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Der Anfang vom Ende: Vertrauensverlust

Published On: 16. Juli 2022 10:02

Wahlmanipulationen, Geldentwertung und die Eitelkeit der politischen Klasse unterminieren die Gesellschaft. Dabei brauchen wir gerade in harten Zeiten großes Vertrauen in die Institutionen. Denn ohne Vertrauen können wir die Zukunft nicht bewältigen.

Vertrauen, so lautete einmal der Werbeslogan einer großen deutschen Bank, „ist der Anfang von allem“. Das gilt natürlich nicht nur für die Frage, wo jemand sein Geld aufbewahrt, sondern erst recht für alle wesentlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft. Zerfällt das Vertrauen, dann bricht als Nächstes die Beziehung zwischen Bürger und Staat.

Über Jahrzehnte bestand in Deutschland ein Grundvertrauen, dass die wichtigen Institutionen des Staates im Großen und Ganzen funktionieren. Dass die wichtigen Parteien auf dem Boden von Grundgesetz und Marktwirtschaft stehen. Und dass sie die Interessen der Bürger im Blick behalten, beispielsweise wenn es darum geht, ihre Ersparnisse zu schützen. Dabei gestehen die meisten den Politikern und Parteien auch Fehler zu. Aber sie vertrauen darauf, dass sich die Verantwortlichen korrigieren, statt tiefer und tiefer in eine Sackgasse zu marschieren.

Dieses Grundvertrauen schmilzt gerade bei Tausenden Deutschen. Und zwar aus guten Gründen. Die Manipulationen bei der Wahl in Berlin, die ein Reporterteam von Tichys Einblick aufdeckte, sprengt alle Vorstellungen. Obwohl die Öffentlichkeit schon einiges an Inkompetenz und Chaos seitens der Behörden der Hauptstadt gewohnt war, hätte es wohl niemand für möglich gehalten, dass nicht nur die Organisation der Wahl in vielen Bezirken völlig in den Sand gesetzt werden könnte, sondern dass hinterher auch noch alles vertuscht würde.

Die inzwischen dokumentierten Abläufe gehen weit über Schlamperei hinaus. Hier tricksten, täuschten und vertuschten die Verantwortlichen in einer Weise, die bisher für mitteleuropäische Verhältnisse als undenkbar galt und einer gewachsenen Demokratie völlig unwürdig sind. Bundeswahlleiter Georg Thiel stellte in der Anhörung vor dem Bundestag Ende Mai die einzig richtige Forderung: „In mindestens sechs Berliner Bezirken muss die Bundestagswahl wiederholt werden.“

Genauso müssten wohl auch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksversammlungen wiederholt werden, folgte man dem Landeswahlgesetz Berlin. Doch Verwaltung und Senat mauern. Dass nun das Verfassungsgericht Berlin-Brandenburg die Befassung mit dieser Angelegenheit auf die lange Bank schiebt, stößt bei vielen Bürgern auf Unverständnis. „Misstrauen ist der Anfang von allem“, ließe sich der eingangs zitierte Claim mit Blick auf ungute Entwicklungen in der Zukunft variieren.

Der Bürger scheint unwichtig

Gleichzeitig erleben Millionen Sparer die höchste Inflation seit den 1970ern – und eine politische Klasse, die der Geldschmelze weitgehend gleichgültig zuschaut. Das beginnt bei der Europäischen Zentralbank (EZB), die sich unter Führung der Französin Christine Lagarde um alles Mögliche sorgt, nur ihren einzigen gesetzlichen Auftrag – die Wahrung der Preisniveaustabilität – demonstrativ missachtet. Da hilft man Regierungen hoch verschuldeter Staaten mit einer Nullzinspolitik gegen jede ökonomische Vernunft aus der Patsche oder erhebt den grünen Umbau der EU zum Nebenziel der Geldpolitik – aber die Sorgen der Sparer, die angesichts hoher Inflation ihre Guthaben dahinschmelzen sehen, spielen keine Rolle.

Die innere Lähmung des Landes

Dass die Nöte der breiten Masse der Bürger nicht mehr im Mittelpunkt der Überlegungen der politischen Führung stehen, illustriert auch die hartnäckige Weigerung, die Steuerzahler zu entlasten. Munter wird weiterkassiert – der Fiskus profitiert über die Mehrwertsteuer von steigenden Preisen, genauso wie von der kalten Progression, bei der eine Gehaltserhöhung, die vielleicht gerade einmal die Preissteigerungsrate ausgleicht, dazu führt, dass man aufgrund des ansteigenden Verlaufs des Einkommensteuertarifs bei gleicher Kaufkraft des Einkommens mehr Steuern zahlen muss.

„Vertrauen ist der Anfang von allem“ – es kann aber auch schwer enttäuscht werden, insbesondere dann, wenn der Staat in seinem Ausgabenrausch die Geldentwertung sogar noch anheizt. Obendrein spielt die Bundesregierung mit ihrer Energiewendepolitik, die den mehr oder weniger gleichzeitigen Ausstieg aus Kern- und Kohlekraftwerken vorsieht, mit der Energiesicherheit des Landes. Die Arbeitsplätze sind nicht nur mit hohen Steuern und Abgaben belegt, sondern auch noch in Gefahr.

