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Hoffnung Afrika? | Von Jochen Mitschka

Published On: 24. Mai 2022 15:54

Veränderung der Perspektive

Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Berichte über das Leben in Namibia werden nun nur noch 14-tätig erfolgen. Aber ganz ohne Einfluss des Standortes ist auch der heutige Beitrag nicht. Wenn man seinen Wohnort verändert, ergibt sich oft auch eine veränderte Sicht auf die Welt. Nicht nur weil der Winter zum Sommer und umgekehrt wird. Oder weil man eine Jacke anzieht, wenn man in ein Büro geht, und auszieht, wenn man das Haus verlässt, statt umgekehrt wie in Deutschland. Und aus afrikanischer Perspektive ergeben sich Fragen und Sichtweisen, auf die man in Deutschland eher nicht kommen mag. Ein Beispiel dafür ist dieser PodCast. Während man von Deutschland aus Afrika als Armenhaus der Welt wahrnimmt, sehe ich es von hier aus als zukünftige Großmacht, vergleichbar mit der Situation in Asien vor 40 Jahren.

Aber natürlich ist genau das nicht im Interesse der westlichen Kolonialstaaten. Sie haben meist alles getan, um Afrika in Abhängigkeit und Unselbständigkeit zu halten. Allen voran Frankreich, das immer noch Steuern in ehemaligen Kolonien eintreibt, die Finanzen in Paris kontrolliert, billigst Rohstoffe aus Afrika extrahiert (ohne das billige Uran wäre die Industrialisierung Frankreichs in der gesehenen Form nicht möglich gewesen), über die Währung und mit seinem Militär, aber auch ganz einfach mit dem „Ausschalten“ unangenehmen Politikern, umfassenden Einfluss auf die Politik nimmt. Es geht darum, die Länder offen für westliche Überproduktion zu halten, keine eigenen Veredlungsindustrien zuzulassen, die in Konkurrenz zu eigenen Industrien geraten könnten, und es geht darum billig Rohstoffe direkt selbst schürfen zu können. Und sie nicht von staatlichen Unternehmen zu Marktpreisen kaufen zu müssen. Das geschieht bisher ganz gut mit einem Teil der Elite der Länder, die bewusst korrupt „gezüchtet“ wurde, um den westlichen Interessen zu dienen.

Werkzeuge der postkolonialen Kontrolle

Mit welchen Werkzeugen das bisher geschah, beschrieb Dagmar Henn sehr schön in einem kürzlich erschienen Artikel (1):

„Der IWF aber wurde genutzt, um Bedingungen für diese Kredite zu stellen, die dafür sorgten, dass die Abhängigkeit ja nicht ende (beste Lektüre darüber: Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hitman). Dazu gehörte, Schutzzölle gegen Waren aus dem industriellen Westen zu untersagen; eine nationalisierte Industrie und Rohstoffförderung zu verhindern; dafür zu sorgen, dass Konzerne aus den westlichen Ländern direkten Zugriff auf die Förderung von Rohstoffen hatten und diese nicht erst auf dem ‚freien‘ Markt erwerben mussten.“

Es gab eben früher keinerlei Alternativen zu den Krediten und den damit verbundenen Auflagen. Auflagen, die in erster Linie verhinderten, dass der Aufbau einer eigenen Wirtschaft und Industrie geschützt wurde. Beispiele sind die Geflügelzucht in manchen afrikanischen Ländern, die über Billigimporte von Überschussproduktionen aus der EU verdrängt wurden. Ebenso die Verhinderung einer eigenen Textilindustrie durch den Import von gebrauchter Designermode, welche die Abgeber glaubten, einem guten Zweck zuzuführen. Auch nicht zu vergessen sei das legale, weil gekaufte Leerfischen der Küsten, welche dann aus Fischern „Piraten“ machte, die wiederum in mafiöse Kreise gerieten, oder zu Flüchtlingsbootverkäufern und Flüchtlingen wurden. Wodurch dann die westliche Militärmacht auftreten konnte als „Hilfe bei der Bekämpfung der Piraterie“ für Länder „welche dazu selbst nicht in der Lage sind“ und „zum Schutz der Handelswege“.

