Grösste Wette der Hedgefonds gegen italienische Anleihen seit 2008

Veröffentlicht am 28. August 2022 von KD.

Hedgefonds haben die grösste Wette gegen italienische Staatsanleihen seit der globalen Finanzkrise im Jahre 2008 abgeschlossen, berichtet die Financial Times. Die Investoren seien besorgt über die politischen Unruhen im Land und dessen zunehmende Abhängigkeit von russischen Gasimporten.

Nach Angaben von S&P Global Market Intelligence erreichte der Gesamtwert der italienischen Anleihen, die von Anlegern für Wetten auf fallende Kurse aufgenommen wurden, in diesem Monat mit mehr als 39 Mrd. Euro den höchsten Stand seit Januar 2008.

Der Ansturm der Wetten gegen Italien komme zu einem Zeitpunkt, an dem das Land mit zunehmendem wirtschaftlichem Gegenwind durch den Anstieg der europäischen Erdgaspreise konfrontiert ist. Dies, aufgrund der russischen Lieferkürzungen und einem angespannten politischen Klima angesichts der bevorstehenden Wahlen im September.

«Es ist das am stärksten gefährdete Land in Bezug auf die Entwicklung der Gaspreise, und die Politik ist eine Herausforderung», erklärte Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, das ein Vermögen von rund 106 Milliarden Dollar verwaltet. Er verkaufe italienische zehnjährige Anleihen mit Hilfe von Derivaten, die als Futures bekannt sind.

Der IWF warnte letzten Monat, dass ein russisches Gasembargo in Italien und drei anderen Ländern zu einem Wirtschaftsrückgang von mehr als 5 Prozent führen würde, wenn nicht andere Länder ihre eigenen Lieferungen teilen.

Italien werde von den Anlegern auch als eines der Länder angesehen, die am stärksten von der Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) betroffen sind, ihre Konjunkturprogramme zurückzufahren, teilt die FT mit. Dies tue die EZB mittels einer Anhebung der Zinssätze und der Einstellung der Anleihekäufe, die den riesigen Schuldenmarkt des Landes gestützt haben.

Nachdem der ehemalige EZB-Chef Marion Draghi von seinem Ministerpräsidentenposten zurückgetreten und seine Regierung der nationalen Einheit gescheitert ist, stehen nun im September vorgezogene Neuwahlen an. Giorgia Meloni, Vorsitzende der rechtsnationalen Partei Fratelli d’Italia, gilt als Spitzenkandidatin für das Amt des Ministerpräsidenten.

Draghi habe die an den Wahlen teilnehmenden Parteien dazu aufgerufen, Italiens Verpflichtungen zur Finanzreform einzuhalten, informiert die FT. Euroskeptische Parteien innerhalb der Rechtskoalition hätten signalisiert, dass sie die Details des mit 200 Milliarden Euro finanzierten italienischen Konjunkturprogramms und die damit verbundenen Reformen wie ein neues Wettbewerbsgesetz überprüfen könnten. Umfragen zufolge könnte die Koalition am 25. September bis zur Hälfte der Stimmen erhalten. «Die Glaubwürdigkeit im Inland geht Hand in Hand mit der internationalen Glaubwürdigkeit», sagte Draghi.

Italienische Anleihen hätten in den letzten Wochen bereits an Wert verloren, da die Anleger auf die zunehmende Unsicherheit reagieren, so die FT weiter. Die Rendite zehnjähriger italienischer Anleihen sei auf 3,7 Prozent gestiegen, wodurch sich der Abstand zu deutschen Anleihen – einem wichtigen Risikobarometer – von 1,37 Prozentpunkten zu Beginn des Jahres auf 2,3 Prozentpunkte vergrössert habe.

Ein grosser Hedge-Fonds-Investor erklärte, Italien scheine das Land zu sein, das am anfälligsten für eine Verschlechterung der Witschftslage sei. Er fügte hinzu, dass solche Wetten jetzt «weit verbreitet» seien, wobei viele Manager auf die Differenz zwischen deutschen und italienischen Anleihen setzen würden.

Michael Hintze, Gründer des Hedgefonds CQS, sei einer von denen, die in diesem Jahr von Wetten gegen italienische Anleihen profitierten. Dies gehe aus Dokumenten hervor, die der FT vorliegen. CQS habe eine Stellungnahme abgelehnt.

Laut der FT waren Wetten gegen italienische Staatsanleihen in der Vergangenheit ein äusserst lukratives Geschäft für Hedgefonds. Das sei auf die langjährigen politischen Unsicherheiten und die Befürchtungen in Bezug auf die ausstehenden Staatsanleihen im Wert von 2,3 Mrd. Euro zurückzuführen.

Die FT nennt das Jahr 2018 als Beispiel. Damals hätten die Märkte befürchtet, dass eine Koalitionsregierung den Schuldenstand erhöhen und die Beziehungen zur EU lockern würde. Daraufhin hätten die Hedgefonds ihre Wetten auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise erhöht. Profitiert habe unter anderem der Mitbegründer von Brevan Howard, Alan Howard. inzwischen hätten die Wetten der Hedgefonds sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zu den gesamten Anleiheemissionen das Niveau von 2018 überschritten – ein Zeichen der Prognosen der Anleger bezüglich der Renditen.

Einige Fondsmanager bleiben gemäss der FT allerdings vorsichtig. Sie seien der Meinung, dass das kürzlich von der EZB angekündigte «Transmissionsschutzinstrument» (TPI) den Aufwärtstrend der Renditen begrenzen wird. Das neue Instrument wurde entwickelt, um zu verhindern, dass die Kreditkosten in hoch verschuldeten Ländern der Eurozone zu weit über die der Kernländer wie Deutschland steigen.

«Es kommt mir vor, als würde man mit der EZB ein Spiel mit dem Untergang betreiben», sagte Decio Nascimento, Chief Investment Officer beim Hedgefonds Norbury Partners, der den Handel meidet.

Dowding von BlueBay ist jedoch der Ansicht, dass der TPI kaum abschreckend wirkt auf Wetten in Bezug auf fallende Anleihenkurse.

«Die EZB kann nicht einfach Italien kaufen», ist er überzeugt. Er fügte hinzu, dass ein solcher Schritt ein Signal wäre, dass die Zentralbank Länder unterstützen würde, denen es an fiskalischer Zurückhaltung fehlt.