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Das andere «Wort zum Sonntag» oder: Treibgut zum Heil

Published On: 31. Dezember 2022 22:24

Veröffentlicht am 31. Dezember 2022 von LM.

Am Ende des Jahres spült es mir Grund-Gedanken zusammen. Geistiges Strandgut des Jahres und der Jahrzehnte. So anstrengend es auch in diesem Jahr wieder war, seine Sinne beieinander zu behalten, Ballast von beiden Seiten abzuwehren oder abzuwerfen – vom widerlichen «Must Read» in zahllosen Kanälen bis hin zur allerneusten Dummheit der «Wüssenschaft» –, so befreiend ist doch der Austausch mit neuen Gefährten und ihre Vorgängern und -denkern, also die Nötigung, wesentlich zu werden.

Spannen wir also probeweise den Bogen von Stefan Millius Ende 2022 zurück zu Max Picard im Jahre 1935, vom gestern erschienenen «Das Jahr des Schweigens geht zu Ende» hin zu «Die Flucht vor Gott», Kapitel «Die Angst auf der Flucht»; vom heutigen Befund zurück zu dessen vorgezogener Analyse.

Für Millius hat das vergangene Jahr gezeigt, dass wir es zu tun haben mit einer «Bevölkerung, mit der man buchstäblich alles machen kann, ohne dass sich Widerstand regt»; die «jede Form der Besserung als Erleichterung» wahrnimmt wie eine Geisel, der man «wenigstens die Fusskette abgenommen» hat; eine «amorphe[n] Masse, die beschlossen hat, in Gegenrichtung zum gesunden Menschenverstand zu marschieren». «Sie schauten weg, wann immer die Wahrheit aufpoppte», und «wollten sich nicht auseinandersetzen mit dem Irrtum, den sie mitgetragen haben.»

Den Hintergrund dieser Masse, ihren ebenso unsichtbaren wie offenkundigen Kitt und Treiber, beschreibt Max Picard: nämlich die Angst.

«Der Mensch ist nicht mehr Herr der Angst, sondern nur noch ihr Bedienter. Wie ein Herr zwischen den Bedienten hindurchschreitet, so schreitet die Angst zwischen den Menschen hindurch. Nein, nicht einmal Bediente, nur noch Wände sind die Menschen: ihr Äusseres, die Seiten des Körpers, sind die Wände, zwischen denen die Angst geht, – aber innen im Menschen ist sie auch, und nur dadurch werden die Menschen noch zusammengehalten, daß die Angst von innen drückt und von außen gegen die Wände des Körpers drückt.»

Wie lebt es sich mit einer solchen Angst, im Grundbefinden der Zerrissenheit? Hierfür hat das vergangene Jahr hinreichend Anschauung und Erlebnis geboten. Die Menschen nehmen zum einen Zuflucht zu jeglichen Krücken und Stützen, die ihnen angeboten werden; wem die Spritze die Erlösung war, der bewahrt sich diese Illusion auch gegen angebotenes besseres Wissen. Zum anderen bieten Sündenböcke ein Ventil: Nur «wegen denen» sei die eigene und allgemeine Lage so schlimm. Dieses Bild mit eigener Erfahrung zu füllen, es auszudeutschen, dürfte den allermeisten leicht fallen.

«Die Argumente des Irren sind von wahnwitziger Einfachheit, und man gewinnt den Eindruck, dass hier alles gesagt und zugleich alles ausgelassen ist», zitiert Hans Windisch in «Führer und Verführte. Totentanz und Wiedergeburt» im Jahr 1946 den menschenkundigen Gilbert Keith Chesterton (Seite 126). Er fährt fort: «Die Logik des Irren ist also eine Art ‹Logik im luftleeren Raum›, und dass er mit ihr immer wieder ‹recht› behält beweist ihm sogar, dass er offenbar der Gesündere und Überlegene ist, das heisst, er gelangt mit der aussermenschlichen, zerfressenden Logik des Wahns zu immer pathologischeren Ergebnissen.»

«Dieser Rausch darf nie enden, der Turm der Lüge muss steigen, so wahr der Rausch des Bösen der Rausch der Angst der Kreatur ohne Gott ist, der Kreatur, die einsam ist, im Rücken nur den ewigen Tod.» – Paul Schütz, Der Anti-Christus, 1933, Seite 26. – «Und das macht diese Leute für das Jahr 2023 so gefährlich»; Stefan Millius, 30. Dezember 2022.

Nicht sehr erbaulich, diese Gedanken, für ein «Wort zum Sonntag» am Jahresende. Aber wir müssen zunächst den Figuren, die sich zunehmend zu Schatten ihrer selbst ver-flüchtigen, die Konturen zurückgeben, die sie selber aus Angst vor einer Wahrhaftigkeit zu einer Masse der Hörigkeit zerfliessen lassen möchten – gerade um selber Stand und Orientierung zu behalten oder wiederzufinden.

Nun ist es ja nicht so, dass nicht auch «beim Menschen des Glaubens (…) die Angst [ist]», um wieder mit Max Picard zu reden. «Aber sie ist nicht dauernd da, sie erscheint nur dann, wenn er gefährdet ist (…); die Angst hier ist wie ein Bote, der den Menschen zurückholt zu Gott, sie ist nur ein Mittel, um ihn auf die Gefährdung aufmerksam zu machen.»

Somit ist «die Drangsal (…) der Weg, der die Aufgabe festsetzt; der gewiss macht, welches die Aufgabe ist. Und wahrlich, wie beschwerlich die Drangsal sein kann – keine Drangsal ist doch so beschwerlich wie die Drangsal unruhiger Gedanken in einer zweifelnden und wankelmütigen Seele.» Sören Kierkegaard hat die Schrift des Jahres 1847, der diese Sätze entstammen, überschrieben mit «Das Evangelium der Leiden».

Und «wenn eine Erkenntnis richtig ist, dann findet sie sich irgendwo in der Bibel wörtlich», meinte einmal der Basler Professor Markus Barth.

«Denn eine Erschütterung von Gott her bewirkt einen Durchbruch, hinter den man nicht mehr zurück will; eine von Menschen her hingegen führt zum Tod.»
2. Korinther 7, Vers 10; nach dem Wortsinn wiedergegeben.

Die Treiber des Jahres 2022 werden auch im neuen Jahr «ihr Glück» versuchen und darüber Drangsal und Erschütterung ausbreiten. Glauben heisst dann nicht, im Heil der kleinen Gruppe eine kollektive Wohligkeit der verschlossenen Augen zelebrieren, sondern es heisst, in den Stimmen der Vorväter den Durchbruch zum eigenen Fundament zu suchen und zu finden. Dann überwinden wir von innen heraus.

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