimat, ihre Tradition, familiäre und berufsethische Werte stellen, die ihre soziale Verantwortung in ihren Kommunen, in ihrer Lebensumwelt wahrnehmen, die dauerhafte und lokal basierte menschliche Beziehungen eingehen, und Globalisten. Hierin zeigt sich der eigentliche politische Konflikt unserer Zeit.

Erläuterungen zum politischen Wunschdenken

Links ist nun, was Michael Seemanns im TAGESSPIEGEL im Selbstbildnis der »neuen Mittelklasse« zeigt, alles von der Antifa bis zur CDU, alles, was globalistisch denkt. Der Skandal ist, dass den Wurzellosen, den Kulturlosen, den Globalisten nicht einmal bewusst ist, dass, ginge Seemanns geforderter Konsens weiter, die Gesellschaft in den Totalitarismus stürzte. Diese neue Klasse, von der Seemann spricht, bereitet sich erhabene Gefühle, um sich darüber hinwegzutäuschen, dass sie abhängig, vereinzelt, schutzlos der neuen Herrschaft ausgeliefert ist, der sie in der Art nützlicher Idioten die Geschäfte betreibt.

Wenn meine Annahme stimmt, dass wir uns in einem Paradigmenwechsel befinden, die grundsätzliche Veränderung in Rechnung stellt, besitzt nur die Unterscheidung zwischen den Verlierern und den Gewinnern der Großen Transformation einen heuristischen Wert, denn wer zu den Gewinnern und zu den Verlierern zählen wird, hängt davon ab, wie sich der Paradigmenwechsel vollzieht.

Auf der Suche nach einer Antwort, wer die Gewinner und die Verlierer der Großen Transformation sind, hilft uns eine Beschreibung weiter, die von Nancy Fraser am Beispiel der USA getroffen wurde: »Die US-amerikanische Form des progressiven Neoliberalismus beruht auf dem Bündnis ›neuer sozialer Bewegungen‹ (Feminismus, Antirassismus, LGBTQ) mit Vertretern hoch technisierter, ›symbolischer‹ und dienstleistungsbasierter Wirtschaftssektoren (Wall Street, Silicon Valley, Medien- und Kulturindustrie etc.). In dieser Allianz verbinden sich echte progressive Kräfte mit einer ›wissensbasierten Wirtschaft‹ und insbesondere dem Finanzwesen.« Über Barack Obama urteilt Fraser: »Die Politik Clintons, von seinen Nachfolgern einschließlich Barack Obama fortgeführt, bewirkte eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse aller Arbeitnehmer, besonders aber der Beschäftigten in der industriellen Produktion.« Auch wenn die Medienschaffenden der Neuen Herrschaft Barack Obama bereits zu einem Messias verklärten, war die Politik des neuen Messias katastrophal, er tat nichts für die, wie es die National Review ausdrückte, die es verdienen zu sterben, die kulturell gentrifiziert werden.

Wenn Seemann als Werte der neuen Mittelklasse ökologische, antirassistische, antisexistische, politisch korrekte Standards benennt, so bestätigt das nur die Beschreibung der Werte der neuen Mittelklasse, die sich bei Nancy Fraser so liest: »Sie setzen Emanzipation mit dem gesellschaftlichen Aufstieg der ›Begabten‹ unter den Frauen, Minderheiten und Homosexuellen gleich und wollen die The-winner-takes-it-all-Hierarchie nicht mehr abschaffen.« Für die Mehrheit der Bevölkerung bleibt demnach nichts übrig?

In einem Interview, das der Verleger des linken Promedia Verlages, Hannes Hofbauer, dem RBB Inforadio gab, prognostizierte er, dass die Verlierer der neuen Weltordnung die Autoindustrie, der Mittelstand, die unternehmergeführten Betriebe im Gegensatz zu den Aktiengesellschaften sein werden. Wenn man in Deutschland Autoindustrie sagt, spricht man vom Motor der deutschen Wirtschaft, redet man gleichzeitig über sehr viele Zulieferer und Lieferketten.

