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Harvard-Influenzer Lauterbach (2/2)

Published On: 1. März 2022 10:00

Im ersten Teil wurde Lauterbachs an der US-Elite-Universität Harvard gelernte „Gesundheits“-Ökonomie geschildert, als Element der Agenda 2010: Die gewinnbringende wirtschaftliche Gesundheit der privaten Eigentümer, auch bei der privaten Riester-Rente, steht an erster Stelle. Als Mitglied im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG zog er das Programm auch konkret vor Ort durch, eine Folge war die für den Staat bis heute endlos teure Privatisierung des Universitäts-Klinikums Marburg/Gießen (UKGM). Von Werner Rügemer



Lauterbach: MEGA-Fusion von Charité und Pflegekonzern Vivantes

Lauterbach trug die für Staat und Personal desaströse Entwicklung des privatisierten UKGM mit. Der Krankenhaus-Konzern Asklepios konnte dadurch weiter aufsteigen – was will ein Harvard-Influenzer mehr?

Natürlich will er mehr, noch mehr. Nach Lauterbach soll die gewinnträchtige Zerstörung des Gesundheits- und Pflegesystems auf Staatskosten weitergehen, und zwar in noch größerem Stil, und auch mit einem noch viel größeren und wichtigeren Universitäts-Klinikum.

Im März 2019 lieferte der Doppel-Doktor als Vorsitzender der Zukunftskommission „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ ein Gutachten ab. Es war vom Parteifreund, dem Regierenden Bürgermeister Müller (SPD) in Auftrag gegeben worden. Darin wird, auf Wunsch des Auftraggebers, die Fusion des größten Klinikums Deutschlands, Charité, mit dem größten kommunalen Krankenhaus- und Pflegekonzern, Vivantes, vorgeschlagen. Charité wie Vivantes gehören dem Land Berlin.[1]

Vivantes betreibt bisher mit 17.000 Beschäftigten 10 Krankenhäuser, 12 Pflegeheime, zwei Seniorenwohnhäuser, mehrere medizinische Versorgungseinrichtungen, ambulante Pflege. Obwohl (oder weil) in Regie der Stadt Berlin, wurde Personal abgebaut und in private Tochterfirmen wie für Reinigung, Wäsche, Küche ausgelagert. Investitionen wurden zurückgefahren. Während der erhöhten Anforderungen durch die Pandemie kündigte die Geschäftsführung 2021 die Schließung der Wenckebach-Klinik an.[2]

Charité: Schon bisher privat zugerichtet, aber noch nicht genug

Die Charité war im Kaiserreich auch mit berühmten Professoren wie Robert Koch zur renommiertesten Klinik Deutschlands ausgebaut worden. Am Renommé wurde auch in der DDR festgehalten. Deshalb war gerade die Charité ab 2001, beflügelt durch die Agenda 2010 der Bundesregierung, das Zielobjekt der Top-Privatisierer.

Der SPD-geführte Berliner Senat mit dem Finanzsenator Thilo Sarrazin und assistiert von der dümmlichen Gysi-Linken, holte die Beratungskonzerne McKinsey, Roland Berger und Deloitte. Sie ermittelten „Effizienzpotentiale“. So wurden über ein Dutzend Billiglohnfirmen in die private Tochter-Holding Charité Facility Management (CFM) ausgelagert, auch hier bei hygiene-relevanten Tätigkeiten wie Reinigung, Essenszubereitung und -verteilung, Reparaturen und innerhäusige Krankentransporte. Sowohl bei Vivantes und Charité griffen auch die Hartz-Gesetze mit Leiharbeit, befristeter und Teilzeitarbeit.

