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Die wahren Kriegsgründe

Published On: 3. Juni 2022 15:00

Von Pepe Escobar

„Was sind das für Wurzeln, die krallen, was für Äste wachsen

Aus diesem steinernen Schutt? Menschensohn,

Du ahnst es nicht und kannst nicht wissen, du siehst doch nur

Einen Haufen zerbrochener Bilder, wo die Sonne sticht

Und der tote Baum kein Obdach bietet, die Grille keine Hilfe

Und der trockene Stein kein Wassergeräusch. Nur

Dort ist Schatten unterm roten Fels

(Komm in den Schatten unterm roten Fels),

Und ich werde dir etwas zeigen, das anders ist als

Der Schatten, der dir morgens nachläuft,

Und als der Schatten, der dich abends einholt;

Ich zeig dir die Angst in einer Handvoll Staub.“

— T. S. Eliot, Das öde Land, Teil I: Das Begräbnis der Toten, 1922 (1).

Dieser flüchtige Blick auf die „Angst in einer Handvoll Staub“, den der Kommandeur der Strahlen-, chemischen und biologischen Abwehrtruppen Russlands Igor Kirillow diese Woche vorlegte, gilt bereits als einer der großen Durchbrüche des jungen 21. Jahrhunderts.

Die vorläufigen Ergebnisse der Beweissicherung bezüglich der Arbeit der US-Biowaffenlabore in der Ukraine sind einfach erstaunlich. Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse:

  1. Zu den US-Biowaffenideologen gehört auch die Führung der demokratischen Partei. Durch Verbindungen mit gewissen Biotech-NGOs und gestützt auf Fonds der Clintons, Rockefellers, Soros und Bidens konnten sie zusätzliche Gelder für ihren Wahlkampf mobilisieren — sorgfältig verschleiert. Parallel dazu schufen sie die gesetzliche Grundlage für die Finanzierung des Biowaffenprogramms direkt aus dem Bundeshaushalt.
  2. Auch die Covid-19-Impfstoffhersteller Pfizer und Moderna sowie Merck und Gilead — Donalds berühmte „bekannten Unbekannten“ mit engen Beziehungen zum Pentagon — waren direkt beteiligt.
  3. In den ukrainischen Biolaboren testeten US-Spezialisten neue Medikamente unter Umgehung von internationalen Sicherheitsstandards. Wie Kirillow erklärt, „reduzieren westliche Firmen auf diese Weise drastisch die Kosten ihrer Forschungsprogramme und sichern sich signifikante Wettbewerbsvorteile“.
  4. Kirillow zufolge „sind neben US-Pharmafirmen und Pentagon-Kontraktoren auch ukrainische Regierungsstellen in militärische Biotechnologieprojekte involviert, mit dem Hauptziel, illegale Aktivitäten zu verbergen, Feldversuche und klinische Studien durchzuführen und das benötigte Biomaterial bereitzustellen.“
  5. Das Pentagon, so Kirillow, „weitete sein Forschungsgebiet nicht auf die Produktion von Biowaffen aus, sondern sammelte auch Informationen über Antibiotikaresistenzen und das Vorhandensein von Antikörpern gegen bestimmte Krankheiten in der Bevölkerung bestimmter Regionen. Das Testzentrum in der Ukraine lag praktisch außerhalb der Kontrolle der sogenannten internationalen Gemeinschaft.“

Diese Erkenntnisse, die ausführlich dokumentiert sind, deuten auf eine weitverzweigte, „legitimierte“ Biowaffengaunerei hin, die bis in die höchsten Ebenen des amerikanischen Politikbetriebes reicht. Es besteht kein Zweifel, dass die Russen beabsichtigen, dies vor der Weltöffentlichkeit gründlich aufzudecken, beginnend mit einem Kriegsverbrechertribunal, das in diesem Sommer, höchstwahrscheinlich in Donezk, einberufen werden soll.

