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Warum der NATO- und der G7-Gipfel Fehlschläge waren

Published On: 1. Juli 2022 17:25

Die im Westen gefeierten Gipfel von NATO und G7 werden außerhalb der westlichen Medienblase ganz anders beurteilt.

In der russischen Nachrichtenagentur TASS ist eine Analyse von Andrej Schitow veröffentlicht worden, dessen Analysen ich oft übersetze, weil ich sie sehr fundiert finde. Daher habe ich auch seine Analyse über die Ergebnisse der letzten Gipfeltreffen im Rahmen von G7 und NATO übersetzt, die zu einem ganz anderen Ergebnis kommt, als deutsche Medien sie veröffentlichen.

Beginn der Übersetzung:

G7 und NATO: Warum beide Gipfeltreffen als Fehlschläge bezeichnet wurden

Vor Beginn des G7-Gipfels der Westmächte warnte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz scherzhaft: Elmau ist ein natürlich bergiger Ort, aber „wir werden dort keine Berge versetzen.“ Und im Großen und Ganzen ist genau das passiert: Das US-Portal Politico bewertete das Ergebnis des Treffens in den bayerischen Alpen rückblickend als „Versagen an allen Fronten“: von der politisch-militärischen über die wirtschaftliche und energiepolitische bis hin zur Klimafrage. Der Zugspitzgletscher, dessen rasantes Schmelzen die G7 ebenso wenig aufhalten konnten, wie den Konflikt in der Ukraine, die „galoppierende Inflation, die weltweite Nahrungsmittelknappheit und die in die Höhe schießenden Energiekosten“, war ein bildhaftes Beispiel für die Hilflosigkeit der westlichen Staats- und Regierungschefs.

Auf dem darauffolgenden NATO-Gipfel in Madrid wurde jedoch einer der politischen „Berge“ bewegt – entweder ist der türkische Staatschef Tayyip Erdogan zu ihm gegangen, oder der Berg kam zu Erdogan. Jedenfalls zog die Türkei fast in letzter Minute ihren Einspruch gegen den beschleunigten Beitritt Finnlands und Schwedens zum Bündnis zurück und die beiden Länder erhielten eine entsprechende Einladung, nachdem sie im Gegenzug Zugeständnisse an Ankara gemacht hatten. Ein erfreuter US-Präsident Joe Biden, der an beiden Treffen teilnahm, erklärte bei dieser Gelegenheit öffentlich, dass Europa nicht „finnisiert“, sondern „natoisiert“ wird. Tatsächlich zweifelte niemand daran, dass der Prozess von Washington aus gesteuert wurde.

Vielleicht übertreibe ich, aber ich spüre bei den Geschehnissen eine schreckliche Geschichte – fast so wie bei dem großen Lied, das die Menschen in der Sowjetunion vor 81 Jahren zur Verteidigung ihres Heimatlandes anstimmten. Einmal mehr findet auf der Welt sozusagen ein globaler, hybrider Krieg statt. Für Russland geht es um seine eigene und die Sicherheit seiner Freunde und um eine gerechtere Weltordnung. Für den kollektiven Westen geht es darum, seine gewohnte Dominanz im Weltgeschehen zu erhalten. Und jede Seite meint, dass sie keinen Schritt zurück kann und bis zum Tod kämpfen muss.

„Cooler als Putin“?

Sowohl in Deutschland als auch in Spanien (wo die Gipfeltreffen stattfanden) lag der Schwerpunkt natürlich auf Russlands Militäroperation in der Ukraine, und es wurde viel über die Aufstockung der „Hilfe“ für Kiew gesprochen. Lassen Sie mich gleich zu Beginn sagen, dass ich aufgrund meiner langjährigen persönlichen Erfahrung als Journalist auf der anderen Seite des Ozeans davon überzeugt bin, dass die wahren Herren beider Treffen – die Amerikaner – nie wirklich daran interessiert waren und sind, was mit der Ukraine und den Ukrainern geschieht und welche Verluste sie erleiden werden. Das sollte für uns von echtem Interesse sein, denn es geht um unser Brudervolk.