Dass diese Handelswege nun durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland, genannt Sanktionen, freiwillig gekappt werden, gehört zu den nie in Qualitätsmedien diskutierten Absurditäten.

Wie es einem Land erging, das keine Kredite benötigte, welches ein allgemeines Wohlfahrtsprogramm fuhr, Einwanderungsland für Afrikaner war, welche gar keine Notwendigkeit sahen, weiter über das Meer nach Europa zu gelangen; was einem Land passierte, das in Afrika die Hoffnung auf eine goldgedeckte gemeinsame Währung nährte, konnte man dann am Beispiel von Libyen sehen. Aber natürlich war die Zerbombung Libyens durch die NATO aus westlicher Sicht bzw. zur Ruhigstellung der eigenen Bevölkerung nur „Nothilfe“ um die Zivilbevölkerung zu schützen und Demokratie einzuführen … Man schaue sich das Chaos und die Menschenrechtssituation in Libyen heute nach 11 Jahren an, suche nach den Goldreserven, sehe wer die Ölreserven versucht auszubeuten, und erkenne die Lügen und Heuchelei.

Zurück zum Artikel, worin die Autorin behauptet, es gebe es zwei neue Versuche, Afrika weiter unter der Kontrolle westlicher Politik zu halten. Da sei einmal der aber misslungene Versuch, die Länder dank Corona in ihrer Entwicklung zu blockieren und durch teure Impfstoffe zu verschulden. Erfolgreicher könnte die Verschuldung unter dem Banner des Klimaschutzes werden. Der Westen verfolge den Ansatz, Kredite für Klimaschutzmaßnahmen aufzudrängen, wodurch die Länder in der immerwährenden Schuldenkrise mit seinen Zwangsauflagen gehalten werden, stellt die Autorin fest.

Wer hier in Afrika durch die informellen Siedlungen fährt, der versteht, dass nicht Sonnenkraftwerke oder E-Autos das Problem der Menschen sind, sondern menschenwürdige Behausungen mit Kanalisation, Strom- und Trinkwasseranschluss. Es sind menschenwürdige Wohnungen, und nicht solargespeiste Fernseher (7).

Der Wendepunkt

Dass eine neue Phase der Weltgeschichte begonnen hat, kann man nun daran erkennen, dass sich kein afrikanisches Land den Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat. Die nicht korrumpierten Intellektuellen der Länder erinnern daran, dass es die Sowjetunion war, welche dabei half, den größten Teil der Kolonialfesseln abzustreifen. Und übrigens auch, dass es China war, das sich nie in innere Angelegenheiten eines Staates eingemischt hatte. Und so weigert sich Afrika trotz erheblichen Druckes, den imperialen Vorgaben zu folgen. Dafür müssen sie natürlich büßen.

Dennoch ist dies der Beginn eines erneuten Zerreißens diesmal postkolonialer Ketten. Und inzwischen sind Weltbank und IWF nicht mehr alternativlos. Die BRICS-Länder haben eine eigene Entwicklungsbank auf die Beine gestellt, die noch nicht so aktiv wie die westlichen Vorbilder ist, aber zunehmend zu einer Konkurrenz wird. Und nicht zuletzt sind es chinesische Aktivitäten, welche genau das Gegenteil der westlichen Grundsatzpolitik anstreben. Durch Infrastrukturmaßnahmen, Aufbau von Industrien zur Erhöhung der Wertschöpfung im eigenen Land, und durch Handelsmöglichkeiten, sollen Länder in die Lage versetzt werden, Wohlstand zu generieren, um ein Teil dieses Wohlstandes dann in chinesischen Waren zu investieren.

Allerdings, das erlebe ich gerade in Namibia, muss China dabei auch Rückschläge hinnehmen. In erster Linie verursacht durch chinesische Unternehmer, denen weniger die langfristige chinesische Politik, als vielmehr kurzfristiger Profit am Herzen liegt. Und so wird in Windhuk gegen Chinesen demonstriert, die keine inländischen Bankkonten unterhalten sollen, um keine Steuern im Land zu zahlen, sondern angeblich Bargeld kofferweise nach China schicken, oder gegen Unternehmen, welche illegale chinesische Arbeiter beschäftigen und die arbeitsrechtlichen Mindeststandards nicht einhalten. Von einem Zementhersteller wird kolportiert, er habe durch Dumpingpolitik den deutschen Konkurrenten zur Aufgabe gezwungen und beherrsche nun den Markt. China muss aufpassen, dass solche Entwicklungen nicht ihre globalen Pläne torpedieren.