Hofbauer nennt die neue Ära kybernetisches Zeitalter, in dem es nicht mehr um die Effizienz der Arbeit, sondern um die Selbstoptimierung der eigenen Persönlichkeit gehe. Er gesteht ein, dass es in jedem Wechsel der Kapitalzyklen Verlierer gäbe. Wenn die deutsche Bundesregierung der Autobranche keine Förderung beispielsweise in Form einer Abwrackprämie zukommen lassen wolle, vermutet er, dann habe sie sich gegen die Autobranche entschieden, weil sie die Autobranche nicht für zukunftsfähig halte und deshalb dort kein Budget verschwenden wolle.

In den Traumstädten der Linksliberalen besitzen sie in der Tat keine Zukunft mehr. Doch Hofbauer begeht einen interessanten Fehler, er geht von Kapitalzyklen aus, so als habe er es mit einem Perpetuum mobile im luftleeren Raum zu tun, nur ist es entscheidend, auf welchen wie gearteten Märkten Kapitalzyklen vollzogen werden. Völlig unerwähnt bleibt, welche Produktionsweise die neue Weltordnung, über die er spricht, haben wird. Werden wir sie uns als Staatskapitalismus vorstellen müssen? Unbeabsichtigt gibt er aber einen Hinweis, bei dem ich nicht zu entscheiden vermag, ob ihm selbst bewusst ist, was er damit beschrieb. Interessanterweise konstatiert Hannes Hofbauer nämlich wie selbstverständlich, dass eine so große Veränderung in der Gesellschaft, eine Große Transformation nur mittels autoritärer Maßnahmen gelänge, die der Schulterschluss von Politik und Kapital ermöglichen würde. Die Große Transformation oder die neue Weltordnung ließe sich also nicht demokratisch herstellen.

Hier ist die Katze aus dem Sack, denn die Katze heißt Staatskapitalismus, ein Mittel könne schließlich auch eine umfangreiche Verstaatlichung darstellen. Was sollen wir uns auch sonst unter einem Schulterschluss von Politik und Kapital vorstellen, der Schulterschluss übrigens, den ich Neue Herrschaft nenne und den Sie in der Realität bereits besichtigen können. Aber die Katze führt zwei Namen, der andere lautet Diktatur. Hofbauer gesteht es auch ohne Zögern ein, dass der autoritäre Zugang notwendig sei, um den Umbruch, die Große Transformation zu vollziehen.

Geht also die neue Herrschaft davon aus, dass die Verlierer zum Verlieren gezwungen werden müssen? Das würde meine These bestätigen, dass die Große Transformation eine revolutionäre Situation herbeiführen wird.

Diktatur beginnt mit Gewöhnung

Unternehmen wir zum besseren Verständnis einen kurzen Perspektivwechsel. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty zeigte, dass die Wachstumsrate großer Vermögen mindestens zweimal höher als die des Durchschnittseinkommens und -vermögens sei. »Sollte sich eine solche Entwicklung unbegrenzt fortsetzen, könnten diese sehr kleinen Gruppen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts einen sehr erheblichen Anteil am Weltvermögen besitzen.« Auf den ersten Blick paradox mutet es an, dass die Vorstellungen der linken Utopiewerker, der linksliberalen Propagandisten der Großen Transformation und der Ultraliberalen des Great Reset diese Entwicklung nicht nur zu beschleunigen versuchen, sondern auch jeden Widerstand dagegen, auch wenn er dem Streben nach sozialer Gerechtigkeit entspringt, als rechts verketzern und mit allen Mitteln bekämpfen. Was ist in diesem Zusammenhang also rechts und was links? Von den Arbeitnehmern haben sich die Linken und Linksliberalen, wie ich gezeigt habe, verabschiedet.

Die Ideologie der offenen Grenzen, des Freihandels und des Globalismus, die ein und dasselbe sind, ermöglichen großen Vermögen, sich aus der sozialen Verantwortung zu stehlen, in ihren Herkunftsstaaten Steuern zu vermeiden und sich vom Gemeinwesen zu entkoppeln und ihr Vermögen vollständig dem Staat zu entziehen. Womöglich streichen sie Agglomerationsgewinne ein, die von der Mittelschicht, ob alt oder neu, ermöglicht wurden.

