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Wie die Bundesregierung das gegenseitige Vertrauen mit Russland zerstört hat

Published On: 29. Juli 2022 3:00

Über 40 Jahre waren die deutsch-russischen Beziehungen ein Stabilitäts- und Rettungsanker bei politischen Krisen. Das ist vorbei, denn die letzten deutschen Regierungen haben diese Beziehungen zerstört.

Als unter Bundeskanzler Willy Brandt die neue Ostpolitik gestartet wurde, war der Gegenwind heftig. Die USA waren strikt dagegen, gleiches galt für die damalige CDU-Opposition. Aber hinter den Kulissen hat Egon Bahr die Verhandlungen geführt, die schließlich – trotz aller Differenzen – zu einem außergewöhnlichen Vertrauensverhältnis zwischen Moskau und der Bundesrepublik geführt haben.

Der entscheidende Kanal dafür waren Vertrauensleute, wie Egon Bahr später erzählt hat. Es gab einen direkten Kanal zwischen dem Kanzleramt und dem Kreml, über den man direkt vertraulich miteinander gesprochen hat. Die wichtigste Regel war dabei unbedingte Ehrlichkeit. Man hat offen die Probleme, die es nun mal gab, angesprochen, aber alle Verabredungen, die über diesen geheimen Kanal getroffen wurden, streng eingehalten.

Diesen Kanal hat Egon Bahr bei der Machtübernahme von Helmut Kohl an Kohls außenpolitischen Berater Teltschik weitergegeben und er funktionierte auch unter Kohl weiter. Das Vertrauensverhältnis zwischen Kanzleramt und Kreml war so groß, dass Gorbatschow, als er während den Wirren der Wende 1989 von seinem Militärs die Information bekommen hat, DDR-Bürger würden russische Einrichtungen angreifen, erst bei Kohl nachgefragt hat, bevor er eine Entscheidung über den Einsatz sowjetischer Soldaten in der DDR getroffen hat. Der Kanal und das Vertrauen waren so stark, dass Gorbatschow Kohl mehr vertraut hat, als seinen eigenen Militärs. Das Ergebnis ist bekannt: Die Wende in der DDR verlief unblutig.

Es ist davon auszugehen, dass dieser Kanal auch unter Schröder weiter funktioniert hat und auch an Merkel weitergegeben wurde. Allerdings ist darüber nichts bekannt, die Verantwortlichen haben sich dazu nicht geäußert, es gibt nur Erzählungen von Egon Bahr und Horst Teltschik und ihren sowjetischen beziehungsweise russischen Partnern darüber.

Der erste Schritt zur Zerstörung des Vertrauens?

Der erste echte Schritt, der das über Jahrzehnte aufgebaute Vertrauen zerstört haben dürfte, dürfte 2014 der Maidan gewesen sein. Ein Jahr nach dem Maidan und den darauf folgenden Ereignissen hat Putin sich darüber in einer sehr ausführlichen Doku über die Vereinigung der Krim mit Russland geäußert.

Dabei ging es um die Verhandlungen, die der damalige ukrainische Präsident Janukowitsch unter Vermittlung der Außenminister Polens, Frankreichs und Deutschlands im Februar 2014 mit der Maidan-Opposition geführt hat. Im Ergebnis hat Janukowitsch allen Forderungen zugestimmt und Neuwahlen und ein Referendum über eine neue Verfassung angekündigt. Im Gegenzug sollten die Maidan-Unruhen beendet werden. Die europäischen Außenminister haben die Einigung als Garanten unterschrieben.

Aber kaum waren die aus Kiew abgeflogen, hat die Maidan-Opposition das Regierungsviertel gestürmt und den Maidan-Putsch durchgeführt. Die europäischen Garanten haben diesen Bruch der Vereinbarung mit keinem Wort kritisiert, sondern geschehen lassen und die Putschisten-Regierung anerkannt.

In dem Interview sagte Putin an einer Stelle, dass er zu dem Zeitpunkt auch mit US-Präsident Obama telefoniert hat, der Putin zugesagt hat, dass alles ruhig bleiben würde. Das war gelogen und Putin stellte in dem Interview fest, dass das der bis dahin dreisteste Betrug der USA gegenüber Russland gewesen sei, denn trotz der Zusage Obamas haben die USA den Putsch unterstützt und Obama hat sein gegebenes Wort nur Stunden später gebrochen.

Wenn ich Putin dazu interviewen dürfte, würde ich ihn nach dem deutschen Kanal befragen. Gab es den damals noch? Und wenn ja, was wurde dem Kreml aus Deutschland mitgeteilt oder zugesagt? Hat Deutschland Putin damals genauso dreist belogen, wie die USA?

Wenn das der Fall wäre, würde das bedeuten, dass Deutschland den Kanal nach über 40 Jahren erfolgreicher Arbeit durch diese Lüge de facto zerstört, oder zumindest schwer beschädigt hat, denn das Vertrauen dürfte danach einen schweren Knacks bekommen haben. Und das ist sehr diplomatisch ausgedrückt.

