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Kultur-Kompass: „Wie wir unfrei werden“

Published On: 19. Juni 2022 14:00

Sind wir unfrei? Leben wir in einem totalitären System, ohne es zu wissen? Eben diesen Fragen widmet sich versiert die Historikerin und Bestsellerautorin Gudula Walterskirchen in ihrem Buch „Wie wir unfrei werden“.

Sind wir unfrei? Leben wir in einem totalitären System, ohne es zu wissen? Eben diesen Fragen widmet sich versiert die Historikerin und Bestsellerautorin Gudula Walterskirchen. Und mit dem Titel ihres neuen Buches liefert sie bereits die Antwort: „Wie wir unfrei werden. Der Weg zur totalitären Gesellschaft“. Warum ihr Werk dennoch lesen? Ganz einfach: Es lohnt sich.

Walterskirchen betätigt die Klaviatur der Soziologie und Sozialpsychologie im stocknüchternen decrescendo. Das mindert aber nicht ihre messerscharfen Analysen. Im Gegenteil. Bei dem andauernden medialen und aktivistischen Panikorchester im grell-ohrenbetäubenden crescendo, stellen ihre Analysen ein harmonisches Violinkonzert dar, dem man nur allzu gerne lauscht.

In eben dieser „Philharmonie“ ist es Walterskirchen ein Anliegen, „[die] ersten Anzeichen zu erkennen, die Muster aufzuzeigen und die Techniken, die totalitären Systeme anwenden, zu entlarven […]“. Das gelingt ihr auch. Doch bevor sie auf die jeweiligen Harmonien eingeht, stattet sie den Leser mit dem entsprechenden Rüstzeug aus – und bringt ihm das Notenlesen sowie den Violin- und Bassschlüssel zu lesen bei. So beschäftigt sie sich eingangs mit den wichtigsten Totalitarismus-Theorien: Hannah Arendt, Karl Popper und Carl Joachim Friedrich und Zbigniew Breziński.

Tarnung mittels Moral

Hieran anschließend geht sie der Frage nach, wie Unfreiheit überhaupt möglich sein kann. Unter anderem kritisiert sie scharf und im staccato das geläufige „Anything Goes“ unserer postmodernen Zeit. Gerade das andauernde Infragestellen des Bestehenden führe in letzter Instanz zu einer gefährlichen Umkehrung. So werde aus dem Opfer ein Täter, der Oppositionelle zum Staatsfeind erklärt oder der Freiheitskämpfer als Terrorist umetikettiert. Diese Disharmonie biete den Nährboden für totalitäre Systeme.

Jedoch müssten noch weitere Faktoren erfüllt sein. Kritisch betrachtet Walterskirchen hierbei die Subventionierung von Medienhäuser durch Politik und Unternehmen oder die zunehmend wirtschaftliche Abhängigkeit der Universitäten und Forschungseinrichtungen. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihr der grassierende China-Enthusiasmus. Versiert entlarvt sie etwa die Sympathien der Mitglieder des Weltwirtschaftsforums für die Kontroll- und Überwachungstechniken des „Land des Lächelns“. Alles andere als zum Lächeln.

Diese antidemokratische Schwäche nicht weniger Mächtiger auf der Welt, lässt Walterskirchen die Frage stellen: „Wie tarnen sich moderne totalitäre Systeme, und was sind ihre Ziele?“ Ihre Antwort: „Totalitäre Systeme tarnen sich mittels moralisch und politisch gerechtfertigter Anliegen und greifen tatsächlich Probleme oder Ungerechtigkeiten auf.“ Der grassierende Selbstoptimierungswahn wäre so ein Hinweis. Allen voran der Transhumanismus. Dessen erklärtes Ziel sei es, den Menschen so zu modifizieren, dass der Klimawandel gestoppt werden könne. Das bedeutet: der Mensch müsse kleiner werden und solle allergisch auf rohes Fleisch reagieren. Willkommen, schöne neue Welt!

Eines sicherlich nicht: Hoffnungslos

Doch was wäre diese Welt ohne den gläsernen Menschen? Genau in diesem Bereich sieht Walterskirchen einen beängstigenden Trend. Big Data stelle eine Gefahr für die Freiheit dar. Deswegen müsse das Bewusstsein für Freiheit reanimiert werden. Gleiches gelte für Werte. „Je fester ein Wertegefüge ist und je mehr ethisches Handeln und Denken eingeübt wird, desto besser sind die Chancen, dass sich totalitäre Systeme gar nicht erst etablieren können.“

Diese gesamte Analyse untermauert Walterskirchen auf etwas unter 240 Seiten mittels spannender, teils besorgniserregender Beispiele. Hierbei vermengt sie historische Ereignisse und Begebenheiten mit aktuellen gesellschaftspolitischen Geschehnissen. Die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg dürfen hierbei selbstverständlich nicht fehlen.

Trotz dieser im großen Ganzen bedenklichen Entwicklungen: „Wie wir unfrei werden“ ist alles andere als eine resignierte Ballade in Moll. Vielmehr erklingen der Wille zur Freiheit und der Mut zur Vernunft in einem melodischen Dur. Mal mehr, mal weniger im crescendo. Mal mehr, mal weniger melancholisch. Es ist durchweg ernsthaft. Zuweilen verspielt. Doch eines sicherlich nicht: hoffnungslos.

„Wie wir unfrei werden. Der Weg zur totalitären Gesellschaft“ von Gudula Walterskirchen, 2022, Wien: Seifert-Verlag. Hier bestellbar.

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