Und für Biden ist am Ende vor allem eines wichtig: Dass er im innenpolitischen Kontext des Wahlkampfes nicht gefragt wird, „wer die Ukraine verloren hat.“ Das darf weder in diesem Jahr passieren, noch 2024, wenn der Herr des Weißen Hauses, der im November seinen 80. Geburtstag feiert, noch im Amt sein sollte. Wie transatlantische Analysten seit langem warnen, kann er sich nach dem letztjährigen Abzug der USA aus Afghanistan einfach kein zweites strategisches Scheitern in Folge leisten. Und er verursacht mit seiner politischen und körperlichen Gebrechlichkeit insgesamt zumindest ein gewisses Mitleid, wenn nicht gar Spott.

Anlässe für Trolling geben übrigens in der Regel die Fehler und Irrtümer der westlichen Führer selbst. Eine der denkwürdigsten Episoden des G7-Gipfels war der Fototermin, bei dem der britische und der kanadische Premierminister, Boris Johnson und Justin Trudeau, spielerisch darüber diskutierten, ob sich alle bis zur Taille ausziehen und reiten gehen sollten, um „cooler als Putin“ auszusehen. Selbst die Chefin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, schaltete sich in den Austausch ein. Das führte natürlich zu zahlreichen Internet-Memes und Karikaturen (eine davon zeigt einen halb bekleideten Biden, der vom Fahrrad fällt, was ihm kürzlich passiert ist) und bestätigte auch die im Grunde unsichtbare Präsenz des russischen Staatschefs auf einem Forum, an dem Russland seit dem „Krim-Frühling“ von 2014 nicht mehr teilgenommen hat. (Anm. d. Übers.: Putin wurde von Journalisten danach gefragt und seine Antwort war: „Ich weiß nicht, ob sich die Chefs der G7 oberhalb oder unterhalb der Taille ausziehen wollten, aber das wäre in jedem Fall ein ekelerregender Anblick geworden. Man sollte seinen Körper mit gesundem Leben und Sport in Form halten und übermäßigen Genuss von Alkohol und anderen schädlichen Stoffen vermeiden.“)

„Direkte Bedrohung“?

Die offiziellen Berichte über die Wanderungen zum „Gipfel“ sind natürlich in einem bravourösen und siegreichen Ton gehalten. Vor allem wird die „unverbrüchliche Einheit“ der transatlantischen Verbündeten und Partner angesichts aller möglichen Herausforderungen und Bedrohungen hervorgehoben.

Woher die Berichte kommen, ist ebenfalls klar. Im Strategiekonzept der NATO, das zum ersten Mal seit 2010 aktualisiert wurde, wird Russland offiziell in die Kategorie der Gegner eingestuft und als „die unmittelbarste und wesentlichste Bedrohung“ für die Sicherheit des Bündnisses bezeichnet. Es wurde eine massive militärische Aufrüstung an der „Ostflanke“ der NATO in der Nähe unserer Grenzen beschlossen.

In demselben Konzept heißt es ausdrücklich, dass „Russland und China eine strategische Partnerschaft bilden und an der Spitze des autoritären Widerstands gegen eine regelbasierte internationale Ordnung stehen.“ Insgesamt wird der Aufstieg Chinas zum ersten Mal ausdrücklich als „systemische Herausforderung“ für die „euro-atlantische Sicherheit“ eingestuft.

Überhaupt wird der geografische Rahmen der Ansprüche des Blocks, der offiziell als Organisation des Nordatlantikvertrages bezeichnet wird, natürlich immer nebulöser. In Madrid traf Biden mit seinen Amtskollegen aus Japan und Südkorea zusammen, die dorthin eingeladen worden waren, um die Situation rund um Nordkorea und Pläne zur „Stärkung der trilateralen Zusammenarbeit in der gesamten indopazifischen Region“ zu erörtern, wie die Amerikaner die asiatisch-pazifische Region umzubenennen versuchen.

Ich gestehe übrigens, dass ich mit meinen historischen Erinnerungen im Vorfeld der Gipfel durch Hinweise auf die radikalen Aufrüstungspläne Deutschlands und Japans unangenehm angekratzt wurde. Die Nachrichtenagentur Bloomberg zum Beispiel ist überzeugt, dass diese Pläne „niemanden alarmieren.“

Der Kluge steigt nicht auf den Berg?