Ein aktives US-Biowaffenprogramm in der Ukraine war einer der drei Hauptgründe für die Durchführung der Operation Z (2), neben der Verhinderung eines drohenden, von der NATO organisierten Blitzkrieges gegen den Donbass und dem Wunsch Kiews nach Wiederauflage eines eigenen Atomwaffenprogramms. Für Russland sind dies die drei wichtigsten „roten Linien“.

Die Stärke des gesammelten Belastungsmaterials könnte im direkten Zusammenhang mit dem stehen, was viele als eine maßvolle Rede Präsident Putins zum Tag des Sieges bezeichneten. Der Kreml blufft nicht. Mit Sicherheit wird er die sorgfältige Darstellung der Fakten — zum Thema Biowaffen — den Vorrang vor einer rhetorischen Showeinlage geben.

Der stellvertretende Ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen Dmitry Polyansky kündigte an, dass Russland eine offene Sitzung des UN-Sicherheitsrates fordere, um weitere Beweise für US-Biolabors in der Ukraine vorzulegen. Selbst wenn die USA ihr Veto gegen die Sitzungeinlegen sollte, wird Russland die Beweise in den UN-Akten ablegen.

Diese Entwicklungen sind ein weiteres Indiz dafür, dass es zwischen Russland und dem Westen absolut keinen Spielraum mehr für Diplomatie gibt, wie Polyansky selbst angedeutet hat, als er die mögliche Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union (EU) kommentierte:

„Die Situation hat sich nach der Aussage von Mister Borrel, dass ‚dieser Krieg auf dem Schlachtfeld gewonnen werden sollte‘, und aufgrund der Tatsache, dass die EU der größte Waffenlieferant (an die Ukraine) ist, geändert.“

Doch es kommt noch schlimmer. Das nächste Kapitel ist Finnlands Bestreben, der NATO beizutreten.

Die Amerikaner setzen darauf, dass Finnlands — und Schwedens — NATO-Beitritt Putins Operation Z völlig diskreditieren wird, da sie in strategischer Hinsicht so gut wie nichts bewirkt hat: Schließlich werden in naher Zukunft potenzielle, in Finnland und Schweden stationierte US-Hyperschallraketen sehr nahe bei Moskau und St. Petersburg stehen.

In der Zwischenzeit wird die von den Russen betriebene Aufdeckung des Biowaffen-Komplotts einen giftigen Teil von Amerikas Politeliten dazu veranlassen, ihre Kriegstreiberei auf Hochtouren zu bringen.

All das folgt einem sorgfältig durchkalkulierten Skript. Zunächst veranlassten die das Biowaffenprogramm überwachenden „Eliten“ den massiven Artilleriebeschuss des Donbass Anfang Februar durch Kiew. Damit wurde der Kreml in Zugzwang gebracht und zur Einleitung der Operation Z gedrängt.

Dabei sollten wir immer daran denken, dass das Hauptziel des US-Plans, die Ukrainer seit 2014 für den Krieg zu rüsten, darin bestand, Deutschland von Russland zu entfremden — da Deutschland de facto das Euroland wirtschaftlich kontrolliert.

Die imperiale Kontrolle über die Weltmeere gestattet dem Imperium, Deutschland nach Belieben in die Abhängigkeit treiben, indem es von der russischen Energielieferung abgeschnitten wird — wie es die Briten während des Zweiten Weltkriegs mit Deutschland machten, als Britannia noch die Meere beherrschte. Die Wehrmacht konnte ihre motorisierten Armeen nicht mit Treibstoff versorgen. Theoretisch müssen Deutschland und die EU nun ihre Rohstoffversorgung aus Übersee beziehen — und dabei ganz in der Hand der USA.

Das ferngesteuerte Kiewer Regime, das von Fanatikern des (ukrainischen Geheimdienstes) SBU und Asow-Neonazis regiert wird, macht es noch schwieriger, indem es den Gastransport aus Russland durch die Ukraine nach Europa unterbricht, sodass der Gesamtfluss um mehr als ein Drittel reduziert wird.

Das kommt einem Erpressungsmanöver der USA gleich, um die EU zu zwingen, die Bewaffnung der Ukraine gegen Russland weiter zu forcieren. Die unmittelbaren Konsequenzen für Deutschland und die EU werden verheerend sein — von enormen Heiz- und Stromkosten bis hin zur Stilllegung von ganzen Industriezweigen.

