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Die Berufspolitiker des Parteienstaates ruinieren Verwaltung und Infrastruktur

Published On: 13. Juli 2022 12:29

Von der berühmt-berüchtigten Organisationskraft Deutschlands ist bald nichts mehr übrig. Was in Deutschland noch funktioniert, tut es trotz Politik. Weil immer noch viele ihre Arbeit tun – unbeeindruckt von menschenferner Politik und der Propaganda von Medienschaffenden, die noch viel re-gieriger sind als alle Re-gierenden.

IMAGO / Emmanuele Contini

Olaf Scholz (C), Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken und Lars Klingbeil (SPD), Robert Habeck und Annalena Baerbock und Michael Keller (Grüne) und Christian Lindner und Volker Wissing auf dem Weg zur Vorstellung des Koalitionsvertrags in Berlin am 24. November 2021

Immer mal wieder wundern sich Autoren und Leser, weshalb die Ampel-Regierung (wie schon ihre Vorgänger-Regierungen) in der Sache nichts zustande kriegt. Der strukturelle Grund ist sehr einfach. Die Sache interessiert sie nicht, braucht sie nicht zu kümmern. Der Berufspolitiker hat nie etwas anderes gelernt als das, was notwendig ist, um Berufspolitiker zu werden, zu bleiben und in der Hierarchie des Parteienstaates möglichst weit aufzusteigen. Das tut der Berufspolitiker am wirksamsten, wenn die Medien sein Tun gutheißen. Wer die Medien hinter sich hat, muss sich weder um Parteimitglieder noch Wähler kümmern. Lauterbach ist der Prototyp, den jeder nahezu täglich studieren kann.

Sobald die Berufspolitik ein Gesetz oder irgendeine Maßnahme angekündigt hat oder gar beschlossen kriegt, ist ihr Interesse daran erloschen, denn für die Medien braucht es nun neue Ankündigungen, Maßnahmenbeschlüsse und so weiter.

Als ich 1966 in die Bundesrepublik kam, hatte diese eine funktionierende Verwaltung und Infrastruktur. Unübersehbar wurden die Folgen ihrer Vernachlässigung in den 1980ern, die Abnahme des Könnens der Verwaltung geht einher mit der Zunahme der politischen Einmischung in die Verwaltung und der Durchsetzung des öffentlichen Dienstes mit fachlich unkundigen Parteileuten. Früher war es der Karriere nützlich, wenn sachkundige Beamte und öffentliche Angestellte in eine Partei eintraten, heute ersetzt Parteimitgliedschaft fachliches Können. Daher gehen Verwaltung und Infrastruktur heute immer noch schneller den Bach runter.

Wer erinnert sich noch?

Von der berühmt-berüchtigten Organisationskraft Deutschlands ist bald nichts mehr übrig. Was in Deutschland noch funktioniert, tut es trotz Politik. Es gibt einfach immer noch die vielen Einzelnen, die ihrer Arbeit wie eh und je nach den ungeschriebenen – und deshalb wirksamen – bürgerlichen Regeln von Anstand, Fleiß und Verantwortung nachgehen, unbeeindruckt von falschen und menschenfernen Vorschriften der Politik und der Propaganda der in den Zeitgeistmedien Schaffenden, die noch viel re-gieriger sind als alle Re-gierenden.

In der Kaste der Berufspolitiker stellen die Grünen den Prototyp im Politland der Ahnungslosen. In kindischer Weltsicht gehen sie, ohne nachzudenken, davon aus, dass alles, was läuft, auch dann weiterläuft, an welchen Stellschrauben sie auch immer täglich drehen. Egal wie viele Einwanderer in die Sozialsysteme unkrontrolliert gelockt werden, ohne Beiträge einzahlen zu wollen oder einzahlen zu können, Berufspolitiker gehen davon aus, dass in den Sozialkassen immer Geld ist. Dieser grüne Zeitgeist hat sich von der Wirklichkeit des Lebens im eigenen Land, erst recht aber von dem in allen anderen Teilen der Welt so weit entfernt wie noch keine Politikergeneration vor ihr.

Der Typus Berufspolitiker, den der Parteienstaat hervorbringen muss, wenn sich die Parteien alles zur Beute gemacht haben, runiniert systemisch ein einst nicht perfektes, aber weitestgehend gut verwaltetes und organisiertes Land. Die Parteien haben das Land so flächendeckend in ihren Griff genommen, die Regeln des Parlamentarismus, der repräsentativen Demokratie in der Praxis so weitgehend außer Kraft gesetzt, dass eine grundlegende Politikänderung durch Wahlen nicht mehr möglich erscheint. Völlig verstellen diesen Weg Zeitgeist-Medien-Schaffende, die die Berufspolitiker und Parteien nicht kritisch begleiten, sondern nur noch anfeuern, ihre politische Einheitsrichtung der Entmündigung der Bürger verschärft und beschleunigt fortzusetzen.

Wolfgang Herles schreibt, wer weiß, wozu Lindners Fest gut ist. Putins Krieg gegen die Ukraine und die Sanktionen des Westens gegen ihn haben vorher schon existierende Probleme in Deutschland nicht nur bei der Energiepolitik, aber bei ihr besonders unübersehbar zu Tage gebracht und verschärft. Die Lockdownpolitik bei Corona legte die lange vorher hausgemachten Schwächen des Gesundheitssystems bloß. Jeder politisch halbwegs Informierte kann die Liste verlängern, sie umfasst alle Bereiche des öffentlichen Lebens. In dieser Berliner Republik ist nichts mehr in Ordnung, läuft nichts mehr rund.

Zum deutschen Parteienstaat fällt mir unweigerlich der alte Satz ein, ich habe vergessen, von wem ich ihn seit langem habe: Die natürliche Entwicklung eines baufälligen Gebäudes ist sein Einsturz. Dass sie diesen Einsturz nicht täglich fördert, ist der einzige Vorwurf, den ich der zeitgeistgrünen deutschen Einheitsfront nicht machen kann.

Es ist Zeit, sich Gedanken zu machen, was zu tun ist, wenn die Trümmer zur Seite geräumt sind.

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