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Hat COVID-19 auch den Keuchhusten verdrängt?

Published On: 26. November 2021 6:20

Mit dem Ausbruch der Corona-Krise fiel die Inzidenz von Keuchhusten stark ab. Die Analysen zeigen allerdings keinen offensichtlichen Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen, den Corona-Wellen oder der Corona-Impfung. Der Rückgang betraf alle Altersklassen.

Von Gaustautor Dr. Hans-Joachim Kremer

In den letzten Jahren wurde die Diagnose Keuchhusten fast immer labordiagnostisch untermauert. Eine Verschiebung bei der Diagnose-Art ist ausgeschlossen.

Wahrscheinlich fiel des Öfteren der eventuelle Verdacht Keuchhusten einem positiven Tests auf SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 zum Opfer, d.h. es dürfte allzu oft die Diagnose COVID-19 bevorzugt und Tests auf Keuchhusten gar nicht erst durchgeführt worden sein; schon allein deshalb, weil Corona-Tests praktisch obligatorisch waren.

Vermutlich lässt sich der Rückgang bei der Influenza analog deuten. Weitere Untersuchungen dazu werden vorgeschlagen.

Einleitung und Kerndaten

Ist dürfte inzwischen allgemein bekannt sein, dass seit März 2020 die Grippe bzw. Influenza weltweit so gut wie verschwunden ist. Z.B. tkp.at berichtete mehrfach dazu wie am 17. Oktober 2020, am 11. Februar 2021 und am 25. September 2021.

Dass auch die Inzidenz von Keuchhusten bzw. Pertussis zurückging, dürfte dagegen den Wenigsten bekannt sein. Dabei war der Rückgang beim Keuchhusten ebenfalls eindeutig, und zwar genau seit Verhängung des ersten Lockdowns (Abb. 1)

  1. Verlauf der Fälle von Keuchhusten (nach IFSG) pro Woche in Deutschland

    Die senkrechte rote Linie zeigt die Verhängung von allgemeinen Kontaktbeschränkungen, den 22. März 2020 an. Die grünen gestrichelten jeweils die Jahreswechsel. Die kleinen schwarzen Dreiecke am unteren Rand zeigen die Zeitpunkte der ersten bestätigten Corona-Fälle in Deutschland an, kumuliert die ersten 10, 1000, 10.000 und 100.000. Keuchhusten- und COVID-19 Daten bis zur Kalenderwoche 46, gezogen am 24.11.2021, Quelle [1].

Die Inzidenz von Keuchhusten fiel vielleicht nicht ganz so radikal wie die der Influenza (dort mindestens um 99%, wenn nicht mindestens 99,9%), auch erreichte sie niemals die Null. Dennoch handelte es sich um einen sehr bemerkenswerten und anhaltenden Rückgang. Die Zahlen zeigen ferner, dass die Inzidenz von Keuchhusten im Vergleich zu den bestätigten Corona-Fälle auch in „normalen“ Jahren gering war; bitte beachten, dass die Skala für Corona um den Faktor 300 größer ist.

Diese Verläufe belegen eindeutig:

  1. Der Abfall der Keuchhusten-Inzidenz begann mit der Verhängung der ersten Kontaktbeschränkungen in Deutschland; d.h. konkret 2020 nach der Kalenderwoche (KW) 12 und erreichte ein neues niedriges Niveau nach der KW 20.
  2. Der Verlauf der Keuchhusten-Inzidenz seit der KW 21 2020 zeigte keinerlei Korrelation zum Verlauf der bestätigten Corona-Fälle.
  3. Damit sind auch Korrelationen des Keuchhusten-Verlaufs zu nicht-pharmazeutischen Maßnahmen sehr unwahrscheinlich, und selbst wenn existent, dann im Vergleich zum Initialeffekt ab KW 12 vernachlässigbar.

Da das Jahr 2019 den Vorjahren sehr ähnelt, wird im Folgenden auf die Darstellung der Vorjahre verzichtet.

Allgemeines

Der Keuchhusten oder die Pertussis ist eine Infektionskrankheit, die im Gegensatz zu Influenza und COVID-19 bakteriellen Ursprungs ist. Als Erreger gilt vor allem Bordetella (B.) pertussis, seltener B. parpertussis und wohl noch seltener B. holmensii [2].

