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„Es ist ein Spiel mit dem Feuer, jetzt weitere Ressourcen abzubauen“

Published On: 22. Januar 2022 16:12

Intensivpfleger Ian Hoesle hat jahrelange Erfahrung auf Infektionsstationen. Er versorgte Covid-Patienten an der Herz-Lungen-Maschine. Dennoch will er sich nicht impfen lassen. Hier erzählt er, warum.

Die Bundesregierung hört nur jenen Pflegern zu, die ihre Politik bestätigen und die immer gleiche Geschichte erzählen von der Corona-Triage und der Rettung durch die Impfung. In der neuen Serie „Pfleger erzählen“ kommen bei TE auch andere Stimmen aus der Pflege zu Wort, die über das Leid sprechen, das nicht durch Corona erzeugt wird, sondern durch die Maßnahmen dagegen und insbesondere durch die Impfpflicht für Pflegekräfte.

Teil 4: Ian Hoesle, Intensivpfleger aus Norddeutschland

Tichys Einblick: Die Impfpflicht für Pfleger ist beschlossene Sache. Die Begründung: Pfleger könnten vulnerable Patienten ansonsten mit dem Virus anstecken. Ist das aus der Praxis betrachtet zutreffend?

Ian Hoesle: Da muss ich auf mehreren Ebenen antworten: Erstmal wehre ich mich dagegen, wie viele Fachleute auch, das einfach als Impfung wie jede andere auch zu bezeichnen. Das Argument des Patientenschutzes macht nur dann Sinn, wenn ich durch eine Impfung eine sterile Immunität erreiche, das heißt: nicht mehr erkranken und auch den Erreger nicht mehr weitergeben kann. Das scheint mit dieser Art Impfung eben nicht der Fall zu sein. Insofern ist dieses Argument für mich per se schon mal unlogisch.

Ich kenne aktuell keine Übertragungen vom Pflegepersonal auf Patienten aus meinem Umfeld, nur Berichte, dass es diese gegeben haben soll. Ich hatte sogar ungeschützten Kontakt mit positiv getesteten Patienten und es hat nie eine Übertragung stattgefunden. Ich habe jahrelang auf Infektionsstationen gearbeitet, mit HIV-Patienten, Tuberkulose und Tropenkrankheiten, daher bin ich geschult im Umgang mit Infektionen.

Die Impfpflicht wäre im Prinzip ein Eingeständnis, dass wir bisher eigentlich nie effektiv unsere Patienten schützen konnten. Dabei versorgen wir seit Jahren sicher und effektiv Menschen, die mit als hoch infektiös geltenden Krankheiten infiziert sind, ohne uns anzustecken und das dann weiterzugeben. Für manche dieser Infektionen gibt es Impfungen, ja, diese sind erprobt und sind zum Eigenschutz da. Für die Versorgung gibt es ausgebildetes Personal und ausreichend Schutzmaßnahmen im Patientenkontakt.

Sie haben im vergangenen Jahr auch auf einer Covid-Intensivstation gearbeitet. Wie war Ihr Eindruck dort?

Vorangestellt: Ich kann hier nur aus meiner eigenen Erfahrung berichten und möchte hier Kollegen, die Überlastungen erfahren haben, nicht die Glaubwürdigkeit absprechen. Es gab bestimmt regionale Engpässe. Das kann ich selber aber nicht bestätigen. Auch nimmt jeder erlebte Situationen unterschidlich auf und bewertet sie auch unterschiedlich. So auch meine Kollegen, mit denen ich dort gearbeitet habe. Für die einen war es jeden Tag eine psychische und körperliche Herausforderung, für die anderen der Job.

