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Das Recht auf Jugendirresein und die Pflicht zum Schutz vor Selbstverletzung

Published On: 10. Mai 2022 18:38

Das Unbehagen vieler Pubertierender an sich selbst erhält durch die Politik heute ein verstärkendes Echo. Das ist gefährlich. 

IMAGO / Future Image

Es gibt ein Recht auf Jugendirresein. Das ist jener Zustand, den man auch als Pubertät bezeichnet. Nicht bei allen, aber bei vielen Jugendlichen ist das eine Phase des Selbstzweifels. Wer bin ich und warum? Bin ich ein Frosch, der noch zum Prinzen geküsst werden muss? Bin ich eine entführte Prinzessin, die von den falschen Eltern als Aschenbrödel gehalten wird? Muss ich aussehen wie Barbie, damit mich jemand liebt? Erkennt denn niemand, dass ich zwar eine Brille trage, aber eigentlich Superman bin?  

Ein an sich zweifelnder Teenager hat Glück, wenn er verständnisvolle Eltern und geduldige Lehrer hat, die insgeheim „es ist nur eine Phase, Hase“ denken und warten, bis der Verpuppungsprozess abgeschlossen ist und aus dem verwirrten Kind ein halbwegs mit sich zufriedener Mensch geworden ist. 

Doch demnächst soll dieser völlig normale Prozess der Selbstfindung radikal abgekürzt werden, jedenfalls wenn es um die Frage geht, ob das Kind sich als das, was kaltherzige Ärzte oder Hebammen bei seiner Geburt festgelegt haben, auch wohl fühlt. Vielleicht möchte das als Mädchen zwangsverortete Kind lieber ein Junge sein? Oder der Bub lieber ein Mädchen? Kein Problem! Dem von den Grünen entwickelten „Selbstbestimmungsgesetz“ zufolge können sie das künftig selbst entscheiden, bereits mit 14 Jahren, auch gegen den Willen der Eltern. 

Wer seine Kinder vor einem möglichen Irrtum beschützen will und ihnen Zeit geben möchte, solch folgenschwere Entscheidungen zu treffen, darf sich von den Aktivisten der Szene beschimpfen lassen – als mindestens rechts. So auch jüngst in der taz der Jugendpsychiater Alexander Korte, der beteuern muss, auf der eigentlich richtigen Seite zu stehen, nur in diesem Fall den Grünen nicht folgen mag. Ein „Zeitgeistphänomen“ nennt der kühne Mann die exponentielle Zunahme insbesondere der Zahl von Mädchen, die sich „im falschen Körper“ gefangen fühlen. Kurz: eine Modeerscheinung. 

Indizien dafür gibt es reichlich. In Schweden stieg die Diagnosehäufigkeit bei 13- bis 17jährigen Mädchen von 2008 bis 2018 um 1500 Prozent. In England wurden 2009/10 32 Fälle sogenannter weiblicher Dysphoria registriert, einige Jahre später waren es bereits 1740, die eine blühende Umwandlungsindustrie speisen. Auch in Deutschland nimmt der Trend zu Geschlechtsangleichungen zu.

Dabei ist das Phänomen der „Geschlechtsidentitätsstörung“ selbst ganz und gar nicht neu. Wachsende Brüste und beginnende Monatsblutungen sind nicht unbedingt ein Anlass zu großer Freude, zumal dann, wenn ein Mädchen kein Anzeichen dafür erkennt, künftig wie Heidi Klum auszusehen. Neu ist, dass die Antwort auf das Unbehagen an sich selbst heute ein verstärkendes Echo erhält. Lehrer, Beratungsstellen, Ärzte sind offenbar immer öfter bereit, der Verwirrung einen Ausweg anzubieten, der als Aha-Erlebnis daherkommt: jetzt endlich weiß ich, was mit mir los ist! Eigentlich bin ich ein Mann. Steht ja auch in der Zeitung. Wird auch in der Schule erzählt. Findet meine Freundin auch. Lisa Littman aus den USA nennt das „Rapid Onset Gender Dysphoria“. 

Ikonen wie Caitlin Jenner zeigen im übrigen, wie klasse das aussehen kann, wenn man sich unters Chirurgenmesser gelegt hat. Der ehemalige Fünfkämpfer verkörpert mitllerweile geradezu das Klischee einer Frau. Warum sollten sich nicht auch Mädchen in ein Prachtexemplar von Mann verwandeln lassen?

Wie gesagt: es gibt ein Recht auf Jugendirresein. Es gibt aber auch die Pflicht, versunsicherte und beeinflussbare Jugendliche vor Selbstverletzung zu schützen. Früher übernahmen diese Aufgabe auf mehr und häufig weniger sensible Weise Erwachsene. Heute sind es oft die Eltern, die ihren Kindern schon im frühesten Alter Pubertätsblocker verschreiben (oder gar die Eierstöcke entfernen) lassen wollen. Nicht nur ist die Transition ein schmerzhafter Prozess, der eine aufwendige und folgenreiche medizinische Behandlung mit lebenslangen Konsequenzen erfordert. Sie macht auch nicht notwendigerweise glücklich. 

Wer sich später anders entscheiden, also die Transition rückgängig machen will, hat erst recht zu leiden. Einer der bekanntesten Fälle ist der von Keira Bell. Sie wurde mit 15 nach gerade mal drei kurzen Beratungsgesprächen mit Hormonen behandelt und bereut ihre Entscheidung längst. Nach ihrer erfolgreichen Klage gegen die Klinik entschied man in Großbritannien, dass Kindern unter 16 Jahren die nötige Reife für eine solche Entscheidung fehle. Ich würde mal annehmen: vielen fehlt diese Reife auch später noch – vor allem jenen bei den Grünen, die selbstverfügte Körperverletzung als Fortschritt sehen und nicht als das, was es ist: ein Verbrechen an schutzbedürftigen Minderjährigen. Die einzigen, denen sie damit einen Gefallen tun, sind jene Transaktivisten, die rücksichtslos die eigene Agenda durchgesetzt sehen wollen. 

Alexander Korte schlägt übrigens anstelle von Hormonen und Skalpell die „unblutige Transition“ vor: „Wenn Betroffene nur ihre soziale Geschlechtsrolle wechseln, entsprechend auftreten, ohne medizinische Maßnahmen zur äußeren Geschlechtsangleichung“. Das nenne ich ein Friedensangebot – sofern das ohne jenes Geschrei abginge, das Männer anstimmen, die gern als Frau gelten, ihr primäres Geschlechtsorgan jedoch behalten wollen. Wie Tessa Ganserer, die schlicht behauptet, „ein Penis sei nicht per se ein männliches Sexualorgan“.

Wenn das so wäre, hätte sich im übrigen die Frauenbewegung endgültig erledigt. 

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