Keuchhusten zeigt sich typischerweise als starker Husten, auch als „Stickhusten“ bezeichnet. Die Krankheit durchläuft klassischerweise drei Stadien: Stadium catarrhale, Stadium convulsivum und Stadium decrementi. Im Neugeborenen- und Säuglingsalter kommen jedoch genauso wie bei Jugendlichen und Erwachsenen auch untypische Verläufe vor [3]. Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 14 Tagen kommt es zu einer grippeähnlichen Symptomatik mit leichtem Fieber, Schnupfen und trockenem Reizhusten. Diese dauert etwa ein bis zwei Wochen. In diesem Stadium ist die Ansteckungsgefahr am größten [3]. Anhand der „Klinik“, also dem Zusammenspiel von Symptomatik und ärztlich erkennbaren Anzeichen, dürfte der Keuchhusten kaum von COVID-19 zu unterscheiden sein. Wobei ein wesentliches Problem bleibt, dass es bis heute keine anerkannte klinische Definition von COVID-19 gibt und man sich, wenigstens in Deutschland, fast immer auf den PCR-Test auf SARS-CoV-2 verlässt.

Keuchhusten zählt schon lange zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Seit 2013 ist diese Meldepflicht vom Infektionsschutzgesetz (IFSG) bundesweit vereinheitlicht und wird vom Robert-Koch-Institut (RKI) überwacht bzw. erfasst. Seit etwa 2015 erscheinen die dem RKI gemeldeten Inzidenzen mit den Folgejahren vergleichbar zu sein (siehe Abb. 1). Aber eben nicht mehr seit der KW 13 2020.

Klassifizierung

Die in Deutschland gültigen Definitionen erlauben 5 Klassen für Keuchhusten [4]:

  1. Klinisch diagnostizierte Erkrankung

    Klinisches Bild eines Keuchhustens ohne labordiagnostischen Nachweis und ohne epidemiologische Bestätigung.
  2. Klinisch-epidemiologisch bestätigte Erkrankung

    Klinisches Bild eines Keuchhustens ohne labordiagnostischen Nachweis aber mit epidemiologischer Bestätigung.
  3. Klinisch-labordiagnostisch bestätigte Erkrankung

    Klinisches Bild eines Keuchhustens und labordiagnostischer Nachweis.
  4. Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei nicht erfülltem klinischen Bild

    Labordiagnostischer Nachweis bei bekanntem klinischem Bild, das die Kriterien für einen Keuchhusten nicht erfüllt.
  5. Labordiagnostisch nachgewiesene Infektion bei unbekanntem klinischen Bild

    Labordiagnostischer Nachweis bei fehlenden Angaben zum klinischen Bild (nicht ermittelbar oder nicht erhoben).

Seit 2014 kommt die Klasse A allerdings nicht mehr vor. Im Verlauf seit 2019 erkennt man, dass ab den ersten Lockdown-Maßnahmen alle Meldeklassen zurückgingen (Abb. 2). Die Meldeklasse „klinisch-epidemiologisch“ verschwindet fast gänzlich. Die Klasse „Klinisch-labordiagnostisch“ zeigt absolut und relativ den stärksten Abfall. Die seit KW 13 2020 verbleibenden Fälle gehen fast ausnahmslos auf irgendwie labordiagnostisch bestätigte Fälle zurück.

  1. Verlauf der Keuchhustenfälle nach Klassifikation

    Die senkrechte rote Linie zeigt die Verhängung von allgemeinen Kontaktbeschränkungen, den 22. März 2020 an. Die grünen gestrichelten jeweils den Jahreswechsel. Keuchhusten-Daten bis zur Kalenderwoche 45, gezogen am 17.11.2021, Quelle [1].

Altersverteilung

Landläufig gilt der Keuchhusten als typische Kinderkrankheit. Dies dürfte eine Fehleinschätzung sein, wie die Abb. 3 und dort vor allem die Daten für 2019 belegen. Zwischen 0 und 16 Jahre lag die Inzidenz mit 20 bis 40 pro 100.000 tatsächlich höher als bei allen Älteren. Danach fiel die Inzidenz auf 5 bis 12 pro 100.000, verschwand aber nie ganz. Insgesamt machten die Personen über 17 Jahre rund 60% aller Fälle des Jahres 2019 aus. In Jahr 2019 waren 45% der Betroffenen männlich, 54,6% weiblich und bei 0,3% (aller Altersklassen) wurde kein Geschlecht dokumentiert. Zwischen 2019 und 2021 wurde kein Fall von „divers“ dokumentiert (keine Abbildung dazu).

