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Schweden verweigert Umsetzung der Vereinbarung mit der Türkei

Published On: 8. Januar 2023 14:57

Der NATO-Beitritt der Türkei und Schwedens steht auf Messers Schneide. Schweden verweigert die Umsetzung der mit der Türkei getroffenen Vereinbarung. Blockiert die Türkei die NATO-Erweiterung nun dauerhaft?

Schweden hat erklärt, die im Sommer 2022 mit der Türkei getroffene Vereinbarung zum NATO-Beitritt nicht umsetzen zu können und Finnland hat einen alleinigen NATO-Beitritt vor einem Beitritt von Schweden abgelehnt. Wenn die Türkei auf der Umsetzung der getroffenen Vereinbarung besteht, dann wäre der NATO-Beitritt der skandinavischen Länder geplatzt.

Bevor wir zu den Details der aktuellen Entwicklungen kommen, zeige ich zunächst noch einmal die Vorgeschichte auf.

Die getroffene Vereinbarung

Damit die NATO im Sommer 2022 ihre von großem medialen Getöse begleitete Einladung an die beiden skandinavischen Länder aussprechen konnte, wurde in letzter Minute eine Vereinbarung zwischen der Türkei und den beiden skandinavischen Ländern unterzeichnet, denn die Türkei stellt für ihre Zustimmung Bedingungen. Im Kern geht es dabei um zwei Themen, erstens um die Aufhebung von Waffenembargos der Länder gegen die Türkei und zweitens um die Auslieferung von Menschen, die die Türkei als kurdische Terroristen bezeichnet oder denen sie vorwirft, an dem Putschversuch von 2016 gegen Erdogan beteiligt gewesen zu sein. Die Türkei hat der Einladung der NATO an die beiden Staaten nur unter der Bedingung zugestimmt, dass sie diese Forderungen umsetzen und verweigert bis zur vollständigen Umsetzung der Forderungen ihre Zustimmung zum endgültigen NATO-Beitritt der Skandinavier.

Die Türkei hat mehrmals betont, dass sie bei ihren Forderungen hart bleiben will. Während die Aufhebung der Waffenembargos kein Problem darstellt, sieht es mit den Auslieferungen anders aus. Vor allem in Schweden gab es im Dezember 2022 Entwicklungen, die – zumindest theoretisch – ein dauerhaftes „Nein“ der Türkei zum NATO-Beitritt denkbar erscheinen lassen.

Schwedens Problem

Am 19. Dezember 2022 hat das Oberste Gericht Schwedens die Auslieferung eines Journalisten untersagt, dem die Türkei eine Beteiligung an dem Putsch von 2016 vorwirft. Da dieses Beispiel Schule machen könnte, stehen damit wohl viele von der Türkei geforderte Auslieferungen unter Fragezeichen.

Die Reaktion aus der Türkei war deutlich. Schwedische Medien haben am 22. Dezember 2022 gemeldet, dass die Türkei als Reaktion die Liste der geforderten Auslieferungen daraufhin sogar noch erweitert hat. Demnach hätte die Türkei zunächst die Auslieferung von 33 Personen gefordert, dann seien weitere 42 Namen hinzugekommen.

Parallel dazu hat der türkische Außenminister Schweden vorgeworfen, keine konkreten Schritte bei den Auslieferungen zu unternehmen. Er erklärte:

„Schweden hat keine konkreten Schritte unternommen, um die Terroristen auszuliefern oder ihre Konten einzufrieren. Schweden bleibt ein Anziehungspunkt für Terroristen von Fethullah Gülen. Wir schätzen die Maßnahmen, die Schweden ergriffen hat, aber sie sind nicht ausreichend“

Wenn die Türkei hart bleibt, könnte das den NATO-Beitritt Schwedens dauerhaft verhindern. Der schwedische Außenminister hat dem türkischen Außenminister zwar öffentlich geantwortet, aber ob die Antwort die Türkei besänftigen konnte, war zweifelhaft, denn er sagte:

„Meine Botschaft an Minister Çavuşoğlu und das türkische Volk ist klar: Schweden erfüllt seine Versprechen und nimmt das Abkommen ernst. Wir haben für jeden Abschnitt Schritte eingeleitet und werden die Umsetzung fortsetzen. (…) Wir haben unsere Zusammenarbeit in Bezug auf mutmaßliche Terroristen verstärkt und unsere Militärs haben die Kontakte ausgeweitet“

Danach war zu erwarten, dass Schweden die mit der Türkei getroffene Vereinbarung nicht umsetzen würde. Nach einer Auszeit über die Feiertage hat Schweden genau das nun verkündet.