Ansehensverlust der Justiz

Schwer ramponiert ist inzwischen – nicht nur in Berlin – auch das Vertrauen in die Justiz. Besonders das Bundesverfassungsgericht steht zunehmend in der Kritik. Die jüngsten Entscheidungen, die individuelle Grundrechte im Interesse höherer Ziele wie Klimaschutz oder allgemeinem Gesundheitsschutz offen zur Disposition stellten, haben viele Bürger verstört.

Auch das Vertrauen in die Medien hat einen kräftigen Kratzer abbekommen. In früheren Zeiten konnte die Öffentlichkeit darauf bauen, dass die sogenannten Leitmedien die Funktion des Korrektivs übernahmen und auf der Seite der Bürger standen, wenn Politiker rote Linien überschritten. Heute verstehen sich viele Redaktionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und in den meisten anderen Medien mittlerweile als Sprachrohr der Regierung und Erzieher der Bürger.

Der Wahlskandal von Berlin illustriert das Versagen der Medien eindrucksvoll: Eigentlich hätten die ins Kriminelle reichenden Manipulationen des zentralen Aktes der Demokratie die Öffentlich-Rechtlichen mit ihrem Etat von über acht Milliarden Euro auf den Plan rufen müssen; und die großen Zeitungen und Magazine – beispielsweise der Spiegel, der sich früher einmal das „Sturmgeschütz der Demokratie“ nannte – erst recht. Stattdessen bedurfte es eines Teams von jungen Journalisten von Tichys Einblick, das sich durch Tausende Dokumente grub und das Ausmaß des Betrugs am Wähler deutlich machte.

Tichys Einblick – so viel Eigenlob muss gestattet sein – stellte das Recherchematerial dann anderen Medien zur Verfügung. Viele übernahmen es, etliche verschwiegen dabei aber die Quelle – offenbar peinlich berührt, dass ein vergleichsweise kleines Medium hier jene Wächterfunktion erfüllte, die sie sonst für sich in Anspruch nehmen.

Das gleiche Muster hatte sich schon 2021 während des Bundestagswahlkampfs gezeigt. Damals waren es keine großen Sendeanstalten und Blätter, die überprüften, ob die aufgeblasene Biografie der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock tatsächlich stimmte. Einzelne Rechercheure und kleine Plattformen ließen die Luft aus dem Lebenslauf der Spitzenfrau der Grünen, während ihre medialen Begleitschützer alberne Verschwörungsnarrative über angebliche ausländische Geheimdienste servierten, die gegen Baerbock intrigierten. Tatsächlich: „Vertrauen ist der Anfang von allem“.

Vor einigen Monaten fragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa nach dem Vertrauen der Deutschen – und stellte den Beginn einer Kernschmelze fest. Am stärksten verlor der Umfrage zufolge das Bundesverfassungsgericht, dem aber insgesamt immer noch 73 Prozent grundsätzlich Vertrauen schenken – in Ostdeutschland allerdings nur noch 55 Prozent. Das mit Abstand geringste Vertrauen setzen die Befragten in Presse und Fernsehen. Gesamtdeutsch verlässt sich demnach noch nicht einmal jeder Zweite auf die wichtigsten Medien; in Ostdeutschland nicht einmal jeder Dritte.

Vor allem Westdeutsche aus der kommentierenden Klasse mokieren sich oft über die angebliche demokratische Unreife der Einwohner in den neuen Ländern. Dabei registrieren diese es meist einfach nur besser, wenn eine prahlerische Elite unentwegt Werte beschwört, die sie dann aber für entbehrlich hält, sobald es um ihr eigenes Benehmen geht.

Institutionalisiertes Misstrauen

Genau dadurch wrackt sie das ohnehin schon labile Vertrauen vollends ab: Statt die Abwendung vieler Bürger als letztes Warnzeichen zu nehmen, schlägt die politische Klasse im Verein mit haltungstrunkenen Medienschaffenden um sich. Ständig müssen Abweichler und Leugner aufgespürt und neue Gefahren für die Demokratie aufgedeckt werden, die dieses Milieu überall erspäht – nur nicht bei sich selbst. Stattdessen institutionalisieren die Verantwortlichen das Misstrauen gegenüber ihren Auftraggebern – den Bürgern.

Politiker üben sich immer öfter in Vertuschung und Täuschung, planen aber gleichzeitig auf EU-Ebene, demnächst die private Kommunikation der Bürger komplett zu durchleuchten. Natürlich nur zu deren Schutz. Sie tun wenig bis nichts, um die Kaufkraft der Währung zu schützen, sondern träumen von einem Vermögensregister, von Sonderabgaben und -steuern. Bürger, die ihr gutes Recht wahrnehmen und demonstrieren, gelten den eitlen Amtsinhabern schnell als Demokratiefeinde, falls sie nicht für das Klima oder gegen Rechts auf die Straße gehen.

Die politisch-mediale Klasse hat noch längst nicht verstanden. Statt sich demütig vor dem Souverän zu verbeugen – für den Berliner Senat mit einem Rücktritt verbunden –, drischt sie mit dem Vorschlaghammer auf die Vertrauensreste ein. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem sich aus den Überbleibseln nichts mehr zusammenfügen lässt, was die Gesellschaft noch trägt.

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