  1. Altersverteilung von Keuchhusten in 2019 bis 2021 in Deutschland

    2021 bis KW 46, Altersklassen in einzelnen Lebensjahren; die Klasse >80 wurde zusammengefasst als „85“ dargestellt. Inzidenzen wie vom RKI angegeben, also pro 100.000 Personen in der jeweiligen Kohorte. Bitte beachten, dass für 2021 noch Daten zu den letzen 7 Wochen des Jahres fehlen. Gezogen am 18.11.2021, Quelle [1]

An Abb. 3 kann man ferner erkennen, dass die enorme Abnahme über alle Altersklassen erfolgte, nur offenbar minimal stärker bei den Altersklassen von etwa 7 bis 20 Jahren. Das Jahr 2020 stellt eine mittlere Position dar, was rein mathematisch daran liegt, dass die meisten Fälle noch vor Beginn der Corona-Krise gemeldet wurden.

Um die Verhältnisse besser darstellen zu können, habe ich Jahrgänge zu gröberen Alterskohorten zusammengefasst und das Jahr 2020 in drei Zeiträume aufgeteilt: 2020: 1-12, d.h. vor der Corona-Epidemie in Deutschland, 2020:13-20, d.h. während der Übergangsphase, 2020:21-53, d.h. die Epidemie im Dauerzustand (Abb. 4).

  1. Grobe absolute Altersverteilung von Keuchhusten 2019 bis 2021 in Deutschland

    2021 bis KW 45, zusätzlich wurden für 2020 die Werte in den wesentlichen Phasen dargestellt. Gezogen 17. bis 22.11.2021, Quelle [1] ≥≤

Bei Betrachtung dieser Zeiträume ist natürlich zu beachten, dass die Zeitdauern sich stark unterschieden. Daher im Folgenden auch die Zählung pro Woche (Tabelle 1). Man kann gut erkennen, dass in 2020 die meisten Fälle in den ersten 12 Wochen auftraten und dass der längste Zeitraum, also KW 21-53, keineswegs die höchsten Fallzahlen hatte. Die zweite Jahreshälfte 2020 und das bisherige Jahr 2021 liegen auf einem ähnlichen Niveau. Vergleicht man 2021 mit 2019 so betrug der Rückgang an Fällen von Keuchhusten mehr als 88%, vergleicht man nur innerhalb von 2020 betrug der Rückgang rund 86%.

Die Daten der Abb. 4 sind im Folgenden zur besseren Klarheit in Prozent dargestellt (Abb. 5). Bis einschließlich der Übergangsphase (KW 13-20) zeigt sich noch keine deutliche Änderung in der Verteilung der Altersklassen, wohl aber ab der KW 21 und dann in 2021. Die deutlichsten relativen Abnahmen gab es in den Altersklassen 7-12 (Schulkinder) und 13-19 (Jugendliche), daneben auch der Klasse der 20-59jährigen. Umgekehrt stieg der Anteil der älteren Altersklassen, insbesondere der 60-69jährigen. Bei diesen Verschiebungen sind die geringen Fallzahlen zu beachten.

  1. Grobe relative Altersverteilung von Keuchhusten 2019 bis 2021 in Deutschland

    Die Datenbasis entspricht exakt der von Abb. 4.

Betrachtet man beide Darstellungen der Alterskohorten, dann ergibt sich:

  1. In absoluten Zahlen fielen seit Beginn der Pandemie die Fallzahlen von Keuchhusten in allen Altersklassen eindeutig.
  2. Es gab offenbar keinen Zusammenhang zur Maskenpflicht, die weitgehend ab dem 15 April 2020 (in KW 16) galt. Denn vor allem die Vorschulkinder (nie Maskenpflicht), aber auch die Schulkinder (für die erst viel später eine Maskenpflicht ausgesprochen wurde, zudem unregelmäßig) zeigten ähnlich starke absolute Rückgänge.
  3. Die Rückgänge bei den Schulkindern und Jugendlichen waren in relativen Zahlen besonders deutlich.
  4. Im weiteren Verlauf, jedenfalls sichtbar in 2021, kam es zu weiteren Verschiebungen zwischen den Altersklassen und insbesondere zu einer relativen (aber nicht absoluten!) Zunahme bei den 60-69jährigen.

Diskussion

Durch die Corona-Epidemie fielen die Fälle von Keuchhusten in Deutschland um fast 90%; dies ist zweifellos ein markanter Abfall, wenn auch nicht so markant wie bei Influenza, wo der Abfall mindestens 99% wenn nicht gar 99.9% betrug. Es gibt bislang keine Anzeichen dafür, dass die Keuchhusteninzidenz zu seinem früheren Niveau zurückkehren würde. Die Verläufe sind offensichtlich nicht erklärbar durch nicht-pharmazeutische Maßnahmen; ebenso wenig durch die Corona-Wellen.

