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Fast unbeachtet von den westlichen Medien fand ein wichtiges Gipfeltreffen statt

Published On: 16. September 2022 19:49

Die Staats- und Regierungschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) haben sich zu einem Gipfel getroffen, über den im Westen kaum berichtet wird.

Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wurde vor etwa 20 Jahren gegründet und umfasst derzeit die Volksrepublik China, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Russland, Tadschikistan und Usbekistan. Da die SOZ durchaus eine Erfolgsgeschichte ist – immerhin hilft sie zum Beispiel effektiv, regionale Konflikte zu entschärfen und ist eine Plattform, auf der auch Länder mit unterschiedlichen Interessen (zum Beispiel Indien und China) vertrauensvoll miteinander reden -, interessieren sich immer mehr Staaten für eine Mitgliedschaft in der Organisation, was sie zunehmend zu einem Konkurrenten westlicher Organisationen, zum Beispiel der G7, macht.

Das dürfte auch der Grund sein, warum westliche Medien weder über die SOZ, noch über ihre Gipfeltreffen allzu viel berichten. Wenn sich die archaischen G7 treffen, deren Macht mit jedem Jahr schneller schwindet, berichten die westlichen Medien begeistert über jede Kleinigkeit, wenn sich aber eine an Mitgliedern und Einfluss wachsende internationale Organisation trifft, die nicht unter westlicher Kontrolle steht, sind die westlichen Medien auffallend schweigsam.

China warnt vor Farbrevolutionen

Dem Spiegel zum Beispiel war der wichtige Gipfel nur einen kurzen Artikel mit der Überschrift „Gipfeltreffen in Usbekistan – Xi warnt vor Volksaufständen und »Einmischung« aus dem Ausland“ wert, der mit folgender Einleitung begann:

„Erdoğan, Putin, Lukaschenko: Die Teilnehmerliste beim SOC-Gipfel ist eindrücklich. Chinas Staatschef Xi prophezeite bei dem Treffen nun turbulente Zeiten – und mahnte zur Vorsicht vor ausländischen Demokratiebemühungen.“

Der Spiegel-Leser wird in die gewünschte Richtung beeinflusst, indem der Spiegel – anstatt über die Themen des Gipfels zu berichten – als erstes die kultivierten Feindbilder der Spiegel-Redaktion auflistet, um dann hinzuzufügen, dass der böse chinesische Staatschef vor „Demokratiebemühungen“ warnt. Der Spiegelpräsentiert seinen Lesern die SOZ als eine Art „Klub der Diktatoren“, anstatt über die Themen zu berichten, um die es bei dem Gipfeltreffen ging.

Xi hat jedoch nicht vor „Demokratiebemühungen“ gewarnt, vielmehr hat der chinesische Staatschef vor Farbrevolutionen gewarnt, wie man dann auch in dem Spiegel-Artikel erfahren kann. Freundlicherweise erklärt der Spiegel seinen Lesern auch gleich, was Farbrevolutionen nach Meinung der Spiegel-Redaktion sind:

„Als »Farbrevolutionen« werden politische Bewegungen der letzten Jahrzehnte bezeichnet, die oft etwa autokratische Systeme zu Fall brachten. Demokratische Transformationen in mehreren Ländern in den 2000er-Jahren wurden oft nach Farben oder auch Pflanzen benannt und zumeist auch von demokratischen Kräften aus dem Ausland unterstützt.“

Das ist niedlich, oder? Der Spiegel verschweigt seinen Lesern komplett, dass alle Farbrevolutionen der letzten Jahrzehnte vom Westen finanziert und organisiert wurden, um Regime an die Macht zu bringen, die dem Westen gegenüber gehorsam sind. Im Gegenzug für ihren Gehorsam bezeichnet der Westen sie dann als „demokratisch“.

Dass diese „Demokratiebemühungen“ ihre Ursprünge nicht im eigenen Land haben, sondern vom Westen geschaffen, organisiert und finanziert werden, um unliebsame Regierungen wegzuputschen, ist keineswegs meine krude Fantasie. Das konnte man 2011 sogar noch in der Süddeutschen Zeitung in einem Artikel mit dem passenden Titel „Die Umsturz-GmbH“ lesen. Heute wären solche Artikel kaum noch denkbar.