Die neue NATO-Strategie verspricht der Ukraine eine „partnerschaftliche Entwicklung“ und die Beibehaltung „aller Beschlüsse“ zur Ukraine, beginnend mit dem Bukarester Gipfel 2008. Allerdings scheint es, dass die Kiewer Regierung selbst nicht mehr an die reale Möglichkeit eines Beitritts zum Bündnis glaubt.

Jedenfalls forderte Wladimir Selensky in seiner rituellen Ansprache an die Teilnehmer des Madrider Treffens nicht so sehr den NATO-Beitritt, sondern die Fortsetzung der Versorgung seines Regimes mit Waffen. Das ist genau die Art von Unterstützung – die nicht auf eine möglichst baldige Beendigung der Feindseligkeiten in seinem Land, sondern auf deren Verlängerung abzielt -, die ihm seine westlichen Kuratoren schon jetzt gerne zusagen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten leisten.

Aufmerksame Beobachter hier und in Europa stellten übrigens fest, dass weder in Elmau noch in Madrid öffentlich Ideen und Vorschläge für einen Weg zum Frieden in der Ukraine geäußert wurden. Dafür wurde die Aufmerksamkeit auf die Aussage von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gelenkt, dass sich das Bündnis seit 2014 auf eine Konfrontation mit Moskau vorbereitet habe. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte später vor Journalisten, das sei nichts Neues und „genau das erklärt das entschlossene Vorgehen Russlands zum Schutz seiner eigenen Interessen“

Als „Trostpreis“ wurde der Ukraine anstelle der NATO-Mitgliedschaft kürzlich der Status eines Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union verliehen. Aber auch dort kann man, wie die Türken sehr gut wissen, nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte auf das Versprochene warten.

Nebenbei bemerkt ist es interessant, warum Ankara nicht darauf besteht, diese Frage gleichzeitig zu klären, da es den Europäern wegen Schweden und Finnland ohnehin die Arme auf den Rücken dreht. Allerdings ist es von außen schwer zu beurteilen, wer wem die Arme verdreht hat. Und überhaupt sagt man bei uns über solche Situationen, dass der Kluge nicht auf den Berg steigt.

Wie auch immer, jedenfalls äußerte Erdogan vor dem Treffen mit Biden die Hoffnung, dass neue Schritte in Richtung NATO-Erweiterung „besonders förderlich für die Lösung der Ukraine-Krise“ wären. In der türkischen Hauptstadt stieß die angeblich einseitig getroffene Entscheidung des Staatschefs auf gemischte Reaktionen, es gab sogar Rufe nach der Schließung der US-Militärstützpunkte und einem vollständigen Rückzug aus der NATO.

Deprimierende Aussichten

Biden ist, wie ich bereits sagte, bei all dem vor allem an seinen eigenen Wahlchancen – und denen seiner Partei – interessiert. Bislang sehen diese Aussichten gelinde gesagt düster aus. Laut einer neuen Umfrage von Associated Press und der University of Chicago ist eine überwältigende Mehrheit der Amerikaner (85 % gegenüber 14 %) der Meinung, dass sich ihr Land in die falsche Richtung bewegt. Nahezu acht von zehn Demokraten sehen das ebenfalls so. Mit einem Verhältnis von 60 % zu 39 % bewerten die Wähler Biden persönlich negativ.

Politische Verwirrung und Unentschlossenheit herrschen auch in der regierenden Demokratischen Partei der USA, der der Präsident von Amts wegen vorsteht und die wegen ihm befürchtet, zunächst die Kontrolle über den Kongress und dann über das Weiße Haus zu verlieren. Die liberale New York Times hat sich kürzlich davon überzeugt, indem sie mit mehreren Dutzend Parteifunktionären, darunter Kongressmitgliedern, sowie „enttäuschten Wählern, die Biden im Jahr 2020 unterstützt haben“, gesprochen hat.