Schweden verweigert die Umsetzung der Vereinbarung

Auf einer Konferenz haben sowohl der finnische Außenminister als auch der schwedische Ministerpräsident gesprochen und das Ergebnis ist, dass Schweden die mit der Türkei getroffene Vereinbarung nun als „unerfüllbare Forderungen“ bezeichnet. Finnland erklärt sich mit Schweden solidarisch und schließt einen alleinigen NATO-Beitritt vor einem schwedischen NATO-Beitritt aus.

Nun dürfte der Druck auf den türkischen Präsidenten Erdogan zunehmen, die Umsetzung der getroffenen Vereinbarung nicht mehr zur Bedingung für eine türkische Ratifizierung der NATO-Beitritts der skandinavischen Ländern zu machen. Erdogan wird es sich – vor allem vor den anstehenden Wahlen – innenpolitisch nicht leisten können, darauf einzugehen.

Ob die Türkei in dieser Frage dauerhaft hart bleiben wird, oder ob die NATO oder die USA der Türkei etwas anderes anbieten, damit Erdogan dem NATO-Beitritt zustimmt, wird sich zeigen. In jedem Fall ist eine sehr interessante Situation entstanden und wir dürfen gespannt sein, ob und wie die deutschen Medien darüber berichten werden.

Der Vollständigkeit halber übersetze ich hier die beiden Meldungen der russischen Nachrichtengentur TASS zu dem Thema.

Beginn der Übersetzung:

Schweden erklärt, die Türkei stelle unerfüllbare Forderungen

Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson sagte, die Entscheidung liege nun bei der Türkei.

Die Türkei stellt Schweden Bedingungen für die Ratifizierung seines Antrags zum NATO-Beitritt, die nicht erfüllt werden können. Das erklärte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson am Sonntag in einer Rede auf der Konferenz „Volk und Verteidigung“.

„Sie wollen, was wir ihnen nicht geben können und wollen. Nun liegt die Entscheidung bei der Türkei“, sagte er.

Finnland hat es nicht eilig, der NATO vor Schweden beizutreten

Der finnische Außenminister Pekka Haavisto sagte, man könne warten, bis Schweden das „entsprechende Signal“ erhalte.

Finnland will abwarten, bis die NATO-Länder den Antrag Schwedens auf Beitritt zum Bündnis genehmigen. Nach Angaben der Zeitung Aftonbladet sagte der Außenminister der Republik, Pekka Haavisto, das am Sonntag vor der Konferenz „Volk und Verteidigung“.

„Finnland strebt nicht danach, der NATO so schnell wie möglich beizutreten, also können wir warten, bis Schweden das entsprechende Signal erhält“, sagte er.

Dem Außenminister zufolge werden Finnland und Schweden den Prozess des Beitritts zur Nordatlantischen Allianz gemeinsam abschließen. Derzeit haben 28 der 30 NATO-Mitglieder (außer Ungarn und der Türkei) die Anträge der beiden Länder ratifiziert.

Schweden und Finnland haben den Beitritt zur NATO am 18. Mai beantragt, aber der Prozess wurde sofort von der Türkei blockiert, die von den Ländern verlangte, kurdische Organisationen zu Terrororganisationen zu erklären, Personen auszuliefern, die des Terrorismus oder der Beteiligung am Putschversuch von 2016 beschuldigt werden und die Verbote für Waffenlieferungen an Ankara aufzuheben. Der türkische Präsident Tayyip Erdogan, der finnische Präsident Sauli Niinistö, die damalige schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson und der Generalsekretär des Bündnisses, Jens Stoltenberg, führten am 28. Juni vor dem NATO-Gipfel Gespräche in Madrid. Es wurde ein Memorandum unterzeichnet, das Stockholm und Helsinki den Beitritt zur NATO ermöglichte. Nach Angaben des türkischen Staatschefs hat Schweden zugesagt, mehr als 70 in terroristische Aktivitäten verwickelte Personen auszuliefern.

Ende der Übersetzung


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