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Frankreich: Wie Macrons Minister ihr Versagen in Sachen öffentlicher Sicherheit verschleiern wollen

Published On: 11. Juni 2022 19:02

Ein Fußballspiel in Paris erregt noch immer die Gemüter. Vor dem Stade de France waren tausende Fans zum Opfer von Tränengas und Diebstahl geworden. Macrons Minister verschleierten das Geschehen. Die Rechte dringt auf Erklärungen, die teils offen zu Tage liegen: Frankreich ist kein sicherer Ort mehr – auch für viele Franzosen.

Eigentlich sollte es ein Testlauf für die Durchführung der Olympischen Sommerspiele im Sommer 2024 sein. Aber am Rande des Fußballspiels Real Madrid gegen Liverpool kam es zu chaotischen Szenen vor dem Stade de France in Saint-Denis bei Paris. Vor geschlossenen Drehkreuzen sammelten sich ungeheure Menschenmassen an, die dort über Stunden aushalten mussten. Am Ende setzten Polizisten Tränengas ein und schlugen mit ihren Schilden auf die Fans ein.

Vor dem französischen Senat sprach Innenminister Gérald Darmanin von „betrunkenen“ und „gewalttätigen“ Liverpool-Fans, Hooligans quasi. Das Netz barst derweil vor verprügelten Gesichtern. Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra (seit Mai im Amt, seit vielen Jahren mit Macron befreundet und mit dem CEO der Société Générale verheiratet) beklagte, von den Liverpool-Fans hätten viele gar keine oder nur gefälschte Eintrittskarten gehabt. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft stellte später klar, dass die gefälschten Tickets nicht das Hauptproblem waren, eher schon der Mangel an Polizisten. Was der Innenminister offenbar nicht zur Kenntnis nehmen wollte: Das Frankreich von 2022 ist ein anderes als das vor 25 Jahren, als das Stade de France eröffnet wurde.

She was simply making the point that France and society in general has changed a lot since 1998 when the Stade de France was opened.

— Daniel Austin (@_Dan_Austin) June 1, 2022

Im britischen Online-Magazin Metro sagte eine Liverpool-Unterstützerin, sie habe befürchtet, dass Menschen in dem Massenchaos zu Tode kämen. Die überforderte Polizei setzte demnach Pfefferspray, Tränengas, Schlagstöcke und Schilde gegen die Fans ein, um sie gewaltsam zurückzudrängen. Viele wurden dabei in Ecken und nah an die Brüstung einer Brücke gedrängt. Als Krönung des Geschehens stürmten wahre „Horden von Jugendlichen, offenbar Ortsansässige“ auf die Briten ein: einige Mädchen auch, aber vor allem junge, schlanke Männer um die zwanzig.

Auf allen Seiten griffen sich die Jugendlichen, was sie von den Fans bekommen konnten, Uhren, Handtaschen. Die 50-jährige Stephanie Zinser hielt sich an ihren jüngeren Begleiter. Ordner oder Polizisten waren nun weit weg. Es fühlte sich wie ein Spießrutenlauf an, „als ob wir den Wölfen zum Fraß vorgeworfen würden“. Für Zinser war das eindeutig eine abgesprochene Aktion der vielleicht 200 jugendlichen Täter.

Auch spanische Fans berichten von ähnlichen Szenen. Was die französischen Minister dazu sagten, muss unter diesen Umständen als grobe Irreführung der Bürger und Finte gesehen werden. Durch den Verweis auf angeblich gewaltbereite Liverpool-Fans wird das Versagen des französischen Staates bei der Wahrung der öffentlichen Ordnung und der Abwendung von ganz gewöhnlichem Straßenraub übertüncht.

Éric Zemmour: Saint-Denis, wo Kriminelle das Gesetz machen

Man kommt nicht umhin, vor allem beim Pariser Vorort Saint-Denis an die dort ansässige nordafrikanische Bevölkerung zu denken. Ein Polizeibeamter sagte: „Ich habe so etwas noch nie gesehen, Mannschaften von Maghrebinern aus Barbès (eine Metro-Station im Pariser Norden), aus Saint-Denis … Frauen wurden an der Brust berührt, ihre Taschen wurden ihnen entrissen.“ Auch Minderjährige sollen von den Angreifern begrapscht worden sein.