Laut der Überschrift der Zeitung wird unter den Demokraten immer deutlicher „geflüstert“, dass der amtierende Präsident bei den Wahlen 2024 nicht kandidieren sollte. Im Text wird darauf hingewiesen, dass die Parteimitglieder keine persönliche Feindseligkeit gegen Biden hegen und sogar dankbar sind, dass er den Republikaner Donald Trump bei der letzten Wahl besiegt hat, dass die Partei aber „bestenfalls Mitleid“ für ihren Führer empfindet.

Natürlich sind sich auch die für das öffentliche Image des US-Präsidenten Verantwortlichen dessen bewusst, aber sie versuchen dennoch, ihn als starke Führungspersönlichkeit darzustellen. Insbesondere wurde die Möglichkeit eines Besuchs in der Ukraine vor dem jetzigen Besuch in Europa in Betracht gezogen. Letztendlich entschied sich das Weiße Haus jedoch, vorsichtig zu sein, und schickte stattdessen im Mai die First Lady Jill Biden dorthin. Der Besuch war rein symbolisch und dauerte nur ein paar Stunden; heute erinnert sich niemand mehr daran.

„Wir haben es Euch doch gesagt!“

Bidens Haltung gegenüber Russland und der Ukraine hat er kürzlich in einem Essay für die New York Times dargelegt. Nach seinen Worten streben die USA „keinen Krieg zwischen der NATO und Russland an“, wollen nicht auf einen Regimechange in Moskau drängen, und „werden nicht direkt in den Ukraine-Konflikt eingreifen“, es sei denn, sie oder ihre Verbündeten werden angegriffen. Der Chef des Weißen Hauses versicherte auch, dass sein Land „die Ukraine nicht dazu anstiftet oder ausrüstet, außerhalb ihrer Grenzen zuzuschlagen“ und dass die USA „diesen Krieg nicht verlängern wollen, nur um Russland zu schaden.“

Natürlich wecken solche Zusicherungen bei vielen, und nicht nur in unserem Land, Zweifel. Putin erklärte daraufhin sofort, dass seiner Meinung nach „das Getue um zusätzliche Waffenlieferungen … nur ein Ziel hat: den bewaffneten Konflikt so lange wie möglich zu verlängern.“

Eine direkte Antwort auf Biden kam wieder von der New York Times, wo sein Essay abgedruckt wurde. „Sind wir sicher, dass sich Amerika in der Ukraine nicht im Krieg befindet?“ fragte die Journalistin und Forscherin beim Defense Priorities Centre Bonnie Critchen in der Überschrift ihres Kommentars.

Und sie selbst antwortete darauf: „Wenn wir die Plätze tauschen würden – wenn russische Apparatschiks zugeben würden, dass sie geholfen haben, amerikanische Generäle zu töten oder ein Schlachtschiff der US-Marine zu versenken -, ich bezweifle, dass es viel gäbe, was für uns unklar wäre. Zumindest ist das, was die USA in der Ukraine tun, nicht kein Krieg („not not war“). Wenn wir das noch nicht als Krieg bezeichnen (und vielleicht werden wir es auch in Zukunft nicht tun), dann vielleicht deshalb, weil wir uns der Bedeutung des Wortes nicht mehr ganz sicher sind.“

Und erst neulich kam der Streit meines Erachtens zu seinem logischen Abschluss. Nachdem wieder die New York Times einen großen Artikel darüber veröffentlicht hatte, wie CIA-Agenten und US-Spezialkräfte und ihre Verbündeten in Kiew und anderswo „die Verteilung von Waffenströmen in der Ukraine koordinieren“, reagierte die linke Blogosphäre mit einer Salve von vernichtenden Kommentaren zum Thema „Wir haben es Euch doch gesagt!“

Der Antikriegsaktivist Daniel Larison schrieb auf Twitter, wie schnell sich die Haltung der US-Falken zum „Stellvertreterkrieg“ in der Ukraine, änderte: „Die Falken im April: Wie kann man es wagen, von einem Stellvertreterkrieg zu sprechen! Die Falken im Mai: Natürlich ist es ein Stellvertreterkrieg! Die Falken im Juni: Das ist gar nicht ihr Krieg, das ist unser Krieg!“

Larisons gleichgesinnte Freundin Caitlin Johnston erläuterte und ergänzte die Argumente ihres Kollegen in ihrem Blog. Sie zitierte insbesondere den folgenden Tweet des konservativen Kolumnisten Max Boot, eines Experten des US Council on Foreign Relations, der regelmäßig Kolumnen in der Washington Post veröffentlicht und im Fernsehen auftritt: „Wir müssen verstehen, dass das in der Ukraine nicht ihr Krieg ist – es ist unser Krieg, und wir müssen mehr tun, um Russlands Angriff auf den Westen abzuwehren.“ Max Alexandrovitsch Boot ist übrigens ein russischer Amerikaner, er ist gebürtiger Moskauer.

