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„Der Staat kann nicht nur geben“ – der ÖRR als Anstalt zur Bürgerbelehrung

Published On: 9. August 2022 16:26

Müssen Bürger dem Staat dankbar sein? Ja, denn sie werden durch ihn beschenkt. Dürfen Bürger die Regierung kritisieren und gegen deren Politik auf die Straße gehen? Kritisieren dürfen sie maßvoll und sachlich. Aber wer auf die Straße geht, ist kein guter Bürger. Was so klingt wie eine historische Rückblende in die Spätzeit der DDR oder eine Gegenwartsbeschreibung aus Venezuela, stammt allerdings aus den Sendeanstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der vergangenen Tage. Wer meinte, die gebührenfinanzierten Anstalten würden sich mit Blick auf die Selbstbedienungsaffäre der Ex-RBB-Intendantin Patricia Schlesinger ein wenig selbstkritisch geben und sich wieder auf ihren eigentlichen Informationsauftrag besinnen, der täuscht sich. Im Krisensommer 2022 scheint das Motto der ARD zu lauten: Jetzt erst recht Agitprop aus allen Rohren.

Am 6. August trat die SWR-Redakteurin Sabrina Fritz zum Tagesthemen-Kommentar vor die Kamera und belehrte ihr Publikum, dass es die guten Gaben des Staates gefälligst schätzen soll. Ihr Kommentar widmete sich der so genannten Übergewinnsteuer. Bei diesem Thema machte sie deutlich, wie sie das Verhältnis zwischen Staat und seinen Bürgern sieht. „Der Staat“, so Fritz, „gibt Milliarden für Elektroautos oder für neue Medikamente oder dafür, dass wir günstig mit der Bahn fahren. In all diesen Fällen gibt der Staat etwas – und alle sind ganz leise. Wenn er aber etwas nimmt, ist der Aufschrei groß – zumindest bei der Wirtschaft oder bei allen, die ihr nahestehen. Der Staat kann aber nicht immer nur geben. Er muss auch mal nehmen, vor allem, wenn enorme Aufgaben wie Klimarettung und Aufrüstung vor der Tür stehen.“

Dass weder Staat noch Regierung den Bürgern irgendetwas schenken, wenn sie beispielsweise den Kauf von Elektroautos oder das 9-Euro-Ticket subventionieren, sondern nur das den Bürgern vorher abgenommene Steuergeld umverteilen, weiß eigentlich jeder. Um diese Tatsache zu verdrehen, muss jemand schon – um einmal einen Begriff aus der Coronadebatte zu entlehnen – tief in den Instrumentenkasten der Realitätsumformung greifen. Für Fritz stellt das kein Problem dar. Sie doziert in dem gleichen Kommentar auch: „Der Finanzminister ist gegen eine Übergewinnsteuer – auch im Fall der Ölindustrie, die zuschauen kann, wie die Milliarden aus den Bohrlöchern sprudeln.“ Nun gibt es gar keine deutschen Unternehmen, aus deren Bohrlöchern Milliarden sprudeln. Und der deutsche Fiskus kann schlecht Übergewinne am Sitz von Shell und Rossneft abschöpfen. Solche Details stören die SWR-Expertin nicht weiter. Der Staat, der bei ihr „Milliarden gibt“, entspricht ziemlich genau den öffentlich-rechtlichen Anstalten, die von sich öfters mal erklären, sie würden im Jahr 8,2 Milliarden Euro „erwirtschaften“ – und nicht etwa zwangsweise von den Bürgern eintreiben, egal, ob die das Angebot von ARD, ZDF und Deutschlandfunk wahrnehmen und nebenbei noch den Privatchampagner einer Senderchefin finanzieren wollen oder nicht.

Falls die Bürger es doch an Dankbarkeit für selektiv verteilte Wohltaten aus ihrem eigenen Geld fehlen lassen, und obendrein noch etwas zu mäkeln haben, etwa an der obrigkeitsstaatlichen Attitüde der Corona-Maßnahmen und der irrationalen Energiepolitik mit ihrer Preisexplosion und drohendem Notstand – dann wiederum weiß Björn Dake, Hauptstadtkorrespondent des Bayerischen Rundfunk, was sich gehört. Und vor allem, was nicht.

„Wer politisch etwas verändern und sachliche Kritik üben will“, weiß der ARD-Mann, „geht nicht auf die Straße und wettert gegen den gesamten Staat.“

Nun wettern Leute, die gegen teils verfassungswidrige Corona-Maßnahmen oder gegen eine absurde Energiepolitik demonstrieren, zunächst einmal gegen die Regierungspolitik und nicht „den gesamten Staat“. Aber auch dazu gibt ihnen Artikel 8 des Grundgesetzes jedes Recht. Das Versammlungsrecht fungiert wie alle Grundrechte als Abwehrrecht gegen den Staat. Es hängt nicht von den politischen Ansichten des Demonstranten ab. Öffentlich vorgetragene Kritik muss auch nicht sachlich sein. Überhaupt handelt es sich bei Demonstrationen nicht um feinsinnige politikwissenschaftliche Proseminare. Vor allem dann nicht, wenn Bürger zum einen sehen, dass sich ihre Gaspreise verdoppeln und demnächst verdreifachen könnten, der Chef der Bundesnetzagentur vor dem Kauf von Elektro-Heißlüftern warnt – und gleichzeitig Regierungspolitiker die letzten drei Kernkraftwerke abschalten wollen, weil angeblich gar kein Stromproblem existiert.

Statt sich diesen offenkundigen Irrsinn journalistisch vorzunehmen, kritisiert der BR-Redakteur lieber präventiv die Bürger. Seine Fragestellung: „wie mobilisieren radikale Querdenker in der Energiekrise?“ gibt dafür schon einmal den Frame vor, im Gleichklang mit Innenministerin Nancy Faeser, die alles dafür tut, die vermutlich bevorstehenden Sozialproteste im Herbst als Werk von radikalen Rechten zu stigmatisieren.

Apropos „politisch etwas verändern“: wer das will, geht am besten zu den Öffentlich-Rechtlichen. WDR-Journalist Jürgen Döschner etwa findet es unerhört, dass der FDP-Politiker Gerhard Papke ARD und ZDF kritisch sieht. Das sei „AfD-Sprech und demokratiefeindlich“. Döschner fragt: „Wann wirft eigentlich die FDP NRW endlich Herrn Papke aus der Partei?“

— Jürgen Döschner (@jdoeschner) August 7, 2022

Welchen Aufschrei in welcher Lautstärke es im umgekehrten Fall geben würde, also dann, wenn ein FDP-Politiker fragt, wann der WDR endlich einen bestimmten Mitarbeiter rauswirft, kann sich jeder Kenner der Öffentlich-Rechtlichen ausmalen.

Mitarbeiter der Gebühren-Anstalten sehen sich offenbar nicht nur als Bürgererzieher, sondern auch als eine Art Hilfsverfassungsschützer, die Parteien erklären, welche Mitglieder sie dort noch zu akzeptieren bereit sind, und wo die Demokratiefeindlichkeit anfängt.

Der satirische Twitterer ArgoNerd lieferte dazu den bisher schönsten Kurzkommentar ab:

Die Mischung aus regierungsfrömmelndem Belehrungshochmut und barocker Prasserei ist noch keiner Institution gut bekommen. Vor allem nicht in Krisenzeiten.

Ein Ende des bisherigen Finanzierungssystems für den ARD-ZDF-Apparat wäre gut für das Debattenklima in Deutschland.

Für das Klima natürlich auch.

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