Darüber habe ich vor zwei Jahren aus Anlass der BLM-Unruhen einen Artikel geschrieben und dabei aufgezeigt, dass die Farbrevolutionen der letzten Jahrzehnte immer von den gleichen Organisationen und nach immer dem gleichen Schema organisiert wurden und werden, wobei sie nicht einmal kreativ genug sind, sich für jede „Demokratiebewegung“ ein eigenes Symbol auszudenken, sondern weltweit immer das gleiche Symbol benutzen und es bestenfalls leicht verändern.

Während der Westen sich rigoros jede ausländische Einmischung in seine Politik verbittet und massiv dagegen vorgeht, siehe zum Beispiel das Theater um angebliche Wahleinmischungen aus dem Ausland, ist der Westen der Meinung, er habe das Recht, sich von außen in die Politik aller Länder der Welt einzumischen und ihnen vorzuschreiben, wie sie zu leben und welche Werte sie zu vertreten haben. Wenn sich ein Land widersetzt, organisiert der Westen einen Regimechange, also einen Putsch, der von den westlichen Medien als „Farbrevolution“ und „Demokratiebewegung“ bezeichnet und gefeiert wird.

Dass der chinesische Präsident vor diesen Methoden des Westens warnt, ist kaum verwunderlich.

Warum die Medien schweigen

Dass die westlichen Medien über das Gipfeltreffen der SOZ nicht gerne berichten, dürfte daran liegen, dass der Gipfel eindrucksvoll gezeigt hat, wie die Politik des Westens gerade scheitert. In den letzten Monaten haben sich Spitzenpolitiker des Westens zum Beispiel in Indien die Klinke in die Hand gegeben, um Indien dazu zu bewegen, sich der anti-russischen Politik anzuschließen. Dass man diese Reisen mit „außer Spesen nichts gewesen“ zusammenfassen kann, zeigt das Treffen von Putin mit dem indischen Premierminister Modi auf dem SOZ-Gipfel eindrucksvoll. Der Inder sagte dabei unter anderem:

„Die Beziehungen zwischen Russland und Indien haben sich deutlich verbessert. Wir glauben, dass diese Beziehung äußerst wichtig ist. Wir sind Freunde, und wir stehen seit Jahrzehnten Seite an Seite. Die ganze Welt ist sich des Charakters der russisch-indischen Beziehungen bewusst, und die Welt weiß auch um die tiefe Freundschaft, vor allem um die persönlichen Bande der Freundschaft, die uns verbinden. Ich habe Sie zum ersten Mal 2001 getroffen, als ich Beamter der indischen Regierung war, und unsere Freundschaft ist seitdem nur noch stärker geworden. Wir arbeiten auch heute wieder, auch im Rahmen des SOZ-Gipfels, für das Wohlergehen der Region, unserer Völker, unserer Bürger. Ich danke Ihnen für die Unterstützung, die Sie Indien gewährt haben.

Die bilateralen Beziehungen, die wir heute erörtern werden, zeigen uns auch, dass unsere Beziehungen in Zukunft nur besser und stärker werden können, was auch für die ganze Welt gut ist.“

Das ist eine schallende Ohrfeige für die Politik des Westens, Indien gegen Russland in Stellung bringen zu wollen.

Die russische Nachrichtenagentur TASS hat die Ergebnisse des Gipfeltreffens zusammengefasst und auch dabei wird deutlich, warum westliche Medien darüber lieber nicht berichten wollen, denn dort wurde unter anderem über eine neue, nicht vom Westen dominierte, Weltordnung gesprochen. Ich habe die Zusammenfassung der TASS übersetzt.

Man sollte die Ergebnisse und Beschlüsse sehr aufmerksam lesen, denn sie unterscheiden sich diametral von dem, was die westliche Politik zu erreichen versucht.

