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Wie Scholz von Biden und Macron überlistet wurde

Published On: 30. Januar 2023 7:00

Vor der Entscheidung von Scholz, Kiew Leopard-Panzer zu liefern, wollten auch die USA und Frankreich Kampfpanzer liefern. Davon ist nun nicht mehr viel zu hören.

Wie fast jede Woche war auch an diesem Sonntag der Bericht des Deutschland-Korrespondenten einer der interessantesten Beiträge im wöchentlichen Nachrichtenrückblick des russischen Fernsehens. Er zeigt, wie von außerhalb der deutschen Medienblase auf Deutschland geblickt wird und er zeigt, was deutsche Medien alles verschweigen. In dieser Woche war das zum Einen die Frage, warum Frankreich und die USA, die zuerst die Lieferung von Kampfpanzern angekündigt haben, um das Mantra von Bundeskanzler Scholz („Keine deutschen Alleingänge!“) aufzuweichen, es mit der Lieferung von Kampfpanzern für Kiew nach dem grünen Licht aus Berlin aber plötzlich nicht mehr eilig haben.

Und das zweite interessante Thema war das von Baerbock offen ausgesprochene Eingeständnis, man kämpfe einen Krieg gegen Russland. Deutsche Medien haben alles daran gesetzt, der angeblichen „russischen Propaganda“ vorzuwerfen, die Aussage von Baerbock falsch darzustellen. Dabei haben die deutschen Medien ihren Lesern jedoch verheimlicht, dass auch andere Länder und Regierungen schockiert waren. Das russische Fernsehen hat seinen Zuschauern – im Gegensatz zu deutschen Medien – zum Beispiel die Reaktionen des kroatischen und des ungarischen Ministerpräsidenten auf Baerbocks Aussage gezeigt.

Ich habe den Korrespondentenbericht aus Deutschland auch diese Woche übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Biden überlistet Scholz, Macron schaltet in den Rückwärtsgang

Noch vor einer Woche war Deutschland nicht bereit, seine Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern oder auch nur anderen Ländern die Wiederausfuhr von Leopard-Panzern in das Kriegsgebiet zu gestatten. Die Deutschen hatten schmerzhafte Assoziationen mit dem Zweiten Weltkrieg und sie wollten mit ihren Panzern sicher nicht die Ersten sein. Nach dem Motto, Amerika solle erst mal seine Abrams liefern, und dann würden auch wir uns in aller Ruhe anschließen. Und jetzt hat Amerika Deutschland betrogen. Es sagte, dass es die Abrams liefern wird, Deutschland antwortete, dass es dann auch liefern wird. Amerika fügte schnell hinzu, dass es natürlich Panzer liefern würde, aber nicht jetzt. Deutschland wurde vorangetrieben und war schließlich doch der Erste. Bei uns nennt man das „veräppeln“. Über die Einzelheiten berichtet unser Korrespondent.

Alle deutschen Verteidigungsminister beginnen ihre Amtszeit gleich: mit dem Ritt auf militärischem Gerät. Das ist praktisch ein Initiationsritual: Wer darauf geritten ist, darf kommandieren. Boris Pistorius, der vor einer Woche Frau Lambrecht als Minister abgelöst hat, stieg in einen Puma-Schützenpanzer. Und richtig, es wäre etwas unangemessen, jetzt mit einem Leopard durch die Gegend zu fahren. Politisch gesehen.

„Werden Sie in der Lage sein, die Panzer rechtzeitig in die Ukraine zu liefern?“, wurde Pistorius gefragt.

„Natürlich schaffen wir das“, versicherte Pistorius.

„Wie lange wird es dauern, bis sie geliefert werden?“

„Zum Ende des ersten Quartals dieses Jahres. Das ist es, was wir vorhaben.“

Allerdings sind die sozialen Netzwerke bereits mit Videos von Tiefladern und Zügen voll, die Leoparden irgendwo hinfahren. Ob zu Reparaturen, zur Ausbildung oder vielleicht direkt in die Ukraine – die Besatzungen müssen ausgebildet werden.