In meiner Erfahrung war es so: Was wirklich neu ist, ist, dass wir erstmals eine einzige Infektionskrankheit auf einer Station zusammengefasst haben. Bisher sind Infektionsstationen immer für alle Infektionskrankheiten da gewesen. Auf diesen speziellen Covid-Stationen werden jetzt Patienten aus sehr großen Einzugsgebieten zusammengezogen und dann ergibt sich logischerweise ein konzentriertes Bild. Und dann hängt es sehr stark vom Arbeitgeber ab, wie viel Personal, wie viele Ressourcen er tatsächlich für diese neue Station zusammenzieht. Diese Spezialstationen erzeugen jedenfalls von sich aus schon einen erheblichen Mehraufwand. Dadurch wird das Bild immer auch ein wenig verzerrt.

Bei der Influenzawelle im Winter 2017/2018, ich erinnere mich noch, da waren viele Kliniken auch an der Belastungsgrenze. Nur waren diese Patienten aufgeteilt in zahlreichen Klinken auf den regulären Stationen unter den anderen Patienten. Und daher gab es nie diese Bilder und nie diese Konzentration, diese Patienten waren nie sichtbar, sie wurden ja auch oft gar nicht in dem Sinne diagnostiziert – man hat erst bei eindeutigen Symptomen eine Influenza-PCR und Virusanzucht durchgeführt. Daraus leitete sich dann auch ein weitaus geringeres mediales Interesse ab. Obwohl die Lage damals wirklich ernst war.

Als Pfleger mit Fachweiterbildung für Intensivpflege sind Sie eigentlich ein besonders gefragter Mitarbeiter. Dennoch sollen Sie als Nichtgeimpfter nun Ihren Job verlieren. Wie geht es für Sie jetzt weiter?

Das ist gerade mein großes Thema: Pest oder Cholera? Ich muss für meine Kinder sorgen und sehe mich da jetzt wirklich einer inneren Zerreißprobe ausgesetzt, und vielen Kollegen geht das genauso. Die Personalsituation in nahezu allen Kliniken ist alles andere als die beste, insbesondere in der Intensivpflege. In meinen Augen hat das scheinbar auch System, da wir ja in den letzten zwei Jahren weiter Krankenhausbetten verloren haben. Überall wird Zeitarbeit gebraucht bzw. eingestellt. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, jetzt weitere Ressourcen abzubauen.

Vor einigen Jahren gab es ja zumindest eine kleine Debatte über Krankenhauskeime, unter denen nicht nur das medizinische Personal massiv litt, sondern die auch Zehntausende Menschen töteten. Wie stellte sich das im Vergleich zur Situation heute dar?

Der größte Unterschied besteht in der medialen Berichterstattung. Das eine wollte man nicht hören, genau wie bei starken Influenza-Wellen auch – bei Corona ist es genau andersherum.

Die Zahlen aus den vergangenen Jahren, je nachdem welche Quellen man nimmt, belaufen sich auf 20.000 Todesfälle. Wenn man die Statistik von 2020 anschaut, sieht man, dass diese Todesursache abgenommen hat. Dafür kam die Diagnose Covid. Die multiresistenten Keime sind nach wie vor da. Hier muss man sagen: Patienten sterben ja selten an einer Diagnose. Grunderkrankungen wie Tumore oder Herz-Kreislauf verbinden sich oft mit zusätzlichen Leiden – wie zum Beispiel einer Infektion mit Corona oder eben durch multiresistente Keime.

Dann ist immer die Frage: Was hat jetzt letztendlich den Tod herbeigeführt? Natürlich hätten sie ohne Corona vielleicht länger gelebt, aber ursächlich ist es für den Tod auch nicht. Und da gibt es eben viele solcher Infektionsgeschichten, die ganz ähnlich wirken und sich in der Todesstatistik sozusagen gegenseitig verdrängen.

Die meisten Schwerkranken und Schwerstkranken sind außerdem nicht an Covid erkrankt. Sie leiden aber extrem an den undifferenziert und generell greifenden Schutzmaßnahmen: sehr wenig oder gar kein Besuch etwa. Ihnen gegenüber ist das System extrem ungerecht und feindselig. Viele sterben alleine, obwohl sie das gar nicht müssten. Nehmen wir einen Tumorpatienten, der im Endstadium ist und eine Pilzpneumonie hat. Spielt da das Covid-Risiko noch eine Rolle? In den Altenheimen sind gerade diese Zustände und Faktoren fatal.