Unter den 17.500 Beschäftigten der Charité sind 232 Professoren und 3.952 Ärzte/Wissenschaftler. Unterrichtet werden 7.200 Studierende. Gleichzeitig wurde an der Charité für die Forschung eine internationale Spitzenposition angestrebt, d.h. man glotzte bewundernd in die USA.[3] Schon vor dem Lauterbach-Gutachten wurde eine Partnerschaft mit der Johns Hopkins University eingerichtet und das Berlin Institute of Health (BIH) gegründet. Die Bill-and-Melinda-Gates-Stiftung gehört zu den Sponsoren. Die Multimilliardärin Johanna Quandt, Großaktionärin bei BMW, zu Lebzeiten die größte weibliche Bespenderin der Unternehmerparteien CDU, CSU und FDP, gründete 2005 die Stiftung Charité: Sie fördert das unternehmerische Denken der Wissenschaft, vergibt jährlich Stipendien, die mit jeweils 75.000 Euro dotiert sind. Zu den Geförderten zählte u.a. der Charité-Virologe Prof. Christian Drosten. Ziel ist, dass die Geförderten in die 1-Prozent-Elite der am häufigsten zitierten Medizinwissenschaftler der Welt (Highly Cited Researchers) aufsteigen.[4] Im Vorstand der Stiftung residieren u.a. Stefan Quandt, Multimilliardär, weil Sohn der Stifterin, BMW-Großaktionär und im Aufsichtsrat der Unternehmer-Postille FAZ, sowie Dr. Brigitte Oetker, Industriellen-Ehefrau und Ex-Geschäftsführerin der Kulturstiftung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI).

Lauterbach: Private Investoren! digital health!

Aber nach Lauterbach soll das noch viel weiter gehen. In die Holding von Charité-Vivantes sollen möglichst auch alle weiteren medizinischen Einrichtungen in Berlin und Umfeld einbezogen werden, so die Max-Planck-Institute für Infektionsbiologie und Molekulare Genetik, das Deutsche Herzzentrum Berlin, das Unfallkrankenhaus der Berufsgenossenschaften, Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes, 14 private Krankenhäuser und auch das anthroposophische Krankenhaus Havelhöhe.

Der vom Staat nicht mehr einholbare „Investitions-Stau“ bei den Gebäuden und der technischen Infrastruktur soll durch Private aufgelöst werden. Bei der Charité lobt Lauterbach deshalb die bereits laufend erhöhte „Drittmitteleinwerbung“. Zudem das Zauberwort „digitale Transformation“, digital health, Telemedizin: So empfiehlt die Lauterbach-Kommission den Einsatz von „Apps zum Selbstmanagement“ der Patienten. So kann noch mehr Personal eingespart werden.

Die Charité soll in die von Harvard, Yale und Johns Hopkins angeführte Gruppe der „30 erfolgreichsten medizinischen Hochschulen der Welt aufschließen“. Die Forschung mit hochbezahlten und medial allgegenwärtigen Wissenschaftlern wie dem Virologen Drosten soll Teil der Weltspitze sein – während Vivantes „die übrige Versorgung übernimmt“, also vor allem die prognostizierte, erheblich ansteigende Zahl alter Menschen kostengünstig für die Betreiber irgendwie unterbringen soll, mit billigem, knappem Personal, das unscheinbar und lautlos außerhalb der Öffentlichkeit seine Dienste verrichtet.

Die Mehrheit der Beschäftigten im Gesundheitssystem: Lästiger Kostenfaktor

Als Influenzer der Agenda 2010, als Aufsichtsrat in der Rhön-Klinikum AG, als Gutachter für „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ und in der Pandemie-Politik hat Lauterbach gezeigt: Das untere Volk des direkt angestellten Personals wie besonders das ausgelagerte sonstige Dienstpersonal sind ein lästiger Kostenfaktor: Er muss möglichst niedrig gehalten werden. Wie es den Patienten und Alten dabei geht, ist sekundär.

Die mehrheitlichen Forderungen der Beschäftigten selbst, von Gewerkschaften und aus der Bevölkerung, ignoriert der Krankheits-Minister. Auch die Überlastung des Personals durch die Pandemie-Politik führte nicht dazu, dass der Minister die Erhöhung der Einkommen, die ohnehin schon vor der Pandemie notwendige Aufstockung der Personalstellen und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen unterstützt. Der Gesundheitsminister kümmert sich auch nicht um die Gesundheit und die Gesundheitsbedingungen des Personals – von unmittelbaren Pandemie-Schutzmaßnahmen abgesehen.