Irgendwie ist alles ganz plötzlich in Bewegung geraten. Noch am Dienstagnachmittag antwortete Pistorius auf die Frage nach den Panzern: „Ich weiß es nicht“ und bereits am Abend berichtete der Spiegel, dass die Entscheidung gefallen sei, wobei es um die Erteilung der Wiederausfuhrgenehmigung ging. Im Laufe des Mittwochs stellte sich jedoch heraus, dass Deutschland nicht nur Polen oder Finnen grünes Licht für die Übergabe von Panzern geben würde, sondern sich auch selbst mit 14 Panzern beteiligen würde, um zunächst mindestens 80 Stück zur Bildung von zwei Panzerbataillonen aufzutreiben. Ganz wichtig: durch gemeinsame Anstrengungen. Deutschland sei nicht allein, versicherte der Kanzler.

„Es gibt in diesem Land viele Bürgerinnen und Bürger, die sich Sorgen machen, auch angesichts einer solchen Entscheidung und angesichts der Dimension, die diese Waffe mit sich bringt. Und deshalb möchte ich diesen Bürgerinnen und Bürgern hier und an dieser Stelle sagen: Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie der Bundesregierung. Wir werden weiter, weil wir international abgestimmt handeln, sicherstellen, dass diese Unterstützung möglich ist, ohne dass die Risiken für unser Land darüber in eine falsche Richtung wachsen“, erklärte Scholz.

Um sich für die Lieferung von Panzern zu entscheiden, die auf Russen schießen werden, mussten sie an sich selbst arbeiten – sie mussten Platz für eine neue historische Fracht schaffen, wie die beliebte Satiresendung Extra3 offenbar glaubt. Lustig war das allerdings überhaupt nicht: „Deutsche Panzer gegen Russland – das gab es 80 Jahren schon mal. Die deutsche Politik ist die Ursache für viele Tote in der Ukraine. Auch das gab es vor 80 Jahren schon mal. Das ist ein echtes Dilemma. Ganz gleich, welche Entscheidung wir treffen, wir können große Schuld auf uns laden.“

Das seriöse amerikanische Magazin National Interest sagt das Gleiche über das voranstürmende Deutschland. Die Überschrift lautete „Deutsche Leoparden werden helfen, Russland zu vernichten“. Eine aufsehenerregende Überschrift. In dem Artikel hieß es: „Die Entscheidung hat sowohl symbolische als auch praktische Bedeutung. Symbolisch befreit sie Deutschland von den Beschränkungen, die seit dem Zweiten Weltkrieg galten. Praktisch gibt sie Ländern wie Polen und Finnland die Freiheit, so schnell wie möglich Panzer aus deutscher Produktion zu liefern, um die bevorstehende ukrainische Offensive in diesem Frühjahr zu unterstützen.“

Die Leopard-Hersteller Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann sind in Vorfreude: Bald regnen Milliarden auf sie nieder. Politiker wie Manfred Weber, der Chef der Konservativen im EU-Parlament, der auf Kriegswirtschaft umstellen will, schrauben ihre Erwartungen hoch. Gegner der weiteren nach Osten gerichteten Militarisierung hört man in Deutschland zwar, aber es sind wenige. Da ist die einsame Sarah Wagenknecht, die die Linke mit aller Macht aus der Partei zu vertreiben versucht. Es gibt auch die Alternative für Deutschland. Noch.

