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Friedensdelegationen in den Donbass: gelebte Neutralität

Published On: 9. Januar 2023 7:15

Wilhelm Langthaler, Sprecher der „Antiimperialistischen Koordination Wien“, erhielt vor kurzem Besuch vom Verfassungsschutz. Darüber berichtete TKP bereits. Anlass war eine bisher nicht öffentlich gemachte Delegationsreise in die Volksrepubliken des Donbass, die im Herbst hätte stattfinden sollen.

Wie man dem Artikel entnehmen kann, wollte der Verfassungsschutz wissen, ob die Reise stattgefunden habe, interessierte sich für die Organisatoren, zwei italienische Linksaktivisten, die nicht Teil der Gruppe waren, und ob Hilfsgüter oder Waffen in den Donbass transportiert werden sollten. Weniger von Interesse war das „Warum“ dieser und der vorherigen Reise – eine Fragestellung, die Wilhelm Langthaler an dieser Stelle im Gespräch beantwortet.

2019 hatten Sie die Region bereits mit einer Gruppe besucht. Wer hat daran teilgenommen und was waren Ihre Eindrücke?

Wir waren schon im Mai 2019 als „Friedens- und Neutralitätsdelegation“ sowohl in der Volksrepublik Lugansk als auch in Donezk. Unter anderen nahmen der steirische KP-Landtagsabgeordnete Werner Murgg, das Mitglied des Weltrats des Sozialforums, Leo Gabriel, und der Gewerkschafter und Arbeiterkammerrat Kurt Luttenberger teil.

Anlass waren die Feierlichkeiten zum fünften Jahrestag der Republiksgründungen. Gleichzeitig kamen wir mit verschiedenen politischen Aktivisten, Behörden und Vertretern der Zivilgesellschaft zusammen und besuchten Schauplätze des Bürgerkriegs. Und gerade das ist ganz wichtig und wird vom Westen systematisch ausgeblendet.

Können Sie näher auf diesen Bürgerkrieg eingehen? Für viele hat der Krieg ja erst am 24.2.2022 begonnen, da die Medien darüber kaum berichtet haben.

Die gewaltsame Machtübernahme der ukrainischen Ultranationalisten 2014 hat im Osten einen Volksaufstand ausgelöst, der sich in einen Bürgerkrieg verwandelte. Die Volksrepubliken sind der Ausdruck dieser Massenbewegung gegen einen rechtsradikalen und proimperialistischen Nationalismus, der demokratische, linke und prorussische Menschen verfolgt. Das zeigte sich in allen Gesprächen auch mit politischen Flüchtlingen aus den vom Maidan-Regime kontrollierten Teilen der Ukraine.

Sie haben persönlich mit Flüchtlingen gesprochen: Was haben diese Ihnen erzählt?

Wir haben hauptsächlich mit politischen Flüchtlingen zu tun gehabt, für die der Aspekt des Bürgerkriegs im Vordergrund stand. Sie sind geflohen, weil sie sich im Westen der Ukraine, also in den Gebieten, die unter der Kontrolle des Kiewer Regimes stehen, nicht mehr äußern konnten. Fast alle hatten den Wunsch, wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. Sie wollen sich in Charkow, Odessa oder auch Kiew politisch frei äußern können und dies auch ohne Probleme auf Russisch tun dürfen. Das war bei den meisten unserer Gesprächspartner das Hauptthema.

Wie haben die Menschen die Verfolgung erlebt?

Wer sich kritisch äußerte, wurde bzw. wird bedroht. Es gab eine ganze Reihe von Morden an Journalisten und politischen Aktivisten. Nach der Eskalation am 24.2. wurde das noch viel radikaler, es hat sich die Lage noch weiter verschlimmert. Kritik an der Regierung und der Kriegsführung ist nicht mehr erlaubt. Kritische Berichte, selbst Postings in sozialen Medien, werden sehr heftig verfolgt.

Woher wissen Sie das? Sie sind bzw. waren ja nicht vor Ort?

Ich bin mit vielen Menschen aus der Westukraine bzw. den von Kiew kontrollierten Gebieten in Kontakt, das teilweise bereits seit 2014, habe deren Flucht aus dem Westen in den Donbass quasi „online“ mitverfolgt. Dazu gehört u.a. Tatjana Montjan, die sehr engagierte Rechtsanwältin, die für eine Kooperation mit Russland eintrat und flüchten musste. Oder Alexje Albu, der aus Odessa stammt. Es gibt mehrere Menschen, mit denen ich mich über Internet austausche bzw. ihr Leben im Donbass verfolge. Die mir bekannten linken Aktivisten, die im Westen der Ukraine geblieben sind, sind völlig verstummt, posten nichts mehr und ich habe auch keinen Kontakt mehr.

Sie sprechen von den Volksrepubliken – was bedeutet das? In unseren Medien liest man ja meistens vom Osten der Ukraine bzw. vom Donbass. Wie sind diese entstanden und welchen politischen Stellenwert haben sie?