PubMed lieferte keine sinnvollen Ergebnisse zur Abfrage „pertussis“ AND „COVID-19“. Per Google Scholar fand ich nur eine noch nicht traditionell publizierte französische Arbeit [5]. Die Autoren fanden einen etwas weniger stark ausgeprägten Abfall von Keuchhustenfällen als der hier für Deutschland gezeigte. Die Autoren vermuteten einen Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen. Allerdings ohne eingehendere Statistiken und zudem mit widersprüchlichen Aussagen dazu im Textteil.

Jene Arbeit [5] zitierte ähnliche Befunde aus Australien, Südkorea und Italien mit Rückgängen bei Keuchhusten um 28% bis 87%. Beim Rückgang von Keuchhusten scheint es sich also um ein globales Phänomen zu handeln. Auf jeden Fall setzte der Rückgang mit Beginn der Corona-Krise ein.

Andere Erkrankungen wie z.B. Rhinosynzithialviren (RSV) zeigten in der RKI-Datenbank keine derartigen Abnahmen wie Influenza oder Keuchhusten.

Die Symptomatik von Keuchhusten wie auch der Grippe (Influenza) ähnelt im Prinzip der von Corona bzw. COVID-19, nämlich Grippe-ähnliche Symptome, Schnupfen, Fieber und anfangs trockener Reizhusten – wobei anzumerken wären, dass einem Husten mit Auswurf eigentlich immer ein trockener Reizhusten vorausgeht. Bisweilen mag beim Keuchhusten ein besonders typischer „bellender“ Husten auftreten. Aber anscheinend trauen sich nur noch die wenigsten Ärzte, wie oben mit Abb. 2 belegt, eine rein klinische Diagnosestellung zu. Jedenfalls erscheinen seit 2013 in den RKI-Daten keine Fälle mehr von rein klinisch diagnostizierten Fällen. Selbst die Rate der nur „klinisch-epidemiologisch“ diagnostizierten Fälle lag im Jahr 2019 bei nur noch etwa 2%, d.h. dass 98% Fälle einen positiven Laborbefund aufwiesen. Diese Quote bestand ungefähr auch im Verlauf der Corona-Krise.

Dies mag zwei Ursachen haben: A. Vielleicht handelt es sich bei der Darstellung des „typischen Keuchhustens“ um eine Selbsttäuschung der Ärzte. B. Das Einfordern und Vertrauen auf einen Laborbericht mag dem Trend geschuldet sein, einen schriftlichen „Nachweis“ in die Hand zu bekommen. Viele Ärzte dürften dann geneigt sein, den Laborergebnissen mehr oder weniger zu vertrauen. Gibt es da nicht Parallelen zum PCR-Test auf SARS-CoV-2?

Wenn aber fast alle gemeldeten Fälle von Keuchhusten einen positiven Labornachweis hatten: Wieso gingen die mit der Pandemie zurück?

Wenn ein Arzt einen Patienten mit Husten vor sich hat, sollte er allerlei diagnostische Untersuchungen ausführen. Es bleiben dann verschiedene Verdachtsdiagnosen übrig. Heutzutage ist es eben üblich, dann einen Labortest zu beauftragen. Solche Laboraufträge können mehrfache Untersuchungen beinhalten, aber auch nur auf einen einzigen Verdacht hin gemacht werden. Ein Problem bei der Unterscheidung zwischen Corona und Influenza war ja, dass wohl nicht beide Nachweise aus einem Ansatz heraus geführt werden konnten. Erst im Spätherbst 2020 wurde der erste Multiplextest, d.h. ein Test, der zugleich Corona und Influenza nachweisen kann, zugelassen. Ab 2022 werden in den USA übrigens nur noch solche Multiplextests zugelassen sein.

Naheliegend dürfte seit Ausbruch der Corona-Krise für die meisten Ärzte der Anfangsverdacht COVID-19 gewesen sein; vielleicht manchmal daneben auch Keuchhusten. Dabei sollte bedacht werden, dass Keuchhusten auch schon vorher eine recht selten Diagnose war (siehe Abb. 1). Dem Verdacht auf COVID-19 konnte anfangs nur mit einem PCR-Test auf SARS-CoV-2 nachgegangen werden, später auch mit Schnelltests auf immunologischer Basis.

Wichtig: Vielen Patienten dürfte schon beim Betreten der Arztpraxis ein Abstrich genommen worden sein, der dann lediglich auf SARS-CoV-2 hin untersucht wurde. Fiel der positiv aus, dürfte die Diagnose oft nicht mehr weit gewesen sein. Alleine schon durch diese Mechanismen dürfte die Diagnose Keuchhusten oft nicht überprüft worden sein.