Russland wird unterdessen ein leistungsfähiges Pipelinenetz nach China und Ostasien bauen sowie Hochgeschwindigkeitsstrecken, um alle seine Rohstoffe zu transportieren.

Ein Rückschlag gegen die Amerikaner bleibt jedoch möglich. Es sind schon seltsamere Dinge passiert. Wenn der Gastransit durch die Ukraine nach Europa ganz abgeschnitten wird, gibt es keine Alternativen. Und so ein Fall — vorausgesetzt, es gibt in Berlin noch brauchbare Intelligenz — würde den Weg für eine Neuverhandlung über die Zukunft von Nord Stream 2 bereiten.

Wie der Leiter des Zentrums für Energieentwicklung Kyrill Melnikow bemerkt, ist „die Gaspipeline Jamal-Europa praktisch ungenutzt und eine der beiden Röhren von Nord Stream 2 ist einsatzbereit, obwohl die deutsche Behörde noch keine Genehmigung für die Inbetriebnahme erteilt hat“ (3).

Das veranlasste Melnikow zu einem bemerkenswerten Kommentar:

„Wenn die gekauften Mengen gleich bleiben, wird Deutschland wohl dringend gezwungen sein, eine der beiden Röhren von Nord Stream 2 zu öffnen, um die Transitroute durch die Ukraine zu ersetzen.“

Bisher hat noch keiner sein Geld verloren, der auf die erstaunliche Dummheit der eurokratischen Entscheidungsfindung gewettet hat. Selbst angesichts ihres wirtschaftlichen Selbstmordes bleibt die EU wild entschlossen, aus russischem Öl „auszusteigen“. Doch ein vollständiger Ausstieg ist wegen der Energieknappheit in Osteuropa unmöglich.

Jeder unvoreingenommene Energieexperte weiß, dass sich russisches Öl, aus einer Reihe von Gründen, nicht ersetzen lässt: Der OPEC+-Vertrag, die grausige Kluft zwischen Washington und Riad, die endlosen JCPOA-Neuverhandlungen, in der sich die Amerikaner wie kopflose Hühner aufführen, und die einfache Tatsache — die jenseits des Horizonts der Eurokraten liegt — dass die europäischen Raffinerien für Öl aus dem Ural ausgelegt sind.

Gerade als wir dachten, wir könnten den Sommer genießen, indem wir Europa zusehen, wie es Harakiri begeht, wird es Zeit, sich mit Aperol Spritz einzudecken. Machen Sie sich bereit für eine Erfolgsserie, Staffel 1: „Innenansichten des amerikanischen Biowaffenkomplotts.“


Pepe Escobar ist brasilianischer Enthüllungsjournalist und geopolitischer Analytiker. Er berichtet seit 1985 als Auslandskorrespondent aus vielen Teilen der Welt und lebte in London, Paris, Mailand, Los Angeles, Washington, Bangkok und Hong Kong. Escobar schreibt regelmäßig für die Online-Zeitung Asia Times.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien am 13. Mai 2022 mit dem Titel „Empire of Bioweapon Lies“ bei The Saker und wurde vom ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektorat lektoriert.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Übersetzung aus: T. S. Eliot, The waste land — Das öde Land, zweisprachige Ausgabe englisch und deutsch, übertragen von Norbert Hummelt, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, Seite 9 und 11.

(2) Anmerkung des Übersetzers: „Operation Z“ ist des Autors Bezeichnung für die am 24.2.22 gestartete „spezielle Militäraktion“ Wladimir Putins. Dabei waren viele Militärfahrzeuge mit einem überdimensionalen Buchstaben Z markiert.

(3) Anmerkung des Übersetzers: Zurzeit ist es aber nicht die Bundesnetzagentur, die auf der Leitung steht, sondern Bundeskanzler Scholz hat höchstpersönlich das Genehmigungsverfahren auf Eis gelegt.

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