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Kernenergie: Kommt Bewegung in die Ampel?

Published On: 23. Juli 2022 16:04

Außenministerin Baerbock schließt eine Fristverlängerung nicht mehr aus, und auch Kanzler Scholz lässt sich eine Hintertüre bei der Kernenergie offen. Ein Vorschlag aus Polen zeigt, dass man die deutsche Sturheit beim Atomausstieg als ein europäisches Risiko einschätzt.

IMAGO / Wolfgang Maria Weber

Das Atomkraftwerk Isar 2 ist eines der drei letzten aktiven Kernkraftwerke in Deutschland

In der Ampel nimmt der Streit über Laufzeitverlängerungen zu. In der FDP hatten sich in den letzten beiden Wochen schon häufiger Stimmen erhoben, die sich dafür einsetzten, die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke länger laufen zu lassen. FDP-Chef Christian Lindner sprach im Fernsehsender n-tv von einer „Reserve-Option“, die Kernkraft länger zu nutzen, eine „befristete Laufzeitverlängerung“ gehöre auf den Tisch. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte die Laufzeitverlängerung „alternativlos“.

Mittlerweile scheint sich selbst bei den eigentlichen Hütern des Atomausstiegs etwas zu bewegen. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock, die bereits vor Volksaufständen bei ausbleibenden Gas-Lieferungen gewarnt hat, zeigt sich plötzlich offen dafür, zumindest ein erneutes Mal die Laufzeitverlängerung der Kernenergie in Deutschland zu prüfen. Am Freitagabend sagte sie in einem BILD-Interview: „Wir sind jetzt in einer Notsituation, wo wir alles noch einmal anschauen.“

Scholz und Baerbock stimmen ungewohnte Töne an

Zwar schränkte sie ein, dass man „nicht ohne Grund“ aus der Atomkraft ausgestiegen sei. Doch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck prüfe derzeit erneut die Situation. „Die Ergebnisse warten wir ab“, sagte die Außenministerin. Sie hielt sich dabei an die grüne Leitlinie, dass das Problem nicht die Stromversorgung, sondern die Gasversorgung sei. „Und deswegen ist Atomkraft nicht die Antwort“, so Baerbock.

Auch bei Kanzler Olaf Scholz sind die Dinge nicht mehr so klar wie vor einem Monat. Da hatte der Bundeskanzler dem Münchener Merkur gesagt: „Ich befürworte den Ausstieg aus der Atomenergie aus vollem Herzen.“ Doch schon damals ließ sich Scholz ein Hintertürchen offen. „Gleichwohl: Wenn es problemlos möglich wäre, die Laufzeit um ein oder zwei Jahre zu verlängern, würde sich jetzt wohl kaum jemand dagegen stellen.“ Der Kanzler sagte abschließend, dass dies „eben nicht der Fall“ sei. Doch offenbar hat sich in der Causa etwas geändert.

Am Freitagabend erklärte der Bundeskanzler, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine „verschärfte Worst-Case-Szenario-Berechnung in Auftrag gegeben“ habe. Eine Laufzeitverlängerung ist damit nicht ausgeschlossen. Man müsse sich die Kalkulation anschauen. Habeck spricht von einem „Stresstest“. Ein Sprecher erklärte im Bezug auf die Atomkraft, man werde auf der Grundlage „klarer Fakten“ entscheiden.

Die Ampel verhinderte Laufzeitverlängerungen noch vor zwei Wochen

Die Volte ist nicht nur deswegen verwunderlich, weil das BMWK erst in den letzten Wochen in Anfragen immer wieder betonte, dass am Ausstieg nicht gerüttelt werde – keine Ausrede war dafür zu klein. Das galt für die Anfragen der AfD-Abgeordneten Leif-Erik Holm und Norbert Kleinwächter wie auch die offensichtliche Ablehnung von Brennstab-Lieferungen, obwohl diese möglich gewesen wären.

Sozialistische Ruine statt Wirtschaftspartei

In der letzten Sitzungswoche des Bundestages hatte die Bundesregierung zudem über Notfallmaßnahmen bei Gasknappheit abgestimmt. Dabei sollten jedoch nur Kohlekraftwerke in die Bresche springen, von der Kernkraft war keine Rede. Ein Änderungsantrag, der zumindest die Möglichkeit eröffnen sollte, die drei verbliebenen Kernkraftwerke im Notfall zu berücksichtigen, wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen und auch FDP abgelehnt.

