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Der Ausweg aus der Angst

Published On: 1. Oktober 2022 10:00

2020 ereilte die Welt die Angst vor einem Virus und einer Erkrankung als Inbegriff der Todesdrohung, vor einer diffusen, potenziell überall lauernden Bedrohung. Etwas Angsterzeugendes, das wir nicht (be-)greifen können, ist viel beängstigender und monströser als ein konkretes Objekt oder ein handhabbarer Sachverhalt.

Die Angst wurde medial geschürt und intensiviert, wie wir spätestens seit dem sogenannten Panikpapier des Innenministeriums (1) wissen; und benutzt, um Maßnahmen zu rechtfertigen, die wir ohne diese Angst wohl niemals so klaglos zugelassen hätten. Gleichzeitig wurde an unsere Menschlichkeit appelliert, an unser Verantwortungsgefühl gegenüber Schwächeren, an unser grundlegendes Sein als soziale Wesen und an unser Bedürfnis nach sozialer Anerkennung in einer starken Gruppe.

Und damit nicht genug, denn neben die Angst vor dem Tod oder vor dem Verlust der körperlichen Unversehrtheit gesellten sich schnell weitere Ängste. Vor sozialer Kritik. Vor sozialer Ausgrenzung. Vor dem Verlust der individuellen und gesellschaftlichen Freiheit. Vor dem Verlust der Selbstbestimmung und — in neuem Kontext — der eigenen Unversehrtheit. Vor dem Verlust der materiellen Sicherheit, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. In diesem Jahr kamen hinzu: die Angst vor der Vernichtung in einem hybriden bis nuklearen Krieg und die Angst vor Verarmung oder vor dem unverschuldeten Verlust der Früchte lebenslanger Arbeit.

Diese Ängste richten sich auf Bedrohungsszenarien einer ungewissen Zukunft. Sie sind wenig benennbar, nicht greifbar, und daher fällt es schwer, der Angst aktiv zu begegnen. Sie sind diffus — und omnipräsent. Mehr noch: Die Eintreffenswahrscheinlichkeit des Befürchteten lässt sich nicht überprüfen.

In dieser Stresssituation wurde in allen Fällen zeitnah die vermeintliche Rettung präsentiert:

Angstthema Corona/Todesangst:

  • ein Test als Zauberstab, der die unsichtbare Bedrohung sichtbar macht
  • Masken als Schutz vor eigener Erkrankung und um zu vermeiden, für andere unbemerkt, da „symptomlos krank“, zum Todesengel zu werden
  • eine „Impfung“ als Wundermittel gegen die Bedrohung

Angstthema soziale Stellung/Gruppeneinbettung:

  • Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls und der damit verbundenen Sicherheit durch das öffentliche Bekenntnis zur allgegenwärtigen Gruppenmeinung und durch die klare Abgrenzung gegenüber kritischen Stimmen
  • Nutzen kritischer Stimmen als Sündenbock inklusive einfacher Schuldzuweisungen und Kategorisierung in die Anderen (als die Bösen/Schuldigen/Täter) versus die eigene Gruppe (Wir als die Guten/Unschuldigen/Opfer)

Angstthema Kriegsgefahr/Auslöschung:

  • Schaffen eines selbstwertdienlichen Narrativs unter Verwendung emotionsauslösender Assoziationen und Demonstration von Stärke und Handlungsfähigkeit (Sanktionen und Waffenlieferungen) mit Verstärken der Gruppenidentifikation, Polarisierung und Komplexitätsreduktion

Zudem wurde die Regression der erwachsenen Bevölkerung gefördert: das Flüchten in einen infantilen Status und Abgabe der Eigenverantwortung an übergeordnete Mutter-/Vaterinstanzen wie Staat, Regierung, Medien und Experten, inklusive dem bedingungslosen Vertrauen in diese, dem gehorsamen Befolgen ihrer Anweisungen und der Verehrung von Stellvertreterpersönlichkeiten wie Christian Drosten, Angela Merkel oder Karl Lauterbach.

Hierzu gehört auch die Verantwortungsumkehr in Bezug auf das Fürsorgeverhältnis von Erwachsenen und Kindern: Mit der Begründung, diese seien durch ihre Symptomarmut eine besonders heimtückische, potenziell tödliche Bedrohung für die Älteren, wurden für Kinder besonders strenge Maßnahmen durchgesetzt. Maskenpflicht, Dauertestungen und Impfungen wurden trotz deutlicher Indizien für deren negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis fortgesetzt und propagiert.