Gehobene und mittlere Vermögen werden durch eine Vielzahl an Abgaben, zuletzt durch die Besteuerung der Atemluft (CO2-Bepreisung) in Deutschland gezwungen, die Lücke zu füllen, die von den großen Vermögen hinterlassen wird. Durch die Alterung der Gesellschaft, stärker aber noch in Deutschland durch die Masseneinwanderung in die Sozialsysteme wird man durch einen Mix aus Geldherstellung, Schuldenaufnahme und die Erhöhung der Staatsquote versuchen, den Kollaps der Sozialsysteme zu verhindern. Allerdings durch die praktische De-Industrialisierungspolitik der Regierung, durch eine desaströse Energiepolitik, durch die politische Hinrichtung des Diesels und falsche Weichenstellungen zur E-Mobilität. Durch die gigantische grüne Blase, die von der Bundesregierung und der EU-Administration, sehr zur Freude der Finanzindustrie, aufgeblasen wird, werden immer weniger Bürger in die Sozialsysteme einzahlen, auf die immer mehr Menschen angewiesen sein werden.

Thomas Piketty rechnet vor, dass bei einem Jahreszuwachs des Vermögens des obersten Tausendstels von sechs Prozent, während im gleichen Zeitraum die Durchschnittsvermögen nur um zwei Prozent steigen, das oberste Tausendstel nach dreißig Jahren seinen Anteil am globalen Kapital mehr als verdreifacht haben würde, sodass es mehr als sechzig Prozent des Weltvermögens besäße. »Im Rahmen der gegenwärtigen politischen Einrichtungen ist das nur schwer vorstellbar, es sei denn, man ginge von einem besonders wirkungsvollen Unterdrückungs- und Überzeugungsapparat aus – oder von beiden.«

Die Krise hält sich nicht an Regeln

Was sich Piketty nicht vorzustellen vermag, nannte Hofbauer den Schulterschluss von Politik und Kapital. Dieses autoritäre Mittel zur Durchsetzung der neuen Weltordnung, in der zwei Prozent der Menschheit sechzig Prozent des Weltvermögens besäßen, könnte – und das ist die nun wirklich irre Pointe – nur zustande kommen, weil Linke und Linksliberale an diesem Projekt eifrig mitwirken, ohne allerdings die Konsequenz zu begreifen – so wirklichkeitsblind haben sie sich in ihren Träumen vom Systemumbau verloren.

Die mittelstandsfeindliche Wirtschaftspolitik Deutschlands, die sich von der wachsenden Staatsquote bis hin zur wachsenden Bürokratie zeigt, die Vernachlässigung der Infrastruktur, der Bildung und der inneren Sicherheit, die immer mehr zulasten der Bürger geht, die arbeiten und Steuern zahlen, eine deutschen Interessen entgegenstehende Einwanderungs- und Energiepolitik – all das lässt sich nur mithilfe eines »Überzeugungsapparats« durchsetzen, als den sich ein Großteil der deutschen Medien – und auch Verlage – inzwischen selbst sieht.

Es lässt tief blicken, wenn der Grünen-Chef Robert Habeck, der Ambitionen auf das Finanzministerium hat, um sich von seinen Beamten die Pendlerpauschale und die Aufgaben der Bafin erklären zu lassen, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk äußert, dass er auch in »Räume der gesellschaftlichen Gemeinsamkeit, Schulen, Freibäder, Schwimmbäder, Spielplätze, Bibliotheken, öffentlichen Personennahverkehr, you name it«, investieren will, weil sie »aufrechterhalten« werden müssen. Können Sie mir erklären, wofür ich Steuern entrichte, wenn nicht dazu, um solche »Räume der gesellschaftlichen Gemeinsamkeit …« aufrechtzuerhalten? Ich dachte bisher, dass ich unter anderem dafür zahle. Habecks Einlassung kann doch nur heißen, sofern er weiß, worüber er spricht, dass der Staat zu wenig Geld dafür ausgibt, weil er Steuergelder dort verpulvert, wo es im Sinne der Ideologie, der politischen Romantik, nicht aber im Interesse der Bürger liegt?

Auszug aus: Klaus-Rüdiger Mai, Die Zukunft gestalten wir! Wie wir den lähmenden Zeitgeist endlich überwinden. LMV, 232 Seiten, 20,00 €


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