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Das andere «Wort zum Sonntag» oder: Ein Mittel gegen die Gleichgültigkeit

Published On: 8. Januar 2023 2:29

Veröffentlicht am 8. Januar 2023 von LM.

Hätte ich ihr antworten sollen? Was hätte es gebracht? Diese Art von Gesprächen über Glaubensfragen kenn ich eigentlich zur Genüge. Statt meinem Impuls zur Gegenrede folgte ich also intuitiv dem Rat des Paulus: «Meide das unheilige, nichtige Geschwätz.»

Und doch hab ich ihr mit dieser Einschätzung vielleicht unrecht getan. Ihr «Halleluja» samt dem Bekenntnis «Nicht der Plan des Feindes wird ans Ziel kommen, sondern der Ratschluss des Herrn» waren womöglich aufrichtig gemeint. Aber der Zusammenhang hatte mich irritiert; mehr als irritiert. Ihr «Vorredner» in dem christlichen Chat hatte ein Endzeit-Video beigetragen, eines von denen, die jene heillose Mischung aus Schauder und Wohligkeit hervorrufen können, um auf emotionaler Ebene die eigene Rechtgläubigkeit zu bestätigen.

Beides nicht so prickelnd, sozusagen. Hängengeblieben war ich aber an ihrem gar so spontan eingeworfenen «Halleluja» und dem «Nicht der Plan des Feindes wird ans Ziel kommen, …». Sollte hier ein Bekenntnis des Glaubens herhalten müssen als Schutzschild fürs Gemüt? Also eine Flucht vor dem Wahrnehmen von Unheil ins «Wort»? Ist es nicht umgekehrt gedacht: dass wir zum «Wort» hindrängen, nachdem wir ein Übel wahrgenommen haben?

Fast jeder beliebige Psalm weist in diese Richtung; zum Beispiel Psalm 56, Vers 9:

«Zähle die Tage meiner Flucht, sammle meine Tränen in deinen Krug;
ohne Zweifel, du zählst sie.
Dann werden meine Feinde zurückweichen, wenn ich dich anrufe.
Das weiß ich, dass du mein Gott bist.»

Ein Gefälle zum Ausweichen fehlt in diesem Wort gänzlich; das Gemüt verschafft sich keinen falschen Trost. Der Beter ruft vielmehr Den an, der beides wenden kann: Gemüt wie Geschick.

Diese Hinwendung ist nicht selbstverständlich, denn es besteht unter an sich gläubigen Menschen auch nach meiner eigenen Beobachtung «die Gefahr, (…) dass man die Rückgraterweichung des aufrechten Mannes mit christlicher Demut und christlichem Gehorsam zu entschuldigen sucht», wie der christliche Philosoph Emmanuel Mounier in seiner Schrift «Der Christ stellt sich» mahnte; verfaßt 1943/44.

Ist also «der Optimismus der Kirchenleute (…) eine Flucht vor dem inneren Chaos, vor der Ideenlosigkeit (…) unseres Daseins»? Doch «suggestive Verschleierungen sind Notlösungen, heilen aber nicht. Und es ist so leicht, unseren wirklichen Zustand zu verschleiern. Wir (…) haben die Bibel. Und wir unterliegen der Gefahr, uns in der Arabeske des Wortes, im Rausche eines Bildes, zu verlieren; im Weihrauch der Gefühle künstlich eine neue falsche Welt um uns zu erzeugen.» Ob Jesus also «heute wieder (…) die Ohnmacht der Seele und der Innerlichkeit unserem veräußerlichten Geschlechte vorwerfen müsste?» – Zeitlose Fragen von Edmund Heinz aus dem Jahr der Bedrängnis 1947.

Zu freiem starken Blick auf eine notvolle Wirklichkeit ruft denn auch Emmanuel Mounier auf, wenn er wiederum in «Der Christ stellt sich» bemerkt (auf Seite 86):

Ein «Stehen vor Gott verklärt jegliche Situation. Der Blick Gottes hebt die Erniedrigung in dem Augenblick auf, als er sie fördert. Sie ist nur das Mittel gewesen, die Gleichgültigkeit zu verlassen».

Wendepunkte aus mutig-gläubiger Aufrichtigkeit. Da bleibt mir nur noch, «Amen!» zu sagen.

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Wort zum Sonntag vom 31. Dezember 2022: «Treibgut zum Heil»

Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft auch an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf.

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Website: www.stimme-und-wort.ch

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