Das klare „jein“ der Türkei zum NATO-Beitritt von Schweden und Finnland

Published On: 29. Juni 2022 16:06

Deutsche Medien überschlagen sich mit Meldungen darüber, die Türkei habe dem NATO-Beitritt von Schweden und Finnland zugestimmt. Aber ist das so? Die Antwort ist jein.

Die Türkei hatte zu keinem Zeitpunkt etwas gegen den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland. Die türkische Regierung hat den sogar begrüßt, allerdings ein paar Bedingungen gestellt. Schweden und Finnland beherbergen Mitglieder der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und bieten ihnen auch politische Plattformen. Da die Türkei sich seit Jahrzehnten mit der PKK im Krieg sieht, kann die Türkei nach eigenem Empfinden der NATO-Mitgliedschaft von Ländern, die ihren Kriegsgegner unterstützen, nicht zustimmen. Außerdem haben beide Länder den Export bestimmter Rüstungsgüter in die Türkei verboten, was unter Verbündeten in einem Militärbündnis auch nicht eben normal ist.

Die Forderungen der Türkei (mehr Informationen dazu finden Sie hier) sind also durchaus nachvollziehbar, denn entweder ist man in einem Bündnis und unterstützt sich gegenseitig, oder nicht. Ein Bündnis nach dem Motto „Ja, aber“ ist kein Bündnis. Die Frage war also, ob die Türkei bei ihren Forderungen hart bleibt, oder einknickt – oder ob Schweden und Finnland einknicken und einige ihrer Gesetze ändern.

Am 28. Juni haben die Türkei, Schweden und Finnland unter Vermittlung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg ein Memorandum unterzeichnet, das die Einladung der beiden Länder in die NATO möglich macht. Der Teufel liegt dabei im Detail, aber die NATO hat ein wichtiges Ziel erreicht und die Blamage vermieden, dass die offizielle Einladung an die beiden Länder auf dem NATO-Gipfel am türkischen Veto scheitert.

Die westliche Presse hat sofort gejubelt, alles wäre geklärt. Der Spiegel zum Beispiel hat begeistert getitelt „Nato-Norderweiterung – Türkei stimmt Beitritt Finnlands und Schwedens zu

Die russischen Medienberichte waren weniger eindeutig und haben türkische Stimmen zitiert, die sagten, in dem Memorandum sei der Weg in die NATO-Mitgliedschaft aufgezeichnet worden. Die russische Nachrichtenagentur TASS zum Beispiel hat den türkischen Justizminister danach wie folgt zitiert:

„“Die Vereinbarung (das unterzeichnete Memorandum zwischen der Türkei, Schweden und Finnland, Anm. TASS) bedeutet nicht, dass der Beitrittsprozess (von Schweden und Finnland, Anm. TASS) bereits abgeschlossen ist. Es gibt einen festgelegten Prozess, und wir werden ihn beobachten“, zitierte ihn İhlas mit den Worten.“

Daher habe ich mich auf die Suche nach dem Text des Memorandums gemacht, was nicht einfach war, weil zwar viele Medien alles mögliche zitiert haben, der vollständige Text aber nur schwer zu finden ist.

Das Prozedere

Aber ich war hartnäckig und habe den Text des Memorandums schließlich in einem Artikel der türkischen Nachrichtenagentur bianet gefunden. Die Lektüre des Textes zeigt, dass die Skepsis der russischen Medien nicht unberechtigt ist, denn das Problem des türkischen Widerstandes gegen den NATO-Beitritt ist noch nicht vom Tisch. Es wurde lediglich vereinbart, es zu lösen, aber das muss erst einmal umgesetzt werden.

Dass die NATO-Staaten nun einstimmig die Einladung der beiden nordischen Länder verkünden können, bedeutet aber noch nicht, dass sie damit sofort NATO-Mitglieder werden. Den NATO-Beitritt müssen die Parlamente aller Mitgliedsstaaten der NATO ratifizieren, erst dann treten sie der NATO bei. Die Türkei kann den NATO-Beitritt also immer noch verhindern oder herauszögern, wenn sie der Meinung ist, dass die beiden Beitrittskandidaten ihre Verpflichtungen aus dem Memorandum nicht umsetzen.