Peter Bstron, Bundestagsabgeordneter der AfD, sagte im Bundestag an die Adresse der SPD: „Ihre großen Vorgänger Helmut Schmidt und Willy Brandt haben viel im Namen des Friedens getan. Der Slogan „Nie wieder!“ bedeutete, keine Waffen in Konfliktgebiete zu liefern. Das war schon immer der Kern der deutschen Außenpolitik. Das war die grundlegende These. Sie werden wahrscheinlich als der Kanzler in die Geschichte eingehen, der dieses Erbe mit seinen Füßen zertreten hat.“

Alles richtig. Und jetzt ist es offiziell. Zu Beginn dieser Woche haben die SPD-Aktivisten das Parteipapier überarbeitet und die von Bundeskanzler Willy Brandt festgelegten Grundsätze der Ostpolitik aufgegeben. Die deutschen Sozialdemokraten sehen Russland nicht mehr als strategischen Partner, mehr noch: die zukünftige Sicherheitsarchitektur in Europa muss gegen Russland aufgebaut werden. Theoretisch hält sie nun nichts mehr auf, sich jetzt dem Enthusiasmus der Grünen anzuschließen: endlich werden wir es den Russen mal zeigen!

Ein Tweet von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: „The Leopard’s freed! Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen.“ Die erwartungsgemäßen Jubelschreie ertönten aus Kiew: Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Melnyk – der Diplomat, der Scholz als „Leberwurst“ bezeichnet hatte – rief auf Twitter: „Halleluja!“

Ganz und gar nicht, stellte Verteidigungsminister Pistorius klar: „Ich denke, die Entscheidung ist richtig. Ich denke, dass die Entscheidung, die getroffen wurde, historisch ist, aber gleichzeitig ist sie kein Grund für das „Halleluja“, das ich an einigen Stellen lese. Es ist eine notwendige Entscheidung, es ist eine richtige Entscheidung. Aber es ist kein Grund zum Jubeln.“

In der Presse wird der Leopard in den höchsten Tönen gelobt, aber im Großen und Ganzen sind das alles Vorschusslorbeeren. Auch 1943 schwärmten sie vor der Operation Zitadelle von ihrer Ausrüstung. Aber umsonst: „Der Tiger war ein robuster Panzer mit einer guten Kanone, aber schwer, durstig und teuer – all diese Vor- und Nachteile hat der Leopard geerbt. Stellt sich vielleicht heraus, dass er die Erwartungen nicht erfüllt, aber Deutschland sich in den Augen Russlands als Feind Nummer eins präsentiert?“, fragte ein russischer Militärexperte.

Die Amerikaner haben schlau gehandelt: Scholz wollte, dass sie Abrams-Panzer liefern. Biden versprach am Mittwoch 31 Stück, aber am nächsten Tag stellte sich heraus, dass der Abrams über eine geheime Kompositpanzerung auf Uranbasis verfügt, die nicht in die Hände der Russen fallen darf. Die leichtere Version für den Export muss produziert werden, aber die Kapazitäten von General Dynamics sind durch Aufträge aus Polen und Taiwan ausgelastet. Und überhaupt ist nicht klar, wann das möglich sein wird: vielleicht im Herbst, vielleicht nächstes Jahr.

Als er die scharfe Wendung der Amerikaner bemerkte, hat auch Macron zusammen mit ihnen den Rückwärtsgang eingelegt. Um Scholz zur Lieferung von Panzern zu bewegen, hatte der französische Präsident versprochen, ein oder zwei Dutzend Leclerc-Panzer in die Ukraine zu schicken, aber jetzt ist die Aufgabe erledigt und es gibt keinen Grund mehr zur Eile. „Frankreich hat zu wenig Leclerc-Panzer, um die Ukraine zu beliefern. Es wird diskutiert, ob die Entsendung von 10 bis 20 Panzern sinnvoll ist, da es schwierig ist, sie zu warten, und es mehr Leopard-Panzer gibt, die nach Kiew geschickt werden können“, berichteten französische Medien.

