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Warum ich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht bin

Published On: 4. Februar 2023 20:00

Derzeit wird über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht diskutiert, nachdem Verteidigungsminister Pistorius die Abschaffung der Wehrpflicht als Fehler bezeichnet hat. Warum ich die Wehrpflicht (leider) sinnvoll finde.

Die Gegner der Wehrpflicht glauben irrtümlicherweise, ihre Abschaffung sei ein Beitrag zum Frieden. Hier erkläre ich in einem Kommentar, warum meiner Meinung nach das Gegenteil der Fall ist.

Gäbe es noch eine Wehrpflicht und müssten Eltern befürchten, ihre Söhne (und vielleicht auch Töchter?) müssten nach der Grundausbildung einige Monate in Mali oder dem Kosovo (oder zuvor in Afghanistan oder gar demnächst in der Ukraine) kämpfen, dann wäre die Entrüstung in Deutschland groß. Der Protest würde sich dann nicht gegen die Wehrpflicht wenden, sondern gegen die Kriegseinsätze der Bundeswehr. Daher hat die Abschaffung der Wehrpflicht die vielen Kriegseinsätze der Bundeswehr erst möglich gemacht. Das lässt sich – meiner Meinung nach – leicht belegen.

„Bittere Erfahrung“ in Vietnam

Die USA haben den Vietnamkrieg nicht beendet, weil Militär und Politik den Krieg beenden wollten, sondern weil die Proteste gegen den Krieg so groß wurden, dass sie keine Wahl hatten. Die Proteste richteten sich nicht nur gegen die US-Kriegsverbrechen in Vietnam, sondern vor allem dagegen, dass wegen der damals in den USA noch bestehenden Wehrpflicht junge Leute in Vietnam kämpfen mussten, ob sie wollten oder nicht. Niemand wollte dort sterben oder verkrüppelt zurückkommen.

Daher hat das Pentagon aus dem Krieg zwei zentrale Lehren gezogen: Erstens wurde die Wehrpflicht abgeschafft und eine Berufsarmee geschaffen. Danach gab es in den USA keine großen Proteste mehr gegen US-Kriege, auch wenn sie tausende US-Soldaten das Leben gekostet haben, denn wer dort getötet wurde, ist ja freiwillig in den Krieg gezogen. Wer nicht in den Krieg will, der geht eben nicht zur Armee. So einfach ist das. Und schon konnte das Pentagon weiterhin Kriege führen.

Man stelle sich einmal vor, in fast dem 20 Jahren dauernden Krieg in Afghanistan hätten Wehrpflichtige gegen ihren Willen kämpfen und auch sterben müssen. In den USA (und auch in Deutschland) hätte es gegen den Krieg wahrscheinlich wieder Proteste gegeben, wie zu Zeiten des Vietnamkrieges. Das wurde vermieden, indem man nur Berufssoldaten dorthin geschickt hat, die sich freiwillig für diesen Beruf entschieden haben und damit in den Augen der Öffentlichkeit selbst schuld sind, wenn sie dabei sterben.

Die zweite Lehre, die das Pentagon aus dem Vietnamkrieg gezogen hat, war es, keine Journalisten mehr frei in Kriegsgebieten herumlaufen zu lassen. Sie wurden danach „embedded“, wurden also Teil der Truppe, und bekamen fortan nur das zu sehen, was sie sehen sollten. So können die Kriegsverbrechen der USA besser vor der Öffentlichkeit verborgen werden, wenn nicht gerade Wikileaks darüber berichtet. Darin liegt auch der Grund, warum die USA so hart gegen Assange vorgehen: Er stört die US-Kriege, indem er die Wahrheit darüber verbreitet.

„Auslandseinsätze“ der Bundeswehr

Aufgrund des Zweiten Weltkrieges war die Stimmung in Deutschland jahrzehntelang eindeutig: Nie wieder Krieg, keine Kriegseinsätze der Bundeswehr. Diese Stimmung wurde von der Politik seit 1999 konsequent in kleinen Schritten unterlaufen. Als Jugoslawien bombardiert wurde, waren nur Berufsoffiziere in Tornados im Einsatz. Die deutsche Öffentlichkeit musste keine Bilder von Särgen mit toten deutschen Soldaten sehen.

Und als Deutschland begann, im Kosovo und in Afghanistan auch Bodentruppen einzusetzen, wurde kein Wehrpflichtiger zur Teilnahme gezwungen. Dorthin wurden nur Berufssoldaten und Freiwillige geschickt. Der Aufschrei in Deutschland wäre zu groß gewesen, wenn der erste Wehrpflichtige, der gegen seinen Willen dorthin geschickt worden ist, im Sarg zurückgekommen wäre.

