zeitpunkt:-zwischen-skylla-und-charybdis-–-der-intrapsychische-konflikt-der-geimpften-menschenZeitpunkt: Zwischen Skylla und Charybdis – der intrapsychische Konflikt der geimpften Menschen
transition-tv-news-vom-1.-dezember-2021Transition-TV News vom 1. Dezember 2021
hat-die-nein-kampagne-zum-covid-19-gesetz-das-gegenteil-bewirkt?

Hat die Nein-Kampagne zum Covid-19-Gesetz das Gegenteil bewirkt?

Published On: 2. Dezember 2021 17:00

Veröffentlicht am 2. Dezember 2021 von SM.

Unser Artikel «Covid-19-Gesetz: Die Mobilisierung wirkte vor allem auf die Ja-Sager» hat viele Leserinnen und Leser zu einer Reflexion des Ergebnisses bewogen. Im Folgenden möchten wir einen kurzen Überblick über die zum Teil sehr differenzierten Analysen unserer Leserschaft abgeben und ein Fazit daraus ableiten.

Zunächst einmal fällt auf, dass sowohl die Akteure der Nein-Kampagne als auch die Leserinnen und Leser äusserst selbstkritisch sind und mehrheitlich davon ausgehen, dass die Fehler zumindest teilweise auf der eigenen Seite zu suchen sind, sprich: In der Nein-Kampagne selbst.

«Ich persönlich fand die Nein-Kampagne zu aggressiv», meint ein Leser und trifft damit den Kernpunkt der (Selbst-)Kritik: Druck erzeugt Gegendruck und so könnte es sein, dass die grosse Präsenz und die teils auch bei Leuten aus dem Nein-Lager als aggressiv wahrgenommene Bildsprache der Kampagne das Gegenteil von dem bewirkt hat, was sie sollte und wollte.

Dass diese gewissermassen paradoxe Wirkung jedoch verwoben ist mit der nur scheinbar inexistenten Kampagne der Gegenseite, darauf weist der Leser Carlos Schenkel hin, wenn er schreibt:

«Ich frage mich, ob klarer hätte darauf hingewiesen werden sollen, dass auf dem Stimmzettel der Bundesrat einen falschen, irreführenden Text vor das JA/NEIN-Feld drucken liess. Irgendwo auf nicht prominentem Platz wurde davon berichtet, aber wen hat das überhaupt erreicht (ich würde meinen, nur die Nein-Stimmenden)? Die letzte Arena hat leider schwach darauf hingewiesen.»

Wo das Ja-Lager mit mehr oder weniger eleganten manipulativen Tricks arbeitet, hat die Gegenseite also bereits das Nachsehen, weil sie brachialer vorgehen muss, um sich Gehör zu verschaffen. Dies stellt auch unser Leser Viktor Freimann fest:

«Es gab sehr wohl eine massive Ja-Kampagne, sie wurde von den Mainstreammedien getragen. Das Hauptnarrativ war ‹die Pandemie der Ungeimpften›. Dadurch erwuchs die Meinung, man müsse diesen ‹Uneinsichtigen› mit Härte begegnen.»

Wenn nun diese als ‹uneinsichtig› wahrgenommenen aufgrund ihrer Kampagne auch noch als ‹hart› erscheinen, verstärkt dies womöglich die Abwehrhaltung. Indessen wird die seit Monaten anhaltende Härte des Hauptnarrativs nicht mehr bewusst wahrgenommen, wenn man sich bereits damit identifiziert hat.

Daraus lässt sich ableiten, dass gerade die bereits «Geimpften» sich nur schwer zu einem Nein haben durchringen können, da dies eine grosse kognitive Dissonanz erzeugen würde, sprich: Man müsste sich eingestehen, selbst einen Fehler gemacht zu haben, der sich nicht wieder rückgängig machen lässt. Es ist also einfacher, den Fehler bei denjenigen zu suchen, die nach wie vor standhaft sind. Hierzu meint ein Leser:

«Weiterer Punkt, den ich täglich erlebe, ist schon auch der ‹Hass› auf die Kritiker. Wir sind schuld, dass die Pandemie nicht schon beendet ist. Und viele sind wohl selber nicht glücklich in ihrer Entscheidung, dass sie den Massnahmen und Impfungen folgen, dass sie jetzt finden, ‹wenn ich das jetzt gemacht habe, dann sollen die anderen auch, mit welchen Mitteln auch immer der BR sie dazu bewegen kann.› Sie sehen (noch) nicht ihre direkte Benachteiligung und dass wir alle im gleichen Boot sitzen.»

Das kann man, wie ein weiterer Leser es tut, als «Neid und Missgunst» interpretieren oder aber auch schlicht als eine Art Selbstschutz.

Es bleibt also festzuhalten, dass vielen offenbar das verbindende Element gefehlt hat. Unsere Leserin Ursula Gmünder drückt diese Ambivalenz ebenfalls aus und hat zugleich einen Verbesserungsvorschlag:

«Mir ist es auch so ergangen mit den Plakaten. Ich finde diese Art schwarz-weiss-roter Zeigefinger etc. nicht verbindend sondern eher abschreckend. Trotzdem habe ich eine Fahne aufgehängt, mit klopfendem Herzen. Dazu noch ein Foto am Briefkasten mit zwei jungen Frauen, die sich an den Händen halten und auf dem Rücken eine Botschaft geschrieben haben: Geimpft und ungeimpft. Das Plakat von Daniele Ganser (Brücken bauen) vermittelt ein stimmigeres Gefühl, wohin es gehen sollte.»

Das Verbindende stärken anstatt in einen immer härteren Widerstand zu gehen, könnte also der Ausweg sein. Doch wie soll das bewerkstelligt werden, wenn die Brutalität der Ausgrenzung immer grösser wird und sich viele ‹Ja-Sager› daran gar nicht stören, sondern sich, ganz im Gegenteil, auch noch aktiv daran beteiligen?

Bei aller Selbstkritik muss doch auch im Blick behalten werden, dass eine grundsätzliche Asymmetrie besteht zwischen jenen, die ausgrenzen, und jenen, die von dieser Ausgrenzung betroffen sind. Verbindend könnte jedoch allenfalls der Umstand wirken, dass man jederzeit selbst von Ausgrenzung betroffen werden könnte und damit unweigerlich ein schmerzhafter Perspektivwechsel einsetzen müsste.

zeitpunkt:-zwischen-skylla-und-charybdis-–-der-intrapsychische-konflikt-der-geimpften-menschenZeitpunkt: Zwischen Skylla und Charybdis – der intrapsychische Konflikt der geimpften Menschen
transition-tv-news-vom-1.-dezember-2021Transition-TV News vom 1. Dezember 2021