Das Thema mit den Panzern ist abgeschlossen – Deutschland hat unterschrieben. Jetzt braucht die Ukraine Kampfjets. Die Deutschen haben Tornados und Eurofighter. Warum nicht auch sie brüderlich teilen? Bislang ist aus Berlin ein klares Nein zu hören. Aber bei den Panzern war es dasselbe. Und wenn man der deutschen Außenministerin Baerbock Glauben schenkt, ist die Zeit der Zweifel vorbei: Wer auch immer wo sein mag, sie ist bereits im Krieg mit Russland: „Wir sollten uns wirklich mehr anstrengen, um die Ukraine zu verteidigen. Das gilt auch für die Lieferung von Panzern. Aber das Wichtigste und Entscheidende dabei ist, dass wir es gemeinsam tun müssen und uns nicht auf Schuldzuweisungen innerhalb Europas einlassen, denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“

Die Bemerkung von Frau Baerbock hat in Europa für Aufregung gesorgt, da die gemeinsame Position von EU und NATO bisher war, einen direkten Konflikt mit Russland zu vermeiden. Aber hier war Klartext. Baerbocks Büro hat natürlich nicht dementiert, was sie gesagt hat, sondern wählte den einfachsten und, wie es ihnen scheint, wirksamsten Weg: Es beschuldigte die russische Propaganda, den Sinn verfälscht haben. Aber nicht nur in Moskau hat man Baerbock so verstanden, wie sie verstanden wurde. Der kroatische Präsident äußerte sich unverhohlen sarkastisch, der ungarische Ministerpräsident todernst.

„Die deutsche Außenministerin sagte auf Englisch, dass wir uns einig sein sollten, weil wir einen Krieg mit Russland kämpfen. Das wusste ich nicht. Vielleicht kämpft Deutschland wieder einen Krieg gegen Russland, dann wünsche ich ihnen viel Glück, vielleicht klappt es besser als vor 70 Jahren. Aber wir sind mit niemandem im Krieg. Und ich weiß nicht, wie Panzer der Ukraine helfen sollen“, sagte der kroatische Präsident Zoran Milanovic.

„Wenn man Waffen schickt, wenn man den gesamten Jahreshaushalt einer der Kriegsparteien finanziert, wenn man neue Waffenlieferungen, immer modernere Waffen verspricht, dann kann man sagen, was man will. Was auch immer die sagen, sie beteiligen sich am Krieg“, sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban.

Allerdings nennt man es einen Stellvertreterkrieg, wenn man nicht selbst gegen den Feind kämpft, sondern andere das für einen tun, in diesem Fall die Ukraine, während man selbst Waffen, Munition und Ausbilder schickt. Die Gefahr bei solchen Konflikten besteht jedoch darin, dass man eines Tages feststellt, dass man direkt in sie hineingezogen wurde. Das ist ein Prozess, der schwer zu kontrollieren ist.

Aus der ganzen Panzergeschichte muss man folgendes schließen: Der Westen kann im Prinzip jede konventionelle Waffe an die Ukraine liefern, einschließlich Kampfflugzeuge. Und es gibt nur zwei einschränkende Faktoren: zum einen die Zeit – reift die Entscheidung schnell genug, oder endet das alles vorher? – und zum anderen das eigene Sicherheitsgefühl. Derzeit herrscht im Westen die weit verbreitete Überzeugung, dass jegliche Unterstützung für die Ukraine keine Bedrohung für den Westen darstellt.

Ende der Übersetzung


In meinem neuen Buch „„Putins Plan – Mit Europa und den USA endet die Welt nicht – Wie das westliche System gerade selbst zerstört ““ gehe ich der der Frage, worum es in dem Endkampf der Systeme – den wir gerade erleben – wirklich geht. Wir erleben nichts weniger als den Kampf zweier Systeme, in dem Vladimir Putin der Welt eine Alternative zum neoliberalen Globalismus anbietet. Wurden die Bürger im Westen gefragt, ob sie all das wollen, ob sie zu Gunsten des neoliberalen Globalismus auf ihren Wohlstand und ihre Freiheiten verzichten wollen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich hier direkt über den J.K. Fischer Verlag bestellbar.

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