Aber wenn es Berufssoldaten trifft, dann findet die deutsche Öffentlichkeit das zwar tragisch, aber er ist halt selbst Schuld. Schließlich hat ihn niemand gezwungen, sich diesen Beruf auszusuchen.

Wären Wehrpflichtige dort eingesetzt worden, wären die Kriegseinsätze der Bundeswehr unmöglich gewesen.

Die Folgen der Abschaffung der Wehrpflicht

Die Friedensbewegten (die Bezeichnung meine ich nicht negativ) haben das als Erfolg gefeiert. Leider werden wir aber in absehbarer Zeit keine Welt haben, in der Staaten auf eigene Armeen verzichten können. Das wäre zwar wünschenswert, aber es ist illusorisch.

Was die Friedensbewegten in ihrer Euphorie übersehen haben, war, dass die Abschaffung der Wehrpflicht den Kriegseinsätzen der Bundeswehr Tür und Tor geöffnet hat. Als die Menschen in Deutschland noch fürchten mussten, dass sie selbst oder ihre Kinder in einen Krieg geschickt werden, da war jeder neue „Auslandseinsatz“ der Bundeswehr („Krieg“ durfte man in Deutschland dazu ja nicht sagen) in Deutschland ein großes Thema, das breit diskutiert wurde.

Seit es die Wehrpflicht nicht mehr gibt, sind diese Diskussionen verschwunden und die Regierung kann die Bundeswehr seitdem völlig problemlos an alle Enden der Welt schicken. Niemanden in Deutschland interessiert es ernsthaft, was deutsche Soldaten in Mali oder im Irak treiben. Viele wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass da überhaupt deutsche Soldaten sind.

Ein Plädoyer für die Wehrpflicht

Wir leben in keiner idealen Welt. Daher werden wir bis auf weiteres damit leben müssen, dass Staaten Armeen haben.

Früher sprach man vom „Bürger in Uniform“ und die Bundeswehr war tatsächlich ein Spiegelbild der Gesellschaft, weil Dank der Wehrpflicht die ganze (zumindest männliche) Gesellschaft in der Bundeswehr vertreten gewesen ist. Heute machen Rechtsextreme in der Bundeswehr Schlagzeilen. Ich will hier nicht beurteilen, ob jeder „Skandal“ über „rechte Tendenzen in der Bundeswehr“ tatsächlich ein Skandal ist.

Aber es ist offensichtlich, dass es eher Menschen sind, die sich dem rechten Teil des politischen Spektrums zugehörig fühlen, die sich freiwillig für den Dienst bei der Bundeswehr entscheiden. Dass in diesem Umfeld dann Weltanschauungen die Oberhand gewinnen, die kein Spiegel der Gesellschaft mehr sind, kann niemanden überraschen. Es geht mir hier ausdrücklich nicht darum, zu werten. Man kann diese Weltanschauungen gut oder schlecht finden, ich will nur sagen, dass es nicht verwundern kann, dass Menschen mit dieser Gesinnung von Armeen (und die Bundeswehr ist nun mal eine Armee) stärker angezogen werden, als Friedensaktivisten.

Hinzu kommt – wie gesehen -, dass die Abschaffung der Wehrpflicht die Kriegseinsätze der Bundeswehr erst möglich gemacht hat. Dabei sollte es über Kriegseinsätze – gerade in Deutschland – eine offene und kontroverse Diskussion in der Gesellschaft geben. Dieser Diskussion wurde aber mit der Abschaffung der Wehrpflicht die Grundlage entzogen.

So zynisch es klingen mag: Die Lösung wäre es, die Wehrpflicht wieder einzuführen und auch dafür zu sorgen, dass Wehrpflichtige zwangsweise in Auslandseinsätze geschickt werden. Erst dann würde die Gesellschaft das Thema diskutieren und erst dann gäbe es die Chance, dass die Bundesregierung solche Einsätze nicht mehr beschließt. Vielleicht gibt es ja Einsätze der Bundeswehr, die die Mehrheit der Gesellschaft so wichtig und richtig findet, dass sie bereit ist, ihre Söhne und Töchter auch zwangsweise dahin zu schicken.

Aber Einsätze wie in Afghanistan, Mali oder dem Irak (und wohl auch in der Ukraine) würden kaum dazu gehören.

So schlimm es auf den ersten Blick klingen mag, aber nur eine Wehrpflicht könnte eine deutsche Teilnahme Kriegen verhindern. Daher plädiere ich für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht und stelle diese These hiermit zur Diskussion.


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