Russlands Rolle

Russland hat nicht die wirtschaftliche Kraft Chinas, steht aber in der aus afrikanischer Sicht grundsätzlich positiv gesehenen Geschichte der Sowjetunion als Erbe der Unterstützer der Unabängigkeitsbestrebungen der afrikanischen Länder. Und Russland wird als Land geachtet, welches es schafft, einem mehr als 20-fach überlegenen Gegner die Stirn zu bieten und seine Unabhängigkeit zu wahren. Von Russland wird nicht nur erwartet, dass es dabei hilft die restlichen kolonialen Fesseln abzuschütteln. Sondern, so erklärte mir ein anonym bleiben wollender junger afrikanischer Politiker, dass es sich diplomatisch und militärisch einbringt, um den neuen Anlauf zur Selbständigkeit nicht wieder durch neue Fesseln verliert, also nicht die Abhängigkeit vom westlichen Imperium mit seinen Krediten und Waffen gegen eine Abhängigkeit von Chinas Wirtschaft eintauscht.

Für Russland ist Afrika nicht nur ein hervorragender Absatzmarkt für seine Militärindustrie, wodurch diese in die Lage versetzt wird entwicklungstechnisch nicht in Rückstand gegenüber dem 20-fachen Budget westlicher Staaten zu geraten. Sondern Russland erntet die Früchte der Sowjetunion auch hinsichtlich der Ausbildung eines Teils der neuen Elite des Kontinents. Und letztlich ist es Labsal auf die geschundene russische Seele, zu erkennen, dass man auch als Vorbild hinsichtlich Selbstbestimmung von Nationen dient.

Brennpunkt Mali

Seit über einem Jahrzehnt kämpfen französische Soldaten gegen Islamisten, welche aber erst durch die Zerstörung Libyens durch die NATO in die Lage versetzt worden waren, dort maßgeblich Einfluss zu gewinnen. Bei diesem Krieg, so die Vorwürfe Malis, töteten französische Einheiten so viele Zivilisten, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem Militär, welches angeblich versucht eine Versöhnungspolitik zu betreiben, unmöglich wurde. Als Frankreich auf eine Veränderung der Einsatzbefehle nicht zufriedenstellend geantwortet habe, beschloss die nach einem Putsch entstandene Übergangsregierung Frankreich aus dem Land zu komplementieren. Wobei Frankreich weiter den Luftraum Malis benutzte wie den eigenen. Sehr zum Ärger Malis, versteht sich.

Mail verabschiedete sich auch aus einer „Sicherheitsverbindung“ mit anderen afrikanischen Staaten, die unter dem Druck Frankreichs zustande gekommen war. Vijay Prashad schrieb im Globetrotter:

„Der Austritt von Mali war unvermeidlich. Das Land ist durch die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) forcierte Sparpolitik und durch Konflikte, die sich über die gesamte Länge dieses Landes mit mehr als 20 Millionen Einwohnern erstrecken, zerrissen worden. Nach zwei Staatsstreichen in Mali in den Jahren 2020 und 2021 wurden Wahlen versprochen, die jedoch nicht in Sicht zu sein scheinen. Regionale Gremien wie die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) haben ebenfalls harte Sanktionen gegen Mali verhängt, was die wirtschaftlichen Probleme der malischen Bevölkerung noch verschlimmert hat.“ (6)

Der Artikel weist darauf hin, dass in der Erklärung des malischen Militärs das institutionelle Abdriften in der G5-Sahelzone auf die “Manöver eines außerregionalen Staates zurückgeführt wird, der verzweifelt versucht, Mali zu isolieren”. Dieser “außerregionale Staat” sei Frankreich, das laut Mali versuche, die G5 Sahel für französische Ziele zu “instrumentalisieren”.

