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«Wir haben überhaupt nichts gelernt»

Published On: 28. Dezember 2021 12:00

«Wir haben überhaupt nichts gelernt»

Veröffentlicht am 28. Dezember 2021 von AS.

Die Frage nach dem Rechtsstaat ist eine der fundamentalsten der ganzen Coronakrise. Es ist die Frage nach dem Verhältnis des Einzelnen zum Staat. In den Verordnungen, Gesetzen und Massnahmen lässt sich ablesen, wie der Staat den Einzelnen interpretiert und nach den Massstäben welchen Menschenbildes gehandelt wird.

Warum gibt es den Staat? Welche Befugnisse hat er? Was macht einen Rechtsstaat aus und wann droht er, in einen Unrechtsstaat zu mutieren? Seit den philosophischen Errungenschaften von Kant oder Hegel werde ein Staat von der Freiheit des Menschen herrührend gedacht und legitimiert, sagt Prof. Dr. Katrin Gierhake, Professorin für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Regensburg.

Ein Staat, der diese Voraussetzung nicht mehr anstrebe, widerspreche somit der Grundeigenschaft des Menschen und werde ihm folglich nicht gerecht. Im Gespräch mit Gunnar Kaiser redet Gierhake über Recht, das bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf, ohne dass es aufhört, Recht zu sein, das Prinzip der Verhältnismässigkeit sowie die vermeintlichen Gegenspieler Individualismus und Kollektivismus.

Man könne den Standpunkt vertreten, Freiheit entstehe durch Sozialität, durch eine egoistische und gemeinschaftliche Komponente (09:15):

«Dann kann man erklären, warum Recht bestimmte Grenzen hat, die es nicht überschreiten darf, ohne dass es aufhört, Recht zu sein. Wenn der Einzelne ausgeschlossen werden soll, dann ist es klar zu sagen, das kann keine rechtliche Regelung sein.»

Angesichts der aktuellen Lage sei dies bedrückend (10:05):

«Eigentlich hatte ich gehofft, dass wir darüber hinaus sind. Das wir das begriffen haben, dass Freiheit nur Realisation braucht und der Staat dafür da ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen.»

Die physische Natur und das damit zusammenhängende Überleben sei der eine Teil des Menschen, doch es sei ein Fehler, diesen absolut zu setzen (13:30):

«Das geistige Wesen des Menschen ist das ihn eigentlich ausmachende Bewusstsein, dass man ein selbstbestimmtes, autonomes Wesen ist. Diese beiden Komponenten zusammenzubringen und in vollem Umfang zu begreifen, ist das Problem der aktuellen Zeit.»

Hier komme die Verhältnismässigkeit ins Spiel. Dabei dürfe der Staat nur so stark in die Freiheitsrechte des Einzelnen eingreifen, wie es in einem Augenblick geeignet, erforderlich (milderes Mittel mit gleicher Wirksamkeit) und angemessen (Güterabwägung im engeren Sinn) ist (16:15):

«Das Ganze ist aber, solange es nicht vollkommen klar ist, welchem Ziel das dient, ohnehin völlig unbestimmt.»

Erstes Ziel sei gewesen, die Krankenhäuser nicht zu überlasten, dann den R-Wert zu drücken, dann «flatten the curve», inzwischen wisse man es nicht mehr. Je nach Veränderung des Ziels sei auch die Verhältnismässigkeit davon abhängig. Und über die Legitimation dieses Ziels könne das Verhältnismässigkeitsprinzip nichts aussagen.

Kant habe die Freiheit «entdeckt». Sein Freiheitsbegriff führe zu menschlicher Selbstbestimmung, die nicht ohne den Verlust der Würde abgegeben werden könne. Die Frage sei, ob der Rechtsstaat gerade aktualisiert werde, so Gierhake. Sie würde zumindest ein Fragezeichen setzen. Die Denkstruktur des Einsperrens sei da: «Wir haben überhaupt nichts gelernt.» Auf Dauer jedoch sei diese Art von Freiheit nicht kleinzukriegen, ist Gierhake überzeugt.

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