Éric Zemmour sprach im Figaro von „Gesindel“, das das Gesetz dieser Landesteile aufstelle: „Vorstädter, Plünderer, Diebe und tutti quanti“. Weder die britischen Fans noch die französischen Polizisten seien das Problem gewesen. Vielmehr sei das Département Seine-Saint-Denis „weitgehend eine ausländische Enklave“ geworden: „Man spricht kaum noch Französisch dort, kleidet sich nicht mehr wie in Frankreich, auch die Sitten sind kaum noch französisch“. Guillaume Peltier, Parteigefährte Zemmours, sagte, die Polemik rund um den Burkini in Grenoble ebenso wie die inakzeptablen „Lügen der Regierung zum Stade de France“ gäben Zemmour recht. In seinen jüngsten Interventionen fordert Zemmour ein Frankreich, das wieder ein „safe room“ für die Franzosen sei.

Pariser Polizeipräfekt: Das Bild Frankreichs wurde erschüttert

Inzwischen räumt auch der Pariser Polizeichef Didier Lallemant „ein Versagen“ der Polizei ein. Das Bild Frankreichs sei durch die Bilder erschüttert worden. Immerhin seien Schwerverletzte vermieden worden, das Fußballspiel habe stattfinden können. 230 Verletzte hat es aber offenbar gegeben. Tränengas sei in solchen Fällen das einzige Mittel, um Menschenmassen zum Rückzug zu bewegen, sagte der Polizeipräfekt. Lallement beharrte auch auf der Zahl von 30.000 bis 40.000 Fans ohne Eintrittskarten.

Laut Online-Umfragen glauben 94 Prozent der Franzosen, dass Darmanin die Unwahrheit zu den Vorgängen am Stade de France gesagt habe. 89 Prozent fordern demnach den Rücktritt des Innenministers, der von den Républicains zur Macron-Partei gestoßen ist. Die linke Libération zeigte Darmanin mit Pinocchio-Nase. Auch der Sportministerin wird das Versagen Frankreichs vor den Augen der Welt zur Last gelegt.

Nun wurde auch noch Video-Material aus dem Umfeld des Stadions gelöscht, angeblich weil es nicht rechtzeitig zur Auswertung angefordert wurde. Für Marine Le Pen ist das – mitten im Wahlkampf wegen der Parlamentswahlen an diesem und dem kommenden Wochenende – kein Zufall, sondern Absicht. Beweismittel seien vernichtet worden: „Ich wage nicht zu glauben, dass die, die uns regieren, in diesem Maße inkompetent wären.“ Die Sache müsse vollständig aufgeklärt, ausgeleuchtet werden.

Daneben rief Le Pen die „populären und mittleren Klassen“ nachdrücklich auf, zur Wahl zu gehen. Sie litten am meisten unter der Politik Macrons und der von ihm angeführten Parteienallianz. Daneben fordert Le Pen freilich einen Stopp der „massiven und anarchischen Einwanderung“ nach Frankreich. 95 Prozent der Straßenkriminalität gehe letztlich auf die Immigration zurück.

Parlamentswahlen, erste Runde: Die Recht uneins, Macrons Mehrheit wackelig, Le Pen vielleicht auf der Siegerstraße

Dies ist das Klima, in dem die letzten Tage des Wahlkampfes in Frankreich stattfinden. Ob es Einfluss auf das Ergebnis haben wird, scheint indes unsicher. Die „Einheit der Rechten“, die Zemmour und sein Adlatus Peltier sich auf die Fahnen geschrieben haben, ist noch weit weg, vielleicht zehn oder 15 Jahre.

Die Parteien rechts der Mitte verkämpfen sich so. Ihnen wird in Umfragen zum ersten Wahlgang ein gutes Drittel der Stimmen zugesprochen, eher schon 35 Prozent. Doch aus dem zweiten Wahlgang könnten sie dennoch nur mit etwas über 100 von den insgesamt 577 Sitzen herausgehen. Das nennt man wohl hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben.

So wird das Feld den Linken von NUPES und dem Präsidentenwahlverein Ensemble überlassen, wobei der letztere um seine absolute Mehrheit fürchten muss. Für diesen Fall wird auch die Hinzugewinnung der Sozialisten oder Grünen diskutiert, die trotz ihrer Beteiligung an NUPES, der „Neuen sozial-ökologischen Volksunion“, unabhängig seien.

Für Marine Le Pen könnte die Wahl aber trotzdem zum Erfolg werden. Ihr Rassemblement national (RN) könnte sich von derzeit sieben Sitzen deutlich verbessern. In den neuesten Umfragen zur zweiten Runde werden 20 bis 60 Sitze für das RN für möglich gehalten.

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