Das Minsker Abkommen

Kurz danach, im April 2014, hat die ukrainische Putschisten-Regierung Panzer und Bomber in den Donbass geschickt und den Krieg gegen die russisch-stämmige Bevölkerung in der Ostukraine begonnen. Um den Konflikt zu lösen, wurde Anfang Februar 2015 das Minsker Abkommen geschlossen, das einen klaren Fahrplan zum Frieden enthalten hat. Wäre das Abkommen von Kiew umgesetzt worden, wäre der Konflikt Ende 2015 beendet gewesen.

Westliche Medien haben danach berichtet, es sei Russland, das das Abkommen nicht umsetzt, was schon deshalb Unsinn war, weil Russland in dem Abkommen gar nicht erwähnt wird. Es gibt in dem Abkommen keine Forderungen an Russland, die es umsetzen könnte. Die Details zu dem Abkommen finden Sie hier.

Obwohl Kiew zehn der 13 Punkte gebrochen und auch nie Anstalten gemacht hat, sie umsetzen zu wollen, hat Russland sieben Jahre geduldig verhandelt und immer wieder an Treffen im Normandie-Format teilgenommen, wobei Kiew die dort getroffenen Absprachen nie eingehalten hat. Das wurde von den westlichen Medien und auch von Deutschland und Frankreich gedeckt, die Kiew dafür nie kritisiert haben.

Nawalnys „Vergiftung“

Als Nawalny im August 2020 angeblich mit Nowitschok vergiftet wurde, hat Russland schnell und unbürokratisch erlaubt, ihn zur Behandlung nach Deutschland auszufliegen. Das interpretiere ich als Zeichen dafür, dass es den vertraulichen Kanal zwischen Kanzleramt und Kreml damals noch gab und dass man dem Kreml signalisiert hat, dass Russland keine Intrigen zu befürchten habe.

Aber es kam anders. Bekanntlich hat das Labor der Bundeswehr verkündet, es habe Nowitschok gefunden und Merkel hat die russische Regierung beschuldigt, Nawalns vergiftet zu haben. Beweise für die Anschuldigungen wurden trotz russischer Anfragen nie vorgelegt, stattdessen wurden Sanktionen gegen Russland verhängt. Auch auf parlamentarische Anfragen zu den Ungereimtheiten der offiziellen deutschen Version hat die Bundesregierung de facto die Antwort verweigert.

„Das Band des gegenseitigen Vertrauens ist zerrissen“

Genau diese Aktionen der Bundesregierung haben dazu geführt, dass das russische Außenministerium sich Mitte Oktober 2020 in einer offiziellen Erklärung dazu geäußert hat. Darin hieß es unter anderem:

„Die deutsche Regierung untergräbt das in Jahrzehnten aufgebaute die Vertrauen, das Grundlage für die Freundschaft zwischen der UdSSR und der DDR sowie der Ostpolitik von Willy Brandt war. Heute sagt sich Berlin sowohl von der DDR als auch vom politischen Erbe von Willy Brandt los.

Das Band des gegenseitigen Vertrauens ist zerrissen.“

Das war eine mehr als deutliche Aussage, die meine These bestätigt, dass es den informellen und geheimen Kanal zwischen Kanzleramt und Kreml bis zu diesem Zeitpunkt noch gegeben hat, und dass die Bundesregierung ihn – und das damit aufgebaute Vertrauensverhältnis – spätestens beim Fall Nawalny zerstört hat. Immerhin bezog sich das russische Außenministerium in seiner Erklärung auf „das in Jahrzehnten aufgebaute die Vertrauen, das Grundlage (…) der Ostpolitik von Willy Brandt“ gewesen ist. Die Grundlage dieser Ostpolitik war der vertrauliche Kanal, den Egon Bahr seinerzeit mit aufgebaut hat, und der danach noch Jahrzehnte funktioniert hat, vielleicht bis zu genau diesem Vorfall mit Nawalny.

Jedenfalls ist das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau danach erheblich kühler geworden und offizielle russische Erklärungen sind danach immer wieder sehr hart mit der deutschen Politik und deutschen Politikern ins Gericht gegangen, was es davor Jahrzehnte lang nicht gegeben hat.

Das Ende des Minsker Abkommens

Ein Jahr später hat Deutschland daran mitgewirkt, das Minsker Abkommen auch ganz offiziell zu beerdigen. Darüber haben deutsche Medien nicht berichtet, daher muss ich die Geschichte hier wiederholen.