Oprah for President?

Natürlich wird diese Diskussion, wie alles andere zu diesem Thema, direkt auf die innenpolitische Situation in den Vereinigten Staaten projiziert, vor allem wieder im Kontext der Wahlen. Im März beschuldigte Trump Biden, den „Dritten Weltkrieg“ gegen Russland vorzubereiten, und fügte hinzu, dass unter ihm natürlich nichts dergleichen geschehen wäre. Die Demokraten schlugen mit einem Pitch zurück: Hillary Clinton sagte in einem Interview mit der Financial Times, dass „wenn Trump 2020 gewonnen hätte, er zweifellos [die USA] aus der NATO herausgezogen hätte.“

Dabei sind sowohl Biden als auch Trump de facto die Führer ihrer Parteien. Im Jahr 2024 könnten sie sich im Kampf um das Weiße Haus zu einer „Wiederholung“ ihres vergangenen Endspiels treffen.

Zu sagen, dass diese Aussicht nur wenige Menschen in Amerika begeistert, ist eine Untertreibung. Viele sind einfach entsetzt. Der bekannte konservative Kolumnist John Podhoretz, ein ehemaliger Redenschreiber der Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush, warnte, dass Amerika vor der Wahl zwischen „einem Mann, der einen Sabberbecher braucht, und einem gestörten Psychopathen“ stehen könnte. Der Satz wurde von dem liberalen Online-Magazin The Daily Beast aufgegriffen und wiederholt – in einem Kommentar, in dem die Demokraten aufgefordert wurden, „ihren eigenen Trump zu finden, der 2024 gewinnen kann“ – zum Beispiel in der Person der berühmten Schauspielerin und Moderatorin Oprah Winfrey. Wie man bei uns in solchen Fällen sagt: „der Wahnsinn wird immer schlimmer…“

Obwohl Experten das tatsächlich nicht zum Lachen finden. Der deutsche Politiker Metin Hakverdi, Bundestagsabgeordneter und Leiter der SPD-Arbeitsgruppe USA und Nordamerika, sagte der Washington Post, dass ihn eine Frage beschäftigt: „War Donald Trump die Ausnahme oder ist Joe Biden die Ausnahme?“ Ich denke, Hakverdis Kollegen in Moskau oder Peking denken mit noch größerem Interesse über dieselbe Sache nach.

Eine Art der Annäherung

Das Gespräch könnte, wie man so schön sagt, fortgesetzt werden. Das Vorgehen der USA und der NATO in diesem Konflikt, den viele sowohl hier als auch jenseits des Ozeans als einen Krieg des Westens gegen Russland „bis zum letzten Ukrainer“ bezeichnen, wirft eine Vielzahl von Zweifeln, Fragen und Einwänden auf. Wiederum auf beiden Seiten des Atlantiks.

Lassen Sie mich nur zwei Themen nennen, die mir wichtig erscheinen. Seit Monaten warnen Kommentatoren unisono davor, dass die Gefahr eines Atomkriegs größer ist als je zuvor – zumindest seit der Kubakrise von 1962. Erst neulich veröffentlichte The National Interest einen Kommentar von Barry Gewen, einem erfahrenen Kolumnisten, der seit 30 Jahren für die New York Times Book Review schreibt, in dem er die Auffassung vertritt, dass selbst der Einsatz taktischer Atomwaffen in der Ukraine nicht als Vorwand für die Ausrufung des Dritten Weltkriegs gelten würde. Für die USA und die NATO sollte es nur eine wirklich unantastbare „rote Linie“ geben – die Grenze des Nordatlantischen Bündnisses selbst. Und solange sie nicht überschritten wird, ändert nichts – auch nicht die „vollständige Zerstörung Kiews“ – „das geopolitische Prinzip, dass die Ukrainer für sich selbst kämpfen müssen.“

