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Steinmeiers Rechtsverständnis

Published On: 15. Februar 2022 20:41

Veröffentlicht am: 15. Februar 2022 | Anzahl Kommentare: noch keine

Auszug aus „Der neue West-Ost-Konflikt“

Von Wolfgang Bittner.

Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken, heißt es in einem Sprichwort. Das bewahrheitet sich schon seit Längerem tagtäglich, sobald wir in die Zeitung schauen, fernsehen oder Radio hören. So berichtete der Deutschlandfunk am 23. März 2016 in seinen Morgennachrichten von einer Beratung des damaligen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier[1] mit der Führung in Moskau über die Lage in Syrien. Da hieß es: „Zunächst ist ein Treffen mit Außenminister Lawrow vorgesehen, bevor er später mit Ministerpräsident Medwedew und Präsident Putin zusammenkommt. Steinmeier forderte erneut die Ablösung des syrischen Präsidenten Assad. Er könne sich nicht vorstellen, dass Assad nach 250 000 Toten und Millionen Flüchtlingen für alle Bevölkerungsgruppen eine annehmbare Figur sei.“[2]

Erstaunlicherweise schien Herrn Steinmeier nicht bewusst zu sein – oder er hatte dieses Wissen nach Gesprächen in Washington verdrängt –, dass Baschar al-Assad der gewählte Staatspräsident Syriens ist. Wie also kam der Außenminister dazu, seine „Ablösung“ zu fordern? Außerdem sprach er von 250 000 Toten und Millionen Flüchtlingen und erweckte den Anschein, als sei der syrische Präsident dafür verantwortlich – eine der üblichen Umkehrungen der Fakten. Denn die Unterstellung, Assad habe den Krieg in Syrien zu verantworten, ist eine der ständig wiederholten Lügen in der Informationsmanipulation. Log Steinmeier bewusst, oder hat er die Vorgaben aus Washington so sehr verinnerlicht, dass er die Wahrheit nicht mehr erkennt?

Baschar al-Assad antwortete in einem Interview auf die Frage eines ARD-Journalisten, ob er zum Rücktritt bereit sei: „Nur die syrischen Bürger haben das Recht zu befinden, wer der Präsident sein soll. Als Deutscher lassen Sie sich auch nicht von mir oder von wem auch immer sagen, wer bei Ihnen Kanzler sein soll oder welches politische System Sie wollen … Mein politisches Schicksal hat nur mit dem Willen des syrischen Volkes zu tun … Wenn das syrische Volk will, dass ich diesen Platz räume, dann habe ich das sofort und ohne Zögern zu tun.“[3] Diese eindeutige Aussage, die der syrischen Verfassung entspricht, passte offensichtlich weder dem deutschen Außenminister noch den Vormündern aus Washington ins Konzept, und auch die Tagesschau musste sich dazu einer Falschberichterstattung überführen lassen.[4]

Dass Steinmeier – zum Nachteil einer europäischen Friedenspolitik – die Interessen der NATO und der USA vertritt, wurde im September 2016 offenkundig. Wie aus geleakten Unterlagen der montenegrinischen Regierung hervorging, hatte er sich zusammen mit dem einflussreichen sicherheitspolitischen Berater der Bundeskanzlerin Christoph Heusgen engagiert für den Beitritt Montenegros zur NATO eingesetzt, und zwar entgegen den Protesten Russlands und obwohl die Mehrheit der montenegrinischen Bevölkerung sowie der französische Premier und einige weitere NATO-Mitglieder aus guten Gründen dagegen waren – es handelte sich um eine weitere Provokation Russlands durch die NATO.[5]

Der in den USA lebende montenegrinische Wissenschaftler Prof. Filip Kovacevic schrieb dazu am 29. September 2016: „Abschließend kann man sagen, dass dieser geleakte Regierungsbericht der Republik Montenegro das Ausmaß offenbart hat, in dem sowohl der deutsche Außenminister Steinmeier als auch Merkels Spitzenberater Heusgen entgegen ihrem öffentlichen Auftreten und ihrer Rhetorik bereit waren, als Agenten der anti-russischen US-‚Kriegspartei‘ in Europa zu handeln. Dies ist eine ernste Angelegenheit, die nicht nur vom deutschen Volk, dessen Vertreter sie behaupten zu sein, sondern auch von den Bürgern anderer EU-Staaten berücksichtigt werden muss, wenn man bedenkt, dass ähnliche Akteure auch in ihren politischen Eliten tätig sind. Ohne die rechtzeitige Entdeckung und politischen Austausch dieser Individuen kann ein weiterer groß angelegter Krieg in Europa sich hinter der nächsten Ecke verbergen.“[6] (…)

Dazu passt, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine „Ausweitung des deutschen Bundeswehr-Engagements“ gefordert hat. Er sagte: „Gerade, weil wir zu den wenigen politisch, demokratisch stabilen Staaten weltweit gehören, wird von uns erwartet, dass wir uns bei der Beilegung von Konflikten stärker beteiligen als vor zehn oder zwanzig Jahren.“[7] Ein Hauptbetätigungsfeld für die Bundeswehr sieht Steinmeier offensichtlich im Osten Europas, wenn er daran erinnert, „dass seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland die Frage von Krieg und Frieden, die wir auf europäischem Boden für beantwortet hielten, zurückgekehrt ist“.

Nicht nur die USA haben ihre Bellizisten, die ständig hetzen, Aufrüstung propagieren und selbst vor einem Krieg mit Russland nicht zurückschrecken. Das ist auch in Deutschland legal und allerhöchst abgesegnet.

Aus: Wolfgang Bittner, „Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“, Verlag zeitgeist, Höhr-Grenzhausen 2019, S. 272 ff.

Quellen:

[1] Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundesaußenminister von 2005 bis 2009, ab 2017 Bundespräsident

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Gints Ivuskans / shutterstock

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