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In der Schweiz herrscht seit letzter Woche klammheimlich Notrecht

Published On: 28. September 2022 16:33

Veröffentlicht am 28. September 2022 von RL.

Bereits während der Corona-«Pandemie» hat eine enorme Machkonzentration zugunsten der Exekutive stattgefunden. Mit dem Covid-19- und dem Epidemiengesetz hat der Bundesrat Verfassungs- und Grundrechte teilweise gänzlich ausser Kraft gesetzt. Das Covid-19-Gesetz wird voraussichtlich auch noch in Zukunft in Kraft sein. Mitte der Woche hat der Nationalrat die Verlängerung des Gesetzes bis 2024 mit grosser Mehrheit durchgewunken (wir berichteten).

Doch das ist noch längst nicht alles: Seit vergangenem Freitag gilt hierzulande klammheimlich Notrecht. Denn der Bundesrat hat eine drohende Strommangellage ausgerufen.

Das Bundesgesetz für wirtschaftliche Landesversorgung (LVG) sieht eine solche nur in besonderen Krisen vor: Also dann, wenn Güter oder Dienstleistungen extrem knapp werden. In einer schweren Mangellage oder wenn diese unmittelbar droht, erhält die Regierung zahlreiche zusätzliche Kompetenzen. Hinzu kommt, dass automatisch zusätzliche Strafbestimmungen in Kraft treten. Genau dies ist jetzt geschehen.

Besonders interessant ist dies vor dem Hintergrund, dass Bastian Schwark, der Energiekrisenmanager des Bundes, noch letzte Woche meinte, dass die Schweiz beim Strom ohne Bewirtschaftungsmassnahmen durch den Winter kommen werde. Dies sagte er gegenüber der NZZ.

Auch Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin sagte in der «Arena» von SRF letze Woche, dass es nicht nötig sei, die Strommangellage auszurufen. Genau dies hat aber die Regierung dann Ende letzte Woche doch noch getan. Das Ganze hat nicht zu unterschätzende Konsequenzen: Dazu die NZZ, die am Dienstag ausführlich darüber berichtete:

«Mit der Ausrufung der drohenden Mangellage am Freitag kann der Bundesrat juristisch gesehen aber ab sofort weitgehende Einschränkungen beschliessen: zum Beispiel Verbote von Stromfressern, die nicht unbedingt nötig sind, etwa den Betrieb von Rolltreppen oder Schaufensterbeleuchtungen. Auch die Kontingentierung von Strom für die Wirtschaft wäre denkbar.»

Zwar gibt es noch keinerlei Anzeichen, dass eine Kontingentierung bevorstehe. Der Grund dafür, dass die Regierung quasi Notrecht ausgerufen hat, ist ein anderer: Die Regierung will den Bau eines temporären Reservekraftwerks in Birr beschleunigen, dafür hat der Bundesrat gewisse Gesetzesbestimmungen vorübergehend ausser Kraft gesetzt. Die NZZ weiter:

«Zum Beispiel Artikel 10a des Umweltschutzgesetzes. Dieser verlangt eine Umweltverträglichkeitsprüfung, bevor eine Behörde über die Planung, Errichtung oder Änderung von Anlagen entscheidet. Diese Vorschrift gilt nun seit Freitag für das Reservekraftwerk nicht mehr. Der Bundesrat darf solche Gesetzesbestimmungen aber nicht einfach so für nicht anwendbar erklären. Im Gegenteil: Es handelt sich dabei um eine äusserst weitgehende Massnahme. Der Bundesrat erhält dafür die Kompetenz nur in ganz seltenen Ausnahmefällen – zum Beispiel wenn eine schwere Mangellage unmittelbar droht. Genau dies hat der Bundesrat nun festgestellt, um das Notkraftwerk in Birr überhaupt bauen zu können.»

Einzelne Juristen sehen das Vorgehen der Regierung äusserst kritisch. Mehr noch: Sie halten es für gesetzeswidrig. So der Staatsrechtsprofessor Giovannie Biaggini. Gegenüber der NZZ sagte er: «Entweder es liegt derzeit tatsächlich eine unmittelbar drohende schwere Mangellage vor. Oder der Beschluss ist gesetzwidrig.»

Bemerkenswert sei zudem, dass der Bundesrat nicht nur Bundesrecht für nicht anwendbar erkläre, sondern auch kantonale Bestimmungen. Diese sind «soweit sie im Widerspruch zur rechtzeitigen Bereitstellung des Reservekraftwerks stehen» nicht mehr anwendbar. Für Biaggini ist unklar, woraus der Bundesrat diese Kompetenz ableite.

Bereits am Montag hat der Bundesrat im Bundesblatt eine Verfügung zum sofortigen Bau des temporären Reservekraftwerks in Birr publiziert. Die Einsprachefrist beträgt nur fünf Tage. Und selbst wer sich innert dieser Frist wehrt, darf man sich nicht allzu viel erhoffen. Denn: Die aufschiebende Wirkung hat die Schweizer Regierung entzogen. Die Verfügung macht somit deutlich, wie gross der Machtzuwachs der Landesregierung ist.

Die Ausrufung der drohenden Mangellage hat aber noch weitere Auswirkungen: Ab sofort gelten weitere Strafbestimmungen. So kann etwa das Verbreiten von Gerüchten in bestimmten Fällen mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Artikel 54 des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung besagt:

«Wer in Zeiten einer unmittelbar drohenden oder bereits bestehenden schweren Mangellage vorsätzlich und in der Absicht, sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, unwahre oder entstellende Behauptungen über geltende oder bevorstehende Massnahmen auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung äussert oder verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.»

Solche Bestimmungen sind in gewöhnlichen Zeiten nicht möglich. Staatsrechtsprofessor Biaggini hält das vom Bundesrat gewählte Vorgehen auch noch aus einem weiteren Grund für äusserst fragwürdig. Denn damit werde nun die Schwelle für die Feststellung einer unmittelbar drohenden Strommangellage sehr tief angesetzt. Biaggini befürchtet, dass damit ein Präzedenzfall geschaffen werde, der später als Begründung für die Suspendierung von weiteren Gesetzesbestimmungen beigezogen werden könnte.

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