Aus meiner Sicht sind die Volksrepubliken ein Niederschlag und Ergebnis der demokratischen Volksbewegungen gegen die Usurpation durch den ukrainischen Nationalismus. Das war im Osten eine Massenbewegung gegen das Regime des Maidans. Diese war so stark, dass staatliche Strukturen – also Armee, Polizei und Verwaltung – sich auf die Seiten des Aufstands geschlagen haben. Der ermordete, erste Präsident der VR Donezk, Alexander Wladimirowitsch Sachartschenkowar, war ein einfacher volksnaher Mensch, der den demokratischen Grundcharakter gut repräsentiert hat. Die Republiken entstanden aufgrund des Bürgerkriegs, wurden erst im Nachgang durch Wahlen legitimiert. In Donezk und Lugansk konnten sie sich durchsetzen, in Odessa und Charkow wurden sie niedergeschlagen. Besonders dramatisch war es in Mariupol. Dort hatten die Aufständischen schon die Kontrolle über die Stadt gewonnen, dann hat das ASOW-Regiment, das mehr oder weniger offen eine Nazi-Ideologie vertritt, den Volksaufstand niedergeschlagen.

Anerkannt wurden die Volksrepubliken nur von Russland und ganz wenigen anderen Staaten. Seit 2019 hatten die Bewohner die Möglichkeit, sich russische Pässe ausstellen zu lassen, da ihre ukrainischen Pässe vom Kiewer Regime nicht verlängert wurden. Im Februar 2022 wurden sie dann in die Russische Föderation integriert.

Gibt es für Sie wahrnehmbare Unterschiede zwischen den Republiken?

Die Lugansker Volksrepublik hat sich als von den Gewerkschaften kontrolliert dargestellt und verwendet auch offiziell noch die sowjetische Symbolik. In Donezk ist das weniger der Fall, aber die proletarische Identität ist auch dort sehr wichtig. Der Antifaschismus ist allgegenwärtig und die Abscheu von Kräften, die den Nazi-Kollaborateur Bandera als Nationalhelden verehren, besonders groß.

Welche politischen Ziele haben die Friedens- und Neutralitätsdelegationen generell?

Der Sieg über Nazi-Deutschland hat sich in der österreichischen Neutralität niedergeschlagen, die Verfassungsrang genießt. Das enthält einerseits einen antifaschistischen Auftrag mit der Absage an jeden Anschluss an Deutschland, andererseits bedeutet es Frieden mit Russland.

Doch unsere Regierung macht mit den Sanktionen nicht nur beim Wirtschaftskrieg der EU gegen Russland mit, sondern lässt auch Nato-Truppentransporte durch Österreich zu. Das sind flagrante Verletzungen unserer Neutralität. Die Zustimmungswerte für die Neutralität sind mit dem Krieg aber noch weiter gestiegen und liegen bei rund 90%.

Wir fordern von der Bundesregierung mit allen Seiten zu sprechen, einschließlich den Donbass-Repräsentanten. Nachdem unsere Eliten mit der Nato heulen, haben wir in Verteidigung der Neutralität und auf der Suche nach Möglichkeiten des Friedens selbst die Initiative in die Hand genommen. Bereits 2019 und jetzt wäre das noch viel dringlicher.

Mit wem wollten Sie bei Ihrer geplanten Reise in den Donbass sprechen und was haben Sie sich davon versprochen? Ihre Delegationen sind ja keine offizielle Vertretung Österreichs.

Natürlich wollten wir mit Behördenvertretern sprechen, aber auch mit zivilgesellschaftlichen Institutionen wie Gewerkschaften, politischen Parteien sowie sozialen und kulturellen Aktivisten. Wir wollten besondere Orte besuchen, wie beispielsweise Mariupol, und andere Schauplätze von besonderen Ereignissen im Bürgerkrieg. Es war ein umfassendes Programm geplant, um uns einen Eindruck über die Lage der Menschen zu verschaffen.

Es war unser Ziel, uns ein Bild über die politischen Verhältnisse zu machen und uns auch über Interessenslage und Gründe für den Konflikt direkt zu informieren. Darüber hinaus wollten wir die Botschaft überbringen, dass wir als Österreicher neutral sein wollen und unsere Regierung uns nicht repräsentiert, da sie auf Seiten der NATO steht, was nicht im Interesse der Mehrheit der Bürger liegt. Angesichts der internationalen Isolation waren wir sehr willkommen, auch weil gewählte Volksvertreter sich beteiligen wollten. Außerdem haben die offiziellen Stellen dort auch das Bewusstsein, dass Regierungen nicht automatisch mehr ihre Bevölkerung vertreten.

Sie sind ja nicht gefahren, wie jetzt auch der Verfassungsschutz erfahren hat. Warum nicht?

Nach der Schlacht um Severodonetsk und Lisitschansk hofften viele Bewohner des Donbass, dass die die ukrainischen Truppen, viele von ihnen mit rechtsradikalem Hintergrund, endlich so weit abgedrängt seien, dass sie die Bevölkerung nicht mehr beschießen könnten. Das hatten sie ja schon die letzten acht Jahre so gemacht. Doch just danach lieferten die USA die Himars, Artilleriesysteme mit größerer Reichweite, mit denen weiterhin der größte Teil des Donbass beschossen wird. Das hat die Reise vorläufig verunmöglicht.

Sie sagen vorläufig, ist die Reise weiterhin geplant?

Eine solche Reise ist weiter von sehr großer Notwendigkeit und Bedeutung, was uns die Intervention und der Druck seitens des Verfassungsschutzes ja indirekt bestätigt. Sobald die Bedingungen es erlauben, haben wir vor, etwas Ähnliches wieder zu organisieren.

Dann wünsche ich Ihnen, dass das bald klappen kann.

Mehr zur „Antiimperialistischen Koordination Wien“


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