Die zweite Geschichte handelt von den Sanktionen. An den handels-, wirtschafts- und finanzpolitischen Fronten des hybriden Krieges wurden zeitgleich mit den Gipfeltreffen neue anti-russische Strafmaßnahmen (u. a. gegen die befreiten Gebiete in der Ukraine) beschlossen und sogar Behauptungen aufgestellt, Russland sei zum ersten Mal seit 1918 seinen Auslandsschulden nicht nachgekommen. Die Absurdität des letztgenannten Vorwurfs gegenüber einem Land, das zahlen kann und will, aber einfach technisch daran gehindert wird, seine Investoren und Gläubiger im Westen zu bezahlen, ist für alle offensichtlich, auch für die führenden Wirtschaftsmedien der westlichen Welt wie Reuters und Bloomberg.

Was den Inhalt der vorgeschlagenen neuen Sanktionen betrifft, so möchte ich der Einfachheit halber auf eine Veröffentlichung im Wall Street Journal verweisen. Das Wall Street Journal, das als Sprachrohr der US-Wirtschaft gilt, schrieb nach dem G7-Gipfel: „Die Uneinigkeit zwischen den Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Japans verhinderte, dass sie sich auf konkrete neue Sanktionen einigen konnten; die Gruppe einigte sich lediglich darauf, mit der Ausarbeitung von Maßnahmen zu beginnen, die von Preiskontrollen für russisches Öl bis hin zu einem Goldembargo reichen. Da die direkt verfügbaren Sanktionen gegen Russland weitgehend ausgeschöpft sind, bleiben nur noch die komplexeren und umstritteneren Alternativen auf dem Tisch.“

Und weiter: „Um die globale Allianz gegen die russische Aggression zu verbreitern, lud [Bundeskanzler] Scholz die Staats- und Regierungschefs der Schwellenländer zu dem Gipfel ein, darunter Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien. Aber die Gäste haben nach Angaben westlicher Beamter wenig Bereitschaft gezeigt, sich den Sanktionen anzuschließen. Insbesondere hat der indische Premierminister Narendra Modi seinem deutschen Amtskollegen genau das gesagt.“

Was soll man dazu sagen. Das Vorgehen des Westens ist verständlich: Krieg ist nun mal Krieg. In diesen Tagen scheint es nicht mehr an der Zeit zu sein, ein Auge darauf zu werfen, was und wer in Russland von den Amerikanern und ihren Genossen sanktioniert wird, sondern auf das, was aus irgendeinem Grund noch nicht unter Beschuss geraten ist. Und das alles eint unser Volk übrigens zwangsläufig. Und natürlich vergessen wir nicht, woran man echte Freunde erkennt.

Wer ist hier der Wolf?

Moskau wehrt sich angemessen gegen alle Angriffe, deshalb wollte ich meine Erzählung mit einem anderen Sprichwort beenden, das mir gefallen hat: Dem Sprichwort über „das Tier, das so bösartig ist, dass es sich wehrt, wenn es angegriffen wird.“ Wie üblich gab es ein Problem mit der Urheberschaft: einige Quellen erwähnen La Fontaine, andere Voltaire, wieder andere sogar ein „altes französisches Lied“ (Cet animal est très méchant, Quand on l’attaque il se defend).

Aber wenn wir an die Franzosen denken, haben wir unsere eigene Version, eine viel bessere. Krylovs klassische Fabel über den Wolf im Zwinger. Erinnern Sie sich? „Und deshalb ist es meine Gewohnheit, mit Wölfen keinen anderen Frieden zu schließen, als sie zu häuten.“ Das wurde übrigens über die Invasion Russlands durch Napoleon Bonaparte zusammen mit ganz Europa geschrieben.

Und so habe ich mich erst gefreut und dann plötzlich gewundert, wie Fjodor Lukjanow, als er im Oktober letzten Jahres auf der Valdai-Konferenz als Moderator auftrat und Putin daran erinnerte. „Wer ist hier der Wolf?“, fragte der Moderator damals.

Ende der Übersetzung