Die fünf Mitglieder der G5 Sahel seien allesamt ehemalige französische Kolonien, welche die Franzosen durch antikoloniale Kämpfe vertrieben hatten und nun versuchten, ihre eigenen souveränen Staaten aufzubauen. Diese Länder wurden Opfer von Mordanschlägen (z. B. auf den ehemaligen Staatschef von Burkina Faso, Thomas Sankara, im Jahr 1987), mussten sich mit Sparprogrammen des IWF auseinandersetzen (z. B. mit den Maßnahmen, die von 1996 bis 1999 gegen die Regierung des ehemaligen Präsidenten von Mali, Alpha Oumar Konaré, ergriffen wurden) und sahen sich mit der Wiedererlangung der französischen Macht konfrontiert (z. B. als Frankreich 1990 Tschads Marschall Idriss Déby gegen Hissène Habré unterstützte).

Nach dem auch von Frankreich initiierten NATO-Krieg gegen Libyen im Jahr 2011 und der damit verbundenen Destabilisierung habe Frankreich mit der Operation Barkhane militärisch in Mali interveniert und anschließend – gemeinsam mit dem US-Militär – in der gesamten Sahelzone im Rahmen der G5-Sahel-Plattform Krieg geführt, erklärt der Autor.

Auf Grund der Erfolge Russlands in der Terrorbekämpfung in Syrien, bei gleichzeitiger Befriedung durch Versöhnung, erschien den von US aber auch deutschem Militär ausgebildeten Putschisten das Land offensichtlich ein besserer Partner. Und so lud man nun russische Militärberater ein, welche die Soldaten u.a. „an neuen russischen Waffen ausbilden“ sollen. Worauf westliche Organisationen und Regierungen zu Vorwürfen von Kriegsverbrechen russischer Kräfte in Verbindung mit denen der Putschisten, welche eine EU-hörige Regierung gestürzt hatten, übergingen. Wir dürfen raten, wie die Entwicklung weiter gehen wird. Wer die Geschichte Syriens kennt, kann vermuten, was passieren wird.

Kaum jemand in Deutschland weiß, dass der Außenminister Malis am 20. Mai seinen Amtskollegen Lawrow in Moskau besuchte, und sicher auch nicht, dass das Briefing der russischen Seite sicher sehr aufschlussreich für den Außenminister Malis war. Die verlorenen Angriffskriege westlicher Länder in Kooperation mit Golfdiktaturen gegen Syrien, und der unerklärte Krieg Kiews gegen Teile des eigenen Landes im Osten, der nun von Russland versucht wird zu beenden, markieren eindeutig einen Wendepunkt in der Dominanz des Westens. Und die derzeitige Verhaftungswelle gegen Kriegsverbrecher ukrainischer Neo-Nazi-Gruppen ist ein weiterer Meilenstein. Einer, der die Straflosigkeit der Akteure im Dienste der NATO beendet. Leider sind es wieder nur die „kleinen Fische“, die vor Gericht gestellt und abgeurteilt werden.

All das wird in Afrika aufmerksam beobachtet. Zwar beherrschen auch hier die wichtigen Nachrichtenagenturen die Inhalte der internationalen Nachrichten, aber gerade die Intelligenz der Länder weiß sich zu informieren.

Mali, Russlands Rollout?

Was in Mali passiert ist ja durchaus nichts Neues. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass es der erste Fall eines Rollouts der Einflussnahme im Rahmen russischer Diplomatie zu Lasten alter Kolonialstaaten ist, dessen Test vorher in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) stattfand. Selbst die Friedrich Ebert Stiftung, eine Denkfabrik und PR-Firma der regierenden SPD kann nicht umhin zu konstatieren:

„Die ZAR schien dabei die Blaupause für eine Neuorientierung afrikanischer Staaten auf der Weltbühne zu geben, welche sich nun in Mali reproduziert.“ (2)

Der Artikel stellte fest, dass die Regierung der ZAR rational handelte, dass die Bevölkerung die russischen Aktivitäten begrüßten, und dass möglicherweise der Grundstein für eine dauerhafte Partnerschaft gelegt wurde. Allerdings kommt der Artikel nicht aus, ohne auf „vermehrte Gräueltaten an der Bevölkerung“ hinzuweisen. Was man ja bereits aus Syrien kennt. Und natürlich wurde behauptet, dass Medienberichte von russischen Akteuren stammten und pro-russische oder anti-europäische Demonstrationen „inszeniert“ seien. Diese Manipulation muss so groß sein, dass der Autor feststellte, dass ihn der Ausmaß an öffentlicher Zustimmung erstaunte. Wobei mich weder sein Erstaunen, noch die Zustimmung überrascht.