Nur eine Woche danach fing die FDP plötzlich davon an, sich doch für die Atomkraft einzusetzen, obwohl alle Regierungsparteien eine Woche zuvor die Möglichkeit gehabt hätten, genau das zu tun. Womöglich hatte man darauf spekuliert, im sitzungsfreien Sommerloch nicht mit dem Thema behelligt zu werden und weiter die „Gasknappheit ist keine Stromknappheit“-Nummer zu spielen. Doch spätestens nach der Kabale um die Nord-Stream-1-Gasturbine und der steigenden Nervosität in Medien wie Bevölkerung sieht sich auch die Ampel unter Druck – oder hofft darauf, dass sich das Thema bis zum Herbst erledigt hat.

Will Polen deutsche Kernkraftwerke pachten?

Denn ohne Parlamentsbeschluss wäre eine Laufzeitverlängerung nicht möglich. Regulär tritt der Bundestag aber erst wieder in der Woche ab dem 5. September zusammen – damit steht der Oktober und die Heizsaison knapp vor der Türe. Sondersitzungen in der Sommerpause sind zwar möglich, aber unüblich. Aufgrund der Sommerplanungen der Abgeordneten dürfte in einem solchen Fall auch das Quorum nur schwer zu erfüllen zu sein – manch grüner und roter Abgeordneter könnte auch die Möglichkeit sehen, sich der Sommerpause wegen herauszureden, um nicht an der Abstimmung teilzunehmen.

Ein Vorschlag aus Polen sorgt derweil für Aufregung in den Medien. Die kleine sozialdemokratische Partei Lewica Razem (Linke Gemeinsam) brachte die Idee ins Spiel, die drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland zu pachten, bevor das Nachbarland diese abstelle. „Zum Wohle der Sicherheit Europas und des Klimas“ sollten die Kraftwerke weiterlaufen. Der Vorschlag wurde im Europa-Ausschuss des polnischen Parlaments debattiert. Die Zeitung „Gazeta Wyborcza“ sprach zwar davon, dass die Pacht „nicht die kleinste Chance“ hätte, betonte jedoch, derzeit sei „jedes Megawatt Gold wert“. Die Deutschen hielten dagegen unbeirrt an ihren Beschlüssen fest.

Belgien hat indes eine Entscheidung vom März umgesetzt und die Laufzeit der Atomkraftwerke in Tihange 3 und Doel 4 verlängert. Die belgische Regierung und der Energiekonzern Engie haben sich darüber geeinigt. Eigentlich hatte das westliche Nachbarland einen Atomausstieg im Jahr 2003 beschlossen, diesen aber immer wieder vertagt. Zuletzt hatte man einen Ausstieg bis 2025 geplant. Jetzt sollen die beiden Meiler aber sogar bis 2035 laufen.

Die EU-Staaten geben Habeck einen Korb

Der letzte Strohhalm, nach dem die Anhänger der Energiewende fassten, entpuppt sich hingegen als Illusion. Über die EU wollte Deutschland sein Gasproblem auslagern und Brüssel die Möglichkeit geben, Einsparungen von bis zu 15 Prozent einzufordern. Griechenland, Portugal, Polen, Zypern, Ungarn und Spanien lehnten den Plan einer kollektiven Reduktion jedoch kategorisch ab. Die spanische Energieministerin Teresa Ribera sagt, ihr Land brauche nicht zu sparen, weil es nicht wie andere Länder „über seine Verhältnisse“ gelebt habe. Habeck forderte dagegen „Solidarität“ ein.

Doch warum sollten andere Staaten Gas einsparen wollen, wenn Deutschland mit dem Atomausstieg seit Jahren die Energiesicherheit in Europa in Gefahr bringt, und auch im äußersten Notfall nicht alle Hebel in Bewgeung setzt – und sich auch nicht in seine Energiewende reinreden ließ? Selbst in der Notsituation zieht man es vor, die Schuld auf andere Länder abzuschieben, bevor man in Berlin das Gesicht verlieren könnte. Dabei geht es mittlerweile um deutlich mehr als ideologische Befindlichkeiten.

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