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Rote und Rothäute: Karl May in der DDR

Published On: 1. Oktober 2022 12:01

Lange Zeit fremdelten die SED-Bürokraten mit Karl May und seinen Helden. Aber in den Achtzigerjahren begann in der DDR ein kulturelles Tauwetter. Ein Auszug aus COMPACT 10/2021 mit dem Titelthema «Staatsfeind Winnetou – Wie die Helden unserer Jugend ausgelöscht werden». Hier mehr erfahren.

Die Friedenspfeife war eine Aktennotiz. Mit seinem «Einverstanden, E. H.» holte Erich Honecker im Januar 1986 Karl May endgültig aus dem Kreis der Verschwiegenen. Angeblich auf eigene Initiative – so jedenfalls will es ein schmeichelndes Schreiben seines Kronprinzen Egon Krenz an den Generalsekretär der SED Glauben machen. Einige Jahre nach ihrer stillen Rehabilitierung waren Winnetou und Old Shatterhand nun auch offiziell Genossen im Kampf der Systeme. (…)

Dabei war das Verhältnis der ostdeutschen Kulturpolitik zum sächsischen Abenteuer- und Kolportage-Romancier lange vor allem ambivalent. Offiziell geäußerter Verachtung standen stets heimliche Würdigungen entgegen. Wie ein Verdikt verkündete das DDR-Börsenblatt 1958:

«Das Kapitel Karl May ist in der DDR schon vor Jahren endgültig geschlossen worden.»

Dies hinderte den Jugendverlag Kultur und Fortschritt jedoch im gleichen Jahr nicht an der Veröffentlichung des Heftes In Abrahim Mamurs Gewalt – praktisch Ausschnitte von Mays Orient-Romanen. In Radebeul – dem letzten Wohnort des Schriftstellers – war die Karl-May-Straße bereits nach dem Krieg umbenannt worden, in dessen Geburtsstadt Ernstthal blieb sie dagegen bestehen. Die populäre Comic-Zeitschrift Mosaik bediente sich immer wieder am Werk des Romanciers, ohne jedoch dessen Namen zu erwähnen. (…)

Wilder Osten: DDR-Indianer Gojko Mitic als Häuptlingssohn Tohei-ihto im DEFA-Film «Die Söhne der großen Bärin» (1966). Foto: DEFA-Stiftung/Waltraut Pathenhei

Die Ablehnung galt keineswegs nur den Indianerromanen, sondern dem gesamten Werk. Vermutlich stießen sogar vor allem die Heimatgeschichten des frühen und die spirituellen Niederschriften des späten May auf Ablehnung bei der SED. Denn Abenteuer mit den nordamerikanischen Ureinwohnern als Helden erfreuten sich durchaus des Wohlwollens der Kulturpolitik.

Der sechsteilige Zyklus Die Söhne der großen Bärin von Liselotte Welskopf-Henrich wurde in der DDR zum Bestseller. Die Verfilmung der Geschichte des Dakota-Häuptlings Tokei-ihto – dessen Beschreibung eine intensive Beschäftigung mit den Figuren Mays erahnen lässt – in den 1960er Jahren gehörte zu den aufwendigsten und erfolgreichsten Produktionen der DEFA. Von den Dakota-Indianern in den USA wurde Welskopf-Henrich für ihre Werke mit dem Ehrentitel Lakota-Tashina ausgezeichnet. (…)

Reservate der Freiheit

Das latent oppositionelle Potenzial der Indianer – jedenfalls ihrer oft von Esoterik und Wildwest-Romantik geprägten Interpretation – spürten auch DDR-Bürger. Bis in die 1980er Jahre gründeten sich im gesamten Land etwa 60 Indianergruppen, deren Mitglieder in ihrer Freizeit das Leben der fernen Rothäute im Detail nachempfanden. Die erste entstand 1956 in Radebeul.

Ihr Chef Johannes Hüttner alias Powder Face setzte sogar die offizielle Anerkennung als Kulturgruppe für Indianistik beim Kreiskulturkabinett durch. Mit dem Chiefpalaver, einem Häuptlingstreffen, existierte sogar eine inoffizielle überregionale Organisationsstruktur. Das DDR-Fernsehen lobte die Aktivitäten als Ausdruck der Völkerfreundschaft. Aus Sicht des Historikers Friedrich von Borries, der die Gruppen nach der Wende untersuchte, war es aber auch «eine ökoromantische Gegenbewegung zum staatlich verordneten Dasein». (…) Ende der Textauszüge.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema «Staatsfeind Winnetou».

Nachfolgend das komplette Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe:

Titelthema

Staatsfeind Winnetou: Feldzug gegen unseren Helden

Rote und Rothäute: Karl May in der DDR

Polizisten der Prärie: Indianerfilme in West und Ost

Der Traum vom großen Leben: Ernst Bloch und der Apache

Wortjäger und Skalpjäger: Die Ausrottung der Indianer

Zensoren im Kinderland: Pippi und der Negerkönig

Schluss mit lustig: Cancel Culture auf dem Vormarsch

Politik

Kalter Sommer, Heißer Herbst: Querfront gegen Habeck & Co.

Polens Billionen-Bombe: Warschaus Reparationsforderungen

Der Herausforderer: USA: Ron DeSantis will Trump beerben

Abschied von Darja: Attentat auf Dugins Tochter

«Wir sind nicht isoliert»: Darja Duginas letztes Interview

Dossier

«Es geht nicht mehr um Ideologien»: Jürgen Elsässer in Leipzig

Vom Fremdpatriotismus der Linken: André Poggenburg beim COMPACT-Sommerfest

Neue Feinde, neue Freunde: Rede von Hans-Thomas Tillschneider (AfD)

«Selenski ist ein Kriegsverbrecher» Klartext von MdB Robert Farle

Die letzte Nelke: Anselm Lenz: Abschied von der Linken

Leben

Verliebt in einen Roboter: «Real Humans»: Die Androiden-Dystopie

Als die Monster noch Seele hatten: Ray Harryhausen und Sindbad

«Der Schlager wird immer leben»: Interview mit Bernhard Brink

Kolumnen

BRD-Sprech _ Whataboutism

Sellners Revolution _ Gandhi und das Gas

Corona-Spaß _ Der Pfandbon-Trick

COMPACT 10/2021 mit dem Titelthema «Staatsfeind Winnetou» können Sie hier bestellen.

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