Angst ist eine archaische, evolutionsbiologisch verankerte Emotion, ein Impuls, ein handlungsleitender Reflex, der, einmal evoziert, eine Kaskade von Körper- und Gedankenprozessen auslöst, die in Verhalten münden und die Überlebenswahrscheinlichkeit in einer Bedrohungslage erhöhen sollen. Angst bezieht primär nicht das bewusste Denken, die Prozesse des Neokortex, mit ein, sondern löst Handeln auf eine unmittelbare Weise aus.

Man unterscheidet drei klassische Verhaltensoptionen in einer vom Organismus als solche erkannte Bedrohungssituation: Kampf oder Flucht im Sinne einer Aktivierung und als letzte Möglichkeit „Freezing‟ (Einfrieren / Totstellen). Damit einher geht eine hormonelle Kaskade, welche die Prozesse des Organismus aktiviert oder auf die lebensnotwendigen Minimalfunktionen reduziert.

In einer akuten Situation macht diese Reaktion Sinn. Der Schaden überwiegt allerdings, wenn die Angst und die damit einhergehenden Reaktionen des Organismus bezogen auf Stresssystem, Körper und Psyche chronifizieren.

Stellt sich trotz der auf eine Abwehr der Bedrohung gerichteten Handlungen keine Verbesserung ein, kann daraus ein Gefühl der Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit resultieren: Das Individuum stellt alle Handlungen ein in Erwartung des nunmehr als unausweichlich Eingeschätzten.

Das Gefühl der Hilflosigkeit beendet Handlungen, die auf eine Lösung der Situation und eine Reduktion der Angst gerichtet sind. Entsprechendes erleben wir auch bei Menschen die sich zu hinterfragen bemühen. Ich denke da an einen lieben Verwandten, welcher die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zwar in Frage stellt, sie aber dennoch befolgt, denn: „Ich kann ja nichts daran ändern“.

Dies veranschaulicht deutlich die toxisch-lähmende Wirkung dieses Gefühls, insbesondere kombiniert mit einer konditionierten Machtlosigkeit gegenüber übergeordneten Instanzen. Ähnliches kennt man aus Missbrauchskonstellationen oder aus dem Erleben von Ungerechtigkeit: Hilflosigkeit führt zu einer passiven, manchmal auch aktiven Unterwerfung und führt damit meist eben nicht aus der Situation heraus sondern zementiert diese.

Erst wenn ein aktivierendes Element hinzukommt, kann dies durchbrochen werden. Ein solches aktivierendes Element kann die Wut darstellen: Wut als Energie, die Widerstand und ein aktives Handeln gegen die aktuelle Situation zur Überwindung derselben ermöglicht. Das bedeutet nicht, dass jegliche Form von Wut immer konstruktiv ist, natürlich kann aus Wut auch Destruktivität entstehen. Gemeint ist daher explizit die Wut, die als Aktivierungsenergie genutzt wird und zu einem kritischen Bewerten der Situation und zu dem Wunsch nach Veränderung führt.

Wichtig für ihre Wirkung ist ihre Einbettung und wozu sie genutzt wird.

Anders formuliert: Resultiert aus ihr Hass oder Vergeltungssucht auf einen externen Verursacher oder — wenn dieser ungreifbar oder übermächtig erscheint — auf einen Sündenbock? Oder resultiert aus ihr ein konstruktives, lösungsorientiertes, befreiendes Handeln?

Wenn die Not und das akute Erfahren von realer Existenzbedrohung durch massiv steigende Preise zunehmen, ist davon auszugehen, dass auch die Emotion Wut in der Bevölkerung zunehmen wird.

Ich sehe dies als Chance, wenn die Wut, zumindest langfristig, konstruktiv genutzt wird. Dies beinhaltet für mich auch das mitunter schmerzhafte Hinterfragen alter Glaubenssätze in der Konfrontation mit der realen Erfahrung.

Noch einmal: Mündet die Wut in zielloser blinder Aggression, ist nichts gewonnen — die Wut stellt dann nur ein anderes Gesicht der Angst dar und verstärkt diese.