Nun besteht hier zweifellos eine black box: Haben die Ärzte neben dem praktisch obligatorischen SARS-CoV-2 Test zusätzlich auch einen auf Keuchhusten angefordert? Oder vielleicht sequentiell: Erst COVID-19, dann bzw. nur dann, falls negativ, einen auf Keuchhusten? Falls auf beide Erreger: Haben die Ärzte vielleicht bei Vorliegen von positiven Ergebnissen auf beide Erreger eine Diagnose, hier also COVID-19, bevorzugt?

Ich denke, dass dies die wesentlichen und vermutlich auch hinreichenden Hintergründe für den Rückgang des Keuchhustens gewesen sind. Also vor allem der praktisch obligatorische COVID-19-Test.

Allerdings gäbe es auch noch andere Möglichkeiten der Erklärung. Es ist denkbar, dass der Keuchhusten-Erreger den SARS-CoV-Test positiv ausfallen ließ. Jedenfalls wurde bei den entsprechenden Ringversuchen im April 2020 kein solcher Test auf Kreuzreaktivität gemacht [6].

Eine weitere Möglichkeit wäre, dass in früheren Zeiten Keuchhusten (vermutet) mit einer Corona-Infektion (in Wahrheit) verwechselt wurde. Die umgekehrte Variante, dass in den letzten zwei Jahren eine vermutete Corona-Infektion mit einer tatsächlichen Keuchhusten-Infektion verwechselt wurde, habe ich oben ausführlich diskutiert. Eine Verwechslung in früheren Zeiten erscheint aber eher unwahrscheinlich, dann es gab doch einige Evidenz aus der Labordiagnostik. Aber selbstverständlich möglich.

Ich sehe momentan keine Daten, die zur Aufklärung dieser Fragen beitragen könnten. Nötig wäre meines Erachtens:

  • Überprüfung, ob bzw. wie oft Labore neben Keuchhusten auch auf SARS-CoV-2 getestet haben und mit welchem Ergebnis. Die RKI-Datenbank erlaubt leider keine Abfrage nach „Keuchhusten“ UND (gleichzeitig) „COVID-19“, vielmehr werden beide nebeneinander gezählt.
  • Eine Überprüfung, ob die PCR-Tests wie auch die immunologischen (Schnell-)Tests auf SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 eine Kreuzreaktivität auf Keuchhusten (und erst recht auf Influenza) aufweisen.

Alles in allem scheint mir die folgende Deutung die plausibelste: Die allermeisten Patienten wurden einem praktisch obligatorischem Test auf SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 unterworfen. Patienten mit Symptomen, die sowohl für Keuchhusten als auch für Grippe oder COVID-19 sprachen, wurden zwar labordiagnostisch untersucht, aber vermutlich nicht immer auch auf Keuchhusten. So oder so fiel daher vermutlich des Öfteren der Verdacht Keuchhusten einem positiven Tests auf SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 zum Opfer.

Vermutlich sind diese Zusammenhänge auch die naheliegendsten Erklärungen für den Rückgang bei der Grippe (Influenza).

Referenzen

  1. Datenbankabfrage beim RKI, Referenzdefinition: ja, Krankheit: Keuchhusten, Meldejahr 2015 bis 2021, Meldewochen, https://survstat.rki.de/

  2. RKI. Keuchhusten, RKI-Ratgeber. Gezogen 11. November 2021.

  3. Wikipedia, deutsch: Keuchhusten. Gezogen 18. November 2021.
  4. Falldefinitionen für die Gesundheitsbehörden der Länder, in denen zusätzlich zum IfSG eine Meldepflicht für weitere Krankheiten besteht, Ausgabe 2009. laenderverordnungen_falldefs.pdf
  5. Matczak S, Levy C, Fortas C et al. Association between the COVID-19 pandemic and pertussis in France using multiple nationwide data sources. https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.16.21260367v1

  6. Zeichhardt H, Kammel M. Kommentar zum Extra Ringversuch Gruppe 340 Virusgenom-Nachweis SARS-CoV-2. Herausgegeben von INSTAND. 2. Mai 2020.

    340 DE SARS-CoV-2 Genom April 2020 20200502j-Ringversuch.pdf (Diese und ähnliche Dateien sind nur noch schwer im Internet zu finden).

Bild von Luisella Planeta Leoni auf Pixabay

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Dr. Hans-Joachim Kremer verfügt über mit jahrzehntelanger Erfahrung in der klinischen Forschung und ist als freiberuflicher Medical Writer tätig.



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