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Für einen bewussten Umgang mit Natur und Lebensmitteln

Published On: 10. Juli 2022 0:30

Veröffentlicht am 10. Juli 2022 von LK.

Bei einer Paddeltour durch Sachsen-Anhalt im Jahr 2009 wurde Kai Gildhorn bewusst, welche Gaben die Natur zu bieten hat. Er stiess auf Obstbäume, die nie abgeerntet wurden und deren Früchte am Boden verdarben. Aus dieser Erfahrung ist in Berlin die Organisation Mundraub entstanden. Im Gespräch mit Transition News erklärt Gildhorn, was sich dahinter verbirgt.

Transition News: Worum geht es bei Mundraub?

Kai Gildhorn: In den Jahren von 2010 bis 2012 sind wir durch die Medien auch international sehr bekannt geworden. Ich erkläre mir das so, dass der Dioxinskandal im Jahr 2011 und weitere Lebensmittelskandale bei vielen Menschen dazu geführt haben, eine andere Einstellung zur Ernährung zu gewinnen. Damals ist ja auch das Food Sharing entstanden. Wir sind auf dieser Welle mitgeritten. Die Leute haben begonnen, sich mehr für ihr Essen zu interessieren. Mundraub hat damals einen Kontrast zur Überflussgesellschaft gebildet. Wir wachsen nach wie vor. Vor allem in den letzten zwei Jahren haben wir noch einmal einen Schub bekommen, weil viele Menschen, die uns vorher nicht kannten, nun Zeit hatten, sich mit ihrer näheren Umgebung zu beschäftigen. Ich denke, dass wir einen grossen Zulauf bekommen haben, weil viele durch die globale Unsicherheit mit dem Gedanken spielen, sich selbst zu versorgen und sich nun auch über Kräuterkunde Gedanken machen.

Handelt es sich bei den Flächen, auf denen die Obstbäume stehen, immer um Gemeindegut?

Wir haben eine Website, die mit Inhalten der Nutzer gespeist wird. Die Nutzer tragen Daten zu Flächen und Bäumen ein. Dabei müssen sie die Mundräuberregeln einhalten. Diese besagen ganz klar, dass man keinen Privatgrund einträgt. Vorher sollte man sich auch beim Grünflächenamt erkundigen, ob dieser Standort betreten und ob dort Obst geerntet werden darf. In Ausnahmefällen stellen Menschen ihre privaten Grundstücke ein. Heute sind auf unserer Internetseite rund 70’000 Standorte im deutschsprachigen Raum zu finden. In der Regel wird die Website nicht missbraucht. Es gibt nur wenige Falscheinträge, 99 Prozent der Einträge sind richtig. Darauf achten wir.

Wie ist das Prozedere, wenn ich Obstbäume abernten möchte?

Auf der Karte, die auf der Website zu finden ist, kann man sich einen Fundort aussuchen. Es gibt auch eine App, die hilft, Orte mit reifem Obst zu finden. Wir empfehlen aber immer, sich vor Ort zu vergewissern, ob der Baum nicht vielleicht doch auf einem privaten Grundstück steht und noch einmal nachzufragen. Hierbei vertrauen wir natürlich auch auf den gesunden Menschenverstand.

Haben Sie bemerkt, dass sich bei den Mundräubern der Bezug zu den Lebensmitteln oder generell zur Natur geändert hat?

Anhand von regelmässigen Umfragen und persönlichen Gesprächen kann ich sagen, dass Mundraub ein wichtiges Tool ist, um sich mit Lebensmitteln zu beschäftigen. Es ist eine sehr niedrigschwellige Möglichkeit, seine Umgebung zu erkunden. Die Leute gehen vor ihre Haustür und schauen, ob es etwas zu ernten gibt. Dann sehen sie zum Beispiel, dass der Holunder, der auf der Karte verzeichnet ist, noch grün, also nicht reif ist. Das ist ein erstes Aha-Erlebnis. Die Menschen beginnen, sich über Regionalität und saisonale Abläufe Gedanken zu machen und gewinnen einen anderen Blick für die Stadt. So hat mir einer der Nutzer berichtet, dass er in der Strasse, in der er wohnt, oft Haselnüsse am Boden fand. Er dachte, sie seien jemandem aus der Tasche gefallen. Als er dann auf der Mundraub-Karte in seiner Strasse Haselnussbäume entdeckte und dann mal nach oben blickte, wurde ihm erst bewusst, dass die ganze Strasse mit Baumhaseln gesäumt war.

Wie finanzieren Sie sich?

Wir haben verschiedene Einkommensströme: Die Einnahmen generieren wir über Google-Werbung, Annoncen, Bücherverkauf und Mundraub-Touren. Ausserdem sind wir in Projekt-Konsortien wie dem Edible-City-Netzwerk und einem Verbund-Projekt von Volkshochschulen. Dort entwickeln wir Mundraub-Module für die Grundbildung. Darüber hinaus haben wir das Schwesterprojekt «https://Wir-sind-essbar.org». Dieses richtet sich an rund 20 Kommunen, die ihre Grünflächen essbarer gestalten wollen. Ein Service besteht zum Beispiel darin, dass wir die essbaren Bäume aus kommunalen Baumkatasterdaten in die Mundraub-Datenbank importieren und somit für die Bürger der Kommunen sichtbar machen. Es sind derzeit 20 Kommunen dabei und sie zahlen auch eine Gebühr dafür. Die meisten Bäume, die wir heute auf der Mundraub-Karte sehen, wurden in den Gemeinden vor mehr als 50 Jahren auf öffentlichem Grund gepflanzt, gepflegt und erzogen. Heute wird gern mal gepflanzt, aber nicht gepflegt und nach ein paar Jahren sind die Bäume vergreist und das wars dann. Das sehen wir vor allem bei so genannten Ausgleichsflächen. Wir wirken darauf hin, dass sich wieder ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer professionellen Pflege von Obstbäumen verankert. Wir haben deshalb einen Leitfaden für die Ausschreibung von Leistungen in der Obstbaumpflege in Kommunen veröffentlicht. Dieser zielt darauf, wieder verstärkt Fachleute, wie Obstbaumwarte bzw. Obstgehölzpfleger mit der Pflege zu beauftragen. Nur so werden wir auch in den nächsten Dekaden essbare Obstlandschaften haben.

Hat sich in den letzten zwei Jahren dieser Blick noch einmal gewandelt? Ist eine Organisation wie die ihrige ein gutes Mittel, um die Spaltung zu überwinden?

Wir bieten Mundraub-Touren an, die ziemlich gut angenommen werden. Ich denke, dass bei vielen der Wunsch stärker geworden ist, sich mit der Natur zu verbinden. Viele alternative Kanäle haben unserer Karte geteilt, um zu zeigen, dass es sich hierbei um einen wichtigen Schritt hin zur gesellschaftlichen Transformation handelt.

Leitfaden zum Herunterladen: https://wir-sind-essbar.org/publikationen/

www.mundraub.org

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Kai Gildhorn ist an der Ostsee geboren und hat eine Ausbildung zum Matrosen und Umweltingenieur absolviert. 2009 hat der zertifizierte Obstbaumwart die Organisationen mundraub.org und streugut.de.com gegründet.

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