Das vom Agenda-2010-Berater Lauterbach mit „reformierte“ System der Krankenversicherung führt dazu, dass Millionen Krankheiten gar nicht erfasst und nie behandelt werden. Arbeits- und Rentenarmut breiten sich aus. Die von Lauterbach empfohlene Riester-Rente ist gescheitert. Dies gilt insbesondere für das Milieu, aus dem das Arbeiterkind Lauterbach selbst kommt: für die abhängig Beschäftigten und da wiederum für die mit den niedrigeren Einkommen, Arbeitslose eingeschlossen. Sie können vielfach die Zuzahlungen für Medikamente, Vorsorgeuntersuchungen und Krankenhausaufenthalte und für Zusatzversicherungen etwa für Zähne nicht bezahlen: Du bist arm, du brauchst nicht alle Zähne, du kannst früher sterben.

Das gehört zur Harvard-Ökonomie – natürlich würde der Harvard-Ökonom abstreiten, dass er das gewollt habe. Aber es gehört ja zur Qualifikation solcher hochgebildeter Akademiker, wortreich die Folgen dessen zu bestreiten, was sie anrichten.

Gesundheit am Arbeitsplatz: Kein Thema!

Die verschiedensten Krankheiten am Arbeitsplatz haben auch wegen der Agenda 2010 und ihrer Erweiterungen während der vier Merkel/CDU-Regierungen zugenommen:

  • Abbau der Aufsicht über die Berufskrankheiten und die dafür allein von den Unternehmen finanzierten Berufsgenossenschaften; dieser Abbau ging insbesondere unter den beiden Bundesarbeitsministern Ursula von der Leyen und Olaf Scholz weiter, mit Zustimmung des „Gesundheits“politikers und Abgeordneten Lauterbach.
  • Die Bundesländer haben ebenfalls die Gewerbeaufsicht abgebaut. In der Pandemie war das bei den Tönnies-Fleischzerlegern kurz aufgeblitzt – danach wurde die Gewerbeaufsicht nicht aufgestockt. Auch Lauterbach blieb stumm.
  • Die auch über die EU organisierte, ständig vermehrte Beschäftigung von Arbeitsmigranten, die nicht nur billig, sondern auch willig sind, ihre Rechte kaum kennen, ihre Arbeitsverträge nicht verstehen und oft nur befristet in Deutschland tätig sind, Angst vor Entlassung haben und ihre Krankheiten in ihre Herkunftsländer mitnehmen.[5]
  • Zunahme auch der psychischen Erkrankungen durch verschärfte Arbeitsintensität, schnell und gesetzwidrig wechselnde Schichten, Verachtung und Mobbing durch Vorgesetzte, Union Busting, Überwachung.

Dagegen könnte argumentiert werden: Die Gesundheit am Arbeitsplatz liegt doch gar nicht in der Zuständigkeit des Gesundheits-, sondern des Arbeitsministers. Formalrechtlich trifft das zu.

  • Aber die allermeisten beruflich bedingten Erkrankungen landen nicht bei den zuständigen Berufsgenossenschaften, sondern fallen den allgemeinen Krankenkassen zur Last und vermindern deren Leistungsfähigkeit.
  • Und zweitens greift die Gesundheitspolitik in der Pandemie in die Unternehmen und die Arbeitsplätze ein – da geht es plötzlich doch!
  • Und vor allem drittens: Wer die Gesundheit der Bevölkerung schützen und fördern will, muss die Arbeitsbedingungen einbeziehen! Aber die Arbeitsbedingungen sind für die Gesundheits-Ökonomie à la Harvard tabu.

Pflege-Bonus mit Willkür-Faktor

Jetzt nach zwei Jahren Pandemie kommt Minister Lauterbach mit einem Pflege-Bonus. Das erweist sich aber als ein einmaliges Almosen, zudem sozial und statusmäßig hochdifferenziert, wie es dem elitären Harvard-Gesellschaftsbild entspricht. Für die einfachen Kranken- und Altenpfleger beträgt der Höchstbetrag 550 Euro, wenn sie eine „herausragende Leistung erbracht haben“ und alle Kriterien mit Hygieneaufwand, Infektionsrisiko, Covid-19-Patienten-Betreuung usw. erfüllt haben. Intensivpflegern wird ein Höchstbetrag von immerhin 3.000 Euro in Aussicht gestellt. Und die Höchstbeträge gelten nur für Vollzeitkräfte.