Doch es gibt eine — konstruktive, heilsame — Alternative: Aufbruch. Aufbruch in diesem Sinne bedeutet, selbst Verantwortung zu übernehmen, erwachsen zu werden. Wieder aufzustehen, wenn man fällt, aus Fehlern lernen. Sich selbst zu fragen: Was will ich nicht? Und — viel wichtiger: Was will ich? Unabhängig vom sozial Erwünschten, von den Vorgaben und Erwartungen anderer. Dabei ist es essenziell, eine eigene „Vision“ zu entwickeln. Auch wenn diese vor dem Hintergrund der Konditionierung in einen engen Korridor als realistisch gesetzter Handlungsoptionen illusorisch oder naiv erscheinen mag. Denn es ist tatsächlich unsere Wahrnehmung von der Welt, unsere Vorstellungswelt, die den Rahmen setzt für das vorstellbare Mögliche und damit auch für die Ziele, die wir uns zu setzen wagen.

Es gilt, sich unabhängig von den Erwartungen anderer oder deren Kritik, zu fragen nach den eigenen Werten und Zielen. Und dann den nächsten Schritt zu gehen: wertekonform in Richtung des eigenen Ziels zu handeln.

Wir sind nur machtlos, solange dies unsere Überzeugung ist und unseren Handlungskorridor bestimmt. Auch dies ist unsere Wahl.

Und ja, es gibt visionäre Konzepte, es gibt Erfahrungen von Möglichkeiten jenseits des Gewohnten. Wir müssen sie nur suchen, jenseits des alten Tellerrands, und uns konstruktiv austauschen. Besonders sollten wir wieder etwas lernen, das uns abhanden gekommen ist: uns selbst zu vertrauen. Und aus diesem Selbst-Vertrauen heraus loszugehen, ohne dreifache Absicherung. In der Überzeugung, dass wir Probleme, wenn sie sich zeigen, lösen können.

An dieser Stelle hatte das Manuskript ursprünglich geendet. Ich hatte den Text einer lebenserfahrenen Freundin vorgelegt — sie fand ihn gut, bis auf den letzten Abschnitt. Ihre Kritik, von einem in eigenen Worten zweckpessimistischen Denken ausgehend, möchte ich hier aufgreifen.

Sie schrieb:

„Weil — ins Tun gehen — das erinnert mich so an Sachen wie: Es liegt an dir, nicht an dem, was dir von außen passieren kann. Wenn es schiefgeht, bist DU schuld, denn du hast nichts getan. Besser kann ichs momentan leider nicht formulieren. Es klingt für mich wie eine Art: ‚Wir schaffen das!‘. Und dann — ein WIE wird nicht angedeutet. Würde ich ganz gut finden. Das Tun und der Aufbruch sind für mich irgendwie zu vage und von einer naiven 1970er-/Anfang 1980er-Begeisterung. Für mich — wohlgemerkt: nur für mich — paßt das nicht mehr.“

Sie hat Recht. Wir dürfen uns auch nicht auf floskelhafte Plattitüden, aufbauende Motivationssätze oder gar Retterphantasien beschränken. Die realistische Prognose für die nahe Zukunft der Normalbevölkerung in diesem Land ist erschreckend, ja. Und auch wenn ich glaube, dass die wirtschaftlichen und sozialen sowie emotionalen Folgen bis auf wenige Ausnahmen alle Menschen treffen werden, werden zuerst jene zahlen, die schon heute belastet sind.

Andererseits kann ich nicht verhehlen, das ich mich seit Jahren frage, wie dieses selbstzerstörerische System gestoppt werden kann: Ein System, das immer nur auf den Gewinn für eine Minderheit zielt, auf Kosten der Mehrheit. Ein System, in dessen Zuge die Zerstörung immer monströsere Ausmaße annimmt: sowohl die Zerstörung im Außen — in der Umwelt — als auch jene im Innen — psychische Erkrankungen, Traumatisierung, Gewalt. Und ja, ich habe daraus geschlossen, dass nur ein massiver Einschnitt ein Umdenken auslösen kann, und dass dies möglicherweise erzwungen werden muss, weil die Profiteure in den auf Gier und Ausbeutung konditionierten Nationen diese Veränderung nicht freiwillig angehen und auch nicht ohne Gegenwehr zulassen werden — und mit Profiteuren ist auch der Bürger gemeint, der Nutznießer dieses Systems ist, für den die negativen Konsequenzen seines Handelns weit entfernt, nicht erlebbar sind und scheinbar außerhalb der eigenen Verantwortung.

Die Sache mit dem Zwang sehe ich im Licht der Erfahrung anders. Zwang und Unterdrückung führen langfristig nicht zu einer positiven Veränderung. Das ist wie eine unter Zwang stattfindende Symptombehandlung in der Therapie, die nichts an der Ursache ändert, zu einer Symptomverschiebung führt, das Leiden aufrechterhält und dem behandelnden Therapeuten den Kunden sichert.