Dann erwähnt er Diebstahlvorwürfe gegen russische Söldner, allerdings nicht ohne fairerweise zu erklären, dass diese auch gegen französische und UN-Truppen erhoben wurden, aber in diesen Fällen natürlich vollkommen unberechtigt.

Um den Einfluss Russlands zurückzudrängen, und die Regierung zu einem Bruch mit dem Land zu bewegen, müsse man ein umfangreiches Trainings- und Logistiknetzwerk der EU und der UN aufbauen und weitere Maßnahmen ergreifen. Ob die Menschen im Land lieber mit Russland, statt mit alten Kolonialmächten kooperieren wollen, interessiert den Autor nicht, ganz im Geiste der alten kolonialen Gedanken, man müsse den Wilden die Zivilisation bringen.

Die Konterstrategie des Imperiums

Chinas Projekt einer modernen Seidenstraße kann vielen Entwicklungs- und Schwellenländern unglaubliche Chancen bieten. Chancen eigene Industrien aufzubauen und leichter in den Handel mit der Welt einzutreten. China investiert selbst ungeheure Summen, insbesondere in Häfen, Straßen und andere Infrastrukturmaßnahmen und vergibt ultragünstige Kredite, damit Länder selbst ihre Infrastruktur und Industrie aufbauen kann. Im Gegenzug verschärften aber IWF und Weltbank die Kreditbedingungen, weil Länder ja wegen der chinesischen Kredite „überschuldet“ wurden, was dazu führte, dass z.B. Sri Lanka plötzlich Probleme bekam Lebensmittel und Treibstoffe zu importierten. Aber natürlich war China Schuld an der Krise (3).

Kredite sind nur gut, wenn sie vom Westen vergeben werden, und mit Auflagen natürlich. Zwei der wichtigsten sind der Abbau von Zöllen zum Schutz der eigenen entstehenden Industrie und der Abbau von Sozialleistungen. Was zum Beispiel Indien, als man das Ende der Subventionierung von Grundlebensmitteln verlangte, dazu bewog auf einen Freihandelsvertrag zu verzichten. Oder was einem anderen Land Afrikas ernsthafte Schwierigkeiten bereitete, als der Präsident versuchte einheimische Geflügelbauern vor der zerstörerischen Konkurrenz der westlichen Hühnerindustrie zu schützen.

Wenn Bundeskanzler Scholz in diesen Tagen nach Afrika reist, ist das ein Beleg für die Vermutung, wo sich der nächste Wettbewerb der Systeme abspielen wird. Die Tatsache, dass das US-Hauptquartier für Afrika in Deutschland sitzt, weil kein afrikanisches Land es beherbergen wollte (4), sollte darüber hinaus zum Nachdenken anregen.

Afrikas Sicht

Afrikas Sicht auf die Weltpolitik erkennt man an der Gewichtung von Nachrichten über „Internationales“. Da Namibia nicht unbedingt zu den am meisten von Hunger bedrohten Ländern bei anhaltendem Konflikt zwischen Russland und den USA in der Ukraine gehört, wurde dieser Krieg erwartungsgemäß in den englischsprachigen Zeitungen eher nachrangig berichtet. Stattdessen stand am 23. Mai, wenn auf der Internetseite der größten namibischen Tageszeitung auf „Internationale Nachrichten“ klickte, an erster Stelle der internationalen Nachrichten die Tötung der Journalistin Shireen Abu Akleh in Palästina durch israelische Kräfte. Die Zeitung brachte einen Bericht von Al Jazeera vom 12. Mai, welcher aus Sicht Katars eher die Position Palästinas vertritt. Palästina wird als Bruderland wahrgenommen, was ebenso um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung kämpft wie einst die Rebellen der SWAPO oder die Freiheitskämpfer der ANC gegen die südafrikanische Apartheid. Es folgten Berichte über Apartheidnachwehen in Südafrika und Unwetterkatastrophen dort.