Der Westen wollte im Oktober 2021 kurzfristig ein Treffen der Außenminister des Normandie-Formates erreichen, hat aber so unannehmbare Forderungen gestellt, dass Russland dazu nicht bereit war. Bevor der Westen daraus eine Medienkampagne gegen Russland formen konnte, Russland habe das Treffen und den Dialog verweigert, hat der russische Außenminister Lawrow im November 2021 zu einer sehr unkonventionellen Lösung gegriffen und die Korrespondenz zwischen Moskau einerseits und Berlin und Paris andererseits veröffentlicht.

Auf den insgesamt 28 Seiten kann man nachlesen, dass Lawrow Berlin und Paris am 29. Oktober ein Treffen vorgeschlagen hat, das aber gut vorbereitet sein müsse. Als Reaktion haben Berlin und Paris am 4. November in einer gemeinsamen Antwort unter anderem mitgeteilt, dass der russische Vorschlag für eine Abschlusserklärung im Normandie-Format nicht angenommen werden könne, weil Russland darin einen direkten Dialog zwischen Kiew und dem Donbass fordert.

Der direkte Dialog zwischen Kiew und den Rebellen im Donbass war allerdings einer der zentralen Punkte des Minsker Abkommens. Berlin und Paris haben das im November 2021 plötzlich als unannehmbar bezeichnen, obwohl es ein zentraler Bestandteil des Abkommens war. Damit haben Berlin und Paris das Minsker Abkommen Ende 2021 de facto beerdigt.

Am 6. November schrieb Lawrow, die Antwort aus Berlin und Paris sei enttäuschend. Den Vorschlag aus Berlin und Paris, schon am 11. November ein Außenministertreffen im Normandie-Format abzuhalten, lehnte Lawrow ab, da noch keine Antwort auf Moskaus Vorschläge für den Text der Abschlusserklärung des Treffens eingetroffen sei.

Am 15. November haben sich die Außenminister der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs getroffen und dabei Russland öffentlich vorgeworfen, Russland habe sich „zum wiederholten Male“ einem Ministertreffen im Normandie-Format verweigert.

Daraufhin ist Lawrow der Kragen geplatzt und er hat seinen Kollegen aus Berlin und Paris einen weiteren Brief geschrieben. Darin hat er noch einmal die russische Position dargelegt und dann angekündigt, dass er die Korrespondenz am nächsten Tag veröffentlichten werde. Der Brief endete mit den Worten:

„Ich bin sicher, dass Sie die Notwendigkeit dieses unkonventionellen Schrittes verstehen, denn es geht darum, der Weltgemeinschaft die Wahrheit darüber zu vermitteln, wer die völkerrechtlichen Verpflichtungen wie erfüllt, die auf höchster Ebene vereinbart wurden.“

Die unvermeidliche Eskalation

Falls es nach der Nawalny-Geschichte noch einen Tropfen gebraucht haben sollte, um das Fass aus russischer Sicht zum Überlaufen zu bringen, dann war es ganz sicher dieser. Deutschland hatte sich damit für Russland endgültig als Gesprächspartner disqualifiziert, denn danach gab es keine Meldungen über substanzielle Gespräche zwischen Moskau und Berlin mehr.

Stattdessen hat Moskau unmittelbar danach ab Dezember 2021 von den USA und der NATO gegenseitige Sicherheitsgarantien gefordert und auch offen gesagt, dass es im Falle einer Ablehnung von ernsthaften Gesprächen darüber gezwungen sei, seine Sicherheitsinteressen mit „militär-technischen“ Mitteln zu schützen. Dabei ging es unter anderem um die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und im die Stationierung von NATO-Truppen in der Ukraine.

Man wusste im Westen also sehr genau, was passieren würde, wenn man die Gespräche ablehnt. Daher haben die USA das Lend-Lease-Gesetz, nach dem sie die Ukraine Waffen zum „Schutz der Zivilbevölkerung in der Ukraine vor der russischen Militärinvasion“ liefert, schon Ende Januar 2022 eingebracht, als es noch gar keine „russische Militärinvasion“ in die Ukraine gegeben hat. Die begann erst einen Monat später.

Auch die deutsche Regierung wusste vorher, was kommen würde, denn Bundeskanzler Scholz hat Ende März öffentlich gesagt, dass man die Russland-Sanktionen „von langer Hand vorbereitet“ habe. Das hat er danach noch mehrmals wiederholt.

Die USA und die NATO haben die Gespräche über gegenseitige Sicherheitsgarantien mit Russland zum Monatswechsel Januar/Februar 2022 abgelehnt. Nur wenige Wochen später hat Russland seine Ankündigung wahr gemacht und in der Ukraine mit „militär-technischen Mitteln“ interveniert.

In den letzten fast 50 Jahren war es Deutschland mit seinem informallen Kanal zwischen Kanzleramt und Kreml, das bei schweren Krisen zwischen Ost und West vermitteln konnte. Diesen Kanal hat Deutschland in den letzten Jahren systematisch zerstört, weshalb eine baldige Lösung auf dem Verhandlungswege nicht zu erwarten ist.


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