Wenn nun aber dieser Einschnitt einmal da ist, so finde ich es sinnvoll, das wir, die betroffenen Menschen, die Situation nutzen, statt jenen das Handeln zu überlassen , die augenscheinlich nicht vorhaben, die Bedürfnisse und Rechte von Menschen außerhalb ihrer Community in den Fokus ihres Handelns zu rücken. Zumindest nicht in einem positiven Sinn.

Und bevor ich handele, kann es sinnvoll sein, die eigenen Werte und Vorstellungen zu reflektieren, möglicherweise sogar alte, einschränkende, zerstörerische Konditionierungen zu erkennen und

aufzulösen. Und ja, positive Visionen zu entwickeln — Vision nicht im Sinne von Illusion, sondern von einer auf die Zukunft gerichteten konstruktiven Vorstellung von Weg und Ziel. Denn die Frage des Ziels und der Einbezug reflektierter Werte bereitet den Rahmen, in dem sich Handlungen vollziehen. Sie sind also richtungsweisend und weiten den Korridor des Möglichen.

Und dies befreit uns aus der Hilflosigkeit, der absoluten Opferrolle, der eigenen Unmündigkeit. Wobei eine solche Verantwortungsübernahme mit Anstrengung verbunden ist, und auch mit dem Risiko, Fehler zu begehen und Rückschläge zu erleben. Werden diese als Niederlagen erlebt oder als Lehrstunden, um aufzustehen und es besser zu machen, mit mehr Erfahrung?

Dies meine ich, wenn ich von Aufbruch schreibe.

Es gibt schon viele Beispiele für konkretes Handeln. So findet auf vielen Ebenen Vernetzung und Austausch statt (2, 3) und es gibt kostenlose Hilfsangebote (4, 5) und neue, ganzheitlich orientierte Alternativen zu alten Institutionen (6). Zu nennen sind die Unterstützung lokaler Landwirte, Projekte solidarischer Landwirtschaft, frei zugängliche Angebote zur Resilienzstärkung, aber auch der regionale und überregionale Zusammenschluss zum gemeinsamen Protest als Aspekt gelebter Demokratie (7) und einfache Nachbarschaftshilfe.

Kurzum: eine Bewegung weg von starren zentralisierten und extern kontrollierten Strukturen hin zu regionalen, auf die lokale Situation angepassten flexibleren Projekten. Gleichzeitig sind wir nicht auf unser altes Umfeld angewiesen, sondern können uns dank moderner Technik bundesweit und länderübergeifend treffen, Ideen austauschen, voneinander lernen, Modelle und Vorbilder finden (8).

In diesem Sinne: Nutzen wir diese Situation, dieses „Window of Opportunity“ selber, in unserem Sinne, bewusst! Ohne Erfolgsgarantie und doppelte Absicherung, aber selbstwirksam statt hilflos und vernetzt statt allein. Womöglich ist das dann ja die fällige — für Mensch und Natur auch langfristig positive — Revolution (9)?


Hier können Sie das Buch bestellen: als Taschenbuch oder E-Book.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/informationsfreiheit/das-interne-strategiepapier-des-innenministeriums-zur-corona-pandemie

(2) https://www.wir-vernetzen-uns.org/

(3) https://menschlich-werte-schaffen.de

(4) http://www.lebensmut-hotline.de/

(5) https://www.wir-vernetzen-uns.org/blog/index.php?blog-entry-list/19-kraftquelle/

(6) https://www.aerzte-hippokratischer-eid.de/

(7) https://leuchtturmard.de/

(8) Zum Beispiel Vandana Shiva, siehe https://vandana-shiva.de/

(9) Albrecht Müller, Die Revolution ist fällig, Westend-Verlag, 2020. https://www.nachdenkseiten.de/?page_id=64776

Anmerkung: Es wurde explizit darauf verzichtet, für jede Aussage auf andere Publikationen als Belege zu verweisen — dies hat mit Erlaub, die vergangenen zweieinhalb Jahre nichts gebracht. Ich appeliere an die eigene Wahrnehmung und wertschätze die individuelle Wahrnehmung und Vorstellungswelt eines Jeden, an welcher, ist sie fest genug, eine Argumentation mit gegenläufigen fremden Gedanken nichts zu ändern vermag. Mein Text gibt zwangsläufig eine — meine — individuelle Vorstellungswelt wieder, so wie es für alle Resultate individueller, menschlicher Gedanken gilt.

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