Das erfordert für die mehreren hunderttausend Einzelfallprüfungen viel Bürokratie zulasten der ohnehin überlasteten Ärzte und Manager. Aber für das Feilschen um Kleinbeträge für abhängig Beschäftigte ist Bürokratie-Ausbau höchst notwendig, wie bei den Hartz-IV-Empfängern, im Gegensatz zum ansonsten so gelobten Bürokratie-Abbau zugunsten privater Investoren. Zudem handelt es sich noch um ein nettes kleines Herrschaftsinstrument, mit dem die Vorgesetzten ihre Untergebenen nach Wohlverhalten ein bisschen belohnen oder auch bestrafen können. Das ist eine Einladung zur Willkür. Außerdem soll das bürokratisierte Almosen nur an diejenigen gezahlt werden, die am 30.6.2022 noch im Arbeitsverhältnis sind. Die Wertschätzung eines zudem systemrelevanten Berufsstandes sieht anders aus.

Noch billigerer Nachschub aus Indien und Vietnam

In der Zwischenzeit haben zehntausende Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegesystem entnervt und überstresst aufgegeben, haben gekündigt, sind in Teilzeit gegangen oder haben zu Leiharbeit gewechselt. Aber die „Gesundheits“-Ökonomen haben längst schon eine noch „bessere“ Lösung gefunden.

In Absprache mit dem Gesundheitsminister schließt die Bundesagentur für Arbeit seit Ende 2021 „Partnerschaften“ mit armen Staaten, die noch ärmer sind als die verarmten EU-Staaten Osteuropas. Aus denen ließ der vorherige Krankheitsminister Spahn billige und willige Pfleger und Ärzte nach Deutschland abwerben: Aber mit Lauterbach sollen die neuen „Fachkräfte“ aus dem indischen Bundesstaat Kerala, aus Vietnam, Kolumbien, Indonesien, den Philippinen, Moldawien und Georgien kommen.[6]

So sieht globale „Gesundheits“-Ökonomie à la Lauterbach aus: Auf der einen Seite das hochbezahlte, medial strahlende und von Milliardärsstiftungen à la Quandt & Gates zusätzlich subventionierte Spitzenpersonal nach Harvard-Standards – auf der anderen Seite die lautlosen, mit ein paar Begriffen und Handgriffen schnellgebleichten Billig- und Willigkräfte aus den verarmtesten Regionen der westlichen Welt. Sie brauchen ja nicht einmal gut die deutsche Sprache zu lernen: Mithilfe Künstlicher Intelligenz können sie in ihrer Heimatsprache ihr Problem ins Smartphone eingeben – und in ihrer Heimatsprache mit Bildunterstützung werden sie angeleitet, wie sie im deutschen Pflegeheim die Windel wechseln. Den armen Pflege-Bonus kann man hier auch noch einsparen.

Der Wissenschafts-Leugner in Aktion

Auch dieser „Gesundheits“minister trägt seinen Titel zu Unrecht. Er hat zwar die ärztliche Approbation mal nachgeholt. Aber seine Standards werden durch die private Gewinnwirtschaft gesetzt. Lauterbach hat kein ärztliches Ethos. Er verletzt systematisch medizinische Standards:

  • Er labert von „Corona-Toten“, leugnet aber die Tatsache, dass zu den vom RKI so bezeichneten Toten auch solche gehören, die gar nicht an der Infektion gestorben sind, sondern aus anderen Gründen oder wo der Virus eine sekundäre oder tertiäre Ursache war. Dem könnte durch wissenschaftlich bewährte Methoden abgeholfen werden, etwa durch die systematische Einschaltung der Rechtsmedizin: Das hatte das RKI sofort mit Beginn der Pandemie abgelehnt. Dem folgt auch der Harvard-Doktor.
  • Durch systematische rechtsmedizinische Untersuchungen könnten auch die medizinischen Behandlungsmethoden für die am Virus Erkrankten differenziert weiterentwickelt werden, ohne sofort die oft tödliche Zwangsbeatmung einzusetzen – der Minister verweigert das;
  • Bei jeder neuen Virusvariante, auch wenn noch gar nichts über sie bekannt ist, spekuliert er ohne Faktengrundlage von zukünftigen Großgefahren; so fantasierte er bei Omikron „400 bis 500 mögliche Corona-Tote täglich“. Statt medizinischer Aufklärung organisiert der Harvard-Influenzer Massen-Panik.
  • Er suggeriert in seiner aufgeregten öffentlichen Kommunikation fälschlich, dass eine Virus-Infektion gleich einer Erkrankung sei.
  • Er müsste entsprechend den bewährten medizinischen Standards öffentlich sagen: Die bisherigen Impfstoffe sind nicht klinisch erprobt, wir kennen ihre Kurz- und Langzeitnebenwirkungen nicht.
  • Er verweigert die Erfassung und Auswertung der Impf-Nebenwirkungen. Eigentlich wäre das ganz einfach. So ermittelten Anfang 2022 die Betriebskrankenkassen in eigener Regie: Nach den Abrechnungen der Ärzte im Jahre 2021 wurden 216.695 BKK-Versicherte wegen Impf-Nebenwirkungen ärztlich behandelt. Hochgerechnet auf alle Versicherten in Deutschland sind das 2,5 bis 3 Millionen Geimpfte, die wegen Impf-Nebenwirkungen ärztlich behandelt wurden. Das sind zehnmal mehr Meldungen, als beim zuständigen Paul-Ehrlich-Institut registriert wurden, das dem „Gesundheits“minister untersteht.[7] Aber der Harvard-Influenzer verleugnet das Ausmaß der Nebenwirkungen. Und für deren bessere Behandlung und etwa auch für die Auswahl und Verbesserung der Impfstoffe müssten sie ausgewertet werden – nix davon. Eine Meldepflicht müsste eingerichtet werden – nix davon. Ärzte bekommen für jede Impfung Geld, aber für die zeitlich viel aufwendigere Meldung zu Nebenwirkungen – kein Cent.

Münchner Sicherheitskonferenz: Foto mit William Gates

Gesundheitsminister sind bekanntlich auch für die militärische Sicherheit zuständig. Deshalb gehörte Lauterbach zu den streng ausgesuchten Teilnehmern der Münchener Sicherheitskonferenz (MSC) im Februar 2022. Das lag ja nahe: Im Bundestag hatte er der Verlängerung des tödlichen, US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan zugestimmt. So verlängerte auch der Doppeldoktor die jahrzehntelange medizinische Unterversorgung der Bevölkerung und das Verhungern von Kindern.

Aber darüber sprach bei der Konferenz auch der Arzt Lauterbach nicht. Es ging ja um „Sicherheit“, definiert von der blind angebeteten Supermacht. Die war unter anderem vertreten von einem anderen „Gesundheits“-Fanatiker, Menschheitsretter und Harvard-Sponsor namens William Gates, auch ein Unterstützer des zwanzigjährigen Krieges in Afghanistan wie aller anderen US-Kriege.

So erbettelte Lauterbach bei Meister Gates ein paar Sekunden, um für ein Foto neben ihm stehen zu dürfen: Foto machen und schnell per Twitter verschicken, mit der Nachricht, man habe über Impfstoffe für ärmere Länder „gesprochen“. Medienpräsenz ist alles, Inhalte sind egal.

Der routinierte Opportunist

Der vorgebliche Arzt ist zugleich ein routinierter Opportunist: Seine Behauptungen müssen in die jeweilige Stimmung passen oder sie verstärken – und da behauptet er später auch mal das genaue Gegenteil. Erst war er jahrelang Mitglied der CDU, dann beim Stimmungsumschwung nach der Wahl 1998 war er sofort Mitglied der SPD.

Ein paar weitere Beispiele für den gnadenlosen Opportunisten:

  • Seit 20 Jahren tritt er für die Schließung von möglichst vielen Krankenhäusern ein. 2019 bekräftigte er erneut: „Jeder weiß, dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentliche jede zweite Klinik schließen sollten.“[8] Aber als der Gesundheitsminister noch Jens Spahn hieß und von der CDU war und wegen Krankenhausschließungen in die Kritik kam – da unterzeichnete Lauterbach im Mai 2021 als Abgeordneter die Petition „Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!“ Aber als die Organisatoren der Petition, Gemeingut in BürgerInnenhand (gib), den nunmehrigen Gesundheitsminister Lauterbach im Januar 2022 aufforderten, sich wie in der Petition gegen die weitere Schließung von Krankenhäusern zu erklären – das Plappermaul blieb stumm.[9]
  • Er wies das RKI an, zahlreichen Menschen den Genesenen-Status abzuerkennen. Als die öffentliche Entrüstung zunahm, ließ er die Anweisung ersatzlos streichen.[10]
  • Im Dezember 2021 sagte er voraus: Die Omikron-Variante kann „ähnlich schwer“ verlaufen wie die Delta-Variante! Ein paar Wochen später erklärte er: Ich habe schon „sehr früh gesagt“, dass Omikron harmloser verlaufen werde als Delta.
  • Am 16.2.2022 schrieb BILD auf der Titelseite: Lauterbach hat lange mit der Überlastung der Intensivbetten gewarnt, aber jetzt behaupte er: „Intensivstationen waren nie überlastet!“ Nachher sagte Lauterbach, das habe er nie gesagt. Aber er war natürlich gar nicht böse, dass BILD ihn falsch zitiert hatte. Seelenverwandte Panikmacher dürfen sich gegenseitig falsch zitieren. Wichtig ist die Medien-Präsenz und die kurze öffentliche Aufregung, mal in diese und mal in die andere Richtung. „Angst-Minister“ hatte BILD gegen Lauterbach mehrfach gepöbelt. Da freute er sich, der Lauterbach. Deshalb darf jetzt niemand anders als BILD exklusiv das erste Kapitel aus Lauterbachs selbstgefälliger Biografie vor-abdrucken. Das Gossenblatt kündigte das Buch und den Vorabdruck seines „Angst-Ministers“ lobend an: „Er ist Deutschlands beliebtester und umstrittenster Politiker.“[11]

Ohne Harvard wäre ich nie Mitglied der globalen Elite geworden“

Aber die staatlichen wie privaten und „sozialen“ Leitmedien – das ist nur die eine Seite, die Seite für das Volk, für die populistische Medienmeute. Gleichzeitig organisieren diejenigen, die ständig nach medialer Präsenz gieren und präsent gemacht werden, sich auch außerhalb dieser Öffentlichkeit.

Die Harvard University organisiert ein globales Netzwerk von Absolventen, Dozenten, Ex-Dozenten und Freunden. In Deutschland finden sie in fünf Harvard Clubs zusammen: Berlin, Hamburg, Rhein-Main, München und Rhein-Ruhr. Der für Lauterbach zuständige Harvard Club Rhein-Ruhr, mit Sitz in Düsseldorf, wird gegenwärtig geleitet von Peter Graf von Hochberg, Absolvent der Harvard Kennedy School of Government. Bis vor kurzem war er Chef von Booz Allen & Hamilton in Deutschland, vorher war er bei McKinsey.

Obwohl schon von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard Ende der 1960er Jahre mitgegründet, ist der Harvard Club Rhein-Ruhr der Öffentlichkeit unbekannt geblieben. Das könnte erstaunen, denn der Club hat ein intensives Leben. Aber die Liste der Mitglieder wird geheimgehalten, die hochrangig besetzten Veranstaltungen werden nur diskret durchgeführt. Neben gemütlichem Beisammensein wie beim Thanksgiving Day werden Prominente als Plaudergäste eingeladen. Beim Club Rhein-Ruhr waren das zuletzt Mathias Corman/Generalsekretär der OECD, dann auch der Lauterbach-Parteifreund Sigmar Gabriel/Ex-Vizekanzler und jetziger Vorsitzender der Atlantikbrücke, dann Prof. Kley/Aufsichtsratschef von Lufthansa und Eon sowie Prof. Christiane Woopen, Vorsitzende des EU-Ethikrats.[12]

Die Absolventen im Club-Vorstand bekennen auf der Website ihre Transformations- und Elitenerfahrungen. So schreibt Christine Wallich, die nach Harvard bei der Weltbank war und jetzt Leiterin der American Academy in Berlin ist: „Harvard transformierte mich als Denkerin, Praktikerin und als Mensch“. Graf von Hochberg bekennt: „Ohne dort gewesen zu sein, wäre ich nicht Mitglied dieser globalen Elite geworden.“[13]

Wenn man schrittweise in diesem lockeren, superfreundlichen, privilegierten Milieu einmal angekommen ist, wird man zwanglos weitergereicht. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama, der an der Harvard Law School war, ist dafür ein bekanntes Beispiel: Mit dem sympathischen Hintergrund des klugen Aufsteigerkindes konnte er dann seine rechtswidrigen Tötungen per Drohne ankündigen, lässig, beredt, als größte Selbstverständlichkeit.

Titelbild: Juergen Nowak/shutterstock.com

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