Können Sie uns denn etwas dazu aus der Praxis berichten, wie die Meldungen in die Regierungsstatistiken zu Corona-Toten und Hospitalisierungen erfolgen?

Ich kann die Berichte aus eigener Hand bestätigen, die zu bedenken geben, dass eben nicht jeder Patient ein Covid-Patient ist und auch nicht jeder Tote auch ein Covid-Toter ist. Da habe ich selber mehrere Beispiele, die ich konkret anführen kann, wo Patienten auf einen positiven Test als Corona-Patient geführt wurden und auch anschließend in Quarantäne mussten, obwohl sie wegen ganz anderer Ursachen ins Krankenhaus gekommen sind. Diese Fälle gibt es.

Da wurde etwa ein jüngerer Patient nach minimal invasivem Galleneingriff nach positivem Schnelltest auf die Intensivstation verlegt – und zwar deshalb, weil die normale Covid-Station bereits aus Mangel an Bedarf aufgelöst war und man auf der Intensivstation gut isolieren konnte. Dort stand ein Beatmungsgerät am Bett. Am nächsten Tag steht in der Presse: Wieder ein junger Patient beatmet auf der Intensivstation – sie haben einfach die Meldetool-Daten übernommen, statt zu recherchieren. Der Patient wiederum hat sich gewundert, warum er denn nicht entlassen werden kann, wo er doch keine typischen Symptome hatte und alle Kontrollabstriche negativ waren.

Ein Patient kommt mit einem Infarkt in die Klinik, die gesamte Therapie und der Behandlungsverlauf konzentrieren sich auf das Herzversagen. Irgendwann taucht ein positiver Test auf, der Patient wird isoliert und stirbt mit einer bakteriellen Lungenentzündung – und geht natürlich dann auch in die Corona-Statistik ein.

Viele Pfleger treten als Kronzeugen für die Maßnahmen und die Impfpflicht auf, bzw. werden in den Fokus gedrängt. Wie kommt das?

Also, erstmal möchte ich, wie gesagt, nicht absprechen, dass es natürlich auch Kollegen gibt, die stark mit Covid-Patienten zu kämpfen hatten. Ich habe ja auch einige an der Lungenmaschine (ECMO) versorgt und davon sind auch manche gestorben. Dennoch bemerke ich, dass sich Kollegen zu Wort melden, die nicht selbst Corona-Patienten behandeln oder behandelten. Sie verweisen dann auf Berichte anderer Kollegen, wonach es dort ganz schlimm sein soll, und bestätigen auch in den Berichten im Bekanntenkreis, dass Corona besonders schlimm sei, obwohl sie eigentlich gar keine eigene Erfahrung haben.

Und wenn man konkret mit den Leuten vor Ort spricht: Guck mal, wir haben doch hier noch nie einen Covid-Patienten gehabt, oder? Die Corona-Station, die Gesamt-Intensivauslastung ist doch eigentlich nur von 10 Prozent Corona-Fällen geprägt und der Rest der Betten sind entweder frei oder sind eben zu 60 bis 70 Prozent mit ganz anderen Patienten belegt. Dann sagen sie: Ja, du hast recht. Aber da drüben oder im anderen Bundesland oder in Italien oder so… Bei vielen beruht das eben auch auf Hörensagen, von Experten und aus der Presse. So reproduziert sich dieses Bild am Ende auch selbst.

Auf einmal werden Einzelfälle zu gesamtgesellschaftlichen Fakten gemacht. Die Medien hätten in den Jahren davor schon Pflegekräfte vor die Kamera bringen können (und haben sie ja immer mal auch), dann hätten diese ebenso – zurecht – über Überlastung geklagt. Es ist halt die Frage, wann man die Kamera drauf hält und wann nicht.

Danke für das Interview!

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