Das Memorandum

In dem Memorandum verpflichten sich Finnland und Schweden nämlich zu einigem, was sie erst noch umsetzen müssen. So heißt es in Punkt 5 des Memorandum zum Beispiel:

„Finnland und Schweden bestätigen, dass die PKK eine verbotene terroristische Organisation ist. Finnland und Schweden verpflichten sich, die Aktivitäten der PKK und aller anderen terroristischen Organisationen und ihrer Ableger sowie die Aktivitäten von Einzelpersonen in angeschlossenen und inspirierten Gruppen oder Netzwerken, die mit diesen terroristischen Organisationen verbunden sind, zu verhindern. Die Türkei, Finnland und Schweden sind übereingekommen, ihre Zusammenarbeit zu verstärken, um die Aktivitäten dieser terroristischen Gruppen zu verhindern. Finnland und Schweden lehnen die Ziele dieser terroristischen Organisationen ab.“

Da die PKK in diesem Ländern – zumindest nach Meinung der Türkei – bisher frei agieren durfte, wird sich erst noch zeigen, ob die beiden Länder nun tatsächlich so gegen die PKK vorgehen, dass es die Türkei zufriedenstellt und sie bereit ist, den NATO-Beitritt der beiden Ländern auch zu ratifizieren. In Punkt 8 des Memorandum sind auch konkrete Schritte vorgesehen, an denen die Türkei das messen kann, zum Beispiel:

„Finnland und Schweden werden die anhängigen Ersuchen der Türkei um Abschiebung oder Auslieferung von Terrorverdächtigen zügig und gründlich behandeln, wobei sie die von der Türkei zur Verfügung gestellten Informationen, Beweise und Erkenntnisse berücksichtigen, und die erforderlichen bilateralen Rechtsrahmen schaffen, um die Auslieferung und die Sicherheitszusammenarbeit mit der Türkei im Einklang mit dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen zu erleichtern.“

Einladung ist nicht Beitritt

Das könnte durchaus kompliziert werden, denn dazu müssen Gesetze geändert werden. Beide skandinavischen Staaten waren bisher ein sicherer Hafen für PKK-Mitglieder, deren Auslieferung die Türkei fordert. Erdogan kann also abwarten, ob die Schweden und Finnland die in dem Memorandum genannten Schritte tatsächlich umsetzen.

Die Türkei ist bei ihren ursprünglichen Forderungen hart geblieben. Schweden und Finnland haben in dem Memorandum de facto versprochen, alle türkischen Forderungen zu erfüllen. Daher hat die Türkei sich mit der Einladung der beiden Staaten in die NATO einverstanden erklärt, aber die Türkei kann die Ratifizierung – und damit den tatsächlichen NATO-Beitritt – trotzdem noch verhindern oder hinauszögern, wenn sie der Meinung ist, dass Schweden und Finnland die türkischen Forderungen nicht umsetzen.

Natürlich würde es enormen Druck der NATO bedeuten, wenn die Türkei sich nach der offiziellen Einladung wieder querstellt, aber Erdogan ist für seinen Dickkopf bekannt und berüchtigt. Es könnte also weiterhin spannend bleiben.

Nachtrag: Ein Leser hat mir den Link Originaltext des Memorandums auf der Seite der NATO geschickt. Den Link finden Sie hier, die türkische Nachrichtenagentur hat den Text korrekt wiedergegeben.


In meinem neuen Buch „Inside Corona – Die Pandemie, das Netzwerk und die Hintermänner – Die wahren Ziele hinter Covid-19“ zeige ich anhand von umfangreichen zugespielten Datenanalysen, wie die Pandemie durch diverse Organisationen in mehreren Phasen vorbereitet wurde, wobei die aktive Vorbereitungsphase etwa 2016/2017 begann. Darüber hinaus zeigen die Daten auch, welche übergeordneten Ziele diese Organisatoren verfolgen und wie die Pandemie ihnen den Weg zur Erreichung dieser Ziele ebnet.

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Categories: AllgemeinTags: , , , , , , , , Daily Views: 1Total Views: 19