Beginn der Übersetzung:

Vom grundlegenden Wandel zum Hirsefest: Was die SOZ-Führer in Samarkand besprochen haben

Die Staats- und Regierungschefs konstatieren, dass die Rolle der Organisation von regionaler zu globaler Bedeutung wächst

Die Staats- und Regierungschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) haben auf ihrem Gipfeltreffen in Samarkand die wachsende Bedeutung der Organisation konstatiert, ihre Besorgnis über die Lage der Ernährungssicherheit zum Ausdruck gebracht, eine Erhöhung des Anteils der nationalen Währungen im Handel gefordert und sich gegen einseitige Sanktionen ausgesprochen.

In der Erklärung von Samarkand und den gemeinsamen Erklärungen nach dem Treffen, die am Freitag veröffentlicht wurden, bekräftigten sie auch ihre Offenheit für eine Zusammenarbeit der Verineinigung mit anderen Ländern und forderten, die Investitionen in die Erkundung und Förderung fossiler Brennstoffe zu erhöhen, anstatt sie zu verringern.

Darüber hinaus wurde der Prozess der Aufnahme von Weißrussland als Vollmitglied der SOZ eingeleitet, der Iran unterzeichnete eine Absichtserklärung zum Beitritt zur Organisation, Ägypten und Katar wurden Dialogpartner und Bahrain, Kuwait, die Malediven, Myanmar und die Vereinigten Arabischen Emirate leiteten das Verfahren zum Erwerb dieses Status ein. Die TASS hat die wichtigsten Ergebnisse des Treffens in Samarkand zusammengestellt.

Die Rolle der SOZ und die neue Weltordnung

Die Staats- und Regierungschefs konstatierten die wachsende Rolle der SOZ, die sich von einer regionalen Organisation zu einer globalen Organisation entwickelt und nach den Worten des russischen Präsidenten Wladimir Putin an Bedeutung gewinnt, „wenn es darum geht, Frieden, Sicherheit und Stabilität im gesamten riesigen eurasischen Raum aufrechtzuerhalten“ und die Energie- und Nahrungsmittelprobleme zu lösen, die sich aus „Systemfehlern in den führenden Volkswirtschaften der Welt“ ergeben.

Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokajew bezeichnete die SOZ als „die erfolgreichste internationale Organisation, die es gibt“, die sich „natürlich von Jahr zu Jahr ausdehnt“, während sein weißrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko erklärte, sie könne bereits „globale Probleme der Weltordnung lösen.“

Putin konzentrierte sich auf die unumkehrbaren „grundlegenden Veränderungen“ in der Weltpolitik und der Weltwirtschaft, während der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan, der nach Samarkand gereist war, die Notwendigkeit von Reformen des „globalen Systems“ betonte. „Wir brauchen eine gerechtere Weltordnung, eine repräsentativere, integrativere und produktivere Weltordnung“, erklärte er.

Global und dringend

Die Staats- und Regierungschefs riefen auf dem Gipfel dazu auf, die Beziehungen in allen Bereichen – vom Militär bis zur Kultur – zu stärken. Putin sagte, zu den Prioritäten der SOZ gehörten die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die Bekämpfung des Terrorismus, des Drogenhandels und des organisierten Verbrechens sowie die Lösung von Konflikten in den Randgebieten, einschließlich in Afghanistan.

Gleichzeitig betonte jeder der Redner den Aspekt, der für sein Land am wichtigsten ist. So bekräftigte der tadschikische Präsident Emomali Rachmon seine Aufforderung, in Afghanistan „gemeinsam proaktiv zu handeln“ und eine gemeinsame Struktur zur Drogenbekämpfung einzurichten; sein usbekischer Amtskollege Shavkat Mirziyoyev konzentrierte sich auf die Bekämpfung der Verwicklung von Jugendlichen in extremistische Organisationen und die Verbesserung der Anti-Terror-Struktur der SOZ, während Erdoğan seine Absicht betonte, die Zusammenarbeit mit der Vereinigung vor allem im Sicherheitsbereich auszubauen.