Gibt man mit der Suchfunktion „Ukraine war“ ein, stößt man auf einen aktuellen Artikel vom 23. Mai, der aber im Wesentlichen den Ukraine-Krieg nur als einen der Auslöser für die wirtschaftlichen Probleme des Landes erwähnt. Liest man die folgenden Sätze, wird man sofort an das Buch „Die belagerte Welt“ von Kees van der Pijl erinnert, und daran, wie er eine der Ursachen der staatlichen Corona-Restriktionen als Reaktion auf die zunehmenden Forderung der Menschen nach Partizipation bei Anbruch der nächsten wirtschaftlichen Revolution identifizierte:

„Das Ausmaß dieser Massendemonstrationen stellt kurz- und mittelfristig eine kritische Bedrohung für die heimische Wirtschaft in einem Land dar, das mit am stärksten von der Pandemie und der internationalen Finanzkrise betroffen ist.

Das traditionelle System der Machtausübung von oben nach unten wird zunehmend in Frage gestellt. Es gibt eine soziale Revolution mit einer wachsenden Nachfrage nach partizipativer Demokratie. Es ist wichtig zu wissen, dass zivile Unruhen den wirtschaftlichen Aufschwung stören.“ (5)

In Ländern, die Kriege führen, verstummt diese Forderung meist, oder wird sie unter Kopfnicken vieler Menschen zum Verstummen gebracht. Siehe Syrien, das froh ist, einen Präsidenten zu haben, der im Krieg nicht weglief und höchstem Druck standhielt, siehe Ukraine, in der die Opposition medial und politisch ausgeschaltet wurde, und Serien von Morden an Oppositionellen unbeachtet bleiben, siehe Russland, welche durch den Krieg und den Sanktionen des Westens von einem patriotischen Fieber erfasst wurde. Leider wissen genau das auch die politischen Führungskräfte Deutschlands. Hoffen wir, dass sie diese Karte nicht ziehen werden, sondern dass sie sich mit der Pandemie-Disziplinierung der Massen zufrieden geben.

Aber zurück zur Sicht Afrikas. Natürlich gibt es keine einzige Sicht dieses riesigen Kontinents mit seinen unendlich vielen unterschiedlichen Interessen. Aber es gibt etwas, das sie eint. Das ist der Kampf gegen die Nachwirkungen des Kolonialismus. Und so hört man in Gesprächen mit schwarzen Intellektuellen in letzter Zeit, dass sie froh seien, dass die USA nun gezwungen sind, mehr Soldaten nach Europa zu schicken, und außerdem mit China beschäftigt ist, weil sie hoffen, so unter dem Radar des Imperiums zu bleiben, wenn sie beginnen sich zu emanzipieren.

Fazit

Wenn ich die Situation heute in Afrika mit der vor 30 oder 40 Jahren in Südostasien oder China vergleiche, erkenne ich in vielen Fällen den Wunsch und Willen, die Vergangenheit abzuschütteln und etwas Neues und Eigenständiges aufzubauen. Und offensichtlich sind die ehemaligen Kolonialstaaten inzwischen nicht mehr in der Lage diese Länder zu dominieren. China und Russland stehen in den Startlöchern, um Afrika zu einem Partner in einer neuen multipolaren Welt zu machen. Es wird kein zweites Libyen geben. Und für Afrika kann der Ukraine Konflikt für Ablenkung sorgen, hinter dem sie weiter an der Unabhängigkeit arbeiten können.

Quellen:

(1) https://www.freidenker.org/?p=13160

(2) https://www.ipg-journal.de/regionen/afrika/artikel/wacklige-partnerschaft-5944/

(3) https://thediplomat.com/2022/05/china-becomes-wild-card-in-sri-lankas-debt-crisis/

(4) https://www.deutschlandfunk.de/internationale-politik-nur-einen-kleinen-fussabdruck-in-100.html

(5) https://www.namibian.com.na/112804/read/Namibia-Cost-of-Living-Crisis-Deepens

(6) https://www.scoop.co.nz/stories/HL2205/S00040/is-this-the-end-of-the-french-project-in-africas-sahel.html

(7) https://www.politikchronist.org/index.php/shop/product/72-greta-klima-und-corona-paperback.html

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Igor Link / shutterstock

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