Weder in den Reden der Staats- und Regierungschefs noch in den auf dem Gipfeltreffen verabschiedeten Dokumenten wurden die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine und in Transkaukasien (wegen letzterem reiste der armenische Premierminister Nikol Paschinjan nicht nach Samarkand) sowie die weitere Verschärfung an der Grenze zwischen Kirgisistan und Tadschikistan, deren Staats- und Regierungschefs an dem Treffen teilnahmen, erwähnt. Der kirgisische Präsident Sadyr Zhaparov und Rachmon einigten sich jedoch am Rande des Gipfels auf einen Waffenstillstand und den Rückzug der Truppen an der Kontaktlinie.

Nahrungsmittelkrise

In einer separaten Erklärung äußerten sich die Staats- und Regierungschefs der SOZ besorgt über „ernsthafte Bedrohungen der Ernährungssicherheit“, die durch einseitige restriktive Sanktionen noch verschärft würden.

Putin bekräftigte die Bereitschaft Moskaus, 300.000 Tonnen russische Düngemittel, die sich in Häfen der EU stapeln, kostenlos an Entwicklungsländer zu liefern, und forderte die UNO auf, die Aufhebung der europäischen Sanktionen auf die Ausfuhr dieser Produkte aus Russland in Drittländer zu verlangen.

Der russische Staatschef wies auch darauf hin, dass 90 Prozent der russischen Lebensmittelexporte in asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Länder gehen (im Gegensatz zum ukrainischen Getreide, das, wie Putin wiederholt erklärt hat, zum größten Teil im Rahmen des Getreideabkommens in die EU geliefert wird). Erdogan versicherte in seiner Erklärung, dass die Türkei versuche, die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit zu lenken, Lebensmittel aus der Ukraine an die „Brüder und Schwestern vor allem in Afrika“ zu schicken.

Der indische Premierminister Narendra Modi sprach sich für die Förderung „neuer Lebensmittel, insbesondere Hirse“ aus, die „in den SOZ-Ländern noch nicht aktiv angebaut werden“, und schlug vor, in der Vereinigung im nächsten Jahr ein Hirsefestival zu veranstalten.

Abschlussdokumente

Insgesamt unterzeichneten die Staatsoberhäupter der SOZ mehr als 20 Dokumente, darunter die Erklärung von Samarkand und vier gemeinsame Erklärungen zum Klimawandel, zur Sicherung zuverlässiger Lieferketten sowie zur Lebensmittel- und Energiesicherheit.

Insbesondere wird in der Erklärung bekräftigt, dass die Vereinigung offen für die Zusammenarbeit mit anderen Ländern ist und dass sie sich nicht gegen jemanden richtet. Die Organisation wird sich weiterhin mit den wachsenden Bedrohungen und Herausforderungen in der Region befassen und die Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung sowie die Zusammenarbeit mit der Konferenz über Zusammenarbeit und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien vertiefen.

Die Staats- und Regierungschefs betonten außerdem, dass Konflikte mit politischen und diplomatischen Mitteln auf der Grundlage allgemein anerkannter Normen und des Völkerrechts beigelegt werden müssen, und sprachen sich für nukleare Abrüstung und gegen eine Bewaffnung des Weltraums sowie gegen einseitige Wirtschaftssanktionen und protektionistische Maßnahmen aus. Sie bekräftigten ihre Forderung nach einer „nachhaltigen Umsetzung“ des iranischen Atomabkommens und einer Reform der Welthandelsorganisation mit dem Schwerpunkt auf der Anpassung an die aktuellen Realitäten.

Darüber hinaus wurden in der Erklärung von Samarkand das nächste Jahr zum Jahr des Tourismus der SOZ und die indische Stadt Varanasi zur Tourismus- und Kulturhauptstadt der Vereinigung für die nahe Zukunft erklärt. Die Mitglieder der Organisation werden die Konsultationen fortsetzen, eine SOZ-Entwicklungsbank und einen SOZ-Fonds einrichten und neue Arbeitsgruppen zu den Themen Start-Ups und Innovation sowie Armutsbekämpfung bilden, heißt es in dem Dokument.

Ende der Übersetzung